Bewertung einer Gesellschafterforderung für Zwecke der Erb-schaftsteuer (Rechtslage bis zum )
Leitsatz
Für die Wertermittlung des Betriebsvermögens für Zwecke der Erbschaftsteuer sind bis zum die Steuerbilanzwerte maßgebend, die unter Zugrundelegung der ertragsteuerrechtlichen Bilanzierungs- und Gewinnermittlungsvorschriften zutreffend sind.
Erwirbt der Erbe eine Kommanditbeteiligung des Erblassers, ist eine zum Sonderbetriebsvermögen des Erblassers gehörende Forderung gegenüber der Gesellschaft beim Erben im Falle des Fortbestehens der Gesellschaft mit dem Nennwert der Besteuerung zugrunde zu legen, selbst wenn die Forderung zum Zeitpunkt des Ablebens des Erblassers wertlos ist.
Gesetze: ErbStG a.F. § 12 Abs. 5 Satz 2BewG § 95 Abs. 1BewG § 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
I.
1 Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Alleinerbe seines am verstorbenen Groß- und Adoptivvaters. Zum Nachlass gehörte u.a. eine Kommanditbeteiligung des Erblassers an der C-GmbH & Co. KG (C-KG). Die C-KG war Inhaberin eines Erbbaurechts an einem Grundstück mit aufstehender Hotelanlage. Der Erblasser war Eigentümer des mit dem Erbbaurecht belasteten Grundstücks. Anfang 1993 vermietete der Erblasser der C-KG weitere Grundstücksflächen zum Zwecke des Betriebs eines Golfplatzes.
2 Die Ansprüche des Erblassers gegenüber der C-KG auf Erbpachtzinsen für das Hotelgrundstück, auf Zahlung der Pachten für den Golfplatz und auf Provisionen für übernommene Bürgschaften wurden auf einem Verrechnungskonto des Erblassers verbucht. Das Guthaben auf diesem Konto belief sich ausweislich der Bilanz zum auf 711.517,46 €. Nach dem Tod des Erblassers wurde für die C-KG ein Notgeschäftsführer bestellt. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen der C-KG wurde am eröffnet und am mangels kostendeckender Masse eingestellt.
3 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) setzte mit Bescheid vom die Erbschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung auf 2.601.346 € fest. Im Anschluss an eine Außenprüfung setzte das FA die Erbschaftsteuer mit Bescheid vom auf 2.711.232 € fest. Es vertrat dabei u.a. die Auffassung, dass die Forderung des Erblassers gegenüber der C-KG als Sonderbetriebsvermögen mit dem Nennwert zu erfassen sei.
4 Auf den Einspruch des Klägers setzte das FA die Erbschaftsteuer wegen geänderter Grundbesitzwerte durch Einspruchsentscheidung vom auf 2.466.796 € herab und wies den Einspruch im Übrigen als unbegründet zurück. Die dagegen erhobene Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) gab ihr insoweit statt, als es eine bislang vom FA nicht berücksichtigte Bürgschaftsverpflichtung als Nachlassverbindlichkeit anerkannte. Im Übrigen, also insbesondere wegen des Ansatzes der Gesellschafterforderung, wies es die Klage ab. Die Entscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 1009 veröffentlicht.
5 Mit der Revision wendet sich der Kläger gegen den Ansatz der Forderung des Erblassers gegenüber der C-KG. Seiner Ansicht nach sei diese bereits am Todestag wertlos gewesen. Dies ergebe sich aus der kurzfristig nach dem Tod des Erblassers eröffneten Insolvenz infolge der Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung der Gesellschaft.
6 Mit Bescheid vom setzte das FA die Entscheidung des FG inhaltlich um und die Erbschaftsteuer auf 2.302.162 € herab.
7 Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Bescheid über Erbschaftsteuer vom dahingehend zu ändern, dass die Erbschaftsteuer in Höhe von 2.138.517 € festgesetzt wird.
8 Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II.
