BGH Beschluss v. - IV ZB 21/12

Instanzenzug:

Gründe

1 I. Das Landgericht hat die auf Leistungen aus einer Berufsunfähigkeitsversicherung gerichtete Klage mit Urteil vom abgewiesen. Das Urteil ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am zugestellt worden. Mit einem am Montag, dem bei dem Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger für das beabsichtigte Berufungsverfahren Prozesskostenhilfe beantragt. Diese hat das Berufungsgericht mit Beschluss vom bewilligt, der dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am zugestellt worden ist. Mit Schriftsatz vom , der am selben Tag beim Oberlandesgericht eingegangen ist, hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers Berufung eingelegt und diese begründet. Zugleich hat er beantragt, dem Kläger wegen der Versäumung der Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Das Berufungsgericht hat mit Beschluss vom , zugegangen am , darauf hingewiesen, der Wiedereinsetzungsantrag sei zu spät gestellt und die Berufung zu spät eingelegt und begründet worden. Mit am beim Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz hat der Klägervertreter beantragt, dem Kläger wegen Versäumung der Wiedereinsetzungs - und Berufungseinlegungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren; die Fristversäumnisse seien nicht dem Kläger anzulasten, denn sie beruhten auf einem ausschließlich von einer langjährigen Kanzleiangestellte n zu verantwortenden Fehler.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag des Klägers wegen Versäumung der Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Berufungseinlegungsfrist, den Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsfrist und seine Berufung gegen das als unzulässig verworfen. Gegen diesen Beschluss wendet sich der Kläger mit der Rechtsbeschwerde.

3 Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt, der Wiedereinsetzungsantrag vom sei unzulässig, weil er nicht innerhalb der zweiwöchigen Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO eingegangen sei. Nach § 234 Abs. 2 ZPO beginne die Wiedereinsetzungsfrist mit dem Tag, an dem das Hindernis hier also die Unkenntnis von der Verspätung des W iedereinsetzungsantrags und der Berufungseinlegung behoben sei. Behoben sei ein Hindernis auch, sobald die Unkenntnis und damit die Verhinderung nicht mehr unv erschuldet sei. Das sei hier am oder jedenfalls bei Fertigung des Schriftsatzes vom der Fall gewesen. Nach dem Vortrag des Kl ä-gers sei die Handakte seinem Prozessbevollmächtigten nachdem zuvor eine Kanzleikraft versehentlich anstelle der korrekten Zweiwochenfrist eine Monatsfrist notiert hatte am zur Bearbeitung vorgelegt worden. Zu diesem Zeitpunkt, jedenfalls aber bei Fertigung des Schriftsatzes vom , hätte er Anlass gehabt, die Einhaltung der Berufungseinlegungsfrist und die Einhaltung der Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags wegen Versäumung der Berufungseinlegungsfrist zu überprüfen und bemerken können und müssen, dass Fristablauf bereits am war. Die zweiwöchige Frist für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist hinsichtlich der Einlegung der Berufung habe daher am 15. März, spätestens jedoch am geendet.

4 II. Die Rechtsbeschwerde ist zwar nach § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthaft. Sie ist aber nicht zulässig, da es an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO fehlt. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert nicht eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.

5 1. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht der Auffassung, dass der Kläger die Frist zur Beantragung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist (§ 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO) und damit auch die Frist für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der B erufungseinlegungsfrist und die Berufungsfrist versäumt hat.

6 Nach § 233 ZPO kann Wiedereinsetzung auch gegen die Versäumung der Frist des § 234 Abs. 1 ZPO gewährt werden. Für den Vortrag der Wiedereinsetzungsgründe läuft eine eigene Zweiwochenfrist, für die der Fristbeginn nach § 234 Abs. 2 ZPO gesondert zu ermitteln ist (, NJW -RR 1999, 430, 431). Die zweiwöchige W iedereinsetzungsfrist begann hier mit der Zustellung des Prozesskostenhilfebeschlusses am und endete mit Ablauf des (§ 234 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO).

