BFH Beschluss v. - II B 111/11

Ermittlung der üblichen Miete durch Sachverständigengutachten

Gesetze: FGO § 76, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 116 Abs. 3, FGO § 126 Abs. 5, GG Art. 103, BewG § 129 Abs. 2 Nr. 2

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.

2 1. Entgegen der Auffassung des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) hat das Finanzgericht (FG) nicht gegen § 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verstoßen; es hat vielmehr ohne Verfahrensverstoß seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des Bundesfinanzhofs (BFH) in dem im 1. Rechtsgang unter dem Aktenzeichen II R 12/10 ergangenen Urteil vom (BFH/NV 2011, 968) zugrunde gelegt.

3 a) Nach dieser Entscheidung hatte das FG zu prüfen, ob im Streitfall —ggf. auf der Grundlage eines vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) insoweit zu erarbeitenden Mietspiegels oder ähnlicher Schätzungsgrundlagen— die übliche Miete aus der Jahresrohmiete von in der Stadt X gelegenen Vergleichsobjekten nach dem Stand vom abgeleitet werden kann. Soweit eine Ableitung der üblichen Miete durch unmittelbaren Vergleich mit tatsächlich gezahlten Mieten für vergleichbare vermietete Objekte oder aus Mietspiegelmieten nicht möglich ist, sollte ausnahmsweise eine Ermittlung der Miete durch Sachverständigengutachten in Betracht kommen (, BFHE 142, 289, BStBl II 1985, 36).

4 An diese Vorgaben hat sich das FG gehalten. Es hat aus Mieten, die für Grundstücke in unmittelbarer Nähe des klägerischen Grundstücks am tatsächlich gezahlt wurden, die Miete für das hier zu bewertende Objekt des Klägers abgeleitet, die Vergleichsobjekte im Urteil bezeichnet und die vom FA zur Verfügung gestellten Unterlagen nach Prüfung als nachvollziehbar bezeichnet. Bei den Unterlagen, auf die sich das FG bei seiner Entscheidungsfindung gestützt hat, handelt es sich nicht um einen förmlichen Mietspiegel, wohl aber um „ähnliche Schätzungsgrundlagen”, die zur Wertableitung geeignet und vom BFH ausdrücklich zugelassen sind.

5 Unter diesen Umständen bedurfte es entgegen der Auffassung des Klägers nicht mehr der Erstellung eines individuellen Sachverständigengutachtens. Denn ein solches ist nach der Entscheidung des erkennenden Senats im 1. Rechtsgang nur ausnahmsweise heranzuziehen, nämlich nur dann, wenn eine Ableitung der üblichen Miete durch unmittelbaren Vergleich mit tatsächlich gezahlten Mieten für vergleichbare vermietete Objekte nicht möglich ist.

6 b) Ferner sollte das FG prüfen, ob das Mietwohngrundstück des Klägers nach den Grundsätzen zu behandeln ist, die die Finanzverwaltung für die Einheitsbewertung des unter Denkmalschutz stehenden Grundbesitzes anwendet (vgl. Gleichlautende Erlasse vom betreffend die Bewertung von Mietwohngrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken im Beitrittsgebiet ab , BStBl I 1993, 173 Tz. 4.5.3; Erlass des Finanzministeriums Sachsen „Einheitsbewertung des Grundbesitzes - Grundbesitz, der unter Denkmalschutz steht” vom - 34 -S 3219a- 6/6 - 45293).

7 Das FG hat dies in seiner Entscheidung hinsichtlich eines Abschlages von 5 % grundsätzlich bejaht, jedoch festgestellt, dass sich angesichts des vom FA nach den Wertverhältnissen am festgestellten Einheitswerts in Höhe von 17.200 DM und des von ihm, dem FG, auf der Grundlage tatsächlich erzielter Mieten für Vergleichsobjekte ermittelten Einheitswerts von 22.781,28 DM selbst ein Abschlag von 10 % für die möglicherweise vorliegende Beeinträchtigung des Grundstücks durch seine Einordnung als Kulturdenkmal nicht auswirke. Angesichts dieser Vorgehensweise des FG kann ein Verstoß gegen § 126 Abs. 5 FGO nicht festgestellt werden.

8 2. Hinsichtlich der übrigen vom Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde geltend gemachten Verfahrensfehler fehlt es schon an den Begründungsanforderungen nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO:

9 a) Die Rüge, das FG habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) verletzt, weil er zu den vom FA vorgelegten Unterlagen zur Ableitung des Mietwerts nicht habe Stellung nehmen können, ist nicht schlüssig dargelegt.

