Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Die auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten hat mit der Sachrüge Erfolg. Auf die verfahrensrechtlichen Beanstandungen kommt es daher nicht an.
I.
2 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts lernten sich der Angeklagte und die Geschädigte in der Neujahrsnacht 2011 näher kennen und begegneten sich auch in der Folgezeit jedenfalls noch einmal. Am trafen sie sich zufällig auf einem Polterabend wieder. Gemeinsam mit anderen Gästen tranken sie Sekt. Als die Geschädigte gegen 2 Uhr morgens einen etwas abseits aufgestellten Toilettenwagen aufsuchte, folgte ihr der Angeklagte. Nachdem die Geschädigte die Toilette verlassen hatte, unterhielten sich beide und gingen einen Wirtschaftsweg entlang. Nach einigen Metern fragte der Angeklagte, der ebenso wie die Geschädigte alkoholisiert war, ob sie mit ihm schlafen wolle. Die Geschädigte lehnte ab, woraufhin der Angeklagte ihr mit der Bemerkung, er könne auch anders, mit einer Hebelbewegung den rechten kleinen Finger brach und drohte, wenn sie nicht mache, was er wolle, werde viel Schlimmeres passieren. Anschließend führte er die schockierte Geschädigte die Kelleraußentreppe eines Wohnhauses hinunter, öffnete seine Hose und erzwang den Oralverkehr durch Herunterdrücken des Kopfes der Geschädigten.
3 In diesem Moment erschien der Zeuge F. , der die Geschädigte, seine langjährige Freundin, zwischenzeitlich gesucht hatte. Er leuchtete mit einer Taschenlampe in den Kellerabgang und sah die Geschädigte in gebückter Haltung vor dem Angeklagten stehen. F. ging von einem einvernehmlichen Oralverkehr aus und schrie wutentbrannt, was sie da machen würden. Dann schlug er auf den Angeklagten ein, der auf ihn zugegangen war und wiederholt beteuerte, er habe nicht gewusst, dass die Geschädigte einen Freund habe. F. forderte den Angeklagten auf, zu verschwinden und wandte sich schimpfend der Geschädigten zu, die er nicht mehr zu Wort kommen ließ, bevor er wutentbrannt davonging.
4 2. Der Angeklagte hat die Tat bestritten und einen einvernehmlichen Geschlechtsverkehr geschildert. Die Geschädigte habe ihn zunächst oral befriedigt, dann ihre Strumpfhose runtergezogen, sich umgedreht und er sei in sie eingedrungen. Dies sei aber nur kurz gewesen, weil das Mobiltelefon der Geschädigten wiederholt geklingelt habe. Auf dem Display sei der Vorname des Zeugen F. zu sehen gewesen und die Geschädigte habe die Anrufe weggedrückt. Sie habe gerade wieder angesetzt, ihn oral zu befriedigen, als der Zeuge F. erschienen sei.
5 Das Landgericht hat seine Feststellungen auf die Angaben der Geschädigten gestützt, die auch durch Angaben Dritter nicht erschüttert würden. So habe zwar der Zeuge F. entgegen deren Angaben geschildert, die Strumpfhose der Geschädigten sei heruntergezogen gewesen. Der Zeuge habe aber auf den Vorhalt seiner polizeilichen Aussage vom , in der er von Leggings berichtet habe, angegeben, dann seien es Leggings gewesen. Im Hinblick darauf sei eher von einem Wahrnehmungsfehler des Zeugen auszugehen, da er sich zunächst sicher gewesen sei, dass es vom Material her eine Strumpfhose war. Die Wahrnehmung des Zeugen sei aber auch durch den zuvor genossenen Alkohol sowie seine emotionale Betroffenheit beeinträchtigt gewesen. II.
6 1. Die den Feststellungen zugrunde liegende Beweiswürdigung der Kammer hält sachlich-rechtlicher Überprüfung nicht stand.
7 Die Beweiswürdigung ist zwar Sache des Tatgerichts; der revisionsgerichtlichen Überprüfung unterliegt aber, ob diesem dabei Rechtsfehler unterlaufen sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung widersprüchlich, unklar oder lückenhaft ist oder gegen Denkgesetze oder gesicherte Erfahrungssätze verstößt (st. Rspr.; vgl. , NStZ-RR 2004, 238; Urteil vom - 5 StR 119/05, NJW 2006, 925, 928). So liegt es hier. Die Überzeugungsbildung des Landgerichts ist in einem maßgebenden Punkt, der Bewertung der Angaben des Zeugen F. in Bezug auf die heruntergezogene Beinbekleidung der Geschädigten, widersprüchlich und lückenhaft.
8 Die Strafkammer hat die Annahme eines Wahrnehmungsfehlers des Zeugen in Bezug auf die heruntergezogene Beinbekleidung der Geschädigten maßgeblich damit begründet, dass er auf einen Vorhalt hin seine Aussage geändert habe. Dabei hat es indes nicht bedacht, dass der Zeuge F. - ausweislich der Urteilsgründe (UA S. 18) - bei der Polizei tatsächlich gar nicht von heruntergezogenen Leggings, sondern -wie auch in der Hauptverhandlung -von einer heruntergezogenen Strumpfhose berichtet hatte. Der ihm von der Strafkammer gemachte Vorhalt entbehrt daher der Grundlage. Vor diesem Hintergrund hätte sich das Landgericht jedoch mit der Frage befassen müssen, ob der im Hinblick auf den unrichtigen Vorhalt vorgenommene Wechsel der Aussage nicht eher für eine gewisse Suggestibilität des Zeugen spricht als für einen Wahrnehmungsfehler.
9 Aber auch unabhängig hiervon hat die Kammer maßgebliche Umstände außer Acht gelassen, die gegen den von ihr angenommenen Wahrnehmungsfehler des Zeugen sprechen können. So hat sie schon nicht beachtet, dass eine Strumpfhose und Leggings sich grundsätzlich nur darin unterscheiden, dass Letzteren das Fußteil fehlt. Darauf aber hat der Zeuge nicht abgestellt, sondern ausweislich der Urteilsgründe nur auf das Material, was aber bei Leggings und Strumpfhosen durchaus das gleiche sein kann.
10 Vor allem aber erschließt sich ohne nähere Begründung nicht, warum eine eventuell fehlerhafte Wahrnehmung des Zeugen bezüglich der genauen Art der Beinbekleidung der Geschädigten zur Unglaubhaftigkeit oder Zweifelhaftigkeit seiner weitergehenden, für die Würdigung der Einlassung des Angeklagten bzw. der Aussage der Geschädigten wesentlichen bedeutsameren Bekundung führt, die Beinbekleidung der Geschädigten sei heruntergezogen gewesen.
11 Demgegenüber vermag allein die ergänzende Erwägung des Landgerichts, die Wahrnehmungsfähigkeit des Zeugen sei auch durch den genossenen Alkohol und seine emotionale Erregung beeinträchtigt gewesen, die Überzeugungsbildung des Landgerichts von einem Wahrnehmungsfehler des Zeugen nicht zu tragen.
12 2. Die aufgezeigten Mängel können die Urteilsbildung beeinflusst haben. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht bei rechtsfehlerfreier Würdigung der Aussage des Zeugen F. im Ergebnis nicht zu einer Verurteilung des Angeklagten gelangt wäre. Die Sache bedarf deshalb erneuter Prüfung und Entscheidung.
Fundstelle(n):
PAAAE-30482