Finanzbehörde Hamburg - 53 - S 3700 - 003/12

Erbschaft- und Schenkungsteuer;
Vorläufige Steuerfestsetzung im Hinblick auf anhängige Musterverfahren (§ 165 AO); Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes

Gemäß dem gleichlautenden Erlass der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder vom , der in Kürze im Bundessteuerblatt I veröffentlicht wird, sind im Hinblick auf den, mit dem dieser dem Bundesverfassungsgericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes vorgelegt hat, ab sofort Festsetzungen der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) mit Steuerentstehungszeitpunkt ab in vollem Umfang für vorläufig zu erklären.

Erstmalige Steuerfestsetzungen sind mit folgendem Erläuterungstext zu versehen:

„Die Festsetzung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ist gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes. Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt lediglich aus verfahrenstechnischen Gründen. Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz als verfassungswidrig angesehen wird. Sollte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts diese Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen; ein Einspruch ist daher insoweit nicht erforderlich.”

Dieser Erläuterungstext gilt auch für Änderungen nach § 164 Abs. 2 AO und für Aufhebungen des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO.

Bei Änderungen bzw. Berichtigungen nach anderen Vorschriften zuungunsten des Steuerpflichtigen lautet der Erläuterungstext:

„Die Festsetzung der Erbschaftsteuer (Schenkungsteuer) ist gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes vorläufig, soweit die Änderung reicht. Die Vorläufigkeitserklärung erfolgt lediglich aus verfahrenstechnischen Gründen. Sie ist nicht dahin zu verstehen, dass das Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz als verfassungswidrig angesehen wird. Sollte aufgrund einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts diese Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern sein, wird die Aufhebung oder Änderung von Amts wegen vorgenommen; ein Einspruch ist daher insoweit nicht erforderlich.”

Bei Änderungen bzw. Berichtigungen nach anderen Vorschriften zugunsten des Steuerpflichtigen sind die den jeweils letzten vorangegangenen Steuerfestsetzungen beigefügten Vorläufigkeitsvermerke zu wiederholen, soweit die Voraussetzungen des § 165 AO für eine vorläufige Steuerfestsetzung noch erfüllt sind. Soweit dies nicht mehr der Fall ist, sind die Steuerfestsetzungen endgültig durchzuführen.

Soll eine Steuerfestsetzung auch in weiteren Punkten vorläufig nach § 165 Abs. 1 Satz 1 AO ergehen, sind Umfang und Grund der Vorläufigkeit neben dem oben angegebenen Erläuterungstext ausdrücklich anzugeben.

Im Übrigen gelten die im, BStBl 2011 I S. 464(abgedruckt im amtlichen AO-Handbuch 2012 Anhang 58) getroffenen Regelungen entsprechend.

Die Berücksichtigung des Vorläufigkeitsvermerks erfolgt für die betreffenden Steuerfestsetzungen programmgesteuert über AUSTER.

Soweit im Hinblick auf das BFH-Verfahren II R 9/11 bereits Einsprüche gegen Erbschaft- und Schenkungsteuerbescheide vorliegen, sind diese durch Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks im Wege eines Änderungsbescheids (§ 172 Abs. 1 Nr. 2a AO bzw. § 164 Abs. 2 AO) zu erledigen. Ergeben sich in Fällen, die nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehen, keine Anhaltspunkte, dass der Steuerpflichtige zur Erledigung seines Einspruchs auch mit der Aufnahme des Vorläufigkeitsvermerks einverstanden ist, bitte ich, mit ihm bzw. seinem steuerlichen Vertreter (fernmündlich) Kontakt aufzunehmen, um die Zustimmung zur Anbringung des Vorläufigkeitsvermerks zu erhalten.

Entsprechende Einsprüche sind nicht mehr an die zentrale Rechtsbehelfsstelle abzugeben, sondern in den „Teams” aufzubewahren. In der elektronischen Rechtsbehelfsliste (DB-Rb) sind diese Einsprüche mit „Massenverfahren/ErbStG – Erbschaftsteuerreformgesetz – Verfassungsmäßigkeit” zu kennzeichnen. Soweit derartige Einsprüche bereits in der zentralen Rechtsbehelfsstelle für Erbschaft- und Schenkungsteuer vorliegen sollten, ist hinsichtlich ihrer Eingabe in die elektronische Rechtsbehelfsliste (DB-Rb) entsprechend zu verfahren.

Soweit Steuerpflichtige, denen bisher die Vergünstigungen nach den §§ 13a und 13b ErbStG zustehen, befürchten, dass der Vorläufigkeitsvermerk es ermöglichen würde, die Bescheide später zu ihrem Nachteil zu ändern, falls sie nach einer eventuellen gesetzlichen Neuregelung rückwirkend höher zu besteuern wären, ist diesen mitzuteilen, dass derartige Befürchtungen unbegründet sind, da in diesem Fall § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO einer Änderung der vorläufigen Steuerfestsetzung zuungunsten der Steuerpflichtigen entgegensteht.

Finanzbehörde Hamburg v. - 53 - S 3700 - 003/12

Fundstelle(n):
LAAAE-26264