BGH Beschluss v. - 3 StR 146/12

Gefährliche Körperverletzung: Ausnutzung eines Überraschungsmoments bei Angriff von hinten als hinterlistiger Überfall

Gesetze: § 224 Abs 1 Nr 3 StGB

Instanzenzug: LG Hildesheim Az: 26 KLs 12 Js 20831/11

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen erpresserischen Menschenraubes in Tateinheit mit Raub, räuberischer Erpressung, vorsätzlicher Körperverletzung, Computerbetrug und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis (Fall A. II. 1. der Urteilsgründe), wegen versuchten Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung (Fall A. II. 2.) sowie wegen besonders schweren Raubes (Fall A. II. 3.) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Die hiergegen gerichtete und auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat nur insofern Erfolg, als sie zu einer Änderung des Schuldspruchs im Fall A. II. 2. der Urteilsgründe führt. Im Übrigen hat die Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

2Nach den zum Fall A. II. 2. rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wollte der Angeklagte aus einem Haus Geld oder sonstige stehlenswerte Gegenstände entwenden, um damit den Erwerb von Drogen zu finanzieren. Als er den Eigentümer des Hauses auf dem Grundstück bemerkte, versteckte sich der Angeklagte hinter einem Gebüsch. Der Hauseigentümer näherte sich diesem Gebüsch. Daher fürchtete der Angeklagte seine Entdeckung, griff den Eigentümer von hinten an und schlug auf diesen ein, um seine Absicht, aus dem Haus etwas zu stehlen, noch verwirklichen zu können.

3Diese Feststellungen tragen nicht den Schuldspruch wegen einer mittels eines hinterlistigen Überfalls (§ 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB) begangenen gefährlichen Körperverletzung. Ein hinterlistiger Überfall setzt voraus, dass der Täter seine Verletzungsabsicht planmäßig verbirgt (vgl. , NStZ-RR 2009, 77, 78; Fischer, StGB, 59. Aufl., § 224 Rn. 10). Eine solche Planmäßigkeit ist nicht belegt. Allein der Umstand, dass der Angeklagte den Angriff von hinten ausführte und dabei ein Überraschungsmoment ausnutzte, begründet keine Hinterlist im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 3 StGB (vgl. etwa , StV 2011, 136; Fischer aaO mwN).

4Der Senat ändert den Schuldspruch gemäß § 354 Abs. 1 StPO dahin, dass der Angeklagte tateinheitlich zum versuchten Raub der vorsätzlichen Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) schuldig ist. Andere Tatvarianten des § 224 Abs. 1 StGB sind nicht gegeben und zusätzliche Erkenntnisse in einer neuen Hauptverhandlung nicht zu erwarten. Der Geschädigte hat den nach § 230 StGB erforderlichen Strafantrag rechtzeitig gestellt.

5Die Änderung des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt, da der Senat ausschließen kann, dass das Landgericht bei Annahme lediglich einer vorsätzlichen Körperverletzung auf eine geringere Strafe erkannt hätte. Auch wenn die Kammer ihrer Strafzumessung die dem Strafrahmen des § 224 Abs. 1 StGB entnommene Mindeststrafe von sechs Monaten anstatt eine solche von drei Monaten gemäß § 249 Abs. 1, § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt hat, hat sich diese angesichts der verhängten Einzelfreiheitsstrafe von zwei Jahren erkennbar nicht ausgewirkt. Die von der Kammer maßgeblich strafschärfend herangezogenen Gesichtspunkte des brutalen Vorgehens und der erheblichen Tatfolgen liegen unabhängig von der rechtlichen Einordnung als gefährliche oder vorsätzliche Körperverletzung vor.

6Weil das Rechtsmittel nur einen geringen Teilerfolg hat, ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den gesamten Kosten und seinen eigenen Auslagen zu belasten (§ 473 Abs. 1 und 4 StPO).

Becker                                  Pfister                                  Hubert

                      Mayer                                  Menges

Fundstelle(n):
CAAAE-11087