BGH Beschluss v. - V ZB 74/12

Grundbuchverfahren: Erneute Verwendung einer unrichtig gewordenen Vormerkung für einen neuen Anspruch eines Dritten

Gesetze: § 883 BGB, § 22 GBO, § 29 GBO

Instanzenzug: Az: 34 Wx 199/11vorgehend AG Starnberg Az: Erling-Andechs Blatt 1318vorgehend AG Starnberg Az: Erling-Andechs Blatt 1318nachgehend Az: V ZB 74/12 Beschluss

Gründe

I.

1Der Antragsteller wurde auf Grund des mit seiner Mutter am geschlossenen notariellen Übergabevertrags Eigentümer des im Beschlusseingang bezeichneten Grundstücks. In dem Übergabevertrag vereinbarten die Parteien u.a. - hier von Interesse - eine für bestimmte Fälle (Veräußerung oder Belastung, Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Übernehmers usw.) bedingte Rückübertragungsverpflichtung (auch) an seinen Stiefvater. Die Rückübertragung sollte nur auf Verlangen erfolgen und der Anspruch weder übertragbar noch vererblich sein. Zur Sicherung des Rückübertragungsanspruchs bewilligten und beantragten die Vertragsparteien die Eintragung einer Auflassungsvormerkung, die in das Grundbuch eingetragen worden ist.

2Nachdem seine Mutter und sein Stiefvater verstorben sind, hat der Antragsteller, der zugleich Testamentsvollstrecker über den Nachlass seines Stiefvaters ist, unter Vorlage des Testamentsvollstreckerzeugnisses in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker für die Erben und im eigenen Namen als eingetragener Eigentümer die Löschung der zugunsten des Stiefvaters eingetragenen Vormerkung beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Zwischenverfügung vom dem Antragsteller aufgegeben, die Entgeltlichkeit des Geschäfts nachzuweisen oder die Zustimmung der Erben zur Löschung vorzulegen. Der Beschwerde des Antragstellers hat das Grundbuchamt nicht abgeholfen, weil die Vormerkung auch einen anderen Anspruch sichern könne und die Befugnis des Testamentsvollstreckers für die Erteilung der Löschungsbewilligung im Namen der Erben nicht nachgewiesen sei. Das Oberlandesgericht hat auf die Beschwerde die Zwischenverfügung des Grundbuchamts insoweit aufgehoben, als das Grundbuchamt dem Antragsteller aufgegeben habe, seine Bewilligungsbefugnis als Testamentsvollstrecker nachzuweisen; im Übrigen hat es die Beschwerde zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen, mit der der Antragsteller seinen Antrag auf Löschung der Auflassungsvormerkung weiter verfolgt.

II.

3Das Beschwerdegericht meint, dass der Antragsteller in seiner Eigenschaft als Testamentsvollstrecker die Löschung der Auflassungsvormerkung nicht wirksam bewilligen könne, weil diese zu seinen Gunsten wirke und der Antragsteller als Testamentsvollstrecker nicht von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sei.

4Auf seinen Antrag als Eigentümer könne die Löschung nicht vorgenommen werden, weil die Unrichtigkeit der Eintragung nicht in der gemäß § 29 GBO zu beachtenden Form nachgewiesen sei. Es sei nämlich nicht auszuschließen, dass die Vormerkung nunmehr einen anderen Anspruch sichere als den, für den sie in das Grundbuch eingetragen worden sei. Auch wenn eine solche „Aufladung“ der Vormerkung nach den Umständen nicht wahrscheinlich sei, komme eine Löschung nach § 22 GBO nicht in Betracht, da hierfür die bloße Wahrscheinlichkeit der Unrichtigkeit des Grundbuchs nicht ausreiche.

III.

5Das hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.

6Die nach § 78 Abs. 1 GBO statthafte und gemäß § 78 Abs. 3 Satz 1 GBO i.V.m. § 71 FamFG auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache begründet. Das Beschwerdegericht hat das Rechtsmittel zu Unrecht zurückgewiesen.

71. Eine Auflassungsvormerkung, die zur Sicherung eines nicht übertragbaren und nicht vererblichen Anspruchs bewilligt worden ist, erlischt mit dem Tod des Gläubigers. Das Grundbuch wird dann wegen der Akzessorietät der eingetragenen Vormerkung zu dem gesicherten Anspruch unrichtig (Senatsurteil vom - V ZR 76/71, BGHZ 60, 46, 50). Der Senat hat zudem - allerdings erst nach Erlass des angefochtenen Beschlusses - entschieden, dass die für einen solchen Anspruch eingetragene Vormerkung nicht einen anderen vererblichen und übertragbaren Anspruch eines Dritten sichern kann und daher auf einen Antrag des Eigentümers des belasteten Grundstücks nach §§ 22, 29 GBO zu löschen ist, wenn dem Grundbuchamt der Tod des Gläubigers nachgewiesen wird. Zur näheren Begründung nimmt der Senat auf seine Entscheidung vom (V ZB 258/11, WM 2012, 1247, 1248 Rn. 12 ff. - zur Veröffentlichung in BGHZ 193, 152 ff. vorgesehen) Bezug.

82. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist danach rechtsfehlerhaft, weil die eingetragene Auflassungsvormerkung den nicht übertragbaren und unvererblichen Anspruch seines Stiefvaters sicherte. Dies ergibt sich aus dem Bezugnahmevermerk nach § 44 Abs. 2 Satz 1 GBO auf die Eintragungsbewilligung vom , die ebenso Inhalt des Grundbuchs ist wie die in ihm vollzogene Eintragung selbst (Senatsbeschlüsse vom - V ZB 60/55, BGHZ 21, 34, 41 und vom - V ZB 16/61, BGHZ 35, 378, 381 f.). Die eingetragene Vormerkung kann nicht einen anderen Anspruch sichern, weil es dann an der notwendigen Übereinstimmung zwischen dem eigetragenen und dem anderen Anspruch, dem die Vormerkung nunmehr dienen soll, fehlte (Senat, Beschluss vom - V ZB 258/11, aaO Rn. 20).

93. Die angefochtenen Entscheidungen des Beschwerdegerichts und des Grundbuchamts sind daher aufzuheben (§ 73 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 5 FamFG). Das Grundbuchamt ist anzuweisen, die Eintragung nicht - soweit es nicht bereits durch das Beschwerdegericht angewiesen worden ist - aus den in der Zwischenverfügung genannten Gründen abzulehnen (§ 73 Abs. 3 GBO i.V.m. § 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).

IV.

10Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4 i.V.m. § 30 Abs. 1 Satz 1 KostO. Dieser Wert hat sich für ein Beschwerdeverfahren, das die Löschung einer Auflassungsvormerkung zum Gegenstand hat, gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 KostO am Wert des Grundstücks zu orientieren, der allerdings unter Berücksichtigung des wirtschaftlichen Interesses des Beschwerdeführers zu ermäßigen ist (vgl. BayObLG, JurBüro 1994, 499, 500). Der Senat hat dieses Interesse mit etwa 1/10 des Werts des Grundstücks angenommen, wobei er für den Grundstückswert - mangels anderer Anhaltspunkte - von dem in dem Überlassungsvertrag angegebenen Geschäftswert ausgegangen ist.

Fundstelle(n):
YAAAE-34915