Gewährung von Urlaub durch unwiderrufliche Freistellung
Gesetze: § 362 Abs 1 BGB, § 615 S 2 BGB, § 7 Abs 4 BUrlG, § 7 Abs 1 S 1 BUrlG
Instanzenzug: Az: 12 Ca 5137/09 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg Az: 7 Sa 191/11 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltungsansprüche des Klägers aus dem Jahr 2009.
2Der Kläger war seit dem bei der Beklagten als Prokurist und Leiter des Finanz- und Rechnungswesens beschäftigt. Die Parteien führten eine Vielzahl von Rechtsstreitigkeiten gegeneinander. Vor dem Landesarbeitsgericht Nürnberg schlossen sie am in dem Rechtsstreit - 3 Sa 171/08 - einen gerichtlichen Vergleich. Dort heißt es, soweit maßgeblich:
3Mit Schreiben vom erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger:
4Der Kläger erhob im Juli 2009 zunächst Klage auf Beschäftigung und auf Feststellung, dass die Freistellungserklärung unwirksam sei. Diese Anträge erklärten die Parteien in der mündlichen Verhandlung vom übereinstimmend für erledigt. Mit Schriftsatz vom machte der Kläger die Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Jahr 2009 in Höhe von 7.413,57 Euro geltend.
5Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Freistellung durch die Beklagte sei unwirksam. Sie verstoße gegen Ziff. 4 des vor dem Landesarbeitsgericht geschlossenen Vergleichs. Zudem sei die Freistellung ohne sachlichen Grund erfolgt. Es habe für ihn bei der Beklagten eine Beschäftigungsmöglichkeit bestanden. Seine restlichen Urlaubsansprüche habe er unter „Beantragung der Urlaubstermine“ mit Urlaubsantrag vom , mit der Übergabe einer Urlaubsaufstellung am sowie zusätzlich mit Schreiben vom geltend gemacht.
6Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 7.413,47 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;
hilfsweise, für den Fall der Klageabweisung,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 6.178,47 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
7Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie vertritt die Auffassung, die Revision des Klägers sei mangels ausreichender Begründung unzulässig. Zudem habe sie die Resturlaubsansprüche aus dem Jahr 2009 durch Freistellung erfüllt. Ein Abgeltungsanspruch sei deshalb nicht entstanden.
8Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Zahlungsansprüche weiter.
Gründe
9A. Die Revision ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Abgeltung von 17 Urlaubstagen aus dem Jahr 2009.
10I. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Revision des Klägers nicht als unzulässig zu verwerfen. Sie genügt gerade noch den gesetzlichen Begründungsanforderungen.
111. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss die Revisionsbegründung den Rechtsfehler des Landesarbeitsgerichts so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Deshalb muss die Revisionsbegründung eine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten. Dies erfordert die konkrete Darlegung der Gründe, aus denen das angefochtene Urteil rechtsfehlerhaft sein soll. Dadurch soll sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil im Hinblick auf das Rechtsmittel überprüft und mit Blickrichtung auf die Rechtslage genau durchdacht hat. Außerdem soll die Revisionsbegründung durch ihre Kritik des angefochtenen Urteils zur richtigen Rechtsfindung durch das Revisionsgericht beitragen ( - Rn. 9).Die bloße Darstellung anderer Rechtsansichten ohne jede Auseinandersetzung mit den Gründen des Berufungsurteils genügt nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung( - Rn. 12).
122. Diesen Anforderungen wird die Revisionsbegründung gerade noch gerecht. Sie rügt insbesondere, das Landesarbeitsgericht habe es zu Unrecht dahinstehen lassen, ob die Freistellungserklärung rechtswirksam gewesen sei.
13II. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Beklagte dem Kläger 17 Urlaubstage aus dem Jahr 2009 im Zeitraum vom 1. Juli bis zum gewährte. Der Anspruch auf Urlaub war deshalb gemäß § 362 Abs. 1 BGB vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses erloschen. Ein Abgeltungsanspruch gemäß § 7 Abs. 4 BUrlG konnte nicht mehr entstehen.
141. Mit der unwiderruflichen Freistellung des Klägers seit dem erfüllte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Gewährung des streitgegenständlichen Resturlaubs.
