Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels; Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 76 Abs. 1
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielte als Unternehmensberater Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er reichte für die Streitjahre 2002 bis 2004 zunächst keine Steuererklärungen ein. Mit den angefochtenen Bescheiden schätzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—) die Besteuerungsgrundlagen. Erst in den anschließenden Klageverfahren gegen die Schätzungsbescheide gab der Kläger die Steuererklärungen ab. Daraus ergaben sich im Vergleich zu den Schätzungsbescheiden höhere Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge. Der Aufforderung des Finanzgerichts (FG), entsprechende Belege einzureichen, kam der Kläger nicht nach. Er benannte jedoch eine früher als Steuerberater tätige Person, der die berufsrechtliche Zulassung bereits im Jahr 2000 —bestandskräftig seit dem Jahr 2002— entzogen worden war, als Zeugen (Z). Der Beweisantrag bezog sich auf die Behauptung, „dass die in den Gewinnermittlungen ausgewiesenen Werte für Fremdleistungen, Bewirtungskosten, Reisekosten, sonstige betriebliche Aufwendungen, Rechts- und Beratungskosten, Buchführungs-/Abschluss- und Steuerberatungskosten sowie Leasing in den Streitjahren so angefallen, zutreffend ermittelt und zutreffend ausgewiesen sind.” Ferner wurde Z zum Beweis der Behauptung benannt, dass die Werte in den Jahresabschlüssen und Erklärungen zutreffend seien und zutreffend ermittelt worden seien.
2 Das FG kam dem Beweisantrag nicht nach, bestätigte im Ergebnis die Schätzungen des FA und wies die Klagen ab. Es führte aus, der Beweisantrag sei zum einen wegen Prozessverschleppungsabsicht rechtsmissbräuchlich und daher unbeachtlich. Zum anderen sei er unsubstantiiert, weil er sich nicht auf Tatsachen beziehe. Die unter Beweis gestellte Behauptung, die Betriebsausgaben und die Werte in den Jahresabschlüssen und Erklärungen seien zutreffend, ergebe sich lediglich als Schlussfolgerung aus der Zusammenschau sämtlicher Tatsachen, die den Sachverhalt einer Betriebsausgabe begründeten. Die Richtigkeit der Werte sei daher eine Frage der Beweiswürdigung, nicht aber eine zu beweisende Tatsache. Vom Kläger habe erwartet werden können, dass er die Gesamtsummen der von ihm begehrten Betriebsausgaben und Vorsteuerbeträge aufgliedere und die maßgebenden Einzeltatsachen unter Beweis stelle.
3 Mit seinen Beschwerden begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung und eines Verfahrensmangels.
4 Das FA hält die Beschwerden für unbegründet.
5 II. Die Beschwerden sind unzulässig.
6 Der Kläger hat die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) entsprechenden Weise dargelegt.
7 1. Die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels setzt gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO u.a. voraus, dass die angefochtene Entscheidung auf dem geltend gemachten Verfahrensmangel „beruhen” kann. Daran fehlt es, wenn das FG sein Urteil nicht nur auf die Begründung gestützt hat, die der Rechtsmittelführer für verfahrensfehlerhaft hält, sondern darüber hinaus eine selbständig tragende Begründung gegeben hat, zu der weder ein Verfahrensmangel noch ein anderer Revisionszulassungsgrund vorgetragen wird.
8 So liegt es hier. Die Beschwerdebegründung legt nur dar, weshalb die Ausführungen im angefochtenen Urteil zu der vom FG angenommenen Prozessverschleppungsabsicht rechtsfehlerhaft seien. Auf die vom FG zur weiteren Begründung angeführte fehlende Substantiierung des Beweisantrags, die die Nichterhebung des Beweises selbständig trägt, geht der Kläger hingegen nicht ein.
9 2. Gleiches gilt für die vom Kläger formulierten, von ihm als grundsätzlich bedeutsam (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) angesehenen Rechtsfragen.
10 Eine Rechtsfrage ist nur dann klärungsfähig, wenn sie in einem künftigen Revisionsverfahren für die Entscheidung des Streitfalls rechtserheblich ist (Senatsbeschluss vom X B 84/12, BFH/NV 2013, 771, unter II.1.a, m.w.N.). An der Darlegung der Klärungsfähigkeit fehlt es insbesondere, wenn das FG seine Entscheidung kumulativ auf mehrere Gründe gestützt hat, von denen jeder für sich gesehen die Entscheidung trägt, die Beschwerdebegründung jedoch nur auf einen der das FG-Urteil tragenden Gründe eingeht (, BFH/NV 2005, 2229).
11 Dies gilt auch für den weiteren vom Kläger angeführten Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
12 3. Soweit der Kläger weiter vorbringt, das FG sei verpflichtet gewesen, sich die Belege von der Steuerfahndung vorlegen zu lassen, ist bereits unklar, welcher Zulassungsgrund damit geltend gemacht werden soll.
13 Sollte der Kläger rügen wollen, das FG sei seiner von Amts wegen bestehenden Sachaufklärungspflicht nicht nachgekommen, wären die hierfür geltenden Darlegungsanforderungen jedenfalls nicht erfüllt. In diesen Fällen sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH Ausführungen dazu erforderlich, welche Beweise das FG von Amts wegen hätte erheben bzw. welche Tatsachen es hätte aufklären müssen, aus welchen Gründen sich ihm die Notwendigkeit einer Beweiserhebung auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei einer Beweisaufnahme voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern die Beweiserhebung auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (Senatsbeschlüsse vom X B 124/10, BFH/NV 2011, 1838, unter II.2.d, und vom X B 155/11, BFH/NV 2012, 2015, unter II.1.a).
14 Vorliegend fehlt es an jeglichem Vorbringen dazu, woher das FG hätte wissen sollen, dass die Belege angeblich noch bei der Steuerfahndung lagerten, so dass sich dem FG eine Anforderung dieser Unterlagen hätte aufdrängen müssen.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1800 Nr. 11
ZAAAE-45394