Mitbestimmung des Personalrats bei Aufstellung eines Sozialplans; Schließung einer Betriebskrankenkasse
Leitsatz
Die Schließung einer Betriebskrankenkasse durch das Bundesversicherungsamt ist nicht als Rationalisierungsmaßnahme zu werten, welche die Mitbestimmung des Personalrats bei Aufstellung eines Sozialplans auslöst.
Gesetze: § 75 Abs 3 Nr 13 BPersVG
Instanzenzug: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Az: PB 15 S 1026/11 Beschlussvorgehend Az: PB 21 K 4633/10 Beschluss
Gründe
I.
1Die City BKK, die Antragstellerin, zeigte mit Schreiben vom dem Bundesversicherungsamt ihre Überschuldung an. Mit Schreiben vom beantragte der Hauptpersonalrat der City BKK, der Beteiligte zu 1, bei der Antragstellerin den Abschluss eines Sozialplans für den Fall der Kassenschließung. Da eine Einigung hierüber nicht zustande kam, rief der Beteiligte zu 1 die Einigungsstelle der City BKK, die Beteiligte zu 2, an. Diese beschloss am einen Sozialplan über Abfindungsleistungen. Deren Höhe bemisst sich nach einem Produkt aus der Zahl der Beschäftigungsjahre, dem Betrag von 4 100 € sowie einem altersbezogenen, von 1,25 bis 1,75 reichenden Faktor. Mit Bescheid vom ordnete das Bundesversicherungsamt die Schließung der Antragstellerin wegen fehlender auf Dauer gesicherter Leistungsfähigkeit zum an.
2Das von der Antragstellerin angerufene Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Beteiligten zu 2 vom aufgehoben. Die Beschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 hat der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Die Schließung der Antragstellerin sei keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG, so dass für eine Mitbestimmung des Personalrats hinsichtlich der Aufstellung eines Sozialplans kein Raum sei. Damit gebe es auch keine Zuständigkeit der Beteiligten zu 2 als Einigungsstelle für den Spruch über den Sozialplan vom . Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme sei grundsätzlich, dass durch sie die Leistungen der Dienststelle durch eine zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden sollten, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt werde. Eine Rationalisierungsmaßnahme könne dazu führen, dass durch organisatorische Maßnahmen ganze Aufgabenbereiche und Organisationseinheiten in der Bearbeitung erleichtert oder gar wegrationalisiert würden. Die Komplettschließung einer Betriebskrankenkasse und die damit verbundene Auflösung eines körperschaftlich verfassten Rechtsträgers sei keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes. Die mit einer Rationalisierung typischerweise einhergehende und sie deshalb kennzeichnende Verringerung des Ressourcenaufwandes zur Erreichung eines bestimmten Ergebnisses oder zu dessen Verbesserung bei gleich bleibendem Aufwand sei bei Aufgabe des Tätigkeitsfeldes generell nicht gegeben, vielmehr komme es zum Wegfall der Aufgabe und daraus folgend zur Entbehrlichkeit der bisher zur Aufgabenerfüllung eingesetzten Beschäftigten. Dies sei anzunehmen, wenn mit der Schließung einer Betriebskrankenkasse deren Tätigkeit als Versicherungsträger auf dem Gebiet der gesetzlichen Krankenversicherung vollständig eingestellt werde, so dass von einem Wegfall der von ihr bisher durch ihre Beschäftigten erfüllten Aufgaben unter Verlust ihrer Eigenschaft als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu sprechen sei. Der Mitbestimmungstatbestand könne nicht dadurch als erfüllt betrachtet werden, dass auf eine übergreifende, auf das Gesamtsystem der Daseinsvorsorge bezogene Betrachtung abgestellt werde, wonach eine Kasse nur Teil der als Einheit zu begreifenden gesetzlichen Krankenversicherung sei. Damit werde der konzeptionelle Rahmen des Bundespersonalvertretungsgesetzes verlassen. Für die Frage, ob eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes vorliege, seien nur die betroffene Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit und die betroffenen Dienststellen als das Gegenüber der Personalvertretung in den Blick zu nehmen. Rationalisierungsmaßnahmen seien nur möglich, wenn die Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit als Rechtsträger bzw. Dienstherr zur Erfüllung der ihr obliegenden Aufgaben noch weiter bestehe. § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG setze voraus, dass die betreffende Rationalisierungsmaßnahme der Verwaltung im Sinne des § 1 BPersVG bzw. der Dienststelle im Sinne des § 6 Abs. 1 BPersVG als verantwortliche Entscheidung zuzuordnen sei. Die Schließung einer Betriebskrankenkasse erfolge aber durch Anordnung des Bundesversicherungsamts als zuständiger Aufsichtsbehörde. Im Rahmen des Mitbestimmungstatbestandes dürfe die Zuordnung der Kassenschließung zur Verwaltung