Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung; Antrag i.S. von § 174 Abs. 4 FGO an keine Form gebunden
Gesetze: FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, AO § 174 Abs. 4
Instanzenzug:
Gründe
1 Die Beschwerde ist nicht begründet. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung —FGO—) liegen nicht vor.
2 1. Die Rechtssache ist nicht von grundsätzlicher Bedeutung. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn eine Frage zu entscheiden ist, an deren Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht (sog. Klärungsbedürftigkeit) und die im angestrebten Revisionsverfahren gegen das angefochtene Urteil geklärt werden kann (sog. Klärungsfähigkeit; vgl. dazu , BFH/NV 2007, 1675, m.w.N.).
3 Die Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen (Klägerinnen) werfen die Rechtsfrage auf, „ob die Änderung eines Steuerbescheides wegen eines bestimmten Sachverhalts nach § 174 Abs. 4 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) voraussetzt, dass ein vorausgegangenes Verfahren, in dem es letztlich zu einer Änderung eines Ausgangsbescheides zu Gunsten des Steuerpflichtigen aus dem bestimmten Sachverhalt kommt, auf einem Rechtsbehelf oder einem in sonstiger Weise verfahrensbegründenden Antrag begonnen wird, oder ob auch in einem durch die Finanzverwaltung selbst initiierten Verfahren, in dem der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, allein eine Einflussnahme des Steuerpflichtigen auf die Beurteilung einer Rechtsfrage seitens der Finanzverwaltung zu seinen Gunsten nach entsprechender Änderung des Ausgangsbescheides die nachfolgende Änderungsmöglichkeit nach § 174 Abs. 4 Satz 1 AO zu seinen Lasten in einem anderen Bescheid aus dem bestimmten Sachverhalt eröffnet”.
4 Diese Frage ist nicht klärungsfähig. Die implizierte tatbestandliche Prämisse, dass nämlich die zugunsten der Klägerinnen vorgenommene Änderung des Feststellungsbescheides für 2005 von der Finanzverwaltung initiiert gewesen wäre, trifft schon nicht zu. Nach den den BFH gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) im angefochtenen Urteil beabsichtigte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—), als Ergebnis der Außenprüfung zunächst den Feststellungsbescheid für 2005 zu Lasten der Klägerinnen zu ändern. Bei dieser Ausgangslage hat die Klägerin zu 1. mit ihrem Schreiben vom , mit dem sie ausdrücklich die Rückgängigmachung der für 2005 bereits vorgenommenen gewinnerhöhenden Auflösung „beantragte”, die Initiative zu einer Änderung des Feststellungsbescheides zu ihren Gunsten ergriffen, wie das FG zutreffend erkannt hat. Dabei ging das Schreiben über die Äußerung einer reinen Rechtsauffassung hinaus und enthielt der Sache nach i.S. des § 174 Abs. 4 Satz 1 AO einen „sonst” —d.h. außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens— gestellten und auf eine begünstigende Änderung gerichteten Antrag. Auf die Übernahme der dem Antrag zugrunde liegenden Rechtsauffassung in den Betriebsprüfungsbericht folgte die Bitte der Klägerinnen in einem weiteren Schreiben, die Änderung des Feststellungsbescheides 2005 dem Prüfungsbericht entsprechend vorzunehmen. Damit kann nicht davon die Rede sein, dass im Streitfall der Feststellungsänderungsbescheid für 2005 allein auf der Initiative des FA beruht hätte (vgl. dazu , BFHE 209, 384, BStBl II 2005, 637; vom X R 38/04, BFH/NV 2005, 1751).
5 Angesichts des Gesetzeswortlauts ist auch nicht klärungsbedürftig, ob es sich bei dem Antrag i.S. von § 174 Abs. 4 Satz 1 AO um eine „förmliche Verfahrenshandlung” handeln muss, wie die Klägerinnen meinen. Mit der Formulierung „sonst auf Antrag” sind eindeutig auch Anträge erfasst, die außerhalb eines Rechtsbehelfsverfahrens (Einspruchs- oder Klageverfahren, vgl. Loose in Tipke/Kruse, AO, § 174 Rz 44) gestellt werden. Was die Klägerinnen unter einer „förmlichen Verfahrenshandlung” verstehen, die „entsprechend einem Rechtsbehelf ausgestaltet” ist (vgl. Beschwerdebegründung, S. 12), erschließt sich nicht aus ihrem Vortrag. Verfahrensbegründend wirkt der Antrag eines Steuerpflichtigen auf Änderung oder Aufhebung eines Verwaltungsaktes im Steuerrechtsverhältnis (hier: Feststellungsbescheid für 2005) in der Weise, dass die Finanzbehörde darüber zu befinden hat, indem sie dem Antrag entspricht oder ihn ablehnt.
6 2. Aus den Gründen dieses Beschlusses zu 1. ist die Zulassung der Revision auch nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO zur Fortbildung des Rechts erforderlich.
7 3. Kein Zulassungsgrund nach § 115 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 FGO folgt daraus, dass das FG im Schreiben der Klägerinnen vom einen Änderungsantrag und nicht nur die folgenlose Äußerung einer Rechtsauffassung erkannt hat. Mit Einwendungen gegen die Sachverhaltswürdigung des FG wird falsche materielle Rechtsanwendung geltend gemacht, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom VIII B 260/02, BFH/NV 2003, 1336; vom IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289).
8 4. Die von den Klägerinnen vorsorglich gerügte Abweichung des angefochtenen Urteils von dem (BFHE 230, 203, BStBl II 2010, 953) ist schon deshalb nicht gegeben, weil der vermeintlichen Divergenzentscheidung ersichtlich kein gleicher oder vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag (vgl. , BFH/NV 2008, 732).
Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 1320 Nr. 8
IAAAE-12673