BGH Beschluss v. - 5 StR 606/12

Unerlaubtes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Abgrenzung zwischen Beihilfe und Mittäterschaft bei Durchführung von Einkaufs- und Einfuhrfahrten auf Veranlassung eines allein im Umsatzgeschäft tätigen Hintermannes

Gesetze: § 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 25 Abs 2 StGB, § 27 StGB, § 261 StPO

Instanzenzug: LG Bautzen Az: 1 KLs 350 Js 12901/11

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in neun Fällen, jeweils in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten verurteilt. Seine hiergegen gerichtete Revision erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Der Schuldspruch hält sachlich-rechtlicher Prüfung nicht stand, weil die Feststellungen ein täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge nicht hinreichend belegen.

3a) Ob die Beteiligung am Handeltreiben mit Betäubungsmitteln als Mittäterschaft oder Beihilfe zu bewerten ist, beurteilt sich nach den allgemeinen Grundsätzen über die Abgrenzung zwischen diesen Beteiligungsformen. Mittäter ist, wer nicht nur fremdes Tun fördert, sondern einen eigenen Tatbeitrag derart in eine gemeinschaftliche Tat einfügt, dass sein Tatbeitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen Tatanteils erscheint. Ob ein solches enges Verhältnis des Täters besteht, ist nach den gesamten Umständen in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte können der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein (, NStZ 2007, 531).

4b) Zu der auf Grundlage der Feststellungen nach diesen Maßstäben erforderlichen Abgrenzung zwischen den Beteiligungsformen Mittäterschaft und Beihilfe verhalten sich die Urteilsgründe nicht. Die Annahme von (Mit-) Täterschaft am Handeltreiben versteht sich vorliegend auch nicht von selbst. Der Angeklagte hat zwar die Einkaufs- und Einfuhrfahrten – bis auf die erste Fahrt, bei der er von einem Tatbeteiligten eingewiesen worden ist – eigenständig und eigenverantwortlich durchgeführt und somit auch einen wesentlichen Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft erbracht. Am eigentlichen Umsatzgeschäft war er jedoch nicht beteiligt. Nach den Feststellungen bestimmte der anderweitig Verfolgte F.    mit seinem Lieferanten in Tschechien telefonisch die Art und Menge der zu erwerbenden Betäubungsmittel, die er nach Übergabe durch den Angeklagten gewinnbringend weiterverkaufte, und entlohnte den Angeklagten für die jeweilige Fahrt. Dass der Angeklagte Einfluss auf die Art und Menge der Betäubungsmittel und auf die Frequenz der Einfuhrfahrten nehmen konnte, ist nicht festgestellt. Gleiches gilt für die Risikoverteilung bei Sicherstellung oder sonstigem Verlust der Betäubungsmittel oder des dem Angeklagten für deren Bezahlung von F.    überlassenen Geldes.

52. Dieser Rechtsfehler führt insgesamt – auch hinsichtlich der rechtsfehlerfrei angenommenen, jeweils tateinheitlich begangenen unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge – zur Aufhebung des Schuldspruchs. Der Senat kann nicht ausschließen, dass noch weitergehende Feststellungen getroffen werden können, die ein (mit-) täterschaftliches Handeltreiben des Angeklagten belegen würden. Die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten, zu den einzelnen Einkaufs- und Einfuhrfahrten und zu den jeweiligen Mengen und Wirkstoffgehalten der Betäubungsmittel sind rechtsfehlerfrei getroffen und können daher bestehen bleiben. Ergänzende Feststellungen sind möglich, soweit sie den bisherigen nicht widersprechen.

63. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht dem gesamten Strafausspruch die Grundlage. Der Senat weist indes darauf hin, dass er die Bedenken des Generalbundesanwalts gegen die Begründung der vom Landgericht vorgenommenen Strafrahmenwahl und Strafzumessung im engeren Sinne nicht zu teilen vermag.

Basdorf                          Raum                       Dölp

                   König                         Bellay

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Fundstelle(n):
MAAAE-28935