BAG Urteil v. - 8 AZR 692/10

Betriebsbedingte Kündigung durch den Insolvenzverwalter wegen Betriebsstilllegung - gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen - selbständiger Betriebsteil - Abgrenzung von Betriebsstilllegung und Betriebsübergang - identitätsprägende Betriebsmittel - Massenentlassungsanzeige

Gesetze: § 1 Abs 2 BetrVG, § 4 Abs 1 S 1 Nr 1 BetrVG, § 613a Abs 1 S 1 BGB, § 111 BetrVG, § 113 S 1 InsO, § 125 Abs 1 S 1 Nr 1 InsO, § 1 Abs 5 KSchG, § 1 Abs 2 S 1 Alt 3 KSchG, § 17 Abs 1 KSchG

Instanzenzug: ArbG Mainz Az: 6 Ca 1240/09 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz Az: 3 Sa 151/10 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier vom Beklagten ausgesprochener betriebsbedingter ordentlicher Kündigungen.

Die Klägerin trat zum in ein Arbeitsverhältnis zur Q AG ein, welche durch Beschluss vom in die Q GmbH (Q GmbH) mit Sitz in F umgewandelt wurde. Ausweislich eines Anstellungsvertrags vom wurde die Klägerin als „Reiseverkäuferin“ ab dem im Q Technik-Center B K (QTC BK) beschäftigt. Die Q GmbH und ihre Rechtsvorgängerin betrieben neben der Zentrale in N/F 109 Q Technik-Center (QTC). In diesen wurden hauptsächlich technische Geräte an Endverbraucher verkauft und an „Reise-Schaltern“ unter der Marke „Reise Q“ auch Reiseleistungen. Für den Hauptbetrieb in N/F war ein Betriebsrat gewählt. Ebenso gab es in 45 der 109 QTC, die jeweils mindestens fünf Arbeitnehmer beschäftigten, Betriebsräte, nicht aber im QTC BK. Zum kaufte die (spätere) N GmbH & Co. KG (NUW) von der Q AG eigenständige Reisebüroeinheiten, die zum Geschäftsbereich „Reise Q“ gehörten. Weiter schlossen die Q AG und die NUW am einen Vertrag über die Zusammenarbeit bei der Vermittlung von Reiseleistungen, der später durch einen weiteren Vertrag ähnlichen Inhalts zwischen der Q GmbH und der „T-C GmbH“ (TC GmbH) ergänzt wurde. Zur Ablösung dieser Verträge vereinbarten die Q GmbH und die NUW unter Beteiligung der TC GmbH am einen weiteren Geschäftsbesorgungsvertrag. In diesem wurde die Zusammenarbeit ua. wie folgt geregelt:

3Schon im November 2006 hatte die Q GmbH die QTC mit Reise Q, darunter auch das QTC BK, darauf hinweisen lassen, dass die Leiter der QTC die Urlaubsplanung der Reise-Mitarbeiter mit dem NUW-Distriktleiter unter Berücksichtigung der Hauptbuchungsmonate vorzunehmen haben.

Über das Vermögen der Q GmbH wurde durch Beschluss des Amtsgerichts E am das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter ernannt. Dieser schloss am mit dem Gesamtbetriebsrat einen Interessenausgleich, in dem ua. geregelt wird:

5Das QTC BK mit zwölf Beschäftigten, davon drei „Reise-Mitarbeiter“, wurde in der Anlage 1 des Interessenausgleichs als zu schließendes QTC genannt, in der Anlage 2 wurde die Klägerin als zu kündigende Arbeitnehmerin namentlich genannt. Der Beklagte und der Gesamtbetriebsrat vereinbarten am auch einen Sozialplan. Dessen persönlicher Geltungsbereich sollte alle Arbeitnehmer in den von der Insolvenzschuldnerin unterhaltenen Betrieben umfassen, in denen Betriebsräte gewählt sind und deren Betriebsräte den Gesamtbetriebsrat durch Delegationsbeschluss zur Verhandlung und zum Abschluss eines Sozialplans bevollmächtigt hatten.

