Instanzenzug:
Gründe
1 Das Landgericht Augsburg hat den Angeklagten mit Urteil vom der Vergewaltigung in 46 tatmehrheitlichen Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und Beleidigung, sowie der versuchten Nötigung in zwei Fällen, der Nötigung und der Bedrohung schuldig gesprochen. Unter Einbeziehung verschiedener Einzelstrafen aus zwei Urteilen des Amtsgerichts Augsburg wurde der Angeklagte zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und zwei Monaten sowie zu einer weiteren Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt. Außerdem wurde die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung (§ 66 Abs. 2 StGB) angeordnet.
2 Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit der Revision, die mit einer Verfahrensrüge und der Sachrüge begründet wird. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
I.
3 1. Nach den Feststellungen des Landgerichts hat der Angeklagte die Geschädigte, die als Prostituierte arbeitete, erstmals im Sommer 2006 als Freier besucht und mit ihr einvernehmlichen Geschlechtsverkehr durchgeführt. In der Folge gab es einige private Treffen, bei denen es nach den landgerichtlichen Feststellungen zu keinen sexuellen Handlungen kam.
4 Entweder am oder kurz danach kam es in der Wohnung des Angeklagten zu folgendem Vorfall: Die Geschädigte und der Angeklagte lagen angezogen auf seinem Bett. Als die Geschädigte über Rückenschmerzen klagte, massierte der Angeklagte sie zunächst, erklärte dann aber, dass er sie "ficken" wolle, was sie verweigerte. Daraufhin zog der Angeklagte die Geschädigte an deren Haaren zu sich, "umfasste (...) die mit dem Rücken zu ihm auf der Seite liegende Geschädigte mit einem Bein, drückte sie mit seinem Körpergewicht auf das Bett und zog ihr und sich die Hose bis zu den Knien herunter." Dann hielt er sie an Schultern und Haaren fest und drang von hinten in die Scheide ein und vollzog den Geschlechtsverkehr, wobei er seine Körperkraft und sein Gewicht bewusst einsetzte, während sie versuchte, seinen Bauch von sich wegzudrücken.
5 2. In der Folgezeit ging die Geschädigte mit dem Angeklagten, der bei ihr einzog, eine durch mehrfache, kurzzeitige Trennungen unterbrochene Beziehung ein, die vom Frühjahr 2006 (richtigerweise wohl Frühjahr 2007) bis Ende Oktober 2010 dauerte und mit dem endgültigen Auszug des Angeklagten aus dem damals von beiden erst kurz zuvor bezogenen Anwesen endete. Während der gesamten Dauer der Beziehung gab es regelmäßig einvernehmliche Sexualkontakte. Darüber hinaus stellte das Landgericht jedoch auch folgende sexuelle und körperliche Übergriffe des Angeklagten fest:
6 Zwischen März und Dezember 2007 führte der Angeklagte gegen den Willen der Geschädigten in 40 Fällen den Geschlechtsverkehr durch, indem er entweder
a) die mit dem Rücken zu ihm auf der Seite liegende Geschädigte von hinten festhielt, mit einem Bein umklammerte, so dass sie sich nicht bewegen konnte, die Hose herunterzog, die Beine der Geschädigten spreizte und dann von hinten eindrang und den Geschlechtsverkehr durchführte;
b) die Geschädigte "von vorne am Oberkörper nach unten" drückte, deren Hose herunterzog, ihre Beine spreizte und dann den Geschlechtsverkehr durchführte.
7 Dabei versuchte die Geschädigte jeweils, den Angeklagten wegzudrücken. Stärkere Gegenmaßnahmen ergriff sie hingegen nicht, da sie im Lauf der Beziehung erkannt hatte, dass es dem Angeklagten gefiel, ihren Widerstand zu überwinden.
8 Zusätzlich erzwang der Angeklagte, um sich sexuell zu erregen, in mindestens 16 der vorgenannten Fälle die Praktik des sogenannten Natursekts, indem er die liegende Geschädigte "mit einer Hand über sich" zog und "dann mit der anderen Hand im Bereich der Blase auf ihren Bauch" drückte, wodurch er sie veranlasste, auf sein Gesicht und in seinen Mund zu urinieren. Dies gelang ihm deswegen, weil die Geschädigte nach eigenen Angaben nur selten zur Toilette geht und daher meist eine volle Blase hat.
9 3. Nachdem es im Jahre 2008 zu keinen feststellbaren sexuellen Übergriffen kam, zwang der Angeklagte, welcher sich vom 14. bis im Bezirkskrankenhaus Augsburg befand, bei einem Besuch der Geschädigten diese zum Geschlechtsverkehr auf seinem Bett. Dies konnte sie nicht verhindern, obgleich sie sich in diesem Fall derart widersetzte, dass sie mit den Füßen nach ihm trat und mit den Fäusten nach ihm schlug.
10 4. Im Zeitraum vom 1. April bis kam es in der Wohnung der Geschädigten erneut zu drei Vergewaltigungen, wie unter Ziffer 2 beschrieben, wobei jeweils auch die Praktik des "Natursekts" vom Angeklagten durchgesetzt wurde. Auch in diesen Fällen ergriff die Geschädigte keine stärkeren Abwehrmaßnahmen als Wegdrücken und Gegenstemmen, da sie im Lauf der Beziehung bemerkt hatte, dass es dem Angeklagten gefiel, ihren Widerstand zu überwinden.
