Keine Änderung bestandskräftiger Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO bei erst nachträglich mitgeteiltem Arbeitsgerichtsprozess
über das Vorliegen steuerfreier Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit
arbeitsgerichtlicher Vergleich kein rückwirkendes Ereignis
Leitsatz
1. Hat eine Arbeitnehmerin in ihren Steuererklärungen für zwei Jahre ihren Arbeitslohn in voller Höhe als steuerpflichtig
erklärt und teilt sie dem Finanzamt erst nach Eintritt der Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide erstmalig mit, dass
sie infolge eines geänderten Tarifvertrags bereits seit dem ersten der Streitjahre einen Arbeitsrechtsstreit mit dem Arbeitgeber
über die Frage führt, ob ein Teil des Arbeitslohns nach § 3b EStG steuerfrei ist, so können die bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide
nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO zugunsten der Arbeitnehmerin geändert werden; die verspätete Mitteilung ist „grob schuldhaft”
i. S. v. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.
2. Weder die „Steuerfreiheit” von Teilen des Arbeitslohns noch die Höhe, in welcher Teile des Arbeitslohns im Nachhinein abweichend
von der ursprünglichen Bewertung des Arbeitgebers als Ergebnis des arbeitsgerichtlichen Verfahrens als steuerfrei zu werten
sind, sind „Tatsachen” i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO; vielmehr handelt es sich hierbei lediglich um rechtliche Schlussfolgerungen
und abweichende Subsumtionen.
3. Ein Steuerbescheid darf wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismittel nicht nach § 173 AO geändert
werden, wenn das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis der Tatsachen oder Beweismittel mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit
nicht anders entschieden hätte. Eine Änderung scheidet danach aus, wenn die Unkenntnis der später bekannt gewordenen Tatsache
für die ursprüngliche Veranlagung nicht ursächlich (rechtserheblich) gewesen ist.
4. Arbeitsgerichtliche Vergleiche oder eine Rechtsprechungsänderung sind keine rückwirkenden Ereignisse i. S. v. § 175 Abs.1
Satz 1 Nr. 2 AO.
Fundstelle(n): EFG 2013 S. 1728 Nr. 21 UAAAE-43365
Preis: €5,00
Nutzungsdauer: 30 Tage
Online-Dokument
FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil v. 25.04.2013 - 6 K 618/11
Ihre Datenbank verwendet ausschließlich funktionale Cookies,
die technisch zwingend notwendig sind, um den vollen Funktionsumfang unseres Datenbank-Angebotes sicherzustellen.
Weitere Cookies, insbesondere für Werbezwecke oder zur Profilerstellung, werden nicht eingesetzt.