Divergenz bei Ermessensentscheidung; Rüge unzureichender Sachaufklärung in Gestalt der unterlassenen Amtsermittlung
Gesetze: AO § 240 Abs. 1, FGO § 76 Abs. 1, FGO § 102, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 116 Abs. 3 Satz 3, FGO § 119 Nr. 6
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen liegen die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe auch nicht vor.
2 1. a) Eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) ist nicht erforderlich; die gerügte Divergenz zu den BFH-Beschlüssen vom IX B 170/98 (BFH/NV 1999, 908), vom X B 66/02 (BFH/NV 2003, 886) sowie zum (BFHE 229, 83, BStBl II 2010, 955) liegt nicht vor. Das Finanzgericht (FG) ist nach Maßgabe der Rechtsgrundsätze in den zitierten Divergenz-Entscheidungen (s.a. , BFH/NV 2000, 161; vom V R 2/04, BFHE 212, 23, BStBl II 2006, 612) zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Ermessensfehler bei Ablehnung des begehrten Erlasses von Säumniszuschlägen für den maßgeblichen Zeitraum durch den Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) auch im Hinblick auf § 240 Abs. 1 Satz 4 der Abgabenordnung nicht festzustellen ist. Zudem beachtet der Kläger nicht hinreichend, dass das FG eine nach § 102 FGO nur eingeschränkte Überprüfung der Ermessensentscheidung des FA vorgenommen und die maßgebenden Rechtsprechungsgrundsätze allenfalls (vermeintlich) fehlerhaft auf die Besonderheiten des Streitfalls angewendet hat. Eine solche Überprüfung betrifft die Rechtsanwendung im Einzelfall, nicht aber eine Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen (vgl. BFH-Beschlüsse vom III B 239/11, BFH/NV 2012, 1470; vom III B 140/10, BFH/NV 2011, 1377).
3 b) Die Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen eines erheblichen Rechtsfehlers (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alt. FGO) wurde nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargelegt. Denn ein offensichtlicher (materieller oder formeller) Rechtsanwendungsfehler des FG von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzwidrigen Entscheidung, der geeignet wäre, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 124/02, BFH/NV 2003, 495; vom IX B 163/09, BFH/NV 2010, 887, unter 2., m.w.N.), wurde nicht aufgezeigt. Zudem reichen unterhalb dieser Schwelle liegende, auch erhebliche Rechtsfehler nicht aus, um eine greifbare Gesetzwidrigkeit oder gar eine Willkürlichkeit der angefochtenen Entscheidung anzunehmen (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 13/05, BFH/NV 2005, 2031; vom IV B 126/10, BFH/NV 2012, 774).
4 c) Soweit sich der Kläger gegen eine fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. eine unzutreffende Umsetzung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls durch das FG wendet, rügt er —einschließlich eines Verstoßes gegen Denkgesetze (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 139/05, BFH/NV 2007, 1084; vom VI B 71/11, BFH/NV 2012, 767)— lediglich materielle Fehler, also die Unrichtigkeit des FG-Urteils; damit kann jedoch die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom IX B 84/09, BFH/NV 2010, 395; vom IX B 126/11, BFH/NV 2012, 741).
5 2. Die geltend gemachten Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) sind nicht hinreichend i.S. von § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO dargetan. Soweit der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) als (verzichtbaren) Verfahrensmangel in Gestalt der unterlassenen Amtsermittlung rügt, fehlt es bereits an hinreichenden Angaben und Ausführungen (zu den Anforderungen: z.B. BFH-Beschlüsse vom VII B 53/03, BFH/NV 2004, 978; vom IX B 136/03, BFH/NV 2005, 43). So ist nicht dargelegt, weshalb sich auf der Grundlage des maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunktes des FG eine weitere Aufklärung des Sachverhaltes hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die unterlassene Sachaufklärung nach Ansicht des Klägers erbracht hätte und wieso dieses Ergebnis —zumal bei einer nur eingeschränkt zu überprüfenden Ermessensentscheidung (vgl. § 102 FGO)— zu einer anderen Entscheidung des Gerichts hätte führen können (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2005, 43; vom IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222). Auch hat der fachkundig vertretene Kläger in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Sitzungsprotokolls nicht von sich aus auf eine weitere Sachaufklärung hingewirkt; vielmehr wurde insoweit rügelos verhandelt. Daher ist der Verstoß auch nicht gegeben.
Soweit schließlich gerügt wird, das FG-Urteil sei —zumindest teilweise— nicht mit Gründen versehen (vgl. § 119 Nr. 6 FGO), fehlen streitfallbezogene Ausführungen gänzlich.
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2013 S. 68 Nr. 1
MAAAE-22639