Instanzenzug:
Tatbestand
1 Die Klägerin nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf Rückabwicklung einer Beteiligung an der V. 3 GmbH & Co. KG (im Folgenden: V 3) in Anspruch.
2 Der Ehemann der Klägerin, W. S. (im Folgenden: Zedent), zeichnete nach vorheriger Beratung durch den Mitarbeiter R. der Beklagten am 15. September 2003 eine Beteiligung an V 3 im Nennwert von 25.000 € zuzüglich eines Agios in Höhe von 1.250 €.
3 Nach dem Inhalt des Verkaufsprospekts sollten 8,9% der Zeichnungssumme sowie das Agio in Höhe von 5% zur Eigenkapitalvermittlung durch die V. AG (im Folgenden: V. AG) verwendet werden. Die V. AG durfte laut Prospekt ihre Rechte und Pflichten aus der Vertriebsvereinbarung auf Dritte übertragen. Die Beklagte erhielt für den Vertrieb der Anteile Provisionen in Höhe von 8,25% der Zeichnungssumme, ohne dass dies dem Zedenten im Beratungsgespräch offengelegt wurde.
4 Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage unter Berufung auf mehrere Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Abtretung der Beteiligung, Rückzahlung des eingesetzten Kapitals in Höhe von 26.250 €, entgangenen Gewinn in Höhe von 8% p.a. ab 12. Dezember 2003 und, jeweils nebst Prozesszinsen, die Erstattung von 2.916 € an das Finanzamt gezahlter Zinsen wegen Aberkennung der zunächst gewährten Steuervorteile sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.022,45 €. Darüber hinaus begehrt die Klägerin die Feststellung, dass die Beklagte zum Ersatz jedes weiteren Schadens des Zedenten verpflichtet ist, sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der Beklagten. Das Landgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben, jedoch den Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges sowie teilweise die Anträge auf Ersatz der an das Finanzamt entrichteten Zinsen und auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten abgewiesen. Verzugszinsen hat das Landgericht ab dem 2. Dezember 2008 in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, jedoch maximal 8%, zuerkannt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung im Übrigen den Antrag auf Ersatz der an das Finanzamt entrichteten Zinsen abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung im Übrigen dem Antrag auf Feststellung des Annahmeverzuges stattgegeben.
5 Im Revisionsverfahren hat die Klägerin den Rechtsstreit in Höhe von 21.250 € in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat sich dem angeschlossen. Nachdem die Klägerin ihre Revision zurückgenommen hat, ist nur noch über die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten zu entscheiden, mit der diese weiterhin die vollständige Abweisung der Klage begehrt.
Entscheidungsgründe
6 Die Revision der Beklagten ist zulässig und begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils, soweit zum Nachteil der Beklagten entschieden worden ist, und insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I.
7 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
8 Das Landgericht habe zu Recht einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht des Zedenten wegen unterlassener Aufklärung über die von ihr erzielte Rückvergütung angenommen. Aufgrund des zwischen der Beklagten und dem Zedenten zustande gekommenen Beratungsvertrages sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Zedenten auf die von ihr im Zusammenhang mit dem Vertrieb der Anlage empfangene umsatzabhängige Vergütung hinzuweisen. Hierbei handele es sich um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Durch den Fondsprospekt werde der Zedent zwar darüber informiert, dass die Beklagte das Agio erhalte, nicht jedoch darüber, dass der Beklagten 8,25% der Anlagesumme rückvergütet worden seien.
9 Stehe eine Aufklärungspflichtverletzung fest, streite für den Anleger die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die für alle Aufklärungsfehler eines Anlageberaters gelte. Die Beklagte müsse deshalb darlegen und beweisen, dass der Zedent die Kapitalanlage auch bei richtiger Aufklärung erworben hätte. Insoweit habe das Landgericht keine Beweisangebote der Beklagten übergangen, denn deren diesbezüglicher Vortrag sei zu pauschal und erkennbar "ins Blaue hinein" erfolgt. Die Beklagte mache keine Angaben, die der Zedent gegenüber dem Berater gemacht habe und aus denen dieser habe folgern müssen, dass der Zedent die Anlage auch bei Offenlegung der durch die Rückvergütung vermittelten Interessenkollision gezeichnet hätte.
