Einkommensteuerliche Behandlung der Entschädigung ehrenamtlicher Tätigkeit bei Sozialversicherungsträgern
Die Sozialversicherungsträger sind gem. § 29 Abs. 1 SGB IV rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen Rechts. Die Mitglieder ihrer Selbstverwaltungsorgane (Vertreterversammlung und Vorstand) sowie die Versichertenältesten und Vertrauenspersonen üben ihre Tätigkeiten ehrenamtlich aus (§ 40 Abs. 1 SGB IV). Als Entschädigung erhalten sie Erstattungen für Barauslagen (§ 41 Abs. 1 SGB IV), Ersatz für Verdienstausfall (§ 41 Abs. 2 SGB IV) sowie Pauschbeträge für Zeitaufwand (§ 41 Abs. 3 SGB IV). Diese Vergütungen führen grundsätzlich zu Einkünften aus selbständiger Arbeit i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Die genannten Tätigkeiten fallen jedoch unter die sog. schlichte Hoheitsverwaltung (R 3.12 Abs. 1 S. 1 LStR), sodass die Steuerbefreiungsvorschrift des § 3 Nr. 12 EStG anwendbar ist.
Die einkommensteuerliche Behandlung der gewährten Entschädigungen richtet sich nach folgenden Grundsätzen:
1. Einzeln gewährte (Teil-)Entschädigungen für Barauslagen, Verdienstausfall sowie Pauschbeträge für Zeitaufwand
Eine Anwendung der Vereinfachungsregel der R 3.12 Abs. 3 S. 3 LStR auf die Summe der Entschädigungen kommt nicht in Betracht. Vielmehr ist für jede (Teil-)Entschädigung zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 12 S. 2 EStG i. V. m. R 3.12 Abs. 2 LStR erfüllt sind. Entscheidend ist daher, ob die Beträge dazu bestimmt sind, Aufwendungen abzugelten, die steuerlich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar wären. Soweit diese Voraussetzung erfüllt ist, bestehen keine Bedenken, von der Summe der jeweiligen Entschädigung unter Berücksichtigung der o. g. Vereinfachungsregel bis zu 175,00 EUR monatlich als steuerfreie Aufwandsentschädigung zu behandeln.
Danach sind die (Teil-)Entschädigungen wie folgt zu behandeln:
1.1. Erstattung von Barauslagen (§ 41 Abs. 1 SGB IV)
Die Erstattung von Barauslagen, die ggf. auch als feste Pauschbeträge gezahlt werden können, setzt sich regelmäßig aus den Teilbeträgen für Tage- und Übernachtungsgeld, Fahrtkosten, ggf. Unterkunfts- und Verpflegungskosten für Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer und sonstigen Kosten (z. B. Beförderung von Gepäck und Post- und Telekommunikationskosten) zusammen.
Der Ersatz dieser Barauslage nach dem tatsächlichen Aufwand – ohne das Tagegeld – ist gem. § 3 Nr. 12 S. 2 EStG steuerfrei. Die Erstattung der tatsächlichen Fahrtkosten für Fahrten von der Wohnung zum Sitzungsort wird als steuerfreie Aufwandsentschädigung anerkannt. Bei Benutzung eines eigenen Kraftfahrzeugs ist die Wegstreckenentschädigung nach dem Bundesreisekostengesetz oder nach dem jeweiligen Landesgesetz maßgebend. Das für eine am Standort des Sozialversicherungsträgers stattfindende Sitzung gewährte Tagegeld ist nicht steuerfrei, da insoweit keine Geschäftsreise, sondern eine Tätigkeit am Mittelpunkt der dauerhaft angelegten betrieblichen Betätigung vorliegt und mithin keine Verpflegungsmehraufwendungen als Betriebsausgaben berücksichtigt werden können. Die Erstattung von Barauslagen nach festen Pauschbeträgen ist nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG nur insoweit steuerfrei, als sie den tatsächlichen Aufwand nicht erheblich übersteigt.
1.2. Ersatz des tatsächlich entgangenen regelmäßigen Bruttoverdienstes und Erstattung der Beiträge zur Sozialversicherung (§ 41 Abs. 2 SGB IV)
Die Zahlungen sind steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Die von den Ehrenamtlichen selbst zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge sind im Rahmen der Sonderausgaben nach § 10 EStG abzugsfähig.
1.3. Pauschbeträge für Zeitaufwand (§ 41 Abs. 3 SGB IV)
Die pauschalen Zahlungen für Zeitaufwand aufgrund von Sitzungen (§ 41 Abs. 3 S. 1 SGB IV) und aufgrund einer Tätigkeit außerhalb von Sitzungen (§ 41 Abs. 3 S. 2 SGB IV) sind steuerpflichtige Betriebseinnahmen.
1.4. Pauschbeträge für Auslagen der Vorsitzenden der Organe außerhalb der Sitzungen (§ 41 Abs. 1 S. 2 SGB IV)
Die pauschalen Zahlungen für Auslagen der Vorsitzenden der Organe außerhalb der Sitzungen sind nach § 3 Nr. 12 S. 2 steuerfrei, wenn die ehrenamtliche Tätigkeit einen entsprechenden Aufwand in annähernd gleichbleibender Höhe verursacht (R 3.12 Abs. 2 S. 5 LStR). Es bestehen keine Bedenken, die in der Entschädigungsregelung festgelegten Pauschbeträge bis zu den von den Sozialpartnern (DGB und BDA) in der Empfehlungsvereinbarung aufgeführten Höchstbeträge (zurzeit von 13,00 – 77,00 EUR) monatlich nach § 3 Nr. 12 S. 2 EStG steuerfrei zu belassen.
1.5. Gesondert gewährte Reisekostenvergütungen
Gesondert gewährte Reisekostenvergütungen sind nach § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei.
2. Einheitlich gewährte Entschädigungen für Barauslagen, Verdienstausfall sowie Pauschbeträge für Zeitaufwand
Die Aufteilung einer einheitlichen Entschädigung in einen steuerfreien und einen steuerpflichtigen Teil kann nach der Vereinfachungsreglung in R 3.12 Abs. 3 S. 3 LStR vorgenommen werden. Danach kann bei Vergütungen, die weder durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt sind, für ehrenamtlich tätige Personen in der Regel ohne weiteren Nachweis ein steuerlich anzuerkennender Aufwand von 175,00 EUR monatlich angenommen werden.
Gesondert gewährte Reisekosten sind auch hier steuerfrei nach § 3 Nr. 13 EStG.
OFD Niedersachsen v. - S 2337 – 148 – St 213
Fundstelle(n):
DStR 2012 S. 2600 Nr. 51
UAAAE-24077