Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht hat die Angeklagte wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision der Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg. Im Übrigen ist sie unbegründet nach § 349 Abs. 2 StPO.
2 1. Der Rechtsfolgenausspruch hält rechtlicher Prüfung schon deswegen nicht stand, weil das Landgericht die Voraussetzungen des § 63 StGB nicht geprüft hat, obwohl sich dies aufgedrängt hätte.
3 a) Nach den Feststellungen tötete die Angeklagte ihre neugeborene Tochter unmittelbar nach der Geburt, indem sie das lebende Kind in eine Plastiktüte steckte und diese bei Minustemperaturen im Hof des Wohnanwesens zwischen einen Schuppen und einen Zaun stellte. Die sachverständig beratene Schwurgerichtskammer geht davon aus, dass die Angeklagte die Tat im Zustand verminderter Schuldfähigkeit nach § 21 StGB beging. Sie weise seit Jahren eine dissoziative Persönlichkeitsstörung "mit Krankheitswert" auf, in deren Folge das Phänomen der "Schwangerschaftsverdrängung" bzw. "abgewehrten Schwangerschaft" auftrete (UA S. 4 f., 13). Dieser Defekt - möglicherweise verstärkt durch erheblichen Blutverlust und damit einhergehende Sauerstoffminderversorgung des Gehirns sowie durch hormonale Veränderungen im Rahmen des Geburtsvorgangs - habe ihr Steuerungsvermögen schuldrelevant beeinträchtigt (UA S. 15).
4 b) Unter solchen Vorzeichen wäre zwingend der Frage nachzugehen gewesen, ob die Angeklagte im psychiatrischen Krankenhaus unterzubringen ist (§ 63 StGB). Sie leidet an einer dauerhaften psychischen Störung, aufgrund derer sie die Tat begangen hat. Die Umstände der Begehung der Tat sowie die bisherige Entwicklung des Defekts lassen dabei eine Gefahr der Begehung gleichgelagerter Taten jedenfalls nicht ausgeschlossen erscheinen. Dafür könnte auch die Erwägung der Schwurgerichtskammer sprechen, es sei fraglich, ob das unter ähnlichen Umständen wie das getötete Kind zur Welt gekommene zweite Kind der Angeklagten am Leben geblieben wäre, wenn nicht der damalige Lebensgefährte der Angeklagten zum Zeitpunkt der Geburt in der Wohnung gewesen wäre und die Angeklagte sowie das Neugeborene unter seine Betreuung genommen hätte (UA S. 13).
5 Der Entscheidung steht nicht entgegen, dass nur die Angeklagte Revision eingelegt hat (§ 358 Abs. 2 Satz 3 StPO). Die Angeklagte hat das Unterbleiben einer Unterbringungsanordnung nicht von ihrem Rechtsmittelangriff ausgenommen. Es kann daher dahinstehen, ob dies in Bezug auf § 63 StGB überhaupt wirksam möglich wäre (vgl. , NStZ-RR 2012, 139, 140 mwN).
6 2. Der Strafausspruch war aufzuheben, weil der Senat nicht ausschließen kann, dass die Strafe geringer ausgefallen wäre, wenn das Landgericht die Maßregel angeordnet hätte. Für die neue Hauptverhandlung weist er darauf hin, dass die Beanstandungen der Beschwerdeführerin zu der im angefochtenen Urteil vorgenommenen Strafrahmenwahl und Strafhöhenbemessung nicht gänzlich von der Hand zu weisen sind (vgl. zu den erforderlichen Prüfschritten Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 5. Aufl., Rn. 930). Sofern das neu entscheidende Tatgericht unter gleichzeitiger Maßregelanordnung eine aussetzungsfähige Strafe verhängen sollte, wird zu prüfen sein, ob die Vollstreckung von Strafe und Maßregel (vgl. § 67b Abs. 1 StGB) unter geeignet erscheinenden Therapieauflagen zur Bewährung ausgesetzt werden kann.
Fundstelle(n):
UAAAE-48877