10 Die Beklagte habe ihre objektiv pflichtwidrige Beratungspflichtverletzung auch zu vertreten. Im Zeitpunkt des Beratungsgesprächs habe es keine Rechtsprechung gegeben, auf die die Beklagte ihre Ansicht habe stützen können, erlangte Rückvergütungen seien nicht zu offenbaren.
II.
11 Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
12 1. Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagte ihre aus dem nicht mehr im Streit stehenden Beratungsvertrag nach den Grundsätzen des Bond-Urteils (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 XI ZR 12/93, BGHZ 123, 126, 128) folgende Pflicht, den Zedenten über die ihr zufließende Provision in Höhe von 8,25% des Zeichnungskapitals aufzuklären, schuldhaft verletzt hat.
13 Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem Anlageberatungsvertrag verpflichtet, über die von ihr vereinnahmte Rückvergütung aus offen ausgewiesenen Vertriebsprovisionen ungefragt aufzuklären. Aufklärungspflichtige Rückvergütungen in diesem Sinne sind regelmäßig umsatzabhängige Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie zum Beispiel Ausgabeaufschlägen und Verwaltungsvergütungen gezahlt werden, deren Rückfluss an die beratende Bank aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 20 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 17).
14 Bei den von der Beklagten empfangenen Provisionen handelte es sich, wie der Senat für die Parallelfonds V 3 und V 4 bereits mehrfach entschieden hat, um aufklärungspflichtige Rückvergütungen im Sinne der Senatsrechtsprechung (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 26 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 18). Wie der Senat in diesem Zusammenhang ebenfalls schon mehrfach entschieden hat, konnte eine ordnungsgemäße Aufklärung des Zedenten über diese Rückvergütungen durch die Übergabe des streitgegenständlichen Fondsprospekts nicht erfolgen, weil die Beklagte in diesem nicht als Empfängerin der dort ausgewiesenen Provisionen genannt ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 925 Rn. 27 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 22 mwN).
15 Schließlich hat das Berufungsgericht rechts- und verfahrensfehlerfrei ein Verschulden der Beklagten angenommen (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 29. Juni 2010 - XI ZR 308/09, WM 2010, 1694 Rn. 4 ff. und vom 19. Juli 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 10 ff. sowie Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 25, jeweils mwN).
16 2. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung jedoch nicht stand, soweit das Berufungsgericht die Kausalität der Aufklärungspflichtverletzung für den Erwerb der Fondsbeteiligung durch den Zedenten bejaht hat.
17 a) Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass die Beklagte die Darlegungs- und Beweislast für ihre Behauptung trägt, der Zedent hätte die Beteiligung auch bei gehöriger Aufklärung über die Rückvergütung erworben.
18 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 28 ff. mwN).
19 Das Berufungsgericht hat des Weiteren im Ergebnis zutreffend angenommen, dass von dieser Beweislastumkehr nicht nur dann auszugehen ist, wenn der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte. Wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 30 ff. mwN), ist das Abstellen auf das Fehlen eines solchen Entscheidungskonflikts mit dem Schutzzweck der Beweislastumkehr nicht vereinbar. Die Beweislastumkehr greift vielmehr bereits bei feststehender Aufklärungspflichtverletzung ein.
20 b) Die Revision rügt allerdings wie der Senat nach Erlass des Berufungsurteils zu einem Parallelfall entschieden hat (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 37 ff.) zu Recht, dass das Berufungsgericht den Vortrag der Beklagten, ihr Provisionsinteresse habe keinen Einfluss auf die Anlageentscheidung des Zedenten gehabt, insgesamt als unbeachtlich angesehen und angebotene Beweise nicht erhoben hat.
