BGH Beschluss v. - XI ZR 317/10

Instanzenzug:

Gründe

I.

1 Der Kläger nimmt die beklagte Bank aus abgetretenem Recht auf Rückabwicklung von Beteiligungen an der F. Medienfonds GmbH & Co. KG in Anspruch.

2 Der Kläger verlangt unter anderem, gestützt auf den Vorwurf mehrerer Aufklärungs- und Beratungsfehler, Zug um Zug gegen Übertragung der erworbenen Anteile Rückzahlung der gezahlten Einlage zzgl. entgangenen Gewinns in Höhe von 8% p.a. seit Zeichnung der Beteiligung sowie die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten. Die Klage hatte in der Berufungsinstanz bis auf Teile des entgangenen Gewinns und Teile der Rechtsanwaltskosten im Wesentlichen Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Revision mit der Begründung zugelassen, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Offenbarungspflicht über verdeckte Rückvergütungen werde von den Instanzgerichten unterschiedlich interpretiert.

3 Mit seiner Revision verfolgt der Kläger den Klageantrag hinsichtlich des entgangenen Gewinns und der Rechtsanwaltskosten weiter. Die Beklagte hat ihre nachfolgend eingelegte Revision inzwischen zurückgenommen.

II.

4 Die Revision des Klägers ist unzulässig. Eine Fortführung als Anschlussrevision kommt nach Rücknahme der Revision durch die Beklagte nicht mehr in Betracht.

5 1. Das Berufungsgericht hat die Revision nur zugunsten der Beklagten, nicht jedoch zugunsten des Klägers zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor des Berufungsurteils, jedoch durch Auslegung der Urteilsgründe.

6 Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann sich eine Beschränkung der Revisionszulassung auch aus den Urteilsgründen ergeben (, WM 2011, 2223 Rn. 18 mwN). Aufgrund der gebotenen Auslegung der Urteilsgründe kommt deshalb eine Beschränkung der Zulassung der Revision auf einzelne Prozessparteien in Betracht, sofern Grund der Revisionszulassung eine bestimmte Rechtsfrage war, die das Berufungsgericht zum Nachteil nur einer Prozesspartei entschieden hat. Die Zulassung wirkt in diesem Fall nicht zugunsten der gegnerischen Partei, die das Urteil aus einem völlig anderen Grund angreift (BGH, Beschlüsse vom - VI ZR 225/10, [...] Rn. 5 und vom - III ZA 51/52, BGHZ 7, 62, 63 f.; Urteile vom - II ZR 206/08, WM 2011, 749 Rn. 10, vom - IX ZR 45/04, NJW-RR 2005, 715, 716 und vom - VIII ZR 320/02, WM 2004, 853).

7 So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat die Revision "im Hinblick auf die unterschiedlichen Auffassungen der Instanzgerichte zu Inhalt und Umfang von Aufklärungspflichten beratender Banken und verdeckte Rückvergütungen" zugelassen. Die Revisionszulassung konnte zwar nicht auf diese unselbständige Rechtsfrage beschränkt werden (vgl. , [...] Rn. 16 mwN). Das Berufungsgericht hat damit aber deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es nur der Beklagten die Gelegenheit zur Überprüfung seiner Entscheidung geben wollte, ob die angenommenen Schadensersatzansprüche (dem Grunde nach) bestehen. Die vom Kläger angegriffenen Feststellungen zur Höhe des entgangenen Gewinns und der ersatzfähigen Rechtsanwaltskosten hat das Berufungsgericht dagegen nicht zur Überprüfung gestellt. Aus den Entscheidungsgründen ergibt sich vielmehr, dass es insoweit von unumstrittenen und nicht klärungsbedürftigen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist. Aufgrund einer Gesamtschau der Urteilsgründe ergibt sich somit der eindeutige Wille des Berufungsgerichts, die Revision nur hinsichtlich des zugesprochenen Teils der Klage zuzulassen.

8 2. Die Revision des Klägers kann auch nicht mehr als Anschlussrevision fortgeführt werden.