9 Die Revision ist aus verfahrensrechtlichen Gründen begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, weil sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 der Finanzgerichtsordnung —FGO—). An die Stelle des angefochtenen Erbschaftsteuerbescheids vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom , über den das FG entschieden hat, ist während des Revisionsverfahrens der Bescheid vom getreten. Das angefochtene Urteil ist daher gegenstandslos und aufzuheben (, BFH/NV 2011, 1147, Rz 23, und vom III R 86/09, BFHE 238, 68, Rz 8, jeweils m.w.N.). Da das finanzgerichtliche Urteil nicht an einem Verfahrensmangel leidet, fallen die tatsächlichen Feststellungen des FG nicht weg und bilden die Grundlage für die Entscheidung des BFH (BFH-Urteile in BFH/NV 2011, 1147, Rz 23, und in BFHE 238, 68, Rz 9, jeweils m.w.N.).
III.
10 Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen. Der angefochtene Erbschaftsteuerbescheid in Gestalt des Änderungsbescheids vom ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Zutreffend hat das FA die Gesellschafterforderung in Höhe von 711.517,46 € in die Bemessungsgrundlage für die Erbschaftsteuer einbezogen.
11 1. Nach § 12 Abs. 5 Satz 2 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung der Bekanntmachung vom (BGBl I 1997, 378, BStBl I 1997, 298) —a.F.— sind die §§ 95 bis 99, 103, 104 und 109 Abs. 1 und 2 und § 137 des Bewertungsgesetzes (BewG) in der im Streitjahr geltenden Fassung (a.F.) für die Bewertung des Betriebsvermögens zu Erbschaftsteuerzwecken entsprechend anzuwenden; maßgebend für die Bewertung sind die Verhältnisse zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 12 Abs. 5 Satz 1 ErbStG a.F.). Nach § 109 Abs. 1 BewG a.F. sind bei bilanzierenden Steuerpflichtigen die zu dem Gewerbebetrieb gehörenden Wirtschaftsgüter mit den Steuerbilanzwerten anzusetzen.
12 2. Das Betriebsvermögen umfasst gemäß § 95 Abs. 1 BewG a.F. alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass sich der Umfang des Betriebsvermögens weitgehend danach richtet, was ertragsteuerrechtlich dem Betriebsvermögen zugerechnet wird (, BFHE 187, 332, BStBl II 1999, 206; , BFH/NV 2004, 1074). Zum Betriebsvermögen gehören danach grundsätzlich alle Wirtschaftsgüter und sonstigen aktiven Ansätze sowie Schulden und sonstigen Abzüge einschließlich des Sonderbetriebsvermögens einzelner Gesellschafter (§ 97 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 BewG a.F.; Viskorf in Viskorf/Glier/Hübner/Knobel/Schuck, Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, Bewertungsgesetz, 2. Aufl., § 12 ErbStG Rz 38).
13 3. Für die Bestands- und Wertermittlung des Betriebsvermögens für Zwecke der Festsetzung von Erbschaftsteuer sind die Steuerbilanzwerte maßgebend, die unter Zugrundelegung der ertragsteuerrechtlichen Bilanzierungs- und Gewinnermittlungsvorschriften zutreffend sind bzw. richtigerweise anzusetzen gewesen wären (, BFHE 230, 188, BStBl II 2010, 923, und vom II R 67/09, BFHE 239, 137, BStBl II 2013, 210; Hübner, Deutsches Steuerrecht 2000, 1205). Maßgebend für die Bewertung von Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft ist dabei der Steuerbilanzwert, der in einer auf den Zeitpunkt des Todes des Gesellschafters erstellten Sonderbilanz und korrespondierend als Schuldposten in der Bilanz der Gesellschaft enthalten ist oder auszuweisen gewesen wäre (vgl. BFH-Urteil in BFHE 230, 188, BStBl II 2010, 923 zum Fall einer Pensionsverpflichtung).
