BGH Beschluss v. - 4 StR 458/12

Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion: Konkurrenzverhältnisse bei Fälschung und anschließendem Gebrauch sowie bei mittäterschaftlicher Vorbereitungshandlung

Gesetze: § 52 StGB, § 53 StGB, § 152a StGB, § 152b StGB, § 263 StGB, § 263a StGB

Instanzenzug: LG Magdeburg Az: 25 KLs 521 Js 38915/11 (25/12)

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen banden- und gewerbsmäßiger Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion in Tateinheit mit banden- und gewerbsmäßigem Computerbetrug in vier Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt sowie eine Mastercard und eine SIM-Karte eingezogen; außerdem hat es die vom Angeklagten in Spanien erlittene „Untersuchungshaft“ im Verhältnis 1 : 2 angerechnet. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

21. Nach den Feststellungen des Landgerichts zu den Fällen II. 3 und 4 der Urteilsgründe versahen der Angeklagte als Mitglied einer rumänischen Bande zur Finanzierung seines Lebensunterhalts sowie der gesondert verfolgte    C.    am Morgen des den Türöffner einer Filiale der Stadtsparkasse M.     mit einem Vorsatzgerät, durch das die später ein- geschobenen Karten ausgelesen und die Daten gespeichert wurden. Mit einer kleineren Kamera wurden die Personen ausgewählt, die nicht nur den Kontoauszugsdrucker aufsuchten, sondern mit ihrer Maestro- oder Kreditkarte Geld an den Geldausgabeautomaten 2107 und 2009 abhoben. Kameras an diesen Geldausgabeautomaten zeichneten die Eingabe der jeweiligen PIN auf. Am Abend demontierten beide die Vorrichtungen wieder. Die Daten vom Kartenleser speicherten sie auf einem Laptop, die Kameraaufnahmen wurden auf eine externe Festplatte gezogen. Anschließend gaben sie die Daten an unbekannte Tatbeteiligte weiter, die Kartendubletten zur Barabhebung im Ausland herstellten. Mit den angefertigten Kartendubletten hoben unbekannt gebliebene Personen ab dem in der Dominikanischen Republik, in Russland und in den USA Bargeld ab, und zwar in Höhe von 6.325,56 € mit Hilfe der am Geldautomaten 2107 erlangten Identifizierungsnummern (Fall II. 3) und in Höhe von 10.514,71 € unter Verwendung der am Geldausgabeautomaten 2009 erlangten Identifizierungsnummern (Fall II. 4).

32. Die Beurteilung des Konkurrenzverhältnisses hält in den Fällen II. 3 und 4 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand; es liegt nur eine Tat im Rechtssinne vor.

4Tathandlung im Sinne des § 152b Abs. 1 und 2 i.V.m. § 152a Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB ist, soweit hier von Interesse, das (banden- und gewerbsmäßige) Nachmachen von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sowie das anschließende Gebrauchen solcher falscher Karten. Der banden- und gewerbsmäßige Computerbetrug nach § 263a Abs. 1 und 2 i.V.m. § 263 Abs. 5 StGB wird durch die unbefugte Verwendung der durch den Einsatz der Skimming-Technik erlangten Daten verwirklicht. Das Herstellen zahlreicher Zahlungskarten mit Garantiefunktion ist nur eine Tat im Sinne der §§ 152a, 152b StGB, wenn es jeweils in einem durchgehenden Arbeitsgang im engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhang erfolgt (, NStZ 2005, 566; Beschluss vom – 2 StR 91/11, NStZ-RR 2011, 367, 368). Werden die Dubletten in der Absicht hergestellt, sie später zu gebrauchen, werden das Nachmachen und das Gebrauchen zu einer deliktischen Einheit verbunden. Zu dieser Tat steht der Computerbetrug in Tateinheit (, StraFo 2010, 391). Der vom Landgericht rechtsfehlerfrei als mittäterschaftliche Beteiligung bewertete Tatbeitrag des Angeklagten bestand in dem Beschaffen und Weiterleiten der Kundendaten gemeinsam mit dem gesondert verfolgten    C.   . Auf diesen Beitrag ist bei der Bestimmung des Konkurrenzverhältnisses auch im Falle einer mittäterschaftlichen Beteiligung im Vorbereitungsstadium einer Tat abzustellen (vgl. , NStZ-RR 2004, 342, 343; Beschluss vom – 3 StR 15/11, wistra 2011, 299, 300). Die Tatbeiträge des Angeklagten und des gesondert verfolgten    C.    erschöpften sich in ihrer – wenn auch gewichtigen – Mitwirkung im Vorfeld der Verbrechen der banden- und gewerbsmäßigen Fälschung von Zahlungskarten mit Garantiefunktion sowie des banden- und gewerbsmäßigen Computerbetrugs. Die hieraus folgende rechtliche Bewertung als eine Tat wird dadurch, dass die betroffenen Kunden an zwei Geldautomaten bei der Eingabe ihrer jeweiligen PIN gefilmt wurden, nicht in Frage gestellt, zumal die auf den Magnetstreifen vorhandenen Daten zuvor mit demselben Kartenlesegerät ausgelesen und abgespeichert wurden (vgl. auch , StV 2012, 530, 531).

53. Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da sich der zum äußeren Geschehensablauf geständige Angeklagte nicht anders als geschehen hätte verteidigen können.

6Die Schuldspruchänderung entzieht den in den Fällen II. 3 und 4 der Urteilsgründe verhängten Einzelstrafen von jeweils zwei Jahren Freiheitsstrafe die Grundlage; damit entfällt auch die verhängte Gesamtstrafe.

74. Das Urteil lässt nicht erkennen, worauf die großzügige Bestimmung des Anrechnungsmaßstabs für die in Spanien erlittene Haft beruht; dies beschwert den Angeklagten indes nicht (vgl. zum Anrechnungsmaßstab für Spanien , NStZ-RR 2003, 364, und zuletzt : jeweils 1 : 1; vgl. allgemein zum Anrechnungsmaßstab für Mitgliedstaaten der Europäischen Union , StV 2011, 412, 414 Tz. 50 f.).

85. Eine Aufhebung des Haftbefehls durch den Senat ist nicht geboten (§ 126 Abs. 3 StPO; vgl. Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl., § 126 Rn. 9).

Mutzbauer                          Cierniak                         Franke

                     Quentin                           Reiter

Fundstelle(n):
NJW 2013 S. 1547 Nr. 21
wistra 2013 S. 185 Nr. 5
wistra 2013 S. 2 Nr. 3
QAAAE-27885