Leitsatz
1. Hat der Rechtsanwalt die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG gegen seinen Mandanten beantragt, so erhebt der Mandant mit
der Behauptung, dem Rechtsanwalt keinen Auftrag erteilt zu haben, einen Einwand, der nicht im Gebührenrecht seinen Grund und
nach § 11 Abs. 5 Satz 1 RVG grundsätzlich zur Folge hat, dass die Vergütungsfestsetzung abzulehnen und ein bereits ergangener
Vergütungsfestsetzungsbeschluss aufzuheben ist. Dies gilt aber nicht, wenn sich aus den aktenkundigen Schreiben und Unterlagen
zweifelsfrei ergibt, dass der Mandant den Rechtsanwalt bevollmächtigt und beauftragt hat, und die Einwendung daher offensichtlich
aus der Luft gegriffen ist.
2. Nicht gebührenrechtlich sind alle Einwendungen und Einreden, die nicht zu den gebührenrechtlichen gehören, die vielmehr
auf Vorschriften des allgemeinen, auch für andere Rechtsbeziehungen maßgeblichen Rechts oder auf besondere Abmachungen zwischen
dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber gestützt werden. Die Einwendung, dass nach einer zwischen dem Mandanten (Auftraggeber)
und dem Rechtsanwalt getroffenen vertraglichen Abrede eine über die bereits an den Rechtsanwalt geleisteten Zahlungen hinausgehende
Vergütung ausgeschlossen sei, ist mithin eine nichtgebührenrechtliche Einwendung i. S. v. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG.
3. Der pauschale Hinweis, es stünden nicht gebührenrechtliche Einwendungen im Raum, führt nicht bereits zur Anwendung des
§ 11 Abs. 5 S. 1 RVG. Der Antrag auf Vergütungsfestsetzung ist nur dann abzulehnen, wenn das Vorbringen erkennen lässt, dass
der Erinnerungsführer seine Einrede oder Einwendung auf konkrete, tatsächliche Umstände stützt, die einen Bezug auf die Besonderheiten
des konkreten Falles aufweisen und jedenfalls im Ansatz die Möglichkeit erkennen lassen, dass der Anspruch des Antragstellers
(Rechtsanwaltes) aus materiell-rechtlichen Gründen unbegründet sein könnte. Eine offensichtlich unbegründete – mithin haltlose
– Berufung auf § 49b BRAO kann der Festsetzung der Vergütung ebenso nicht erfolgreich entgegen gehalten werden wie die nicht
näher konkretisierte Behauptung der Schlechterfüllung durch den Rechtsanwalt.
4. Eine ggf. bestehende Rechtsschutzversicherung ändert zweifelsfrei nichts daran, dass der Mandant seinem Rechtsanwalt verpflichtet
und der Rechtsanwalt auch in Ansehung der Rechtsschutzversicherung einen Anspruch gegen seinen Mandanten hat, und nimmt dem
Rechtsanwalt deshalb den Anspruch auf Vergütungsfestsetzung insbesondere dann nicht, wenn keine Angaben zur Leistungspflicht
und Leistungsbereitschaft der angeblich bestehenden Rechtsschutzversicherung gemacht werden.
5. Auch wenn die Vorlage der Prozessvollmacht für sich allein im Rechtssinne nur die Bevollmächtigung dokumentiert, also nicht
das ihr zugrunde liegende Auftragsverhältnis „beweist”, ist die Begründung und das Bestehen des Auftragsverhältnisses nicht
ernstlich zweifelhaft, wenn die Prozessvollmacht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit dem Klageschriftsatz und dessen
Übersendung an das Gericht erteilt und der Mandant an zwei Erörterungsterminen durch Mitarbeiter des Rechtsanwalts vertreten
worden ist.
6. Die eigenen Gebühren des Rechtsanwaltes sind – mit Ausnahme des Hinweises nach § 49b Abs. 5 BRAO – prinzipiell nicht Gegenstand
der anwaltlichen Beratungspflicht, solange der Mandant nicht danach fragt.
7. § 11 Abs. 4 RVG gilt im Erinnerungsverfahren gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss sinngemäß. Während nach § 33 Abs.
8 S. 1 RVG der Einzelrichter der gesetzliche Richter zur Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes ist, obliegt
die Entscheidung über die Erinnerung gegen die Vergütungsfestsetzung grundsätzlich dem Senat in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.
8. Greift der Mandant den im Vergütungsfestsetzungsbeschluss nach § 11 RVG von der Urkundsbeamtin angesetzten Gegenstandswert
an und setzt der Senat nunmehr nach § 33 RVG einen höheren Gegenstandswert fest, darf im Rahmen der Erinnerung gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss
kein höherer Streitwert angesetzt werden, sofern der Rechtsanwalt keine Erinnerung eingelegt hat.