Entgeltfortzahlung an Feiertagen - MTV Druck
Gesetze: § 2 Abs 1 EntgFG, § 12 EntgFG, § 1 TVG, § 611 Abs 1 BGB
Instanzenzug: Az: 8 Ca 8466/11 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 5 Sa 989/11 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Vergütung ausgefallener Arbeitsschichten.
Der Kläger ist bei der beklagten Druckerei, die Erzeugnisse der Tagespresse herstellt, als Maschinenführer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet kraft einzelvertraglicher Vereinbarung der Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer der Druckindustrie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland vom (im Folgenden: MTV Druck) Anwendung. In diesem ist ua. bestimmt:
3Die Beklagte praktiziert ein Schichtplansystem, das jeweils die Tage Sonntag bis Freitag (einschließlich Feiertage) umfasst. In der am Sonntagabend beginnenden Schicht wird die jeweilige Montagsausgabe hergestellt. Nach dem Schichtplan war der Kläger für die am Ostersonntag, dem , und am Pfingstsonntag, dem , jeweils um 20:00 Uhr beginnenden und am darauffolgenden Montag um 4:00 Uhr endenden Schichten eingeteilt. Die Beklagte rief mit der Begründung, dass am Oster- und Pfingstmontag keine tagesaktuelle Zeitung erscheine und deshalb das Sonntagsarbeitsverbot eingreife, die Arbeitsleistung des Klägers nicht ab und zahlte für diese Schichten keine Vergütung.
4Der Kläger hat Feiertagsvergütung für diese Schichten in Höhe der Grundvergütung nebst Sonntags- und Nachtarbeitszuschlägen geltend gemacht.
Der Kläger hat beantragt,
6Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Arbeit sei nicht feiertagsbedingt ausgefallen. Sie habe sich nicht im Annahmeverzug befunden. Der Anspruch folge auch nicht aus dem von ihr zu tragenden Betriebsrisiko.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Gründe
8Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat gemäß § 2 Abs. 1 EFZG Anspruch auf Vergütung der am Oster- und Pfingstsonntag 2011 jeweils ab 20:00 Uhr ausgefallenen Arbeitsschichten. Lediglich die Zinsentscheidung des Arbeitsgerichts ist zu korrigieren.
9I. Nach § 2 Abs. 1 EFZG hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer für die Arbeitszeit, die infolge eines gesetzlichen Feiertags ausfällt, das Arbeitsentgelt zu zahlen, das er ohne den Arbeitsausfall erhalten hätte. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Feiertagsbezahlung besteht dann, wenn der Feiertag die alleinige Ursache für den Arbeitsausfall gewesen ist ( - zu I 1 der Gründe).
101. Die am Oster- und Pfingstsonntag beginnenden Arbeitsschichten des Klägers sind wegen des Oster- und Pfingstmontags 2011 ausgefallen. Bei diesen Tagen handelt es sich im Freistaat Bayern um gesetzliche Feiertage, Art. 1 Bayerisches Feiertagsgesetz.
112. § 9 Abs. 2 ArbZG, wonach bei einer Inkongruenz von Feiertag und Schicht, die Feiertagsruhezeit jeweils um sechs Stunden nach vorn oder hinten verschoben werden kann, steht dem nicht entgegen. Diese Norm lässt den zivilrechtlichen Vergütungsanspruch gemäß § 2 Abs. 1 EFZG unberührt. § 9 Abs. 2 ArbZG ergänzt lediglich die Vorschrift zur öffentlich-rechtlichen Feiertagsruhe, § 9 Abs. 1 ArbZG.
123. Soweit § 7 Ziff. 1 Buchst. b Satz 2 MTV Druck bestimmt, dass eine am Abend vor einem Feiertag begonnene Nachtschicht keine Feiertagsarbeit ist, kann offenbleiben, ob damit der Anspruch auf Entgeltfortzahlung an Feiertagen überhaupt geregelt wird. Hiergegen dürfte bereits die Systematik des Tarifvertrags sprechen, wonach § 6 Ziff. 1 und 2 MTV Druck inhaltsgleich mit § 2 Abs. 1 EFZG auf das Entgeltausfallprinzip verweist, während § 7 MTV Druck tarifliche Lohnzuschläge regelt. Jedenfalls kann in einem Tarifvertrag nicht von den Vorschriften des EFZG zu Ungunsten der Arbeitnehmer abgewichen werden, § 12 EFZG. Eine von § 2 Abs. 1 EFZG abweichende tarifliche Bestimmung des Ursachenzusammenhangs zwischen Arbeitsausfall und Feiertag wäre unwirksam. Im Tarifvertrag kann deshalb nicht bestimmt werden, dass die am Tag vor dem Feiertag ausfallende Nachtschicht bzw. die an den Sonntagen vor den Oster- und Pfingstmontagen beginnenden und in die Feiertage hineinreichenden Schichten keine Feiertagsschichten sind, wenn der Feiertag der alleinige Grund für den Arbeitsausfall ist. An der früheren abweichenden Rechtsprechung (vgl. - zu 1 der Gründe, BAGE 12, 216; - 5 AZR 1036/06 - Rn. 19) hält der nach dem Geschäftsverteilungsplan des Bundesarbeitsgerichts für Fragen der Entgeltfortzahlung an Feiertagen allein zuständige Fünfte Senat nicht fest.
13II. Der Kläger hat Anspruch auf Vergütung der vollen Schichten. Arbeitet ein Betrieb in mehreren Schichten und beginnt eine der Schichten vor 24:00 Uhr des einen Tages und endet sie im Laufe des folgenden Tages, hat der Arbeitgeber auch für eine solche Schicht den vollen Lohnausfall zu tragen, wenn die Schicht wegen der Feiertagsruhe ausfällt. Sie fällt dann infolge des Feiertags aus, ohne dass es auf die zeitliche Lage der Schicht am Feiertag ankommt ( - BAGE 12, 216).
14III. Der Anspruch ist in der geltend gemachten Höhe begründet, § 2 Abs. 1 EFZG, § 6 Ziff. 1 und 2 MTV Druck. Der Kläger hat lediglich das wegen der Feiertagsruhe entgangene Entgelt beansprucht.
15IV. Der Zinsanspruch folgt aus § 286 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB. Die Verzinsungspflicht beginnt entsprechend § 187 Abs. 1 BGB jedoch erst mit Beginn des Tages, der dem Tag folgte, an dem das maßgebliche Ereignis eintrat (vgl. - Rn. 27; - 9 AZR 160/04 - zu II 2 c der Gründe). Die Vergütung war nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts gemäß § 614 Satz 2 BGB am Ersten des Folgemonats fällig. Verzug trat damit am Zweiten des Folgemonats ein, hinsichtlich der Entgeltfortzahlung für Ostersonntag, den , somit am . Das Arbeitsgericht hat Zinsen insoweit ohnehin erst ab dem zugesprochen, so dass diese Zinsentscheidung Bestand hat. Hinsichtlich der Entgeltfortzahlung für Pfingstsonntag, den , trat Verzug jedoch nicht schon am , sondern erst am ein, so dass die Zinsentscheidung insoweit zu korrigieren ist.
V. Die Beklagte hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen. Die Zuvielforderung des Klägers hinsichtlich der Zinsen war verhältnismäßig geringfügig und hat keine höheren Kosten verursacht (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
BB 2013 S. 2420 Nr. 40
DB 2013 S. 2032 Nr. 36
NAAAE-42647