Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Unfall der Beigeladenen am 2. Mai 2004 ein Arbeitsunfall war. Die Klägerin betreibt ein landwirtschaftliches Unternehmen, zu welchem auch eine Pferdezucht gehört. Die Beigeladene war zuletzt als Konstruktionstechnikerin tätig und seit Juni 2003 wegen Beschwerden am linken Arm arbeitsunfähig erkrankt. Im Frühjahr 2004 trat sie mit der Bitte an den Zeugen B. - Geschäftsführer der Klägerin - heran, ihr eine Vollzeitbeschäftigung als Pferdewirtin zu ermöglichen. Die Beigeladene war selbst Halterin von drei Pferden und an einer Tätigkeit in der Pferdehaltung interessiert. Der Zeuge vereinbarte mit der Beigeladenen, dass sie auf dem Hof tätig werden könne, um die Pferde und die dort anfallenden Arbeiten kennenzulernen. Die näheren Umstände und der zeitliche Umfang der sich anschließenden Tätigkeiten sind im Verlauf des Verfahrens unterschiedlich beschrieben worden. Im Vorfeld des Unfalltages bat der Zeuge die Beigeladene, den Tierarzt am 2. Mai 2004 bei der künstlichen Besamung einer Stute zu unterstützen, weil er selbst nicht vor Ort sein könne. Die Beigeladene nahm den übersandten Samen am Samstag (1. Mai) in Empfang, bewahrte ihn sodann im eigenen Kühlschrank auf und brachte ihn am Unfalltag wieder auf das Gelände der Klägerin. Dort assistierte sie dem Tierarzt in der Form, dass sie ihm den Samen übergab und sich neben die zu behandelnde Stute stellte. Um die Stute ruhig zu halten, versuchte sie die Führungsleine um die Gitterstäbe der Box zu schlingen und zu verknoten. Hierbei scheute die Stute, stieg auf und zog die Leine ruckartig an. Dabei wurden drei Finger der linken Hand der Beigeladenen derart gequetscht, dass die Fingerendglieder amputiert werden mussten. Im Rahmen der Unfallmeldung vom 5. Mai 2004 gab der Zeuge B. an, die Beigeladene sei als "Besucherin" auf dem Hof gewesen und habe dabei dem Tierarzt "aus Gefälligkeit" geholfen. Damit übereinstimmend erklärte die Beigeladene ausweislich eines Telefonvermerks eines Mitarbeiters der Beklagten vom 24. Mai 2004, dass sie lediglich zu Besuch anwesend gewesen sei. In weiteren Telefonaten erklärten beide gegenüber der Beklagten, dass eine Einstellung als Pferdewirtin beabsichtigt gewesen war und die Beigeladene deshalb bereits mehrfach zuvor auf dem Hof tätig gewesen sei. In diesem Zusammenhang wurde auch bekannt, dass für die Beigeladene seit etwa einem Jahr Arbeitsunfähigkeit bescheinigt war. Mit Bescheid vom 18. Januar 2005 lehnte die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalls ab. Aufgrund der bestehenden Arbeitsunfähigkeit könne nicht von einem Probearbeitsverhältnis ausgegangen werden. Die Beigeladene sei ausschließlich aus Pferdeliebhaberei tätig geworden, weshalb kein Versicherungsschutz bestehe. Den Widerspruch der Beigeladenen, den sie damit begründete, alle in der Landwirtschaft Tätigen wären versichert, wies die Beklagte mit Bescheid vom 20. April 2005 zurück. - Dieser Bescheid wurde gegenüber der Beigeladenen bestandskräftig. Am 27. Oktober 2005 legte der LVM Landwirtschaftlicher Versicherungsverein Münster a.G. (Haftpflichtversicherung) im Auftrag der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 18. Januar 2005 ein. Die Klägerin habe ein Interesse an der Feststellung, dass die Tätigkeit der Beigeladenen dem Unfallversicherungsschutz unterfällt. Es liege eine versicherte Tätigkeit vor, denn die Beigeladene hätte bereits seit vier Wochen jeweils zwei Tage wöchentlich fünf Stunden im Unternehmen der Klägerin als Tierwirtin gearbeitet. Mit Bescheid vom 19. Januar 2006 wies die Beklagte auch diesen Widerspruch als unbegründet zurück und begründete dies im Wesentlichen mit dem fehlenden Nachweis einer regelmäßigen Arbeitserprobung. Es sei vielmehr von einer Gefälligkeitshandlung auszugehen. Im daraufhin vor dem Sozialgericht Gotha durchgeführten Klageverfahren sind die Beigeladene und der Zeuge B. in der mündlichen Verhandlung angehört beziehungsweise zeugenschaftlich vernommen worden. Die Beigeladene hat angegeben, mit dem Zeugen B. eine etwa zwei- bis dreimonatige Probezeit vereinbart zu haben, damit er prüfen könne, ob sie für die Tätigkeit der Pferdewirtin geeignet sei. Sie sei etwa seit vier bis fünf Wochen jeweils an einigen Tagen stundenweise tätig gewesen, als der Zeuge sie gebeten hätte, am folgenden Wochenende dem Tierarzt behilflich zu sein. Auf Vorhalt der anfänglich unterschiedlichen Angaben hat sie angegeben, dies sei wegen der eigentlich bestehenden Krankschreibung erfolgt. Der Zeuge hat ausgesagt, die Beigeladene hätte vor dem Unfall etwa vier Wochen mehrfach ausgeholfen, "je nachdem, wie sie Zeit hatte". Der Grundgedanke dieser Tätigkeit sei gewesen, dass sie einmal die Arbeiten im Pferdestall übernehmen sollte. Mit Urteil vom 12. November 2007 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. In der Begründung hat es auf die wechselhaften Aussagen der Beteiligten verwiesen. Auf dieser Grundlage sei die versicherte Tätigkeit nicht im Vollbeweis nachgewiesen. Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr Begehren weiter. Die Verletzung der Beigeladenen sei Folge eines Unfalls während einer versicherten Tätigkeit. Die erbrachten Tätigkeiten seien entweder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses oder zumindest unter Umständen, die einem Arbeitsverhältnis ähnlich sind, erbracht worden. Ein Feststellungsinteresse bestehe, da die Klägerin wegen des Unfalls von der Krankenkasse der Beigeladenen in Anspruch genommen wird.
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LSG Thüringen, Urteil v. 26.01.2012 - L 1 U 389/08
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