OFD Frankfurt/M. - S 2139 A - 24 - St 210

Bildung von Rücklagen nach § 6b Abs. 10 EStG

Betragsgrenze in Höhe von 500.000 € nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG

Es ist gefragt worden, ob die Betragsgrenze in Höhe von 500.000 € nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG bei Personengesellschaften gesellschafts- oder gesellschafterbezogen auszulegen ist. Gemäß einer auf Bundesebene erfolgten Abstimmung bitte ich, hierzu folgende Auffassung zu vertreten:

Dem Wortlaut des § 6b Abs. 10 EStG entsprechend können die Vergünstigungen nur natürliche Personen in Anspruch nehmen, die im Inland unbeschränkt oder beschränkt steuerpflichtig sind und den Gewinn nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermitteln. Körperschaftsteuersubjekte i. S. des § 1 Abs. 1 KStG sind von der Anwendung ausgeschlossen. Wird Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft veräußert, kann entsprechend dem Gebot einer möglichst weitgehenden Gleichbehandlung von Einzel- und Mitunternehmern auch dieser Gewinn übertragen werden, soweit er nicht Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen, sondern natürlichen Personen zuzurechnen ist. Dies stellt § 6b Abs. 10 Satz 10 EStG klar.

Für die Berechnung des Höchstbetrags in § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG ist dabei der einzelne Mitunternehmer als Steuerpflichtiger anzusehen, mit der Folge, dass der Höchstbetrag von 500.000 € für jeden Mitunternehmer zur Anwendung kommt.

§ 6b Abs. 10 Satz 1 EStG führt aus, auf welche Wirtschaftsgüter (Anteile an Kapitalgesellschaften, Gebäude, andere abnutzbare, bewegliche Wirtschaftsgüter) und in welchen Reinvestitions-Zeiträumen (im Wj. der Veräußerung oder in den folgenden zwei bzw. vier Wj.) dieser Veräußerungsgewinn übertragen werden kann. Kernaussage des § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG ist, dass steuerpflichtige Gewinne (steuerpflichtiger und steuerbefreiter Teil) aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bis zu einem Betrag von 500.000 € übertragen werden können. Da bei § 6b EStG die personenbezogene Betrachtungsweise gilt, kommt es für die Höhe des begünstigten Gewinns auf die Verhältnisse im Veranlagungszeitraum des jeweiligen Steuerpflichtigen an. Im Rahmen der Abschnittsbesteuerung gilt der Höchstbetrag von 500.000 € somit pro Steuerpflichtigem und Veranlagungszeitraum.

Bei gesellschafter-/personenbezogener Betrachtungsweise müssen alle von diesem Steuerpflichtigen vorgenommenen Veräußerungen von Anteilen an Kapitalgesellschaften berücksichtigt werden, gleichgültig, welchem inländischen Betriebsvermögen die Anteile bis zur Veräußerung zugeordnet waren, und zwar in dem Veranlagungszeitraum, in dem die Gewinne anderenfalls steuerlich zu berücksichtigen wären.

Beispiel:

A betreibt ein Einzelunternehmen und ist außerdem zu 50 % als Mitunternehmer an der A-B OHG mit gewerblichen Einkünften beteiligt. Im Einzelunternehmen entspricht das Wirtschaftsjahr dem Kalenderjahr. Die OHG hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 01.07. bis 30.06. Im Wirtschaftsjahr 2002 veräußert A in seinem Einzelunternehmen Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Gewinn von 400.000 €.

Auch die A-B OHG veräußert Anteile an Kapitalgesellschaften mit einem Gewinn von 400.000 €, wovon 200.000 € auf A entfallen und zwar nach

Variante a) im Februar 2002 (Wj. 2001/2002)

Variante b) im November 2002 (Wj. 2002/2003)

Lösung Variante a) (X = Veräußerungszeitpunkt)

Rechtsfolgen:

a) Einzelunternehmen

A kann grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (in 2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

b) A-B OHG

Der Gewinn des Wj. 2001/2002 ist im Veranlagungszeitraum 2002 steuerlich zu erfassen, § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG.

A und B können grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (2001/2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

c)

Da A im VZ 2002 Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. H. v. insgesamt 600.000 € erzielt hat, kommt bei ihm der Höchstbetrag zum Tragen. A kann von den 600.000 € maximal 500.000 € übertragen oder in eine Rücklage einstellen. A kann durch die entsprechende Bildung von Rücklagen nach § 6b Abs. 10 EStG wählen, in welchem Unternehmen er den überschießenden Gewinn von 100.000 € als laufenden Gewinn, der dem Halbeinkünfteverfahren unterliegt, versteuert.

Lösung Variante b) (X = Veräußerungszeitpunkt)

a) Einzelunternehmen

A kann grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (in 2002) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren (wie bei Variante a)).

b) A-B OHG

Der Gewinn des Wj. 2002/2003 ist im Veranlagungszeitraum 2003 steuerlich zu erfassen, § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG.

A und B können grundsätzlich (unter Beachtung des Höchstbetrags) den Veräußerungsgewinn im Wj. der Veräußerung (2002/2003) oder in den folgenden zwei oder vier Wj. in die in § 6b Abs. 10 EStG genannten Wirtschaftsgüter reinvestieren.

c)

Im VZ 2002 hat A einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften i. H. v. 400.000 € erzielt. Da der Höchstbetrag des § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG nicht überschritten ist, kann der gesamte Gewinn übertragen oder in eine Rücklage eingestellt werden. Im VZ 2003 hat A einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften von 200.000 € erzielt. Auch im VZ 2003 ist der Höchstbetrag nicht überschritten. A kann den gesamten auf ihn entfallenden Gewinn von 200.000 € übertragen oder in eine Rücklage einstellen.

Der bisherige variable Eintrag für Angaben zu § 6b Abs. 10 EStG in Zeile 25 der Anlage FE 2 ist weggefallen. Nimmt ein Mitunternehmer die Reinvestitionsmöglichkeit des § 6b Abs. 10 EStG in Anspruch, ist das Wohnsitz-Finanzamt entsprechend mit der Anlage zur Mitteilung zu informieren. Die Wohnsitz-Finanzämter werden auf diese Weise über einen ganz oder teilweise bei der Mitunternehmerschaft ausgenutzten Höchstbetrag informiert. Die Wohnsitzfinanzämter ihrerseits informieren die Betriebsstätten-Finanzämter mittels formloser Kontrollmitteilungen.

Um die mehrfache Inanspruchnahme des Höchstbetrags nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG bei mehreren Beteiligungen zu vermeiden, ist vor Gewährung der Vergünstigung des § 6b Abs. 10 EStG bei der die Vergünstigung beantragenden Gesellschaft anzufragen, ob und ggf. in welcher Höhe die Höchstbeträge nach § 6b Abs. 10 Satz 1 EStG im jeweiligen Veranlagungszeitraum von ihren Gesellschaftern bereits bei anderen Gesellschaften/Einzelunternehmen verbraucht wurden.

OFD Frankfurt/M. v. - S 2139 A - 24 - St 210

Fundstelle(n):
XAAAE-35413