6Unter dem teilte der Beklagte der TC GmbH mit, dass er in den Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der NUW und der Q GmbH vom nicht eintreten werde. Mit Schreiben vom informierte das „Reiseteam der Reise Q in B K“ Kunden unter der Überschrift „Auf zu neuen Ufern!“ darüber, dass sich Reise Q aus B K verabschieden werde, aber mit dem T C Reisebüro in M ein kompetenter und zuverlässiger Partner für den Urlaub ans Herz gelegt werden könne.

7Mit Schreiben vom , der Klägerin am zugegangen, kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis der Klägerin zum . Dagegen erhob die Klägerin Kündigungsschutzklage am . Nachdem der Beklagte die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht Ende Oktober 2009 angezeigt und mit dem Gesamtbetriebsrat am einen weiteren Interessenausgleich geschlossen hatte, der die vollständige Stilllegung aller Bereiche der Insolvenzschuldnerin spätestens zum vorsah, kündigte er das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin unter dem ein zweites Mal, diesmal zum . Dagegen wehrte sich die Klägerin mit einer Erweiterung ihrer Kündigungsschutzklage am .

8Mit der Revision macht die Klägerin vor allem geltend, die Kündigungen seien nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Sie wende sich nicht mehr dagegen, dass das Landesarbeitsgericht die Kündigungen nicht wegen der fehlenden Anhörung eines Betriebsrats oder der unterbliebenen Massenentlassungsanzeige für unwirksam befunden habe. Jedoch habe schon zum ein Betriebsteilübergang von der Q AG auf die NUW stattgefunden, weswegen der Beklagte sich nicht auf die Vermutung des § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO stützen könne. Welche Betriebsteile 2005 auf die NUW übergegangen seien, könne sie mangels Unterlagen nicht vortragen. Zumindest hätten aber die NUW und die Reisebüroeinheiten der Q GmbH seit 2005 einen gemeinsamen Betrieb gebildet. Ende 2009 seien dann alle Kundenunterlagen, aktuelle Vorgänge und zukünftige Reisebuchungen, die Altablage und die zur Verfügung gestellten technischen Geräte vom QTC BK in das Reisebüro der NUW nach M gebracht worden, um von dort aus weiter betreut oder benutzt werden zu können. Das Ende des Geschäftsbesorgungsvertrags könne, wie zB die Rückgabe eines verpachteten Grundstücks, einen Betriebsübergang bedeuten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

10Zur Begründung seines Klageabweisungsantrags hat der Beklagte die Auffassung vertreten, einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang habe die Klägerin nicht schlüssig dargestellt. Bei dem QTC BK handele es sich um einen Betrieb, da der Filialleiter über Einstellungen, Kündigungen und Abmahnungen entschieden und Urlaubsanträge entgegengenommen, also das QTC geleitet habe. Betriebsverfassungsrechtlich sei das QTC BK ein selbständiger Betriebsteil iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, sodass mangels eines Betriebsrats eine Anhörung nach § 102 BetrVG nicht möglich oder erforderlich gewesen sei. Ein Beschluss der Mitarbeiter, an einer Betriebsratswahl des Hauptbetriebs teilzunehmen, sei weder ihm noch der Q GmbH bekanntgegeben worden. Wegen der Betriebsgröße sei eine Massenentlassungsanzeige nicht notwendig gewesen. Mit dem Beschluss, 107 von 109 QTC zu schließen, sei eine Betriebsänderung versucht worden, die ebenso wie der spätere Beschluss zur vollständigen Stilllegung von der Vereinbarung eines Interessenausgleichs begleitet worden sei, weswegen die Kündigungen aufgrund der Vermutungswirkung des § 125 Abs. 1 InsO sozial gerechtfertigt seien.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision strebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils an.

Gründe

12Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht entschieden, dass schon die Kündigung des Beklagten vom das Arbeitsverhältnis der Parteien zum beendet hat. Insbesondere hat weder zum noch danach ein Betriebs- oder Betriebsteilübergang auf die NUW stattgefunden.

