Instanzenzug:
Gründe
1 Der Angeklagte war durch Urteil des Landgerichts Trier vom wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 20 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft hat der Senat das Urteil im Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, weil die Nichtanordnung der Sicherungsverwahrung rechtlicher Überprüfung nicht standgehalten hatte (Urteil vom - 2 StR 347/09, NStZ-RR 2010, 77). Die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil hat der Senat mit Beschluss vom selben Tag als unbegründet verworfen. Mit nunmehr angefochtenem Urteil hat das Landgericht auf eine Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren erkannt und die Unterbringung des Angeklagten in der Sicherungsverwahrung angeordnet.
2 Nach den insoweit bindenden Feststellungen zum Schuldspruch im nahm der Angeklagte zwischen Juni 2007 und Mai 2008 in 20 Fällen sexuelle Handlungen an dem damals 12 bzw. 13 Jahre alten Enkelsohn seiner ehemaligen Lebensgefährtin vor, wobei er in allen Fällen u.a. den Analverkehr vollzog. Diese Taten beging der Angeklagte, der mit Urteil vom (8007 Js 22851/03.Ls) durch das Amtsgericht Trier bereits wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt worden war, innerhalb laufender Bewährungszeit.
3 Die auf die Verletzung formellen und sachlichen Rechts gestützte Revision des Angeklagten ist nicht begründet.
4 1. Die Verfahrensrüge ist nicht ausgeführt und damit unzulässig (§ 344 Abs. 2 S. 2 StPO).
5 2. Die Überprüfung aufgrund der Sachrüge hat keinen durchgreifenden Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.
6 a) Das Landgericht hat zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten hinreichende eigene Feststellungen getroffen und diese dem Straf- und Maßregelausspruch rechtsfehlerfrei zugrunde gelegt. Zwar hat es in den Urteilsgründen ausgeführt, dass "infolge der auf den Rechtsfolgenausspruch mit den zugehörigen Feststellungen beschränkten Teilaufhebung (...) die Feststellungen zur Person des Angeklagten und zur Sache in Rechtskraft erwachsen" seien (UA S. 3) und im Anschluss daran die insoweit aufgehobenen Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten aus dem Urteil vom wörtlich und in An- und Abführungszeichen gesetzt übernommen. Diese für sich genommen rechtsfehlerhaften Ausführungen nötigen aber entgegen der Ansicht des Generalbundesanwalts nicht zur (erneuten) Aufhebung des Urteils.
7 Nach Aufhebung des Rechtsfolgenausspruchs mit den zugehörigen Feststellungen durch das Revisionsgericht ist der neu zur Entscheidung berufene Tatrichter gehalten, eigene Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten zu treffen und diese im Urteil mitzuteilen (vgl. , StraFo 2004, 211; Senat, Beschluss vom - 2 StR 62/07, NJW 2007, 1540, 1541; vgl. auch Appl, FS Rissing-van Saan, S. 35, 42). Hat der Angeklagte in dem neuen Verfahren dieselben Angaben gemacht, wie sie in dem früheren, jedoch insoweit aufgehobenen Urteil enthalten sind, kann zwar auf die aufgehobenen Feststellungen aus dem früheren Urteil nicht Bezug genommen werden; sie können jedoch - auch im Wortlaut - in das neue Urteil übernommen werden, sofern kein Zweifel daran verbleibt, dass es sich um neue, eigenständig getroffene Feststellungen handelt (, BGHR StPO § 267 Abs. 1 S. 1 Bezugnahme 3; Beschlüsse vom - 4 StR 167/08, NStZ-RR 2009, 148, 149 sowie 4 StR 172/08, NStZ-RR 2009, 91, 92; Meyer-Goßner StPO 54. Aufl. § 354 Rn. 46). Diesen Anforderungen hat das Landgericht entsprochen, indem es im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt hat, dass zum Lebensweg des Angeklagten "die Beweisaufnahme keine weitergehenden Feststellungen erbracht", der Angeklagte "die in dem angefochtenen Urteil zu seiner Person getroffenen Feststellungen ausdrücklich als zutreffend bezeichnet und diese vor der Kammer im Einzelnen wiederholt" habe und keine Veranlassung bestanden habe, die Angaben in Zweifel zu ziehen (UA S. 7). Diese Ausführungen belegen, dass sich das Landgericht - anders als in den Ausführungen auf UA S. 3 zum Ausdruck gebracht - nicht an die vom Senat aufgehobenen Feststellungen aus dem Urteil vom gebunden gesehen und zutreffend eigenständig inhaltsgleiche Feststellungen getroffen hat.
8 b) Auch im Übrigen ist die Strafzumessung rechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, dass das Landgericht im Hinblick auf die konkreten Tatumstände und das Bewährungsversagen des Angeklagten eine Milderung des Strafrahmens nach § 176a Abs. 4 StGB abgelehnt hat.
9 c) Die Maßregelanordnung ist ebenfalls frei von Rechtsfehlern.