21 aa) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht den Antrag der Beklagten auf Vernehmung des Zedenten als Zeugen für ihre Behauptung, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, unberücksichtigt gelassen.
22 Dem Vortrag der Beklagten lässt sich noch ein hinreichender Bezug zur Person des Zedenten entnehmen. Dem Beklagtenvortrag ist die Behauptung zu entnehmen, der Zedent hätte die Anlage auch bei Kenntnis von Rückvergütungen erworben. Damit wird die entscheidungserhebliche Tatsache Fehlen der haftungsbegründenden Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden unmittelbar selbst zum Gegenstand des Beweisantrags gemacht. Stellte sich der Sachvortrag in der Beweisaufnahme als richtig heraus, stünde die fehlende Kausalität der Pflichtverletzung ohne weiteres fest. Weitere Einzelheiten oder Erläuterungen sind zur Substantiierung des Beweisantrags daher grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 39 mwN).
23 Es liegt auch kein unzulässiger Ausforschungsbeweis vor. Ein solcher ist nur dann anzunehmen, wenn der Beweisführer ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 40 mwN). Die Beklagte hat Anhaltspunkte vorgetragen, die nach ihrer Auffassung zumindest in der Gesamtschau dafür sprechen, dass der Zedent auch in Kenntnis der Rückvergütungen V 3 gezeichnet hätte. Hierzu gehört das behauptete Anlageziel des Zedenten, dass es ihm allein auf die Steuerersparnis und allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen sei (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 41).
24 bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch den von der Beklagten vorgetragenen Hilfstatsachen (Indizien) keine Bedeutung beigemessen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff. mwN).
25 Rechtsfehlerhaft ist das Berufungsgericht dem unter Beweis durch Zeugnis des Beraters R. gestellten Vortrag der Beklagten zum Motiv des Zedenten, sich an V 3 zu beteiligen (Steuerersparnis bzw. allenfalls noch Renditechancen und das Sicherungskonzept), nicht nachgegangen.
26 Zwar steht der Umstand, dass ein Anleger eine steueroptimierte Anlage wünscht, für sich gesehen der Kausalitätsvermutung nicht entgegen. Ist die vom Anleger gewünschte Steuerersparnis aber nur mit dem empfohlenen Produkt oder anderen Kapitalanlagen mit vergleichbaren Rückvergütungen zu erzielen, kann das den Schluss darauf zulassen, dass an die Bank geflossene Rückvergütungen für die Anlageentscheidung unmaßgeblich waren (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 53 mwN).
27 Dem Vortrag der Beklagten kann entnommen werden, dass sie behauptet, dem Zedenten sei es vordringlich um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Das Berufungsgericht hat diesen Vortrag zu Unrecht nicht gewürdigt und den insoweit angetretenen Beweis durch Vernehmung des Beraters R. als Zeugen unbeachtet gelassen.
III.
28 Das Berufungsurteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
29 1. Das Berufungsgericht wird den Zedenten als Zeugen zu der Behauptung der Beklagten, dass der Anteil, den sie aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebsprovisionen erhalten hat, für die Anlageentscheidung ohne Bedeutung gewesen sei, zu vernehmen haben. Außerdem wird es die Behauptung der Beklagten zu würdigen haben, dem Zedenten sei es allein um die bei V 3 zu erzielende Steuerersparnis gegangen, die alternativ nur mit Produkten zu erzielen gewesen sei, bei denen vergleichbare Rückvergütungen gezahlt worden seien. Gegebenenfalls wird es dazu den Zeugen R. und den Zedenten zu vernehmen haben (vgl. auch Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 42 ff.).