bzw. Dienststelle im Sinne der §§ 1, 6 Abs. 1 BPersVG nicht ausgeklammert werden. Die Schließung sei keine verantwortliche Entscheidung der Betriebskrankenkasse selbst und deshalb nicht beteiligungspflichtig. Eine Ausgleichs- bzw. Milderungspflicht durch Aufstellung eines Sozialplans könne die Verwaltung bzw. Dienststelle nur für eine von ihr zu verantwortende Entscheidung über eine Rationalisierungsmaßnahme treffen. Die für unbefriedigend erachtete Rechtslage hinsichtlich der Beschäftigungsverhältnisse bei Schließung einer Betriebskrankenkasse könne nicht dadurch korrigiert werden, dass auf der Ebene des geltenden Personalvertretungsrechts unter Berufung auf das Sozialstaatsprinzip dem Begriff der Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes ein Verständnis unterlegt werde, das auch die Schließung einer Betriebskrankenkasse als gesamter Körperschaft bzw. Verwaltungseinheit erfasse. Bei Verfassungswidrigkeit der geltenden Rechtslage hinsichtlich der Beendigung der Beschäftigungsverhältnisse bedürfe es eines Tätigwerdens des Gesetzgebers unter Wahrnehmung des ihm zustehenden Gestaltungs- und Entscheidungsspielraums.
3Gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs haben die Beteiligten zu 1 und 2 Rechtsbeschwerde eingelegt.
4Zu deren Begründung trägt der Beteiligte zu 1 vor: Die vollständige Schließung einer Körperschaft sei eine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG. Die Schließung einer Dienststelle erweise sich immer dann als Rationalisierungsmaßnahme, wenn dies zur Vermeidung weiterer Defizite geschehe. In diesem Fall werde ein besseres Ergebnis (keine weiteren Defizite) durch weniger Aufwand (Nullaufwand) erreicht. Mit der Schaffung des Mitbestimmungstatbestandes nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG habe der Gesetzgeber die Absicht verfolgt, die Beschäftigten vor den Folgen eines Stellenabbaus aufgrund unternehmerischer Entscheidungen zu schützen und ihnen dafür einen Ausgleich zu gewähren. Ein Erfordernis zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile sei nicht nur dann gegeben, wenn sich das Arbeitsumfeld oder Tätigkeiten veränderten, sondern auch und erst recht dann, wenn sich die Maßnahme in einer Schließung erschöpfe und deswegen alle Arbeitsplätze wegfielen. Verlange man für eine Rationalisierungsmaßnahme eine Effizienzsteigerung, so sei es jedenfalls nicht erforderlich, dass die Effizienzsteigerung bei der geschlossenen Dienststelle selbst eintrete. Ausreichend sei, wenn die Effizienzsteigerung bei wenigstens einer anderen Dienststelle oder in einem Dienststellen-Verbund eintrete. Um einen solchen Verbund handele es sich bei dem System der gesetzlichen Krankenkassen. Der Gesundheitsfonds und der Risikostrukturausgleich bewirkten im Ergebnis die Einheitsversorgung zum Einheitskostensatz für alle abhängig Beschäftigten. Die Schließung der Antragstellerin erweise sich als Rationalisierungsmaßnahme, weil sie im Gesamtkontext der Aufrechterhaltung einer leistungsfähigen Gesundheitsversorgung diene. Die von der Antragstellerin wahrgenommenen Aufgaben der Daseinsvorsorge fielen nicht weg, sondern würden durch andere Krankenkassen fortgesetzt. Die Krankenkassen seien zwar Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Autonom seien sie jedoch nicht. Für alle Krankenkassen bestimmten sich die von ihnen zu erbringenden Leistungen und die zu erhebenden Beiträge einheitlich nach dem SGB V. Ein Ermessen bestehe grundsätzlich nicht. Bestehe ein Anspruch auf Krankenbehandlung, müsse die Kasse ihn erfüllen. Beitragssätze seien grundsätzlich gesetzlich vorgegeben. Die Beiträge würden nicht mehr von den Versicherten an die Krankenkasse selbst gezahlt, sondern an eine zentrale Stelle, von der die Mittel an die einzelnen Krankenkassen nach einem bestimmten Risikoschlüssel verteilt würden. Die Schließung einer Kasse mangels Leistungsfähigkeit werde aufgrund bundeseinheitlicher Vorgaben zentral gesteuert. Die Schließung einer Kasse bedeute im Gesamtkontext eine Maßnahme zur Konsolidierung des Kassensystems. Dass die Schließungsentscheidung der Aufsichtsbehörde selbst nicht beteiligungspflichtig sei, sei unerheblich. Der Sozialplan sei als Maßnahme zur Umsetzung einer organisatorischen Entscheidung mitbestimmungspflichtig. § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG verlange nicht, dass die die Sozialplanpflichtigkeit auslösende Rationalisierungsmaßnahme von der Dienststelle veranlasst worden sei. Der Zweck des Mitbestimmungstatbestandes, den individualrechtlichen Schutz der Beschäftigten vor Eingriffen in ihr Beschäftigungsverhältnis kollektivrechtlich zu ergänzen und zu erweitern, komme auch bei der vorliegenden Fallgestaltung zum Tragen.
