Progressionsvorbehalt; Rückwirkende Verrechnung von Zahlungen zwischen den Trägern von Sozialleistungen
Hat ein Steuerpflichtiger von einem Leistungsträger (LT 1) Sozialleistungen erhalten und entfällt der Anspruch auf diese Leistungen, weil nachträglich festgestellt wird, dass der Steuerpflichtige Anspruch auf Leistungen eines anderen Leistungsträgers (LT 2) hat, ist der LT 2 verpflichtet, dem LT 1 die dem Steuerpflichtigen ausgezahlten Beträge zu erstatten (§ 102 ff SGB X).
Der Erstattungsbetrag ist als Sozialleistung des LT 2 anzusehen und gilt im Zeitpunkt der Zahlung der ursprünglichen Leistung durch den LT 1 als beim Steuerpflichtigen zugeflossen (vgl. zur entsprechenden Rechtslage bei rückwirkendem Wegfall eines Anspruchs auf Krankengeld wegen rückwirkender Bewilligung einer Rente R 32b Abs. 4 EStR und BStBl 2003 II S. 391).
Einzelne Träger von Sozialleistungen haben bei der Erstellung der elektronischen Mitteilungen die oben dargestellte Rechtsauffassung bisher nicht berücksichtigt, sondern die Mitteilungen unter Berücksichtigung des Zu- und Abflussprinzips erstellt.
Wenn beide Leistungsträger entsprechend verfahren sind, ergibt sich eine steuerliche Auswirkung in diesen Fällen lediglich, wenn eine Sozialleistung dem Progressionsvorbehalt unterliegt, die andere dagegen nicht.
Im Dezember 2012 erhält der Steuerpflichtige Arbeitslosengeld in Höhe von 1.300 €. Im Januar 2013 wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige vom bis zum Anspruch auf Krankengeld von monatlich 1.400 € hat. Ab ist der Steuerpflichtige wieder erwerbstätig. Die Krankenkasse überweist im Februar 2013 einen Betrag von 1.300 € an die Agentur für Arbeit und den Restbetrag von 1.500 € (2 × 1.400 € = 2.800 € – 1.300 € = 1.500 €) an den Steuerpflichtigen.
a) Mitteilungen bei Anwendung des Zu- und Abflussprinzips (= Zeitpunkt, in dem die jeweilige Leistung zu- bzw. abgeflossen ist)
Soweit die Sozialleistungsträger die Mitteilungen unter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips erstellt haben, liegen dem Finanzamt folgende Mitteilungen vor:
für 2012:
Arbeitslosengeld 1.300 €
für 2013:
Krankengeld 2.800 €
Arbeitslosengeld – 1.300 €
Summe der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Leistungen damit 1.500 €.
b) Zutreffende Mitteilungen
für 2012:
Krankengeld 1.300 €
für 2013:
Krankengeld 1.500 €
Ein Steuerpflichtiger erhält von Oktober 2011 bis April 2013 das nicht dem Progressionsvorbehalt unterliegende Arbeitslosengeld II. Im Januar 2013 wird dem Steuerpflichtigen rückwirkend ab dem Elterngeld in Höhe von monatlich 300 € bewilligt. Die Zahlung des Elterngeldes führt zu einer entsprechenden Minderung des Arbeitslosengeldes II. Die Elterngeldstelle überweist im Januar 2013 daher einen Betrag in Höhe von 300 € (= Elterngeld für Dezember 2012) an die Agentur für Arbeit und einen Betrag in Höhe von 300 € an den Steuerpflichtigen. Von Februar bis November 2013 werden jeweils 300 € an den Steuerpflichtigen überwiesen.
a) Mitteilung der Elterngeldstelle bei Anwendung des Zufluss Prinzips (= Zeitpunkt, in dem das Elterngeld gezahlt worden ist)
für 2012: keine Mitteilung
für 2013: Mitteilung über 3.600 € (je 300 € für Dezember 2011 und Januar bis November 2012)
b) Zutreffende Mitteilung
für 2012: 300 €
für 2013: 3.300 €
Nach dem BStBl 2013 I S. 922, sollen die Träger von Sozialleistungen, die bei bisher erfolgten elektronischen Meldungen das Zu- und Abflussprinzip angewandt haben, spätestens für Leistungen, die ab 2014 gezahlt werden, zutreffende elektronische Mitteilungen erstellen. Für Kalenderjahre vor 2014 sollen sie dem Steuerpflichtigen auf dessen Bitte hin, Papierbescheinigungen mit den zutreffenden Beträgen ausstellen oder ihm Unterlagen zur Verfügung stellen, aus denen sich die zutreffenden Beträge ergeben.
In Fällen, in denen der Steuerpflichtige zunächst Krankengeld erhalten hat und der Anspruch darauf wegen rückwirkender Bewilligung einer Rente entfällt, wird die Rentenbezugsmitteilung zutreffend erstellt. Aus dem Bewilligungsbescheid des Rentenversicherungsträgers ergibt sich auch, in welcher Höhe dieser Beträge an die Krankenversicherung erstattet hat.
Soweit Steuerpflichtige in Einzelfällen vortragen, dass die bei der Veranlagung bis einschließlich 2013 berücksichtigten elektronischen Mitteilungen von Sozialleistungsträgern unzutreffend sind, weil die erfolgte rückwirkende Verrechnung von Sozialleistungen nicht berücksichtigt worden ist, ist der Steuerpflichtige daher zu bitten, die zutreffenden Beträge durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen.
OFD Nordrhein-Westfalen v. - Kurzinfo ESt
23/2013
Fundstelle(n):
KAAAE-47103