BGH Urteil v. - VIII ZR 413/12

Unzulässigkeit einer Zustimmungsklage zur Wohnraummieterhöhung

Leitsatz

Die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist unzulässig, wenn ihr kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen ist.

Gesetze: § 558a Abs 1 BGB, § 558a Abs 2 BGB, § 558a Abs 4 BGB

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: 7 S 6880/12vorgehend AG Hersbruck Az: 1 C 367/12

Tatbestand

1Die Parteien streiten um die Wirksamkeit eines Mieterhöhungsverlangens.

2Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer in R.     belegenen Wohnung. Die monatliche Grundmiete beträgt seit Mietbeginn im Juni 2000 unverändert 271,50 €. Mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom wurde die Beklagte aufgefordert, mit Wirkung ab eine monatliche Kaltmiete von nunmehr 324,50 € zu zahlen. Zur Begründung wurde auf den beigefügten Mietspiegel der Stadt Nürnberg unter Berücksichtigung eines Abzugs von 30 % Bezug genommen.

3Das Amtsgericht hat durch Zwischenurteil die Zulässigkeit der Klage bejaht. Die hiergegen gerichtete Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Gründe

4Die Revision hat Erfolg.

I.

5Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6Das Mieterhöhungsverlangen sei formell wirksam; die Bezugnahme auf den Nürnberger Mietspiegel unter Abzug von 30 % hinsichtlich einer Wohnung in R.       werde den nicht zu hoch anzusetzenden Anforderungen an die Begründung des Mieterhöhungsverlangens gerecht. Die Aufzählung in § 558a Abs. 2 BGB sei nicht abschließend. Zugelassen seien alle Begründungsmöglichkeiten, wenn sie nur geeignet seien, dem Mieter die für seine Entschließung erforderlichen Informationen zu geben.

7Es könne dahinstehen, ob die Anwendung des Nürnberger Mietspiegels unter Abzug von 30 % auf § 558a Abs. 1 BGB als sonstiges Begründungsmittel gestützt werde oder ob § 558a Abs. 4 BGB heranzuziehen sei und die Vergleichbarkeit der Gemeinden über den Abschlag erreicht werde. Die Heranziehung des Nürnberger Mietspiegels sei für das von der Nürnberger Stadtgrenze etwa fünf Kilometer entfernte R.       unter Vornahme eines Abzugs von 30 % nicht offensichtlich unbegründet, da vom Stadtgebiet unterschiedliche Gemeindeteile umfasst seien.

II.

8Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

9Die Klage auf Zustimmung zu der begehrten Mieterhöhung ist unzulässig, weil ihr kein wirksames Erhöhungsverlangen vorausgegangen ist. Das Mieterhöhungsverlangen der Klägerin vom ist mangels einer den formellen Anforderungen des § 558a Abs. 1, 2, 4 BGB genügenden Begründung unwirksam. Denn der darin herangezogene Mietspiegel von Nürnberg ist auch unter Berücksichtigung des vorgenommenen Abschlags von 30 % nicht zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens für die in der Gemeinde R.      belegene Wohnung der Beklagten geeignet.

10Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das Erhöhungsverlangen dem Mieter zu erklären und zu begründen. Die Begründung soll dem Mieter die Möglichkeit geben, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen, um überflüssige Prozesse zu vermeiden (Senatsurteil vom - VIII ZR 215/05, WuM 2006, 569 unter II 1 b). Hierfür ist erforderlich, dass die Begründung dem Mieter konkrete Hinweise auf die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens gibt, damit er während der Überlegungsfrist die Berechtigung der Mieterhöhung überprüfen und sich darüber schlüssig werden kann, ob er dem Erhöhungsverlangen zustimmt oder nicht. Dabei dürfen an das Begründungserfordernis im Hinblick auf das Grundrecht des Vermieters aus Art. 14 GG zwar keine überhöhten Anforderungen gestellt werden (vgl. insoweit BVerfGE 49, 244, 249 f.; Senatsurteil vom - VIII ZR 52/03, NJW 2004, 1379 unter II 2 b - noch zu § 2 Abs. 2 MHG). Allerdings muss das Erhöhungsverlangen - in formeller Hinsicht - Angaben über die Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung der geforderten Mieterhöhung herleitet, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötigt, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können (Senatsurteil vom - VIII ZR 11/07, NJW 2008, 573 Rn. 12 mwN). Das ist hier nicht der Fall.

11Zwar stellt das Berufungsgericht noch zutreffend darauf ab, dass § 558a Abs. 2 BGB mit den vier dort aufgeführten Begründungsmitteln keine abschließende Regelung enthält und unter den in § 558a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 Satz 2 BGB genannten Voraussetzungen auch der Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde zur Begründung herangezogen werden kann, wenn kein Mietspiegel vorhanden ist (vgl. Senatsurteil vom - VIII ZR 99/09, NJW 2010, 2946 Rn. 7). Die Gemeinde R.        mit etwa 4.450 Einwohnern ist jedoch mit der Großstadt Nürnberg mit rund 500.000 Einwohnern nicht vergleichbar. Dass in ruhigeren Randgebieten Nürnbergs die Wohnqualität mit derjenigen der nahe gelegenen Gemeinde R.       vergleichbar sein mag, ist für die Vergleichbarkeit beider Gemeinden unerheblich. Denn über die dort ortsübliche Miete gibt der für das gesamte Stadtgebiet Nürnbergs erstellte Mietspiegel keine Auskünfte (vgl. LG Heidelberg WuM 2012, 205).

12Die fehlende Vergleichbarkeit der Gemeinde R.      mit der Stadt Nürnberg kann entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht durch einen prozentualen Abschlag auf die Nürnberger Mieten ersetzt werden. Gemäß § 558a Abs. 4 BGB ist der Mietspiegel einer anderen Gemeinde nur unter der Voraussetzung ein taugliches Mittel zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens, dass es sich um einen Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde handelt.

III.

13Hiernach kann das Urteil des Berufungsgerichts keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, da es keiner weiteren Feststellungen bedarf (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dies führt zur Abänderung des erstinstanzlichen Urteils und zur Abweisung der Klage als unzulässig. Denn die Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung ist unzulässig, wenn ihr - wie hier - kein wirksames Mieterhöhungsverlangen vorausgegangen ist (, NZM 2004, 581 unter II 4; vom - VIII ZR 212/05, NJW-RR 2006, 1305 Rn. 6; vom - VIII ZR 331/06, NJW 2008, 848 Rn. 18).

Ball                             Dr. Hessel                            Dr. Achilles

          Dr. Schneider                          Dr. Bünger

Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2881 Nr. 48
BB 2013 S. 2881 Nr. 48
NJW 2014 S. 1173 Nr. 16
NWB-Eilnachricht Nr. 3/2014 S. 89
GAAAE-51782