5Diesen Ausführungen schließt sich die Beteiligte zu 2 an und trägt ergänzend vor: Die Bestimmungen des SGB V zur Beendigung von Arbeitsverhältnissen im Falle der Schließung einer Betriebskrankenkasse seien verfassungswidrig. Mit Blick darauf sei eine verfassungskonforme Auslegung des Mitbestimmungstatbestandes in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG in der Weise geboten, dass sich dessen Anwendungsbereich auf die vorliegende Fallgestaltung zur erstrecken habe.
6Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen,
den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom und den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom zu ändern und den Antrag der Antragstellerin abzulehnen, den Beschluss der Beteiligten zu 2 vom aufzuheben.
7Die Antragstellerin beantragt,
die Rechtsbeschwerden zurückzuweisen.
8Sie verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.
II.
9Die Rechtsbeschwerden der Beteiligten zu 1 und 2 sind zulässig. Insbesondere ist den Anforderungen Rechnung getragen, welche an den Inhalt der Rechtsbeschwerdebegründung zu stellen sind (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 94 Abs. 2 Satz 2 ArbGG). Der Verwaltungsgerichtshof hat seine Entscheidung, mit welcher er die Aufhebung des Einigungsstellenbeschlusses durch das Verwaltungsgericht bestätigt hat, allein darauf gestützt, dass ein Mitbestimmungsrecht nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG nicht gegeben sei. Damit haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 in ihren Rechtsbeschwerdebegründungen ausführlich auseinandergesetzt. Auf die Frage der Überdotierung des Sozialplans brauchten sie nicht einzugehen. Zwar hat der Verwaltungsgerichtshof diese Frage am Ende seines Beschlusses (S. 37 f.) angesprochen. Doch hat er sich in dieser Hinsicht nicht festgelegt, so dass von einer selbständig tragenden Hilfserwägung keine Rede sein kann. Abgesehen davon haben sich die Beteiligten zu 1 und 2 auch mit dieser Frage in ihren Rechtsbeschwerdebegründungen befasst (S. 20 f. bzw. S. 8 f.).
10Die Rechtsbeschwerden sind jedoch nicht begründet. Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beschluss der Beteiligten zu 2 vom ist rechtswidrig und daher auf Antrag der insoweit antragsbefugten Antragstellerin im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren aufzuheben.
11Der Antrag, einen Beschluss der Einigungsstelle aufzuheben, ist insbesondere dann begründet, wenn dieser kompetenzwidrig ergangen ist. Wie sich aus der Regelung in § 69 Abs. 4 BPersVG und deren Einbettung in die vorhergehenden Bestimmungen in § 69 Abs. 1 bis 3 BPersVG ergibt, ist das Verfahren vor der Einigungsstelle die letzte Stufe des Mitbestimmungsverfahrens. Die Einigungsstelle ist daher nicht befugt, in einer Angelegenheit zu entscheiden, für welche dem Personalrat kein Mitbestimmungsrecht zusteht.
12Der Beschluss der Beteiligten zu 2 vom kann sich allein auf den Mitbestimmungstatbestand in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG stützen. Danach hat der Personalrat - in Ermangelung einer gesetzlichen oder tariflichen Regelung - mitzubestimmen über Aufstellung von Sozialplänen zum Ausgleich oder zur Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen, die den Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen. Dieses Mitbestimmungsrecht steht dem Beteiligten zu 1 hier schon deswegen nicht zu, weil die Schließung der Antragstellerin durch das Bundesversicherungsamt nicht als Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes zu werten ist.