13A. Das Landesarbeitsgericht hat seine klageabweisende Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Die Kündigung vom sei durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und habe das Arbeitsverhältnis beendet. Dies sei nach § 125 InsO, § 1 Abs. 5 Satz 1 KSchG zu vermuten, da die Schließung von 107 QTC eine Betriebsänderung darstelle, zu der ein Interessenausgleich mit Namensliste vereinbart worden sei. Mit den QTC seien auch die dort betriebenen „Reise-Schalter“ stillgelegt worden, womit die Grundlage für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin entfallen sei.

14Ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden. Dafür habe die Klägerin Tatsachen nicht ausreichend vorgetragen. Der Beklagte habe eine Betriebsstilllegung beabsichtigt. Zweifelhaft sei schon, ob es sich bei den Reiseschaltern überhaupt um eine übertragbare wirtschaftliche Einheit iSv. § 613a BGB handele. Dass ein potentieller Betriebserwerber einen nach Zahl und/oder Sachkunde wesentlichen Teil der an den Reise-Schaltern tätigen Belegschaft übernommen habe, sei nicht ersichtlich. Der Fortbestand der Organisation der Q GmbH sei nicht einmal in der Weiternutzung funktioneller Verknüpfungen feststellbar. Im Zeitpunkt des Kündigungszugangs habe der Beklagte den Entschluss gehabt, das QTC BK endgültig zu schließen, was mit der Auflösung der Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zum geschehen sei. Unschlüssig sei die Klage, wenn man wie die Klägerin von einem Betriebsübergang zum ausgehe.

15Die Kündigung scheitere auch nicht an § 102 BetrVG. Die Klägerin habe zwar einen Beschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG behauptet, demzufolge die Beschäftigten des QTC BK an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilnehmen wollten. Auf das Bestreiten des Beklagten sei aber die Klägerin darlegungs- und beweisfällig geblieben.

16Bei der Schließung des QTC BK, in dem weniger als 20 Arbeitnehmer beschäftigt worden seien, habe es keiner Massenentlassungsanzeige bedurft. Der „Betrieb“ iSd. § 17 KSchG sei nach den §§ 1, 4 BetrVG zu bestimmen, was sich schon aus dem arbeitsmarktpolitischen Zweck der Anzeigepflicht von Entlassungen ergebe.

17B. Die zulässige, gegen die Kündigung des Beklagten vom gerichtete Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Die Kündigung ist durch dringende betriebliche Erfordernisse iSd. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG bedingt. Sie scheitert weder an § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB noch an § 102 Abs. 1 BetrVG oder an § 17 Abs. 1 KSchG in Verb. mit § 134 BGB. Nach § 113 Satz 2 InsO hat das Arbeitsverhältnis sein Ende zum gefunden.

18I. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht, dass sie schon vor Ausspruch der Kündigung oder vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Q GmbH in einem Arbeitsverhältnis mit einem anderen Arbeitgeber als der Q GmbH gestanden hat.

191. Das mit der Q AG begründete Arbeitsverhältnis ist nicht zum infolge eines Betriebsübergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die NUW übergegangen.

20a) Nach der punktuellen Streitgegenstandstheorie setzt ein Erfolg im Kündigungsschutzprozess voraus, dass zum Zeitpunkt der Kündigung noch ein Arbeitsverhältnis bestand. Dies gilt auch im Fall eines Betriebsübergangs. Daher ist eine Kündigungsschutzklage unschlüssig, wenn der gekündigte Arbeitnehmer sie allein auf die Behauptung stützt, der Betrieb sei vom Kündigenden bereits vor Ausspruch der Kündigung veräußert worden (vgl.  - Rn. 21, AP BGB § 613a Nr. 324; - 8 AZR 202/05 - Rn. 37 mwN, AP BGB § 613a Nr. 294 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 45). Jedoch kann der klagende Arbeitnehmer sich das Verteidigungsvorbringen des Kündigenden, ein Betriebsübergang habe nicht stattgefunden, wenigstens hilfsweise zu Eigen machen und seine Klage auch hierauf stützen. Dann ist die Klage zwar nach dem Hauptvorbringen unschlüssig, nach dem Hilfsvorbringen jedoch schlüssig. Da vorliegend die Klägerin ihre Kündigungsschutzklage nicht nur auf die Behauptung eines Betriebsübergangs vor Kündigungsausspruch gestützt, sondern weitere Unwirksamkeitsgründe geltend gemacht hat, hat sie sich den Vortrag des Beklagten wenigstens hilfsweise zu Eigen gemacht, ihr Arbeitsverhältnis sei zu keinem Zeitpunkt infolge eines Betriebsübergangs übergegangen.

