Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion: Ausspähen fremder Kartendaten als Tatbestandsverwirklichung
Gesetze: § 25 StGB, § 27 StGB, § 149 Abs 1 StGB, § 152b Abs 5 StGB
Instanzenzug: LG Darmstadt Az: 300 Js 28301/12 - 2 KLs
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in drei Fällen zu einer Jugendstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet.
21. Die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich wegen täterschaftlicher gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion strafbar gemacht, begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
3Ob ein Beteiligter eine Tat als Täter oder Gehilfe begeht, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in wertender Betrachtung nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, zu beurteilen (vgl. etwa , BGHSt 37, 289, 291). Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung, die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zu ihr sein. Eine darauf bezogene wertende Betrachtung ist vom Tatrichter in einer vom Revisionsgericht nachprüfbaren Weise vorzunehmen. An einer solchen umfassenden Gesamtwürdigung fehlt es hier.
4Das Landgericht hat sich zur Begründung darauf gestützt, der Angeklagte habe mit dem An- und Abmontieren der manipulierten Türöffner und Blenden einen wesentlichen Tatbeitrag geleistet und im Hinblick auf seine ansonsten fehlenden Erwerbsmöglichkeiten auch ein erhebliches Interesse an den Taten gehabt. Die Tathandlungen seien ein gewichtiger Teil der Tatbestandsverwirklichung, bei dem der Angeklagte auch Tatherrschaft besessen habe (UA S. 26). Diese Würdigung enthält rechtlich unzutreffende Wertungen und lässt wesentliche Gesichtspunkte unberücksichtigt, die gegen mittäterschaftliches Handeln sprechen.
5Die Annahme, bei den Tatbeiträgen des Angeklagten handele es sich um gewichtige Teile der Tatbestandsverwirklichung, geht fehl. Das Ausspähen fremder Kartendaten liegt weit im Vorfeld der eigentlichen Tat des Nachmachens von Zahlungskarten mit Garantiefunktion (§ 152 b Abs. 5 i.V.m. § 149 Abs. 1 StGB), eine "Tatbestandsverwirklichung" liegt darin nicht (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 395/12, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 36). Dass der Angeklagte dabei "Tatherrschaft" gehabt habe, wie es das Landgericht seiner Würdigung zugrunde legt, hat jedenfalls insoweit nicht die Bedeutung wie bei einer von Tatherrschaft geprägten Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen eines Tatbeteiligten.
6Das Landgericht lässt unberücksichtigt, dass der Angeklagte von den eigentlichen Tätern lediglich für einzelne Taten angeworben wurde, keinen Gestaltungsspielraum bei der Auswahl geeigneter Banken besaß, die ihm von den Hintermännern vorgegeben wurden (abweichend im Sachverhalt insoweit Senat, Beschluss vom - 2 StR 74/12, NStZ 2012, 626), bei der Tatausführung zunächst von einem Mittäter begleitet wurde, der ihn anwies und ihm - wie später auch - die zur Anbringung erforderlichen Gegenstände übergab und schließlich angesichts seiner pauschalen, geringfügigen Honorierung für die im Vorfeld der eigentlichen Taten erbrachten Leistungen ohne Beteiligung an den durch den späteren Einsatz der gefälschten Karten erzielten Erlöse kein wirkliches Interesse an den eigentlichen, erst später begangenen Taten hatte. Angesichts dieser Umstände gibt es greifbare Anhaltspunkte dafür, dass der Angeklagte wie auch die übrigen Tatbeteiligten in den Unterstützungshandlungen keinen wesentlichen Tatbeitrag erblickten (vgl. auch , NJW 2011, 2375).
72. Der Rechtsfehler führt zur Aufhebung der täterschaftlichen Verurteilung des Angeklagten. Der Senat sieht davon ab, die Sache insoweit zurückzuverweisen, weil er ausschließt, dass sich in einer neuen Hauptverhandlung weitere Erkenntnisse zur Abgrenzung von Täterschaft und Beihilfe im zugrunde liegenden Fall ergeben und die geschilderten besonderen Umstände zu einer Annahme von Beihilfe drängen. Er ändert deshalb den Schuldspruch selbst ab. § 265 StPO steht nicht entgegen; der Angeklagte hätte sich gegen die nunmehr angenommene Beteiligungsform nicht anders verteidigen können.
8Die Änderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung des Strafausspruchs, über den das Landgericht neu zu befinden hat.
Fischer Appl Krehl
Ott Zeng
Fundstelle(n):
AAAAE-47128