131. Ein Sozialplan im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG ist die Gesamtheit der Regelungen, die dem Ausgleich oder der Milderung von wirtschaftlichen Nachteilen der Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen dienen sollen. Typischer Inhalt eines Sozialplans sind namentlich Abfindungen in Ermangelung möglicher oder zumutbarer Weiterbeschäftigung (vgl. dazu allgemein: Rehak, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, § 75 Rn. 180 ff.; Altvater, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz, 7. Aufl. 2011, § 75 Rn. 22 ff.; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD, Band V, K § 75 Rn. 103 und 104a; Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 75 Rn. 168 f.; Kaiser, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht, 4. Aufl. 2012, § 75 Rn. 473 ff.; von Roetteken, PersR 1994, 552 <555 ff.>; Bosch, PersR 1993, 71 <72>). Die den Beschäftigten entstehenden wirtschaftlichen Nachteile, deren Ausgleich und Milderung der Sozialplan dient, müssen die Folgen von Rationalisierungsmaßnahmen sein. Nach dem Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes besteht eine enge Verzahnung von Rationalisierungsmaßnahme und Sozialplan.
142. Entscheidendes Merkmal einer Rationalisierungsmaßnahme ist grundsätzlich, dass durch sie die Leistungen der Dienststelle durch eine zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen verbessert werden sollen, indem der menschliche Aufwand an Arbeit oder auch an Zeit, Energie, Material und Kapital herabgesetzt wird. Diese Voraussetzungen können auch erfüllt sein, wenn durch organisatorische Maßnahmen ganze Aufgabenbereiche und Organisationseinheiten in der Bearbeitung erleichtert oder gar "wegrationalisiert" werden. Die Rationalisierungsmaßnahme ist auf Effektivitäts- und Leistungssteigerung angelegt (vgl. BVerwG 6 P 17.91 - BVerwGE 90, 228 <232 ff.> = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 79 S. 81 ff.; - juris Rn. 14; Rehak, a.a.O. § 75 Rn. 166 f.; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 103; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 468 ff.; teilweise abweichend bei Personalverringerung wegen Nachfragerückgangs: von Roetteken, a.a.O. S. 554; Altvater, a.a.O. § 75 Rn. 220).
15a) Keiner Entscheidung bedarf, ob eine Rationalisierungsmaßnahme auch in der Auflösung einer Dienststelle bestehen kann, und zwar unter der Voraussetzung, dass damit ein Effizienzgewinn für einen Geschäftsbereich im Ganzen verbunden ist.
16b) Jedenfalls gelangt § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG nicht zur Anwendung, wenn eine Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde aufgelöst wird. Dies folgt aus den Grundsätzen der Dienststellenverfassung, in welche die Mitbestimmungstatbestände nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz eingebettet sind.
17aa) Mitbestimmungspflichtig sind unter der Voraussetzung, dass der jeweilige Mitbestimmungstatbestand erfüllt ist, Maßnahmen einer Dienststelle gegenüber den Beschäftigten dieser Dienststelle. Zur Mitbestimmung befugt ist der bei dieser Dienststelle gebildete Personalrat (örtlicher Personalrat). Unter der gleichen Voraussetzung mitbestimmungspflichtig sind die Maßnahmen einer übergeordneten Dienststelle, welche diese gegenüber den Beschäftigten nachgeordneter Dienststellen trifft. Mitbestimmungsbefugt ist die Stufenvertretung bei der übergeordneten Dienststelle (§ 82 Abs. 1 und 4 BPersVG), welche ihrerseits nach Maßgabe von § 82 Abs. 2 BPersVG den örtlichen Personalrat anhört. Die Zuständigkeit der Stufenvertretung erstreckt sich auf den Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle, bei welcher sie gebildet ist (vgl. § 53 Abs. 1 und 2 BPersVG). Die maßgebliche Festlegung auf den Geschäftsbereich der übergeordneten Dienststelle wird auch im Sonderfall des § 82 Abs. 5 BPersVG eingehalten. Trifft zum Beispiel eine Dienststelle mit zentralem Zuständigkeitsbereich Maßnahmen gegenüber den Beschäftigten nicht nachgeordneter Dienststellen, so hat sie die Stufenvertretung bei derjenigen übergeordneten Dienststelle zu beteiligen, zu deren Geschäftsbereich sowohl sie als auch die Beschäftigungsdienststelle gehören (vgl. dazu Rehak, a.a.O. § 82 Rn. 42 ff.; Altvater, a.a.O. § 82 Rn. 36 ff.; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 82 Rn. 14 f.; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 82 Rn. 26; Schwarze, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 82 Rn. 38).