10 aa) Die formellen Voraussetzungen des § 66 Abs. 2 StGB in der bis zum geltenden Fassung sind, wie der Senat bereits in seinem Urteil vom festgestellt hat, erfüllt. Das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen vom (BGBl I 2300) enthält keine dem Angeklagten günstige Änderung.
11 bb) Das Landgericht hat - sachverständig beraten - mit tragfähiger Begründung festgestellt, dass der Angeklagte, bei dem eine homophile Alterspädophilie vorliegt, infolge eines Hanges zu erheblichen Straftaten für die Allgemeinheit gefährlich ist. Entgegen den Ausführungen der Revision steht dieser Annahme nicht entgegen, dass sich die Anlasstaten wie schon die früher abgeurteilten Taten gegen ein aus dem sozialen Umfeld des Täters stammendes Opfer richteten (vgl. hierzu bereits die Ausführungen im Senatsurteil vom , NStZ-RR 2010, 77 mwN). Das Landgericht hat zudem ausdrücklich in den Blick genommen, dass nach dem (NJW 2011, 1931 ff.) die hier maßgeblichen Bestimmungen über die Sicherungsverwahrung verfassungswidrig sind und diese bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber - längstens bis - nur nach Maßgabe der Gründe jener Entscheidung weiter anwendbar bleiben. Danach unterliegt die Anordnung der Maßregel einer "strikten Verhältnismäßigkeitsprüfung". Gemessen daran ist die Verhältnismäßigkeit in der Regel nur gewahrt, wenn eine Gefahr schwerer Gewalt- oder Sexualstraftaten aus konkreten Umständen in der Person oder dem Verhalten des Betroffenen abzuleiten ist (vgl. Senat, Urteil vom - 2 StR 184/11, NStZ 2012, 32; Urteil vom - 2 StR 305/11, StV 2012, 213, 214; Beschluss vom - 2 StR 288/11). Rechtlich zutreffend hat das Landgericht Taten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, deren Begehung durch den Angeklagten auch künftig zu erwarten ist, im konkreten Fall als solchermaßen "schwere Sexualstraftaten" im Sinne der Weitergeltungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts eingeordnet (vgl. Senat, Beschluss vom - 2 StR 328/11, StV 2012, 212, 213, Rn. 6; BGH, Beschlüsse vom - 3 StR 208/11, BGHR StGB § 66 Strikte Verhältnismäßigkeit 1, vom - 3 StR 221/11 und vom - 5 StR 267/11, NStZ-RR 2012, 9).
12 Das Landgericht hat sich sowohl im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung als auch bei der ihm obliegenden Ermessensentscheidung erschöpfend mit der Frage auseinandergesetzt, ob andere geeignete Maßnahmen gegeben sind, um der vom Angeklagten ausgehenden Gefahr für die Allgemeinheit zu begegnen oder diese zumindest erheblich abzuschwächen. Dies hat es mit tragfähiger Begründung verneint. Entgegen dem Revisionsvorbringen musste sich das Landgericht dabei nicht ausdrücklich mit dem Umstand befassen, dass der Angeklagte erstmals zu einer längeren Freiheitsstrafe verurteilt worden ist und bislang "praktisch nicht" therapiert wurde. Die Wirkungen eines erstmals erlebten längeren Strafvollzugs und von in diesem Rahmen (möglicherweise) wahrgenommenen Therapieangeboten können zwar im Einzelfall wesentliche gegen die Anordnung der Maßregel sprechende Gesichtspunkte darstellen (vgl. , StV 2011, 276). Ein Absehen von der Anordnung trotz bestehender hangbedingter Gefährlichkeit kommt in Ausübung des in § 66 Abs. 2 StGB eingeräumten Ermessens aber nur dann in Betracht, wenn bereits zum Zeitpunkt des Urteilserlasses die Erwartung begründet ist, der Täter werde hierdurch eine Haltungsänderung erfahren, sodass für das Ende des Strafvollzugs eine günstige Prognose gestellt werden kann. Zum Zeitpunkt des Urteilserlasses noch ungewisse positive Veränderungen und lediglich mögliche Wirkungen künftiger Maßnahmen im Strafvollzug können indes nicht genügen. Vielmehr bedarf es - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom hingewiesen hat (vgl. NStZ-RR 2010, 77, 78) - zumindest konkreter Anhaltspunkte für einen Behandlungserfolg (vgl. auch , NStZ 1985, 261; vom - 4 StR 184/05, NStZ-RR 2005, 337, 338 und vom - 3 StR 466/10, NStZ-RR 2011, 172 sowie Rissing-van Saan/Peglau in LK 12. Aufl. § 66 Rn. 233). Solche sind den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Das Verhalten des Angeklagten im Strafvollzug und zukünftig möglicherweise eintretende Haltungsänderungen werden demnach im Rahmen der obligatorischen Prüfung nach § 67c Abs. 1 StGB zu berücksichtigen sein (vgl. , NStZ-RR 2004, 202, 203, und vom - 4 StR 184/05, NStZ-RR 2005, 337; Fischer StGB 59. Aufl. § 66 Rn. 36).
Fundstelle(n):
HAAAE-10822