30 2. Sollte das Berufungsgericht nach erneuter Verhandlung die Kausalitätsvermutung in Bezug auf verschwiegene Rückvergütungen als widerlegt ansehen, wird es einer Haftung der Beklagten wegen falscher Darstellung der Kapitalgarantie nachzugehen haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 13 ff.). Sollte das Berufungsgericht insoweit wie der Senat zum selben Fonds bereits entschieden hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 XI ZR 191/10, WM 2011, 1506 Rn. 14; vgl. auch Henning, WM 2012, 153 ff. mwN zu dem Parallelfonds V 4) eine Aufklärungspflichtverletzung bejahen, dürfte die Widerlegung der dann eingreifenden Kausalitätsvermutung bereits nach dem Vortrag der Beklagten, dem Zedenten sei es auch auf das Sicherungskonzept der Schuldübernahme angekommen, ausscheiden.
31 3. Bezüglich der nur vorsorglichen Revisionsangriffe gegen die vom Berufungsgericht zuerkannten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten weist der Senat auf Folgendes hin:
32 Die Revision hat keinen Erfolg mit ihrem Einwand, es bestehe allenfalls Anspruch auf Ersatz einer Gebühr gemäß Nr. 2302 VV RVG, weil es sich bei dem vorgerichtlichen Schreiben des Klägervertreters vom 17. November 2008 um ein vorformuliertes Massenschreiben gehandelt habe. Bei dem Anspruchsschreiben handelt es sich offensichtlich nicht um ein solches "einfacher Art" (vgl. Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., VV 2302 Rn. 6; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., VV 2302 Rn. 3 mwN). Im Übrigen kommt es nicht nur auf die tatsächlich entfaltete Tätigkeit des Rechtsanwalts, sondern maßgeblich auf Art und Umfang des erteilten Mandats an (, NJW 1983, 2451, 2452 zu § 120 Abs. 1 BRAGO).
33 Der Revision ist allerdings zuzugeben, dass das Anspruchsschreiben auch auf einem Mandat zur gerichtlichen Forderungsdurchsetzung beruhen könnte und in diesem Fall durch die Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV RVG abgegolten wäre (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 RVG; Mayer in Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., VV 2300, 2301 Rn. 6; Onderka/Wahlen in Schneider/Wolf, AnwaltKommentar RVG, 6. Aufl., VV Vorbem. 2.3 Rn. 12 f. mwN). Ob auch eine Verfahrensgebühr nach Nr. 2300 VV RVG entstanden ist, hängt wiederum von Art und Umfang des vom Zedenten erteilten Mandats ab, wozu die Klägerin bislang noch nicht ausreichend vorgetragen hat. Ein nur bedingt für den Fall des Scheiterns des vorgerichtlichen Mandats erteilter Prozessauftrag steht der Gebühr aus Nr. 2300 VV RVG, entgegen der Auffassung der Revision, allerdings nicht entgegen (, NJW 1968, 2334, 2335; OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242; Jungbauer in Bischof, RVG, 5. Aufl., Vorbem. 2.3 VV Rn. 27; Schons in Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., VV 2300 Rn. 18; aA OLG München, WM 2010, 1622, 1623; Hartmann, Kostengesetze, 42. Aufl., VV 2300 Rn. 3).
34 Der Revision ist des Weiteren zuzugeben, dass ein Schädiger nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur jene durch das Schadensereignis verursachten Rechtsanwaltskosten zu ersetzen hat, die aus der Sicht des Geschädigten zur Wahrnehmung seiner Rechte erforderlich und zweckmäßig waren (, NJW 2006, 1065 Rn. 5 und vom 23. Oktober 2003 - IX ZR 249/02, NJW 2004, 444, 446, jeweils mwN). Ist der Schuldner bekanntermaßen zahlungsunwillig und erscheint der Versuch einer außergerichtlichen Forderungsdurchsetzung auch nicht aus sonstigen Gründen erfolgversprechend, sind die dadurch verursachten Kosten nicht zweckmäßig (vgl. OLG Celle, JurBüro 2008, 319; OLG Hamm, NJW-RR 2006, 242, 243; OLG München, WM 2010, 1622, 1623). Insoweit kommt es allerdings auf die (Gesamt-)Umstände des Einzelfalls an, deren Würdigung dem Tatrichter obliegt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 XI ZR 262/10, BGHZ 193, 159 Rn. 70).
Fundstelle(n):
EAAAE-39485