21b) Jedoch hat die Klägerin einen Betriebs- oder Betriebsteilübergang vor Zugang der streitgegenständlichen Kündigungen nicht schlüssig vorgetragen.

22aa) Ein Betriebsübergang iSv. § 613a BGB liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger die wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität fortführt. Der Begriff wirtschaftliche Einheit bezieht sich auf eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung. Ob ein im Wesentlichen unveränderter Fortbestand der organisierten Gesamtheit „Betrieb“ bei einem neuen Inhaber anzunehmen ist, richtet sich nach den Umständen des konkreten Falls. Als Teilaspekte der Gesamtwürdigung zählen insbesondere die Art des betreffenden Betriebs, der Übergang materieller Betriebsmittel wie bewegliche Güter und Gebäude, der Wert immaterieller Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der Übergang von Kundschaft und Lieferantenbeziehungen, der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer Unterbrechung dieser Tätigkeit. Die Identität der Einheit kann sich auch aus anderen Merkmalen ergeben, wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgeblichen Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (vgl.  - [Ayse Süzen] Rn. 13 - 18, Slg. 1997, I-1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145 und - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres] Rn. 32 - 35, Slg. 2005, I-11237 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 1 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 41; st. Rspr.,  - Rn. 14, AP BGB § 613a Nr. 406 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 124; - 8 AZR 937/06 - AP BGB § 613a Nr. 341 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 88; - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64; - 8 AZR 271/05 - mwN, AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53).

23bb) Konkrete Tatsachen, die geeignet wären, einen Betriebsteilübergang anzunehmen, etwa der Übergang materieller Betriebsmittel, die Übernahme von Teilen der Belegschaft oder sonstige Umstände hat die Klägerin nicht vorgetragen. Im Wesentlichen stützt sie sich auf den Inhalt des Bescheides der Struktur- und Genehmigungsdirektion Nord vom , mit dem eine weitere Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 3 MuSchG für zulässig erklärt wurde. In diesem Verfahren hatte der Beklagte vortragen lassen, dass zwar eigenständige Reisebüroeinheiten des Teilbereichs Reise-Q mit Wirkung zum an die NUW veräußert worden seien. Schon damals hat er aber darauf hinweisen lassen, dass die Klägerin in keinem der veräußerten Reisebüros, sondern im QTC BK beschäftigt wurde. Im Vortrag der Klägerin gibt es keine Anhaltspunkte für den Übergang eines Betriebsteils, dem sie zuzuordnen gewesen wäre. Die Klägerin räumt selbst ein, zu dem von ihr behaupteten Kauf keine weiteren Informationen zu haben.

242. Die Arbeitgeberstellung der Q GmbH und infolge der Insolvenz des Beklagten (§ 108 Abs. 1, § 80 Abs. 1 InsO) steht auch nicht dadurch infrage, dass der Reisebereich des QTC BK einen gemeinsamen Betrieb der Q GmbH und der NUW dargestellt hätte.

