Gewinnerzielungsabsicht eines Rechtsanwalts
Leitsatz
Der Rechtsprechung des BFH lässt sich nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz entnehmen, dass bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern in einer Anwaltskanzlei und der Erzielung sechsstelliger Honorareinnahmen in der Regel davon auszugehen sei, dass die Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Entscheidend ist, ob die Kanzlei bei einer Gesamtbetrachtung nach der Art ihrer Führung geeignet ist, nachhaltig Gewinn zu erzielen, und der Steuerpflichtige ausreichend auf die Verlustsituation reagiert.
Gesetze: EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, EStG § 18 Abs. 4 Satz 2, EStG § 15 Abs. 2 Satz 2, GG Art. 103 Abs. 1,GG Art. 3 Abs. 1, FGO § 115 Abs. 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 Die Beschwerde ist unbegründet. Ein Zulassungsgrund gemäß § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist nicht gegeben. Weder ist eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung erforderlich noch ist dem Finanzgericht (FG) ein Verfahrensfehler unterlaufen.
2 1. Eine Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO setzt voraus, dass das angefochtene FG-Urteil bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in seinen tragenden Gründen von einer Entscheidung des BFH oder eines anderen Gerichts abweicht (vgl. , BFH/NV 2012, 1307). Daran fehlt es im Streitfall.
3 a) Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) tragen vor, das FG habe der Entscheidung den abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt, „dass allein die abstrakte Möglichkeit der Verlustverrechnung mit anderweitigen positiven Einkünften auch bei echten Verlusten als Indiz gegen die Gewinnerzielungsabsicht gelte”. Ein solcher Rechtssatz ist der Entscheidung des FG nicht zu entnehmen. Das FG hat ausgeführt, dass zur Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit alle Umstände des Einzelfalles einschließlich etwaiger Besonderheiten der Verhältnisse zu berücksichtigen seien. Dabei hat es die Steuerersparnis des Klägers durch die Verrechnung der aus dem Betrieb der Anwaltskanzlei entstandenen Verluste mit den positiven Einkünften aus Kapitalvermögen und aus Vermietung und Verpachtung als ein —aber nicht einziges— Indiz dafür angesehen, dass die Gewinnerzielungsabsicht fehle. Es hat als weiteres gewichtiges Beweisanzeichen für eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht gewertet, dass sich die Verlustsituation verstetigte, ohne dass der Kläger effektive Maßnahmen zur Herstellung und Steigerung der Rentabilität ergriffen habe. Es hat somit auch auf das nicht marktgerechte Verhalten des Klägers abgestellt.
4 b) Es besteht auch keine Divergenz zu den Urteilen des (BFHE 207, 183, BStBl II 2004, 1063) und vom X R 33/04 (BFHE 218, 163, BStBl II 2007, 874). Der BFH hat in diesen Urteilen ausgeführt, dass die Möglichkeit der Steuerersparnis „für sich genommen” nicht zur Annahme der fehlenden Gewinnerzielungsabsicht führt und nicht „in tragender Funktion” als persönliches Motiv herangezogen werden kann. Der BFH hat dem Motiv der Steuerersparnis indessen nicht jegliche indizielle Wirkung abgesprochen.
5 c) Der Rechtsprechung des BFH lässt sich auch nicht der allgemeine Rechtsgrundsatz entnehmen, dass bei einer Beschäftigung von Mitarbeitern in einer Anwaltskanzlei und der Erzielung sechsstelliger Honorareinnahmen in der Regel davon auszugehen sei, dass die Kanzlei mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werde. Entscheidend ist, ob die Kanzlei bei einer Gesamtbetrachtung nach der Art ihrer Führung geeignet ist, nachhaltig Gewinn zu erzielen (, BFHE 186, 206, BStBl II 1998, 663). Dies hat das FG im vorliegenden Fall aufgrund der hohen Personalkosten im Verhältnis zu den Umsätzen verneint. Es hat festgestellt, dass „keine entsprechenden Mandate für drei Anwälte vorhanden waren” und der Kläger nicht ausreichend auf die Verlustsituation reagiert habe. Das FG konnte deshalb auch zu der Schlussfolgerung gelangen, dass der Kläger die Kanzlei nicht mehr in der Absicht der Gewinnerzielung geführt hat (vgl. Senatsurteil vom VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289).
6 2. Das angefochtene Urteil leidet auch nicht unter Verfahrensfehlern.
7 a) Es liegt keine Überraschungsentscheidung vor. Ausweislich des Protokolls über den Erörterungstermin vom hat das Gericht mit den Parteien die Frage erörtert, ob die von dem Kläger ergriffenen Maßnahmen genügten, um der Verlustsituation zu begegnen. Die Behauptung der Kläger, es sei die generelle Eignung der Maßnahmen nicht erörtert worden, ist danach weder schlüssig dargelegt noch nachvollziehbar. Die Rüge ist zudem unbegründet. Der Anspruch auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes erfordert nicht, dass nahe liegende oder tatsächliche Gesichtspunkte erörtert werden, wenn die Beteiligten wie im Streitfall ordnungsgemäß vertreten sind (, BFH/NV 1999, 329).
8 b) Das FG hat den Anspruch auf rechtliches Gehör auch nicht dadurch verletzt, dass es den Vortrag des Klägers, er sei aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen, den Geschäftsbetrieb allein aufrechtzuerhalten, in seiner Entscheidung nicht gewürdigt hat. Das FG ist nicht verpflichtet, sich in der Urteilsbegründung mit jedem Vorbringen der Beteiligten ausdrücklich zu befassen. Es ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen hat (, BFH/NV 2001, 1292). Daher liegt in derartigen Fällen eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nur vor, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalles deutlich ergibt, dass das FG Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat (, BFH/NV 2003, 335, m.w.N.). Dass dies vorliegend der Fall ist, ist weder dargelegt worden noch ersichtlich.
9 3. Soweit der Kläger ausführt, die Revision sei zuzulassen, weil die Entscheidung des FG willkürlich sei, fehlt es an einer ordnungsgemäßen Darlegung.
10 Dieser Zulassungsgrund ist nur gegeben, wenn die Entscheidung des FG schwerwiegende Rechtsfehler aufweist und deshalb objektiv willkürlich erscheint oder greifbar gesetzwidrig ist. Diese besonderen Umstände sind in der Beschwerdeschrift darzulegen, insbesondere der schwerwiegende Fehler, seine Offensichtlichkeit sowie seine Korrekturmöglichkeit im Revisionsverfahren (, BFH/NV 2006, 2269). Hieran fehlt es in der Beschwerdebegründung. Soweit die Kläger u.a. vortragen, das Gericht habe seine Feststellungen nicht substantiiert begründet, rügen sie eine vermeintlich fehlerhafte Rechtsanwendung, nicht jedoch eine greifbare Gesetzeswidrigkeit.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 1556 Nr. 10
EStB 2013 S. 338 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 35/2013 S. 2763
StBW 2013 S. 821 Nr. 18
WAAAE-42093