14 4. Durch die Rechtsprechung ist geklärt, dass der Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft bei Sondervergütungen einer Personengesellschaft an einen ihrer Gesellschafter in der Weise ermittelt wird, dass die in der Steuerbilanz der Gesellschaft passivierte Verbindlichkeit zur Zahlung der Sondervergütung durch einen gleich hohen Aktivposten in der Sonderbilanz des begünstigten Gesellschafters ausgeglichen wird (, BFH/NV 2010, 640, m.w.N.). Die in der Sonderbilanz zu bildende Forderung des Gesellschafters wird in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft wie Eigenkapital behandelt. Auch wenn feststeht, dass die Forderung wertlos ist, folgt aus der Behandlung als Eigenkapital, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft nicht in Betracht kommt. Der Verlust im Sonderbetriebsvermögen —ebenso wie der Verlust der Einlage in das Gesellschaftsvermögen— wird grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung realisiert (ständige Rechtsprechung, z.B. , BFH/NV 2005, 1523, m.w.N., und BFH-Beschluss in BFH/NV 2010, 640).
15 5. Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die auf den Kläger übergegangene Forderung des Erblassers gegen die Gesellschaft zutreffend mit dem Nennwert bei der Bemessung der Erbschaftsteuer angesetzt worden. Bei dem Verrechnungskonto handelt es sich um eine Forderung des Gesellschafters, die ertragsteuer-rechtlich wie Eigenkapital behandelt wird. Das Guthaben auf dem Konto wurde ertragsteuerrechtlich zutreffend in der Sonderbilanz des Erblassers auf den und in der Zwischenbilanz auf den Todeszeitpunkt in Höhe von 711.517,46 € angesetzt. Dieser Wert aus der Steuerbilanz war gemäß § 12 Abs. 5 Satz 2 ErbStG a.F. i.V.m. §§ 95, 97, 109 BewG a.F. bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer zugrunde zu legen. Auf den tatsächlichen Wert der Forderung kommt es nach dem Verweis auf die Steuerbilanzwerte in § 109 Abs. 1 BewG a.F. nicht an. Selbst wenn die Forderung wertlos gewesen wäre, wäre eine Wertberichtigung im Todeszeitpunkt ertragsteuerrechtlich nicht möglich gewesen, denn zu diesem Zeitpunkt bestand die Gesellschaft fort. Diese Grundsätze sind auch für die Erbschaftsteuer maßgeblich. Anhaltspunkte für eine Übermaßbesteuerung sind nicht ersichtlich.
16 Aus dem (BVerfGE 117, 1, BStBl II 2007, 192) folgt entgegen der Ansicht des Klägers nichts anderes. Zwar hat das BVerfG aufgrund der unterschiedlichen Bewertung einzelner Wirtschaftsgüter die Unvereinbarkeit der Tarifvorschrift des § 19 Abs. 1 ErbStG a.F. mit dem Grundgesetz festgestellt. Es hat aber diese Vorschrift nicht für nichtig erklärt (§ 78 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes), sondern ihre weitere Anwendung für Besteuerungszeitpunkte bis zum zugelassen. Somit ist § 12 Abs. 5 ErbStG a.F. i.V.m. § 109 Abs. 1 BewG a.F. auch im Streitjahr anwendbar.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2013 II Seite 740
BB 2013 S. 1813 Nr. 31
BB 2013 S. 2342 Nr. 39
BFH/NV 2013 S. 1484 Nr. 9
BFH/PR 2013 S. 367 Nr. 10
BStBl II 2013 S. 740 Nr. 18
DB 2013 S. 2193 Nr. 39
DB 2013 S. 6 Nr. 30
DStR 2013 S. 10 Nr. 30
DStRE 2013 S. 1125 Nr. 18
DStZ 2013 S. 611 Nr. 17
EStB 2013 S. 300 Nr. 8
ErbBstg 2013 S. 245 Nr. 10
ErbStB 2013 S. 270 Nr. 9
GStB 2013 S. 43 Nr. 11
GmbH-StB 2013 S. 340 Nr. 11
GmbHR 2013 S. 249 Nr. 16
GmbHR 2013 S. 946 Nr. 17
HFR 2013 S. 796 Nr. 9
KÖSDI 2013 S. 18488 Nr. 8
NWB-EV 2013 S. 286 Nr. 9
NWB-Eilnachricht Nr. 31/2013 S. 2445
StB 2013 S. 300 Nr. 9
StBW 2013 S. 721 Nr. 16
StBW 2013 S. 839 Nr. 18
StuB-Bilanzreport Nr. 15/2013 S. 592
Ubg 2013 S. 670 Nr. 10
WPg 2014 S. 755 Nr. 14
AAAAE-41247