18bb) Im Rahmen von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG ist mitbestimmungspflichtige Maßnahme die Aufstellung des Sozialplans. Typischerweise geschieht dies durch diejenige Dienststelle, deren Beschäftigte von der Rationalisierungsmaßnahme betroffen sind. Die Rationalisierungsmaßnahme selbst muss nicht von der Beschäftigungsdienststelle getroffen worden sein. Wegen der systematischen Einbettung des Mitbestimmungstatbestandes in die Dienststellenverfassung wird jedoch unausgesprochen vorausgesetzt, dass über die Rationalisierungsmaßnahme, welche die Sozialplanpflichtigkeit auslöst, entweder von der Beschäftigungsdienststelle oder von der dieser übergeordneten Dienststelle entschieden wird. Denn die übergeordneten Dienststellen, insbesondere die an der Spitze einer mehrstufigen Verwaltung stehende oberste Dienstbehörde, sind für die effektive Arbeitsorganisation innerhalb ihres Geschäftsbereichs verantwortlich.
19Diese Erwägung wird durch den systematischen Zusammenhang zwischen § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG und § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG bestätigt. Nach der zuletzt genannten Bestimmung unterliegen die dort genannten organisatorischen Entscheidungen (Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen) der Mitwirkung des Personalrats. Diese besonders einschneidenden Maßnahmen werden häufig die Sozialplanpflichtigkeit nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG auslösen. Demgemäß ist die Mitwirkung der Stufenvertretung bei der Organisationsentscheidung der übergeordneten Dienststelle und die Mitbestimmung des örtlichen Personalrats bei der Aufstellung des Sozialplans durch die zu schließende Beschäftigungsdienststelle ein typisches Szenario (vgl. Lorenzen, a.a.O. § 78 Rn. 22 und 30; Altvater/Baden, a.a.O. § 78 Rn. 21; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 105 und K § 78 Rn. 12; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 75 Rn. 165; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 459; Benecke, in: Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 78 Rn. 13; von Roetteken, a.a.O. S. 555; Bosch, a.a.O. S. 71). Dass die nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG mitwirkungsbedürftige organisatorische Maßnahme von der Beschäftigungsdienststelle selbst oder von einer ihr übergeordneten Dienststelle verfügt sein muss, unterliegt keinen Zweifeln.
20cc) Die vorstehenden systematischen Überlegungen werden durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes unterstützt.
21Im Entwurf eines Bundespersonalvertretungsgesetzes vom hatten die Koalitionsfraktionen vorgeschlagen, die hier in Rede stehenden Beteiligungstatbestände wie folgt zu fassen:
"(2) Der Personalrat wirkt mit bei
...
2. Auflösung, Einschränkung, Verlegung oder Zusammenlegung von Dienststellen oder wesentlichen Teilen von ihnen,
3. Aufstellung eines Sozialplans zum Ausgleich oder zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Bediensteten infolge einer der unter Nummer 2 bezeichneten Maßnahmen entstehen" (BTDrucks 7/176 S. 17).
22Nach diesem Gesetzentwurf war der Zusammenhang zwischen den organisatorischen Grundentscheidungen und der auf diese folgenden Aufstellung eines Sozialplanes offenkundig. Ebenso eindeutig war, dass die organisatorischen Maßnahmen, welche die Sozialplanpflichtigkeit auslösten, nach dem personalvertretungsrechtlichen Grundkonzept nur solche der Beschäftigungsdienststelle selbst oder ihr übergeordneter Dienststellen sein konnten.
