BGH Beschluss v. - 1 StR 382/10

Gründe

1 Der Senat hatte die Revision des Verurteilten gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom mit Senatsbeschluss vom auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 349 Abs. 2 StPO verworfen. Mit am selben Tag beim Senat eingegangenem Schreiben vom , hat Rechtsanwalt Prof. Dr. J. angezeigt, dass er den Verurteilten vertrete. Er hat gemäß § 356a StPO beantragt, das Verfahren in die Lage zurückzuversetzen, die vor Erlass des Senatsbeschlusses vom bestanden habe. Zugleich hat er beantragt, "dem Unterfertigten" gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a StPO Wiedereinsetzung zu gewähren.

2 Es liege eine Verletzung rechtlichen Gehörs zum Nachteil des Angeklagten vor, weil das Revisionsgericht "die zivilrechtliche Vorfrage der Anwendbarkeit des Werkvertragsrechts beziehungsweise des Arbeitsrechts im hiesigen Fall zur Kenntnis genommen, sie jedoch bei seiner Entscheidung insofern nicht in Erwägung gezogen (habe), als es sich trotz der Ausführungen der Verteidigung und der Bundesanwaltschaft nicht mit deren impliziten tatsächlichen Vorbringen" zu einer vertraglichen "Wortpassage" auseinandergesetzt und "insofern den Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör verletzt" habe.

3 1. Die Anhörungsrüge ist unzulässig, weil nicht mitgeteilt wird, wann der Verurteilte von der behaupteten Verletzung des rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. Da der Antrag zulässigerweise nur binnen einer Frist von einer Woche seit dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung durch den Betroffenen von der Verletzung des rechtlichen Gehörs gestellt werden kann und das Revisionsgericht diesen Zeitpunkt im Regelfall nicht den Akten entnehmen kann, muss dieser Zeitpunkt binnen der Wochenfrist (§ 356a Satz 2 StPO) mitgeteilt werden (vgl. BGHR StPO § 356a Frist 1).

4 Der Verurteilte hat nicht mitgeteilt, wann er von der vermeintlichen Verletzung seines rechtlichen Gehörs Kenntnis erlangt hat. In der Anhörungsrüge wird allein auf die Kenntniserlangung durch seinen neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , abgestellt, indem geltend gemacht wird, dieser Verteidiger habe erst am von dem früheren Verteidiger Dr. C. die Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom erhalten. Es wird weder behauptet noch glaubhaft gemacht, auch der Verurteilte habe erst zu diesem Zeitpunkt von der Antragsschrift des Generalbundesanwalts Kenntnis erlangt. Auf die Kenntnis des Verurteilten kommt es aber entscheidend an; denn gemäß § 356a Satz 1 StPO setzt die Zurückversetzung in die Lage vor dem Erlass der Entscheidung voraus, dass das Gericht bei einer Revisionsentscheidung den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. In der Anhörungsrüge wird geltend gemacht, der Anspruch des Angeklagten auf rechtliches Gehör sei verletzt worden.

5 2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung gegen die Versäumung der Wochenfrist des § 356a Satz 2 StPO ist ebenfalls unzulässig.

6 Es fehlt an der Angabe und Glaubhaftmachung, zu welchem Zeitpunkt das Hindernis, das der Einhaltung der Wochenfrist für die Erhebung der Anhörungsrüge entgegengestanden haben soll, für den Antragsteller weggefallen ist. Der Wiedereinsetzungsantrag vom verhält sich auch insoweit lediglich zur Kenntniserlangung durch den neuen Wahlverteidiger, Rechtsanwalt Prof. Dr. J. , der nach eigenem Bekunden erst am , also knapp einen Monat nach Verwerfung der Revision des Verurteilten, von diesem bevollmächtigt worden ist. Hieraus lassen sich keine Schlüsse auf den Kenntnisstand des Verurteilten ziehen, da dieser im Revisionsverfahren von den Rechtsanwälten Dr. C. und Dr. S. verteidigt worden ist. Von Rechtsanwalt Dr. C. hat der neue Wahlverteidiger Prof. Dr. J. - nach eigenem Bekunden - die Antragsschrift des Generalbundesanwalts erhalten; sie lag also offensichtlich der Verteidigung vor. Auf den Umstand, dass es Rechtsanwalt Prof. Dr. J. bereits bei seiner - in der Anhörungsrüge mitgeteilten - Einsichtnahme in die Verfahrensakten im April 2011 bewusst sein musste, dass ein Verwerfungsbeschluss gemäß § 349 Abs. 2 StPO zwingend einen entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts voraussetzt, kommt es daher nicht mehr an.

7 3. Auch in der Sache könnte die Anhörungsrüge keinen Erfolg haben. Der Senat hat das angefochtene Urteil unter Berücksichtigung der in der Revisionsrechtfertigung enthaltenen Beanstandungen und der von den Verfahrensbeteiligten hierzu gemachten Ausführungen umfassend geprüft. Dabei hat er auch die vom Verurteilten nun in seiner Anhörungsrüge angesprochenen Gesichtspunkte bei der Entscheidung über die Revision berücksichtigt; den Verurteilten belastende Rechtsfehler ergaben sich dabei nicht. Dass der Beschluss des Senats, der auf der Grundlage der Stellungnahme und des Antrags des Generalbundesanwalts ergangen ist, keine Begründung enthält, liegt in der Natur des Verfahrens nach § 349 Abs. 2 StPO. Eine weitergehende Begründungspflicht für die letztinstanzliche, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr anfechtbare Entscheidung bestand nicht (vgl. auch BGHR StPO § 356a Gehörverstoß 3 mwN). Art. 103 Abs. 1 GG zwingt die Gerichte nicht dazu, jedes Vorbringen eines Beteiligten ausdrücklich zu bescheiden (vgl. ).

8 4. Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 465 Abs. 1 StPO ().

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:



Fundstelle(n):
MAAAE-30470