BVerwG Beschluss v. - 6 AV 1.12

Gründe

1Das Verwaltungsgericht ruft im Wege einer analogen Anwendung von § 53 Abs. 3 VwGO das Bundesverwaltungsgericht in der Absicht an, das Gericht des zuständigen Rechtsweges zu bestimmen. Dabei geht es davon aus, dass für den Streitgegenstand nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern derjenige zu den ordentlichen Gerichten gegeben sei, vorliegend mit der Zuständigkeit des Amtsgerichts Bremen. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung des zuständigen Gerichts durch das Bundesverwaltungsgericht liegen nicht vor, weil die Zuständigkeit sich zweifelsfrei aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt und das anrufende Gericht bindet.

2Streitgegenständlich ist der Antrag des Klägers vom an das Amtsgericht Bremen (AG 91 XIV 1/09) auf Feststellung, dass er auf den Antrag seines Bevollmächtigten vom um 18.35 Uhr sofort aus dem Polizeigewahrsam freizulassen gewesen wäre. Nachdem dieser Antrag zwischenzeitlich zum Ruhen gebracht worden war, entschied das Amtsgericht durch Beschluss am , der angerufene Rechtsweg vor dem Betreuungsgericht sei unzulässig. Der Rechtsstreit werde an das für den Rechtsweg zuständige Verwaltungsgericht Bremen verwiesen. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen diesen Beschluss hat das Landgericht Bremen (LG 10 T 184/12) mit Beschluss vom verworfen, weil ein Antrag auf richterliche Bestätigung durch das Amtsgericht - am -von der Polizei nicht gestellt worden sei.

3Der Verweisungsbeschluss des ist hinsichtlich des Rechtswegs bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Demgemäß ist das Verwaltungsgericht Bremen das für die Entscheidung über das Feststellungsbegehren des Klägers zuständige Gericht. Dies gilt ungeachtet der Frage, ob - was aus den vom Verwaltungsgericht angeführten Gründen zu bezweifeln ist -die Annahme des Amtsgerichts hinsichtlich der Rechtswegzuweisung rechtlich zutreffend ist. Die Bindungswirkung gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG tritt selbst bei einem fehlerhaften Verweisungsbeschluss, etwa bei gesetzwidriger Verweisung oder entgegen § 17a Abs. 4 Satz 2 GVG fehlender Begründung, ein.

4Eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung ist allenfalls bei extremen Rechtsverstößen möglich, etwa wenn sich die Verweisungsentscheidung bei der Auslegung und Anwendung der Zuständigkeitsnormen so weit von dem diese beherrschenden verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG) entfernt hat, dass sie schlechthin nicht mehr zu rechtfertigen ist. Hiervon kann jedoch allenfalls dann ausgegangen werden, wenn die Entscheidung bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist ( BVerwG 6 AV 2.11 -juris Rn. 6; - NJW 2003, 2990 m.w.N.).

5Ein dermaßen schwerwiegender Rechtsverstoß liegt in dem Verweisungsbeschluss des Amtsgerichts indes nicht. Die vom Verwaltungsgericht in seinem Anrufungsbeschluss vom angestellten Erwägungen rechtfertigen keine gegenteilige Betrachtung. Die generelle Möglichkeit eines Abweichens gerichtlicher Entscheidungen von der Entscheidungspraxis rechtswegfremder - rechtlich an sich zuständiger - Gerichte hat der Gesetzgeber durch Erlass von § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG (vor dem Hintergrund von § 17 Abs. 2 GVG) bewusst in Kauf genommen. Die Gefahr sich gegenseitig widersprechender rechtskräftiger Urteile von Gerichten unterschiedlicher Rechtswege zum selben Streitgegenstand besteht bei Beachtung der Rechtskraftwirkung gerichtlicher Urteile nicht.

Fundstelle(n):
LAAAE-24041