23Im Laufe der Beratungen des Innenausschusses haben die genannten Beteiligungstatbestände - von der Nummerierung der Paragrafen und deren Unterteilungen abgesehen - ihre bis heute geltende Fassung gefunden (BTDrucks 7/1339 S. 34 und 36). Die Anhebung der Angelegenheit "Aufstellung von Sozialplänen" auf Mitbestimmungsniveau entsprach dem Anliegen des Gesetzgebers, die Mitbestimmungsbefugnisse der Personalvertretung unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Schranken zu erweitern (BTDrucks 7/1373 S. 2). Hinsichtlich der organisatorischen Entscheidungen verblieb es bei der Mitwirkung entsprechend der Einschätzung des Gesetzgebers, dass in diesen Angelegenheiten die Verantwortung dem Dienststellenleiter auch nicht teilweise abgenommen werden kann (BTDrucks 7/176 S. 34 zu § 75). Mit der Aufnahme des Merkmals "Rationalisierungsmaßnahme" in § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG hat der Gesetzgeber die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Sozialplänen im Vergleich zur Entwurfsfassung sowohl erweitert als auch eingeschränkt. Erweitert hat er sie, weil auch solche Rationalisierungsmaßnahmen die Mitbestimmung auslösen können, welche nicht die Dimension der organisatorischen Maßnahmen in § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG erreichen. Eingeschränkt hat er die Mitbestimmung, weil die organisatorischen Maßnahmen nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG zur Sozialplanpflichtigkeit nur führen, wenn es sich bei ihnen um Rationalisierungsmaßnahmen handelt. Dafür jedoch, dass der Gesetzgeber bei alledem die Rationalisierungsmaßnahme aus dem beschriebenen Dienststellenzusammenhang herauslösen wollte, der für die Konzeption des Bundespersonalvertretungsgesetzes prägend ist, fehlt es an jeglichem Anhalt.
24dd) Sinn und Zweck der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG sprechen ebenfalls dafür, dass die Rationalisierungsmaßnahme von der Beschäftigungsdienststelle oder einer ihr übergeordneten Dienststelle angeordnet worden sein muss.
25Wie sich bereits unmittelbar aus dem Wortlaut des Mitbestimmungstatbestandes ergibt, sollen durch den Sozialplan wirtschaftliche Nachteile ausgeglichen oder gemildert werden, die den Beschäftigten infolge von Rationalisierungsmaßnahmen entstehen. Der Sozialplan stellt sich damit als eine kollektivrechtliche Ergänzung des Schutzes der Beschäftigten aus dem Beamten- oder Arbeitsverhältnis dar (vgl. BVerwG 6 P 38.82 - Buchholz § 238.3 A § 75 BPersVG Nr. 45 S. 45 f.; Altvater, a.a.O. § 75 Rn. 219; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 75 Rn. 103; Ilbertz/Widmaier/Sommer, a.a.O. § 75 Rn. 165; Kaiser, a.a.O. § 75 Rn. 458; Rehak, a.a.O. § 75 Rn. 178; von Roetteken, a.a.O. S. 552). Der Mitbestimmungstatbestand setzt die rationalisierungsbedingten Vorteile der Dienststelle und die dadurch den Beschäftigten entstandenen wirtschaftlichen Nachteile in Beziehung zueinander. Der Dienststelle erwächst aus der Rationalisierungsmaßnahme ein Effizienzgewinn, in dem das Dienstleistungsergebnis durch eine zweckmäßigere Gestaltung der Arbeitsabläufe verbessert wird. Dieser Vorteil, der den Grundsätzen wirtschaftlicher Verwaltung entspricht (§ 69 Abs. 2 SGB IV) und letztlich dem Allgemeinwohl zugute kommt, ist mit wirtschaftlichen Nachteilen auf Seiten der Beschäftigten verbunden. Der Sozialplan soll diese Nachteile ausgleichen oder mildern.
26ee) Aus dem Vorstehenden folgt, dass die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde nicht als Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG betrachtet werden kann.
27Eine Selbstverwaltungskörperschaft ist nach der Konzeption des Bundespersonalvertretungsgesetzes ein selbständiger Dienststellenorganismus. Ist sie einstufig, so ist sie als Ganzes mit der Dienststelle gemäß § 6 Abs. 1 BPersVG identisch. Ist sie mehrstufig, so verfügt sie - ebenso wie die staatliche Verwaltung - über eine oberste Dienstbehörde und nachgeordnete Dienststellen (vgl. § 69 Abs. 3 Satz 2 BPersVG). Dies gilt auch für Sozialversicherungsträger (§ 88 BPersVG). Verfügt daher die oberste Dienstbehörde einer Selbstverwaltungskörperschaft die Schließung einer nachgeordneten Dienststelle, so mag dies unter den weiteren Voraussetzungen des § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG sozialplanpflichtig sein. Dies scheidet jedoch aus, wenn die Aufsichtsbehörde eine Selbstverwaltungskörperschaft auflöst. Denn sie steht außerhalb des Dienststellensystems der Selbstverwaltungskörperschaft. Ihre Schließungsentscheidung trägt nicht den Charakter einer innerdienstlichen Maßnahme, an welche in Gestalt einer Rationalisierungsmaßnahme § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG die Sozialplanpflichtigkeit anknüpft.
28ff) Art. 3 Abs. 1 GG steht nicht dagegen.