9 Eine unzulässige Revision ist zwar in eine Anschlussrevision umzudeuten (, NJW-RR 2011, 1106 Rn. 24; vgl. auch , WM 2011, 371 Rn. 7 und zur Berufung auch IVb ZR 51/86, BGHZ 100, 383, 387 f.). Aufgrund der Revisionsrücknahme durch die Beklagte ist die Anschlussrevision allerdings wirkungslos geworden (§ 554 Abs. 4 ZPO). Nur dies ist im Tenor (deklaratorisch) festzustellen. Über ein eingelegtes Rechtsmittel ist einheitlich zu entscheiden (BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 175/06, NJW-RR 2007, 786 Rn. 13 und vom - IX ZB 53/96, NJW 1996, 2659 f.). Ist die Revision in eine Anschlussrevision umzudeuten, kann und muss somit nur über die Anschlussrevision, nicht aber (auch) über die Revision entschieden werden. Das gilt auch dann, wenn das zunächst eingelegte Hauptrechtsmittel unzulässig war und erst zu einem späteren Zeitpunkt als Anschlussrechtsmittel fortgeführt wird (vgl. , NJW 1996, 2659, 2660 mwN).

10 3. Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Beklagte zu tragen (§ 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 565 ZPO).

11 Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind dem Revisionskläger grundsätzlich auch die Kosten einer zulässig erhobenen Anschlussrevision aufzuerlegen, wenn diese nach § 554 Abs. 4 ZPO ihre Wirkung durch Rücknahme der Revision verliert. Die Anschlussrevision ist kein eigenes Rechtsmittel, sondern nur ein Angriff innerhalb des vom Revisionskläger eingelegten Rechtsmittels. Wird die Anschlussrevision durch die im Belieben des Revisionsklägers stehende Rücknahme der Revision ohne gerichtliche Sachentscheidung hinfällig, können die diesbezüglichen Kosten dem Anschlussrevisionskläger deswegen weder in unmittelbarer noch in entsprechender Anwendung von § 97 Abs. 1, § 516 Abs. 3 Satz 1, § 565 ZPO auferlegt werden (BGH, Beschlüsse vom - XII ZB 163/04, NJW-RR 2005, 727, 728, vom - II ZR 147/03, NJW-RR 2005, 651 und vom - GSZ 2/51, BGHZ 4, 229, 235 ff.).

12 Das gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch im Falle der Umdeutung einer unzulässigen Berufung in eine unselbständige Anschlussberufung (, NJW-RR 2007, 786 Rn. 13 f. mit umfangreichen Nachweisen zum Meinungsstreit in Rn. 10 f.). Gleiches muss im Fall der Umdeutung einer unzulässigen Revision in eine zulässige Anschlussrevision gelten. Ist ein Rechtsmittel als unselbständiges Anschlussrechtsmittel zu qualifizieren, kommt es nicht mehr darauf an, wann es eingelegt wurde. Die durch ein unselbständiges Anschlussrechtsmittel ausgelösten höheren Kosten müsste der Rechtsmittelführer jedenfalls bei Erfolg des Anschlussrechtsmittels tragen, ohne dass es darauf ankommt, ob das ursprünglich selbständig eingelegte Rechtsmittel unzulässig war. Weil es somit auch im Falle einer gerichtlichen Entscheidung allein auf die Erfolgsaussicht der unselbständigen Anschlussrevision ankäme, erscheint es sachgerecht, dem Revisionskläger nach Rücknahme seines Rechtsmittels auch die Kosten der Anschlussrevision aufzuerlegen. Denn er nimmt dem Gericht durch die in seinem Belieben stehende Rücknahme jede Möglichkeit, über die Erfolgsaussicht der Anschlussrevision zu entscheiden, zumal sie nicht frei von der gegnerischen Revision weiterverfolgt werden kann (§ 554 Abs. 4 ZPO). Durch die Rücknahme der Revision unterliegt somit nur der Revisionskläger, während dies zur Erfolgsaussicht der unselbständigen Anschlussrevision nichts aussagt (vgl. , NJW-RR 2007, 786 Rn. 14 zur Berufung).

Fundstelle(n):
OAAAE-11822