15a) Die Erfüllung eines Anspruchs auf Erholungsurlaub setzt voraus, dass der Arbeitnehmer im Voraus durch eine unwiderrufliche Freistellungserklärung des Arbeitgebers zu Erholungszwecken von seiner sonst bestehenden Arbeitspflicht befreit wird ( - Rn. 27). Diese Voraussetzungen erfüllte die Freistellungserklärung der Beklagten mit Schreiben vom . Danach stellte sie den Kläger ab dem bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses unwiderruflich von der Pflicht zur Arbeitsleistung frei. Noch bestehende Resturlaubsansprüche sollten in dieser Zeit in Natur eingebracht werden.
16b) Der Erfüllungswirkung steht nicht entgegen, dass die Freistellungserklärung nicht erkennen lässt, an welchen Tagen die Beklagte den Kläger zum Zwecke der Gewährung von Erholungsurlaub und an welchen Tagen sie ihn zu anderen Zwecken freistellte.
17aa) Einer nicht näher bestimmten Urlaubsfestlegung kann der Arbeitnehmer regelmäßig entnehmen, dass der Arbeitgeber es ihm überlässt, die zeitliche Lage seines Urlaubs innerhalb des Freistellungszeitraums festzulegen ( - zu II 2 b bb (2) der Gründe). Eine zeitliche Festlegung des - im Voraus erteilten - Urlaubszeitraums ist deshalb regelmäßig nicht notwendig. Dieses Recht des Klägers zur Festlegung des Urlaubszeitraums lässt sich der Freistellungserklärung der Beklagten entnehmen. Danach sollten noch bestehende Resturlaubsansprüche vom Kläger im Freistellungszeitraum in Natur eingebracht werden. Der Kläger rügt zu Unrecht, er habe mit dem Urlaubsantrag vom , mit der Urlaubsaufstellung vom sowie mit Schreiben vom seine restlichen Urlaubsansprüche unter „Beantragung der Urlaubstermine“ geltend gemacht. Er trägt hierzu nicht vor, dass er damit abweichende Urlaubswünsche im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 geäußert habe. Dies wäre auch logisch nicht denkbar, weil ohnehin nur der Freistellungszeitraum vom bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Urlaubsgewährung in Betracht kam.
18bb) Vorliegend war auch nicht ausnahmsweise eine zeitliche Festlegung des Urlaubszeitraums notwendig.
19(1) Der Arbeitnehmer kann, insbesondere aus wirtschaftlichen Gründen, ein berechtigtes Interesse an einer solchen zeitlichen Festlegung haben. So hat er ein wirtschaftliches Interesse daran, sein Verhalten während des Freistellungszeitraums daran zu orientieren, ob ein etwaiger Zwischenverdienst der Anrechnung unterliegt oder nicht. Deshalb obliegt es dem Arbeitgeber in solchen Fällen, entweder den anrechnungsfreien Urlaubszeitraum konkret zu benennen, die Reihenfolge der Zeiträume zweifelsfrei festzulegen oder dem Arbeitnehmer auf andere Weise mitzuteilen, ob und innerhalb welcher Zeiträume die Anrechnungsvorschrift des § 615 Satz 2 BGB nicht zur Anwendung kommt.
20(2) Solche berechtigten Interessen des Klägers sind hier nicht ersichtlich. Insbesondere verzichtete die Beklagte durch die Freistellungserklärung darauf, einen etwaigen anderweitigen Verdienst des Klägers im gesamten Freistellungszeitraum mit Ausnahme des Urlaubszeitraums anzurechnen. Ein Vorbehalt, anderweitiger Verdienst werde angerechnet, ergibt sich aus der Erklärung vom nicht. Aus ihr folgt vielmehr, dass die Beklagte den Kläger von der Pflicht zur Erbringung der Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Vergütung entbinden wollte (vgl. - zu II 2 d der Gründe).
21(3) Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte ihn von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freistellen durfte. Eine rechtswidrige Freistellung hätte lediglich zur Folge gehabt, dass der Kläger weiterhin einen Beschäftigungsanspruch hätte geltend machen können. Annahmeverzugsansprüche des Klägers wären nicht entstanden. Denn die Beklagte brachte mit der Freistellung zum Ausdruck, dass sie auch ohne Arbeitsleistung die Vergütungsansprüche des Klägers erfüllen werde.
222. Der Kläger rügt ohne Erfolg, das Landesarbeitsgericht hätte ihn darauf hinweisen müssen, dass es keine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Urlaubsanspruch gebe. Es fehlt schon an der Darlegung, was er bei einem entsprechenden Hinweis Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte.
23B. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision gemäß § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2014 S. 2040 Nr. 34
DStR 2013 S. 14 Nr. 43
CAAAE-44531