Kostenteilung bei Teilabhilfe; Geringfügigkeit des Unterliegens
Leitsatz
1. Es entspricht regelmäßig dem billigen Ermessen, wenn der Kläger in Höhe des von der Abhilfe nicht erfassten Teils des Klageanspruchs die Kosten trägt.
2. § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO ist zwar grundsätzlich auch bei Hauptsacheerledigung nach erfolgter Teilabhilfe anwendbar. Bei einer Quote von 1/10 kann jedoch nicht mehr von einem geringfügigen Unterliegen eines Beteiligten ausgegangen werden.
Gesetze: FGO § 136 Abs. 1 Satz 3, FGO § 138 Abs. 2 Satz 1, FGO § 138 Abs. 1
Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),
Gründe
1 1. Aufgrund der übereinstimmenden Erklärungen des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) und der Beklagten und Revisionsbeklagten (Familienkasse) ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Das Urteil des Finanzgerichts ist damit einschließlich der darin enthaltenen Kostenentscheidung gegenstandslos geworden (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom I R 79/95, BFH/NV 1996, 846; vom V R 128/85, BFH/NV 1995, 918; vom X R 5/12, BFH/NV 2013, 53). Gemäß § 143 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hat der BFH durch Beschluss nur noch über die Kosten zu entscheiden.
2 Für den durch die Abgabe der übereinstimmenden Erledigungserklärungen bewirkten Wegfall der Rechtshängigkeit der Hauptsache kommt es nicht darauf an, dass auch das dem Verfahren beigetretene Bundesministerium der Finanzen eine Erledigungserklärung abgegeben hat (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Beschlüsse vom VII R 107/72, BFHE 115, 425, und in BFH/NV 2013, 53).
3 2. Die nach Erledigung der Hauptsache zu treffende Kostenentscheidung richtet sich nach § 138 Abs. 2 Satz 1 und Abs. 1 FGO.
4 a) Die Familienkasse hat dem Antrag des Klägers, Kindergeld für seine beiden Kinder für die Monate August bis Dezember 2007 in Höhe von insgesamt 1.540 € festzusetzen, nur teilweise entsprochen. Es hat nach Anrechnung polnischer Familienleistungen im Abhilfebescheid lediglich Differenzkindergeld in Höhe von 1.377,30 € festgesetzt.
5 b) Mithin sind die Kosten des Verfahrens verhältnismäßig zu teilen. Soweit die Familienkasse dem Klagebegehren abgeholfen hat, trägt sie die Kosten gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 FGO. In Bezug auf den von der Abhilfe nicht erfassten Teil des Begehrens trifft den Kläger die Kostenpflicht nach § 138 Abs. 1 FGO. Denn es entspricht regelmäßig dem billigen Ermessen, wenn der Kläger in Höhe des von der Abhilfe nicht erfassten Teils des Klageanspruchs die Kosten trägt (BFH-Beschlüsse vom V R 112/80, BFH/NV 1987, 54; vom II B 157/92, BFH/NV 1995, 332; vom VIII R 81/05, BFH/NV 2009, 1447).
6 c) Von der Anwendung des § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, wonach einem Beteiligten die Kosten ganz auferlegt werden können, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist, war im Streitfall abzusehen. Zwar ist die genannte Vorschrift grundsätzlich auch bei Hauptsacheerledigung nach erfolgter Teilabhilfe anwendbar (, BFH/NV 1991, 472), doch fehlt es vorliegend an der Geringfügigkeit des klägerischen Unterliegens. Bei einer Quote von 1/10 kann davon nach der Spruchpraxis des BFH nicht mehr ausgegangen werden (, BFH/NV 1994, 133; , BFHE 210, 100, BStBl II 2005, 698).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
IAAAE-40430