11 5. Nachdem der Angeklagte nach erheblichen Streitigkeiten am endgültig ausgezogen war, aber dennoch weiterhin regelmäßigen Kontakt per SMS zur Geschädigten hatte, traf er diese am in dem zuletzt gemeinsam bewohnten Haus, in dem die Geschädigte gerade dabei war, mit ihren Sachen in eine neue Wohnung umzuziehen. Der Angeklagte äußerte dabei: "Du ziehst nicht alleine um. Du Fotze fickst doch längst schon mit einem anderen", worauf sie antwortete: "Ich ficke mit einem anderen, du bringst es nicht." Daraufhin schlug ihr der Angeklagte mit der flachen Hand ins Gesicht, warf sie auf das Bett und würgte sie mit der linken Hand, so dass sie massive Atemschwierigkeiten bekam. Zusätzlich drohte er, sie umzubringen, um sie von Widerstandshandlungen abzuhalten. Er zog ihre Jogginghose nach unten und verlangte die Praktik des "Natursekts". Da die Geschädigte dies ausdrücklich ablehnte und sich in der Folge gegen das Bett stemmte, gelang es dem Angeklagten in diesem Fall nicht, sie zum "Natursekt" zu veranlassen. Der Angeklagte führte in der Folge gegen den Willen der Geschädigten den Geschlechtsverkehr durch, während er sie weiterhin im Würgegriff hielt.
12 6. Zwischen dem 8. und wollte der Angeklagte in zwei Fällen erreichen, dass die Geschädigte sich mit ihm trifft, indem er ihr per SMS drohte, sie ansonsten umzubringen. In einem weiteren Fall schickte er ihr eine SMS mit dem Text: "Jetzt bring ich dich um e. ." Schließlich erzwang er am ein Treffen mit der Geschädigten, indem er bei ihr anrief und sie erneut damit bedrohte, zunächst sie und dann sich umzubringen. Die Geschädigte kam dem Verlangen des Angeklagten, auch aus Angst um ihre erwachsene Tochter, nach.
II.
13 Während der Angeklagte die unter Ziffer 6 dargelegten Drohungen eingeräumt hat, wurde von ihm bestritten, dass die Sexualhandlungen nicht in gegenseitigem Einvernehmen stattgefunden haben. Vielmehr hätten die Geschädigte und er fast täglich Geschlechtsverkehr gehabt.
14 Demgegenüber hat die Strafkammer die diesbezüglichen Feststellungen im Wesentlichen auf die Angaben der Geschädigten gestützt, wobei das Landgericht berücksichtigte, dass die Geschädigte hinsichtlich zweier Umstände, welche nicht die sexuellen Handlungen betreffen, in der Hauptverhandlung bewusst unwahre Angaben gemacht und die Beziehung zum Angeklagten trotz der angegebenen zahlreichen sexuellen Übergriffe über Jahre hinaus aufrechterhalten hatte. Nach Ansicht des Landgerichts stand der Glaubwürdigkeit der Geschädigten nicht entgegen, dass der Sachverständige A. festgestellt hatte, dass bei ihr "Persönlichkeitsakzentuierungen und Besonderheiten in Verbindung mit hyperthymen, haltschwachen, dysthymen, stimmungslabilen sowie geltungsbedürftigen und dependenten Anteilen" vorliegen sowie Verfälschungstendenzen vorhanden sind, welche unter Stress auftreten und dazu führen, dass sie dann zu schnell hingesagten Äußerungen neige, "mit denen sie ihrem Gegenüber eine schnelle Lösung anbiete, um selbst der Stresssituation zu entgehen." Die Strafkammer hat indes ausgeschlossen, dass die Geschädigte den Angeklagten falsch belastete.
III.
15 1. Die auf § 244 Abs. 3 bis 6 StPO gestützte Verfahrensrüge ist aus den im Antrag des Generalbundesanwalts ausgeführten Gründen jedenfalls unbegründet.
16 2. Die auf die Sachrüge veranlasste Nachprüfung des Urteils im Hinblick auf Schuld- und Strafausspruch deckt keinen den Angeklagten beschwerenden Rechtsfehler auf.
17 Die Zuordnung der Gesamtstrafen zum Schuldspruch lässt sich dem Urteil in seiner Gesamtheit ausreichend entnehmen.
IV.
18 Bezüglich der gemäß § 66 Abs. 2 StGB angeordneten Sicherungsverwahrung hat die Strafkammer die Entscheidung des -, wonach die Vorschriften über die Sicherungsverwahrung derzeit wegen Verstoßes gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG und Art. 104 Abs. 1 GG verfassungswidrig sind und vorläufig nur unter eingeschränkten Voraussetzungen bis zum weiter gelten (BVerfGE 128, 326 = NJW 2011, 1931 = NStZ 2011, 450), gesehen und ihrer Entscheidung zu Grunde gelegt. Nach derzeit fortgeltendem Recht liegt die Anordnung von Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 2 StGB im pflichtgemäßen Ermessen des Tatrichters. Die sich hieraus für das Landgericht ergebenden Grenzen sind nicht überschritten. Die Entscheidung des Tatrichters ist nur der eingeschränkten Kontrolle durch das Revisionsgericht zugänglich (st. Rspr.; , BGHR StGB § 66 Abs. 2 Ermessensausübung 1) und hat daher Bestand. Es ist insoweit unschädlich, dass der Tatrichter die Übergangsregelung des Art. 316 e Abs. 1 EGStGB nicht bedacht hat.
Fundstelle(n):
XAAAE-30462