Strafurteil wegen betrügerischer Darlehenserlangung: Notwendige Bezifferung des Vermögensschadens
Gesetze: § 263 StGB, § 261 StPO, § 264 StPO
Instanzenzug: LG Lübeck Az: 6 KLs 5/11
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten T. wegen vorsätzlicher Insolvenzverschleppung in zwei Fällen, vorsätzlichen Bankrotts und Betrugs in 15 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.
I.
2Die Verurteilungen wegen Betrugs in 15 Fällen halten rechtlicher Überprüfung zwar im Schuldspruch, nicht aber im Strafausspruch stand. Die Erwägung des Landgerichts, ohne die Täuschungshandlung hätte die Bank den Darlehensbetrag nicht ausbezahlt, belegt lediglich die Kausalität zwischen Irrtumserregung und Vermögensverfügung, nicht aber das Ausmaß des Vermögensschadens. Dieser ist vielmehr durch eine vergleichende Bewertung von eingegangener Verpflichtung und erlangtem Anspruch zu bestimmen, wobei der Vermögensschaden konkret zu beziffern ist (BVerfG NJW 2012, 907, 916). Deshalb hat der Bundesgerichtshof im Anschluss an die vorzitierte Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts verlangt, dass vom Tatgericht eine Bewertung des täuschungsbedingten Risikoungleichgewichts vorgenommen wird (, NJW 2012, 2370 Rn. 7 ff.).
3In diesem Zusammenhang tritt allerdings noch eine Besonderheit hinzu: Der Angeklagte hat auch hinsichtlich der Erfüllung des Darlehens Täuschungshandlungen begangen, indem er den Weiterverkauf der Autos der finanzierenden Bank erst verspätet mitgeteilt hat und so die eingenommenen Gelder länger einbehalten und für sich verwenden konnte. Dieses Vorgehen hatte der Angeklagte nach den Feststellungen des Landgerichts bereits bei Abschluss der Finanzierungsgeschäfte beabsichtigt. Die hierdurch für die Bank bewirkte zusätzliche Risikoerhöhung durch die verspätete Mitteilung ist in die vorzunehmende Schadensbewertung einzubeziehen. Es handelt sich jeweils um einheitliche Betrugsdelikte, weil die späteren tatbestandsmäßigen Handlungen im Stadium der Erfüllung den Vermögensschaden lediglich vertiefen (vgl. BVerfG aaO).
II.
4Dieser Rechtsfehler betrifft nur den angenommenen Schuldumfang der Betrugstaten. Vor dem Hintergrund der rechtsfehlerfrei festgestellten Überschuldung und der verspäteten Mitteilung der Verkäufe an die finanzierende Bank kann hier freilich ausgeschlossen werden, dass in einem der ausgeurteilten Fälle überhaupt kein Schaden entstanden ist. Da der Fehler allein in einer unterlassenen Schadensbezifferung liegt, können die getroffenen Feststellungen aufrechterhalten bleiben. Das neue Tatgericht ist jedoch nicht gehindert, weitere, den bisherigen nicht widersprechende Feststellungen zu treffen; zur Schadenshöhe sind ergänzende Feststellungen geboten.
Basdorf Raum Schneider
Dölp Bellay
Diese Entscheidung steht in Bezug zu
Fundstelle(n):
wistra 2013 S. 20 Nr. 1
JAAAE-22465