29Innerdienstliche Rationalisierungsmaßnahmen und die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde sind wesensverschiedene Sachverhalte. Im erstgenannten Fall geht es um Effektivitäts- und Leistungssteigerung durch zweckmäßige Gestaltung von Arbeitsabläufen innerhalb einer Verwaltung. Die aufsichtsbehördliche Schließungsentscheidung folgt dagegen gesamtstaatlichen Interessen bzw. übergreifenden Gründen des Gemeinwohls. Das sind typischerweise andere Dimensionen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz hindert nicht, die kollektivrechtliche Verpflichtung zur Aufstellung eines Sozialplans auf innerorganisatorische Entscheidungen zu beschränken, so dass der "begünstigte" Veranlasser für die Nachteile auf Seiten "seiner" Beschäftigten aufkommen muss.
30gg) Das Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG verlangt ebenfalls nicht, die Schließung einer Selbstverwaltungskörperschaft durch die Aufsichtsbehörde in die Mitbestimmung bei der Aufstellung von Sozialplänen einzubeziehen. Dem Gesetzgeber ist durch das Sozialstaatsprinzip nicht vorgeschrieben, wie er die Beteiligung der Personalvertretung an sozialen, personellen und sonstigen innerdienstlichen Angelegenheiten der Beschäftigten im Einzelnen ausgestaltet (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 <58> und vom - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37 <69>). Folglich kann aus dem Sozialstaatsprinzip nicht hergeleitet werden, dass sich die Mitbestimmung des Personalrats bei der Aufstellung von Sozialplänen auf organisatorische Entscheidungen erstrecken muss, die außerhalb des nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz maßgeblichen Dienststellensystems ergangen sind (vgl. in diesem Zusammenhang - BVerfGE 65, 182 <193 f.>).
31c) Die Schließung einer Betriebskrankenkasse durch das Bundesversicherungsamt ist keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne von § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG.
32aa) Die Betriebskrankenkassen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung (§ 4 Abs. 1 und 2 SGB V und § 29 SGB IV). Sie unterliegen staatlicher Aufsicht, welche auf Rechtsaufsicht beschränkt ist (§ 87 Abs. 1 SGB IV) und bei bundesunmittelbaren Versicherungsträgern wie der Antragstellerin vom Bundesversicherungsamt ausgeübt wird (§ 90 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Die Betriebskrankenkasse mit ihren Untergliederungen einerseits und das Bundesversicherungsamt andererseits sind somit organisatorisch eindeutig voneinander getrennt. Die staatliche Aufsichtsbehörde gehört nicht zum Dienststellensystem der Betriebskrankenkasse. Ihre Schließungsverfügung ist daher eine externe Entscheidung, die schon deswegen keine Rationalisierungsmaßnahme im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes sein kann.
33bb) Abgesehen davon handelt es sich dabei in der Sache nicht um eine Rationalisierungsmaßnahme. Nach § 153 Satz 1 Nr. 3 SGB V wird eine Betriebskrankenkasse von der Aufsichtsbehörde geschlossen, wenn ihre Leistungsfähigkeit nicht mehr auf Dauer gesichert ist. Dieser gesetzliche Schließungstatbestand ist nicht darauf angelegt, bei den übrigen Betriebskrankenkassen durch eine zweckmäßige Gestaltung der Arbeitsabläufe die Effizienz zu steigern. Vielmehr knüpft sie an die dauerhaft fehlende Leistungsfähigkeit der zu schließenden Kasse an und trägt damit zur Sicherung der Leistungsfähigkeit des Gesamtsystems der gesetzlichen Krankenversicherung bei. Damit wird die Dimension personalvertretungsrechtlicher Mitbestimmung überschritten, wie bereits oben bei der Behandlung des Gleichbehandlungsgrundsatzes betont wurde.
34cc) Die enge Bindung der Krankenkassen durch den Gesetzgeber rechtfertigt es nicht, die organisatorische Trennung von selbstverwalteten Krankenkassen und staatlicher Aufsicht personalvertretungsrechtlich zu vernachlässigen. Die Festlegung der Krankenkassen auf den Katalog von Pflichtleistungen (§§ 11 ff. SGB V), die Vorgabe eines allgemeinen Beitragssatzes (§ 241 SGB V) sowie die Finanzierung der Kassen durch Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds (§ 266 SGB V) stehen nicht in Widerspruch zum Gedanken der Selbstverwaltung. Vielmehr ist funktionale Selbstverwaltung mit Blick auf das demokratische Prinzip verfassungsrechtlich gerade dann unbedenklich, wenn Aufgaben und Handlungsbefugnisse der Selbstverwaltungsorgane durch detaillierte gesetzliche Vorgaben ausreichend vorherbestimmt sind (vgl. - BVerfGE 107, 59 <94>).
