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FG München Urteil v. - 4 K 309/09 EFG 2012 S. 1602 Nr. 16

Gesetze: DVStB § 24 Abs. 2 S. 1, DVStB § 24 Abs. 2 S. 2, DVStB § 29, StBerG § 37

Eingeschränkte gerichtliche Überprüfung der Steuerberaterprüfung

Pflichten des Zweitprüfers bei der Steuerberaterprüfung

Zulässigkeit von gesetzlich nicht vorgesehenen Korrektorentreffen

Teilnahme nur des Zweitprüfers am Überdenkungsverfahrens nach Tod des Erstprüfers

Keine ausreichende Klagebegründung durch Bezugnahme auf „Drittkorrekturen” durch Gutachter

Anforderung an Punktvergabe bei Folgefehlern

Keine Bindung an amtliche Musterlösung

Leitsatz

1. Das FG kann Prüfungsentscheidungen bei der Steuerberaterprüfung im Wesentlichen nur daraufhin überprüfen, ob der Prüfungsausschuss allgemein gültige Bewertungsgrundsätze verletzt hat, sich von sachfremden Erwägungen hat leiten lassen, von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen ist oder wesentliche Verfahrensbestimmungen außer Acht gelassen hat (Anschluss das ). Hinsichtlich der fachlichen und prüfungsspezifischen Beurteilung kommt eine gerichtliche Kontrolle im Übrigen nur in Betracht, wenn sich ein Bewertungsfehler auf die Notengebung ausgewirkt haben könnte.

2. Wird dem Zweitkorrektur die Bewertung des Erstprüfers mitgeteilt (sog. offenes Bewertungsverfahren), so kann aus der Tatsache, dass der Zweitkorrektor sich der Bewertung des Erstkorrektors anschließt (z. B. durch bloßes Abhaken der Bewertungsschritte des Erstkorrektors oder durch ein allgemeines „Einverstanden”) nicht gefolgert werden, er habe die Arbeit nicht selbstständig begutachtet. Selbst der Umstand, dass der Zweitkorrektor die eigens für seine Korrektur vorgesehene Spalte sowie einen Korrekturbogen (teilweise) nicht ausfüllt, lässt nicht den Schluss zu, er habe keine eigenständige Bewertung vorgenommen.

3. Die Möglichkeit des Zweitprüfers, sich der Meinung des Erstprüfers anzuschließen, gilt auch für das Überdenkungsverfahren; ein Anspruch auf eine sog. verdeckte Bewertung der schriftlichen Steuerberaterprüfung im verwaltungsinternen Überdenkungsverfahren besteht nicht.

4. Es verstößt nicht gegen § 24 DVStB und ist auch nicht anderweitig zu beanstanden, wenn die Erstprüfer in Eigeninitiative gesetzlich nicht vorgesehene Korrektorenbesprechungen ohne Mitwirkung oder gar Veranlassung durch den Prüfungsausschuss selbst organisieren, hierbei die Teilnahme an den Besprechungen den Prüfern völlig freigestellt ist, keine den Bewertungsspielraum der Prüfer einschränkenden verbindlichen Vorgaben gemacht werden, keine fremden Dritten teilnehmen und wenn auch nicht Prüfungsleistungen einzelner Prüfungsarbeiten erörtert werden.

5. Ist der Erstprüfer einer Arbeit der Steuerberaterprüfung in der Zeit bis zum Überdenkungsverfahren verstorben, so ist es nicht zu beanstanden, wenn die Einwendungen des betreffenden Teilnehmers an der Steuerberaterprüfung im Überdenkungsverfahren nur durch den Zeitprüfer und nicht auch durch den Nachfolger des verstorbenen Erstprüfers beurteilt werden.

6. Hat der Prüfling im Überdenkungsverfahren Gutachten vorgelegt, die überwiegend eine Drittkorrektur seiner Arbeiten mit eigenem Prüferermessen des Gutachters vornehmen, so stellt die Bezugnahme auf diese Gutachten im anschließenden finanzgerichtlichen Klageverfahren keine schlüssige Klagebegründung dar.

7. Nach dem Folgefehlerprinzip soll eine Leistung – trotz ihrer Unrichtigkeit – honoriert werden, wenn sie in sich logisch und richtig ist und ihre Unzutreffendheit ausschließlich darauf beruht, dass der Prüfling eine falsche Weichenstellung vorgenommen hat, also gleichsam „auf ein falsches Gleis” geraten ist. Erbringt der Prüfling jedoch keine mit der eigentlich geforderten Lösung vergleichbaren anderen Leistungen aufgrund einer falschen Weichenstellung, können auch keine Ersatzwertungen aufgrund des Folgefehlerprinzips eingefordert werden. So genügt es z. B. für die Annahme einer Ersatzleistung nicht, dass der Prüfling eine Vorschrift oder ein Schlagwort, das für die Zulässigkeits- oder Begründetheitsprüfung eines Einspruchs eine Rolle spielt, abstrakt ohne schlüssigen Zusammenhang zur konkreten Falllösung nennt.

8. Ein den Prüfern an die Hand gegebenes Bewertungssystem „amtliche Musterlösung”) darf nicht dazu führen, dass die Übereinstimmung bestimmter Ausführungen in der Klausur mit dem Lösungsvorschlag in der sog. „Musterlösung” oder der Lösungsskizze zwingend zur Vergabe bestimmter Leistungspunkte führt, sondern soll lediglich die Gewichtung einzelner Teile der Aufgabenstellung nach ihrer Bedeutung und Schwierigkeit erleichtern.

Tatbestand

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:


Fundstelle(n):
DStR 2012 S. 13 Nr. 28
EFG 2012 S. 1602 Nr. 16
SAAAE-11060

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FG München, Urteil v. 18.04.2012 - 4 K 309/09

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