Instanzenzug:
Gründe
I.
1 Die Beklagte begehrt im Kostenfestsetzungsverfahren gegen den Kläger im Wege der Nachfestsetzung den Ansatz der ungeminderten Verfahrensgebühr.
2 Das Klageverfahren wurde im Juni 2007 eingeleitet und durch Vergleich vor dem Oberlandesgericht 2009 beendet. In diesem haben die Parteien vereinbart, dass der Kläger 83 vom Hundert und die Beklagte 17 vom Hundert der erstinstanzlichen Kosten zu tragen haben. Die zweitinstanzlichen Kosten sind gegeneinander aufgehoben worden.
3 Beide Parteien haben einen Ausgleichungsantrag nach §§ 104, 106 ZPO gestellt, wobei der Kläger seine Kosten - entgegen der gerichtlichen Hinweise ohne Anrechnung der Geschäftsgebühr - mit 2.921,25 € und die Beklagte - den gerichtlichen Hinweisen folgend - die Kosten unter Anrechnung mit 1.821,90 € beziffert hat. Das Landgericht - Rechtspflegerin - hat im Kostenfestsetzungsbeschluss vom entsprechend dem Antrag der Beklagten und unter Zurückweisung des weitergehenden Antrags des Klägers auf beiden Seiten lediglich eine 0,65-Verfahrensgebühr in Ansatz gebracht. Die Erinnerung des Klägers hatte keinen Erfolg.
4 Am hat die Beklagte unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und die Ausführungen des Klägers im Erinnerungsverfahren Nachfestsetzung auf eine 1,3-fache Verfahrensgebühr (weitere 633,20 €; richtig: 633,10 €) beantragt. Diesen Antrag hat die Rechtspflegerin des Landgerichts abgewiesen, die sofortige Beschwerde der Beklagten hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, die weiterhin die Nachfestsetzung auf die 1,3-fache Verfahrensgebühr erreichen will.
II.
5 Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO aufgrund der Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 575 Abs. 1 und 2 ZPO). Sie hat in der Sache Erfolg.
6 1. Das Beschwerdegericht hat ausgeführt: Zwar sei der Antrag auf Nachfestsetzung zulässig, weil er eine noch nicht abschlägig beschiedene Position betreffe. Doch sei er nicht begründet. Vor Einführung des § 15a RVG habe sich die nach VV-RVG Nr. 3100 angefallene Verfahrensgebühr durch die nach Teil 3 Vorbemerkung 3 Absatz 4 VV-RVG vorgesehene Anrechnung der Geschäftsgebühr verringert. Dieser Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr stehe der am in Kraft getretene § 15a RVG nicht entgegen. Denn § 15a RVG finde nicht auf Altfälle wie dem vorliegenden Anwendung.
7 2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
8 a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass auch bei einem rechtskräftigen Kostenfestsetzungsbeschluss eine Nachfestsetzung möglich ist, wenn ein bisher nicht begehrter Posten - wie hier die 0,65-Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3100 VV-RVG - erstmals geltend gemacht wird. Die Rechtskraft eines Kostenfestsetzungsbeschlusses bezieht sich nur auf die im Antrag geforderten und im Beschluss beschiedenen Beträge und steht daher einer Nachfestsetzung nicht entgegen (, FamRZ 2011, 1222 Rn. 7).
9 b) Zu Unrecht hat das Beschwerdegericht jedoch die 0,65-Verfahrensgebühr nicht berücksichtigt. Der Bundesgerichtshof entscheidet in ständiger Rechtsprechung, dass die Vorschrift des § 15a RVG eine bloße Klarstellung der bestehenden Gesetzlage darstellt, so dass sie auch in sogenannten Altfällen Anwendung findet, also in Verfahren, in denen die Auftragserteilung des Erstattungsberechtigten an seinen Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigten vor Inkrafttreten der Vorschrift am erfolgt war (vgl. aaO Rn. 9 mwN). Soweit das Beschwerdegericht auf die Entscheidung des X. Zivilsenats des , NJW 2010, 76 Rn. 20 ff) verweist, der gegen diese Auffassung Bedenken in einem obiter dictum geäußert hat, haben sich die anderen mit dieser Frage befassten Senate - wie auch der IX. Zivilsenat - nicht angeschlossen. Einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen nach § 132 Abs. 2 Satz 1 GVG bedarf es nicht, da die Ausführungen zu § 15a RVG für die damalige Entscheidung nicht tragend waren (vgl. , FamRZ 2010, 1248 Rn. 10; vom - XI ZB 7/10, nv Rn. 10; vom - XI ZB 20/10, nv Rn. 5).
10 Der vorliegende Sachverhalt gibt keine Veranlassung, von der dargestellten Rechtsmeinung abzuweichen. Mit den vom Beschwerdegericht für seine gegenteilige Rechtsauffassung angeführten Argumenten hat sich der Bundesgerichtshof in den im Beschluss vom (aaO) nachgewiesenen Entscheidungen befasst.
III.
11 Das Beschwerdegericht hat danach die geltend gemachte Verfahrensgebühr zu Unrecht gekürzt. Ein Ausnahmefall nach § 15a Abs. 2 RVG liegt nicht vor. Die angefochtenen Entscheidungen waren deshalb aufzuheben (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Da die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei der Anwendung des Rechts auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO).
12 Der von dem Kläger der Beklagten zu erstattende Betrag in Höhe von 525,47 € errechnet sich aus der Differenz der ungekürzten und der gekürzten Verfahrensgebühr (2.455,00 € - 1.821,90 € = 633,10 €) und der im Vergleich festgesetzten Kostenquote (83 vom Hundert). Auf Seiten des Klägers war die Differenz zwischen ungekürzter und gekürzter Verfahrensgebühr (2.921,25 € - 2.168,06 € = 753,19 €) in Höhe der Kostentragungslast der Beklagten (17 vom Hundert = 128,04 €) nicht in Abzug zu bringen. Das Landgericht hat ihm diesen Kostenerstattungsanspruch rechtskräftig abgesprochen (vgl. Gerold/Schmidt/ Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl. § 15a Rn. 78; N. Schneider, in Schneider/Wolf Anwaltskommentar RVG II 6. Aufl., § 15a Rn. 42; Mayer/Kroiß/Winkler, RVG, 5. Aufl., § 15a Rn. 29 a; Hansens, RVG report 2009, 417, 418; vgl. , NJW 2003, 1462). An diesem Ergebnis ändert sich nicht dadurch etwas, dass die Entscheidung über den Erstattungsanspruch des Klägers nicht in einem separaten, sondern in einem einheitlichen Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 106 ZPO ergangen ist. Dieser erfasst alle geltend gemachten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten und setzt den Betrag fest, den die im Ergebnis erstattungspflichtige Partei als Quote der gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten nach Abzug ihrer eigenen Kosten der anderen Partei zu erstatten hat (MünchKomm-ZPO/Giebel, 3. Aufl. § 106 Rn. 7). Dennoch bleibt es dabei, dass der einheitlich ergangene Kostenfestsetzungsbeschluss über die jeweils geltend gemachten Erstattungsansprüche beider Parteien entscheidet (MünchKomm-ZPO/Giebel, aaO § 106 Rn. 12) und die Entscheidungen unabhängig voneinander in materieller Rechtskraft erwachsen.
13 Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Fundstelle(n):
FAAAE-22462