35d) Etwaige verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Regelungen des SGB V, welche die individualrechtlichen arbeitsrechtlichen Verhältnisse im Falle der Kassenschließung betreffen, gebieten es nicht, den Mitbestimmungstatbestand nach § 75 Abs. 3 Nr. 13 BPersVG auf die aufsichtsbehördliche Schließung einer Betriebskrankenkasse zu erstrecken. Sollten die Regelungen in § 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 4 Satz 1 SGB V so zu verstehen sein, dass die Arbeitsverhältnisse der nicht bei einer anderen Betriebskrankenkasse untergebrachten Beschäftigten zum Schließungstermin unter Ausschluss des Kündigungsschutzes enden, so könnte das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes nach Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG berührt sein. Soweit § 155 Abs. 4 Satz 9, § 164 Abs. 3 Satz 3 SGB V zu entnehmen ist, dass im Falle der Schließung der Betriebskrankenkasse deren ordentlich kündbare Arbeitnehmer nicht bei anderen Kassen unterzubringen sind, stellt sich die Frage eines Gleichheitsverstoßes, weil sich die Rechtslage sowohl von derjenigen bei Schließung einer Innungskrankenkasse oder einer allgemeinen Ortskrankenkasse (§ 146a Satz 3 SGB V) als auch von derjenigen im - nicht kassenarztspezifischen - Insolvenzfall unterscheidet (§ 170d Abs. 1 Satz 5 SGB V). Ein etwaiges dahingehendes verfassungsrechtlich relevantes Defizit ist im Bereich des Individualarbeitsrechts zu korrigieren, sei es im Wege verfassungskonformer Auslegung durch die Arbeitsgerichte, sei es im Wege der Gesetzesänderung. Die kollektivrechtlichen Regelungen und Grundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes wären nicht geeignet, etwaige Defizite im Bereich des Individualarbeitsrechts zu korrigieren. Erst recht verbietet sich eine systemwidrige Kompensation im Wege richterlicher Rechtsfortbildung, die nur um den Preis einer Durchbrechung der beschriebenen tragenden Grundsätze des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu erreichen ist.
Beschluss
36Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 500 000 € festgesetzt.
Gründe:
37Nach § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 RVG ist in vermögensrechtlichen Streitigkeiten ein Gegenstandswert, der "feststeht", von den Gerichten als solcher festzusetzen. Steht der Gegenstandswert nicht fest, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen. Gemäß § 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2 RVG ist er in diesem Fall in erster Linie - ohne Begrenzung auf einen Höchstbetrag - zu schätzen. Fehlt es an genügenden tatsächlichen Anhaltspunkten für eine Schätzung, ist der Gegenstandswert - auch bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten - auf 4 000 € nach Lage des Falles auch niedriger oder höher, jedoch nicht über den Betrag von 500 000 € hinaus anzusetzen (vgl. zur gleichlautenden Regelung in § 8 Abs. 2 BRAGO: BAG, Beschlüsse vom - 1 ABR 11/02 - juris Rn. 6 ff. und vom - 1 ABR 23/03 - juris Rn. 3).
38Vermögensrechtlich ist der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit, wenn dieser auf die Durchsetzung oder Abwehr von Ansprüchen gerichtet ist, die auf Geld oder Geldwerteleistung gerichtet sind (vgl. a.a.O. Rn. 14). So liegt es hier. Das Begehren der Antragstellerin ist darauf gerichtet, den Beschluss der Einigungsstelle über die Aufstellung eines Sozialplans aufzuheben, durch welchen Geldleistungen an ihre Beschäftigten festgelegt wurden. Dieser Charakter des streitigen Begehrens wird nicht dadurch berührt, dass die Antragstellerin den Beschluss der Beteiligten zu 2 in erster Linie für kompetenzwidrig hält.
39Der Gegenstandswert steht hier weder fest, noch gibt es genügend tatsächliche Anhaltspunkte für eine Schätzung (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom - PB 15 S 2921/11 - S. 6 f.). Es gilt daher die Begrenzung auf den Höchstbetrag von 500 000 €. Dieser Betrag ist hier festzusetzen, weil das Volumen des Sozialplans vom keinesfalls darunter liegt.
Fundstelle(n):
ZIP 2012 S. 6 Nr. 50
NAAAE-27915