10 Aus den Akten des FG ergibt sich, dass der Prozessbevollmächtigten des Klägers diese Unterlagen mit Schreiben vom übersandt wurden und eine Frist zur Stellungnahme bis zum eingeräumt wurde. Die Prozessbevollmächtigte hat auch mit Fax vom Stellung genommen und u.a. vorgetragen, die Übersendung der zum Teil unleserlichen Kopien ersetze den Sachvortrag des FA nicht und die Belegenheit von Grundstücken in derselben Straße begründe per se keine Vergleichbarkeit.

11 Damit steht fest, dass die Prozessbevollmächtigte des Klägers die Unterlagen, aus denen das FG die Wertableitung vorgenommen hat, tatsächlich erhalten und ausreichende Gelegenheit hatte, sich hierzu zu äußern. Gründe, warum dies nicht möglich gewesen wäre, trägt der Kläger nicht vor. Der pauschale Hinweis, die Kopien seien zum Teil unleserlich, ist nicht schlüssig und zu unkonkret, um eine Gehörsverletzung zu begründen. Der Kläger hätte insoweit konkret vortragen und belegen müssen, dass sich aus den ihm vorliegenden Kopien die vom FG in der Tabelle auf Seite 6 seines Urteils aufgeführten Vergleichswerte wegen Unleserlichkeit der Kopien nicht erschließen konnten.

12 Schließlich fehlt es auch an einer Darlegung des Klägers, was er bei ausreichender Gewährung des rechtlichen Gehörs noch vorgetragen hätte und dass dieser Vortrag unter Zugrundelegung der Rechtsauffassung des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (, BFH/NV 2011, 206). Hier kommt die Besonderheit hinzu, dass der Kläger mit dem Fax seiner Prozessbevollmächtigten vom geltend gemacht hat, die Vergleichbarkeit der Grundstücke ergebe sich nicht allein aus der räumlichen Nähe zum Bewertungsobjekt. Der Beschwerdebegründung kann nicht entnommen werden, was der Kläger, wenn er noch hätte Stellung nehmen können, darüber hinaus vorgetragen hätte.

13 b) Auch die weitere Rüge des Klägers, das FG habe den von ihm geforderten Beweis durch Sachverständigengutachten übergangen, entspricht nicht den Darlegungsanforderungen. Bei einer solchen Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 FGO) muss der Beschwerdeführer u.a. schlüssig darlegen, inwiefern das angefochtene Urteil —ausgehend von der materiell-rechtlichen Auffassung des FG— auf der unterlassenen Beweisaufnahme durch Sachverständigengutachten beruhen kann und was das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre.

14 Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Diese enthält keine Ausführungen zur Rechtserheblichkeit einer solchen Beweisaufnahme unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des FG. Allein die formelhafte Behauptung, das Urteil könne auf dem Verfahrensmangel beruhen, reicht nicht aus.

15 3. Auch die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache wurde vom Kläger nicht hinreichend dargelegt. Die ordnungsgemäße Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung verlangt von —vorliegend nicht gegebener— Offenkundigkeit abgesehen substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar ist und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Hierzu muss sich der Beschwerdeführer insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (, BFH/NV 2011, 262). Es sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (, BFH/NV 2011, 981).

16 Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Der hierfür allein maßgeblichen, innerhalb der Begründungs-frist nach § 116 Abs. 3 Sätze 1 und 4 FGO vorgelegten Be-schwerdebegründung vom ist bereits eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zu entnehmen. Allein der Hinweis, die Entscheidung habe für zahlreiche Ver-fahren aus den neuen Bundesländern Bedeutung, reicht nicht aus.

17 4. Mit der unter vielfachen Gesichtspunkten vom Kläger vorgebrachten Rüge, die Vorentscheidung sei fehlerhaft, wird im Übrigen kein Grund für die Zulassung der Revision geltend gemacht. Die Nichtzulassungsbeschwerde dient nicht dazu, allgemein die Richtigkeit finanzgerichtlicher Urteile zu gewährleisten ( (PKH), BFHE 232, 310, BStBl II 2011, 657, m.w.N.). Die Revision ist vielmehr nur dann nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO wegen besonders schwerwiegender Fehler des FG bei der Auslegung revisiblen Rechts zuzulassen, wenn das Urteil des FG objektiv willkürlich ist oder auf sachfremden Erwägungen beruht und unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich vertretbar, also greifbar gesetzwidrig und somit geeignet ist, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. dazu z.B. BFH-Beschlüsse vom IX B 121/10, BFH/NV 2011, 1391; vom X B 100/10, BFH/NV 2011, 2098; vom III B 155/10, BFH/NV 2012, 48; vom X B 225/10, BFH/NV 2011, 2083, und vom X B 144/10, BFH/NV 2012, 3).

18 Für das Vorliegen dieser Voraussetzungen ergeben sich aus der Beschwerdebegründung keine Anhaltspunkte.

19 5. Im Übrigen wird von einer Begründung des Beschlusses abgesehen (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 713 Nr. 5
PAAAE-31694