7 Bei Eingang des Schriftsatzes vom beim Berufungsgericht war die Frist mithin bereits versäumt. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde hat das Berufungsgericht nicht verkannt, dass der Kläger mit dem Schriftsatz vom den Wiedereinsetzungsantrag (auch) wegen der Versäumung der Berufungsfrist gestellt und die versäumte Prozesshandlung in Gestalt der Einlegung der Berufung nachgeholt hat. Dies genügte jedoch nicht. Denn bei Eingang der Berufung war die Berufungseinlegungsfrist bereits verstrichen und der Schriftsatz enthielt keinen eigenen Antrag bezüglich der Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist.

8 2. Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass der Wiedereinsetzungsantrag vom verfristet war, weil die Zweiwochenfrist für den Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist mit Vorlage der Akte an den Kl ä-gervertreter am , spätestens bei der Fertigung des Schriftsatzes vom , begonnen hatte und zwar auch dann, wenn die Kanzleikraft des Klägervertreters zuvor eine falsche Wiedervorlagefrist notiert hatte. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers ist die Akte seinem Prozessbevollmächtigten jedenfalls am zur Fertigung der Berufung vorgelegt worden. Spätestens bei Erstellung des Schriftsatzes vom hätte er daher die Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist erkennen können und müssen, wodurch die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist in Gang gesetzt wurde.

9 Die Frist für den Wiedereinsetzungsantrag beginnt mit Ablauf des Tages, der auf den Wegfall des Hindernisses folgt, durch das die Partei von der Einhaltung der Frist abgehalten worden ist. Maßgeblich ist, wann das Hindernis tatsächlich entfiel oder hätte beseitigt werden müssen. Das ist schon dann der Fall, wenn das Fortbestehen des Hindernisse s nicht mehr als unverschuldet angesehen werden kann, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes regelmäßig anzunehmen ist, sobald die Partei oder ihr Prozessbevollmächtigter bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt hätte erkennen können und müs sen, dass die Rechtsmittelfrist versäumt war (, NJW 2000, 592, 593).

10 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht beanstandungsfrei der Ansicht, dass dies hier spätestens am 8. März der Fall gewesen sei und die Zweiwochenfrist spätestens am endete. Der mit Schriftsatz vom gestellte Antrag auf Wiedereinsetzung in die Wiedereinsetzungsfrist war daher unzulässig, weil nach Ablauf der Frist gestellt und nicht hinreichend dargetan war, warum ein entsprechender Antrag nicht bereits spätestens am gestellt worden war. Ein Wiedereinsetzungsantrag ist unzulässig, wenn in ihm wie hier nicht dargelegt und glaubhaft gemacht wird, dass die zweiwöchige Wiedereinsetzungsfrist des § 234 Abs. 1 ZPO gewahrt ist (, NJW -RR 2011, 1284 Rn. 7 m.w.N.).

11 3. Entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde war vorliegend auch nicht ausnahmsweise eine zusätzliche Begrün dung des Wiedereinsetzungsantrags außerhalb der Frist der §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 1 ZPO zulässig.

12 Nach §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO müssen alle Tatsachen, die für die Gewährung der W iedereinsetzung in den vorigen Stand von Bedeutung sein können, innerhalb der zweiwöchigen Antragsfrist vorgetragen werden. Nur erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, deren Aufklärung nach § 136 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen noch nach Fristablauf erläutert oder vervollständigt werden (BG H, Beschluss vom VI ZB 22/99, NJW 2000, 365, 366 und Beschluss vom XI ZB 4/10 aaO Rn. 7, jeweils m.w.N.). Um einen derartigen Fall handelte es sich schon deshalb nicht, weil in dem Schriftsatz vom eindeutig kein Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Wiedereinsetzungsfrist enthalten ist. Nach dem eigenen Vortrag des Klägervertreters war diesem zudem bekannt, dass nach Zustellung des Beschlusses über die Gewährung von Prozesskostenhilfe am eine zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrags galt, und ihm musste auch bekannt sein, dass es eines eigenen Antrags auf Wiedereinsetzung in die W iedereinsetzungsfrist bedurfte. Es handelte sich insoweit nicht um einen aufklärungsbedürft igen Umstand. Das Berufungsgericht musste das Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom daher entgegen der Ansicht der Rechtsbeschwerde auch deshalb nicht als ergänzende Begründung des W iedereinsetzungsantrags vom beachten, weil Vortrag dazu fehlte, warum der Antrag auf Wiedereinsetzung in die W iedereinsetzungsfrist nicht innerhalb der Zweiwochenfrist ab dem gestellt wurde.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
GAAAE-33667