BVerwG Beschluss v. - 4 BN 22/13

Zum Verhältnis zwischen Teilunwirksamkeit und Gesamtunwirksamkeit im Planungsverfahren

Gesetze: § 1 BauGB, § 47 VwGO

Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht für das Land Schleswig-Holstein Az: 1 KN 19/11 Urteil

Gründe

1Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2Zur Darlegung des Zulassungsgrundes der Divergenz ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlich, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten, tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat (Beschlüsse vom - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 <n.F.> VwGO Nr. 26 und vom - BVerwG 8 B 166.99 - Buchholz 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 9). Hieran fehlt es.

3Die Beschwerde ist der Auffassung, das Oberverwaltungsgericht weiche mit dem Rechtssatz

"Die Ungültigkeit einzelner planerischer Festsetzungen führt nur dann - ausnahmsweise - nicht zur Ungültigkeit des gesamten Plans, wenn die restlichen Festsetzungen auch ohne den unwirksamen Teil noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken und mit der gebotenen Sicherheit anzunehmen ist, dass die Gemeinde auch einen Bebauungsplan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte."

von den Beschlüssen des BVerwG 4 N 3.87 - (BVerwGE 82, 225 <230>), vom - BVerwG 4 NB 3.91 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 59 = BRS 52 Nr. 36), vom - BVerwG 4 NB 30.96 - (Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 116 = juris Rn. 20) und vom - BVerwG 4 BN 44.07 - (juris Rn. 3) in entscheidungserheblicher Weise ab. Das ist jedoch nicht der Fall. In vorgenannten Entscheidungen hat der Senat ausgeführt, dass die Unwirksamkeit einzelner Festsetzungen - nach den allgemeinen Grundsätzen über die teilweise Nichtigkeit von Gesetzen und anderen Rechtsvorschriften (vgl. auch § 139 BGB) - dann nicht zur Gesamtunwirksamkeit eines Bebauungsplans führt, wenn die übrigen Festsetzungen für sich betrachtet noch eine den Anforderungen des § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB gerecht werdende, sinnvolle städtebauliche Ordnung bewirken können und wenn außerdem hinzukommt, dass die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch einen Plan dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (ebenso z.B. BVerwG 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61> = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 112 und BVerwG 4 B 5.08 - BRS 73 Nr. 22 = juris Rn. 8). Dieser Rechtsprechung ist auch zu entnehmen, dass die Teilunwirksamkeit zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme darstellt (vgl. auch BVerwG 4 NB 10.91 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 75 = juris Rn. 27, wo es heißt, dass "die Nichtigkeit einzelner Festsetzungen eines Bebauungsplans nur dann nicht zur Gesamtnichtigkeit des Plans führt, wenn ..."). Das Normenkontrollgericht hat sich von dieser ständigen Spruchpraxis nicht ausdrücklich distanziert. Es hat die von der Beschwerde angeführten Beschlüsse - mit Ausnahme des Beschlusses vom (a.a.O.) - zwar nicht zitiert, hat sich an ihnen jedoch gleichwohl inhaltlich ausgerichtet. Jedenfalls hat es zutreffend darauf abgestellt, dass für die Annahme einer bloßen Teilnichtigkeit dann kein Raum ist, wenn der fehlerfreie Teil des Plans nicht auch subjektiv vom Planungswillen der Gemeinde getragen wird. Dazu hat es - worauf die Beschwerde nicht eingeht - unter Rn. 44 des Entscheidungsabdrucks ausgeführt, dass sich die Antragsgegnerin zudem auch an ihrem bisherigen Planungskonzept festhalten lassen müsse, was weiter gegen eine Teilbarkeit des angegriffenen Planes spreche. Wie bereits dargestellt, ergebe sich aus der Planrechtfertigung und auch aus den Erwägungen der Antragsgegnerin im Abwägungsvorgang, dass es ihr ausdrücklich um die städtebauliche Ordnung unter Einbeziehung weiterer Grundstücke wegen der nicht wirksamen 2. Änderung des Bebauungsplanes Nr. 32 mit einer Zäsur zwischen der Hotelnutzung und Wohnnutzung durch die K.-Straße und Erweiterungsmöglichkeiten auf den Grundstücken des Hotels "K." und der Antragstellerin zu 3) gegangen sei. Ob das Verständnis, das dem Normenkontrollurteil in diesem Punkt zugrunde liegt, dem hypothetischen Willen der Antragsgegnerin tatsächlich gerecht wird, bedarf keiner Entscheidung, denn die Divergenzrüge eröffnet eine entsprechende Überprüfung nicht (Beschluss vom a.a.O.).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
DAAAE-36409