25a) Auch dann, wenn zwei Unternehmen sich zur gemeinsamen Führung eines Betriebs rechtlich verbunden und zur einheitlichen Leitung eine BGB-Gesellschaft gebildet haben (sog. Gemeinsamer Betrieb), führt dies nicht ohne Weiteres dazu, dass ein Arbeitgeberwechsel im Verhältnis zu den Arbeitnehmern eintritt. Hierzu bedarf es vielmehr einer Änderung der Arbeitsverträge und damit einer Vereinbarung mit den Arbeitnehmern (vgl.  - Rn. 18, AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47; - 2 AZR 623/85 - zu B III 3 der Gründe, BAGE 55, 117 = AP KSchG 1969 § 15 Nr. 30 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 38). Eine solche Änderung des Arbeitsvertrags liegt nicht vor und wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Aus dem von der Klägerin vorgelegten Geschäftsbesorgungsvertrag vom ergibt sich nur, dass die Rechtsvorgängerin der Insolvenzschuldnerin und die Rechtsvorgängerin der NUW am einen Vertrag über die Zusammenarbeit bei der Vermittlung von Reiseleistungen geschlossen haben.

26b) Unabhängig davon stellte der Reisebereich des QTC BK keinen gemeinsamen Betrieb der Q GmbH und der NUW dar.

27aa) Ein gemeinsamer Betrieb mehrerer Unternehmen liegt vor, wenn die in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel mehrerer Unternehmen für einen einheitlichen arbeitstechnischen Zweck zusammengefasst, geordnet und gezielt eingesetzt werden und der Einsatz der menschlichen Arbeitskraft von einem einheitlichen Leitungsapparat betriebsbezogen gesteuert wird. Die beteiligten Unternehmen müssen sich zumindest stillschweigend zu einer gemeinsamen Führung rechtlich verbunden haben, sodass der Kern der Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich von derselben institutionellen Leitung ausgeübt wird (vgl.  - Rn. 52; - 8 AZR 567/09 - Rn. 39, AP BGB § 613a Nr. 389 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 120; - 8 AZR 211/05 - Rn. 18 mwN, AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47).

28bb) Das Vorbringen der insoweit darlegungs- und beweispflichtigen Klägerin ist nicht schlüssig. Ihm kann nicht entnommen werden, dass die nachmalige Insolvenzschuldnerin und die NUW dieselbe Betriebsstätte und die dort vorhandenen Betriebsmittel genutzt haben. Vielmehr setzte die Q GmbH die Betriebsmittel und das Personal des Reisebereichs im QTC BK ein, um den mit der NUW geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag zu erfüllen. Dafür stellte die NUW vertragsgemäß die Buchungsterminals zur eigenen Nutzung durch die Q GmbH zur Verfügung und gewährte Zugriff auf Daten. Dies stellt nicht die gemeinsame Nutzung der in einer Betriebsstätte vorhandenen materiellen und immateriellen Betriebsmittel dar. Zudem hatten sowohl die Q GmbH als auch die NUW jeweils eigene Geschäftsführer. Aus der Vereinbarung im Geschäftsbesorgungsvertrag vom , die NUW-Distriktleiter seien die fachlichen Vorgesetzten der in den Reisebüros der Q tätigen Mitarbeiter, lässt sich nicht die Annahme einer einheitlichen Leitung ableiten. Zum einen sollten die NUW-Distriktleiter nur die „fachlichen“ Vorgesetzten sein, also die Arbeitgeberfunktion im sozialen und personellen Bereich gerade nicht ausüben. Zum anderen ergibt sich aus dem Vertragswerk, dass die Personal- und Urlaubsplanung für die Reiseverkäufer auch in den QTC mit deren verantwortlichen Geschäftsleitern abgestimmt werden sollte und dabei die Distriktleiter der NUW in Entscheidungen mit Auswirkungen auf das Reisegeschäft einbezogen werden sollten. Die Voraussetzungen eines gemeinsamen Betriebs sind aber nicht bereits dann erfüllt, wenn eine enge unternehmerische Zusammenarbeit zwischen Arbeitgebern aufgrund wechselseitiger Verpflichtungen zu einer Minderung von mitbestimmungsrechtlich relevanten Gestaltungs- und Entscheidungsspielräumen der Arbeitgeber führt ( - Rn. 43, AP BGB § 613a Nr. 389 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 120; - 7 ABR 21/07 - Rn. 21, NZA-RR 2009, 255). Gegenüber der Klägerin übte allein die Q GmbH die Arbeitgeberfunktion aus, auch wenn sie den Personaleinsatz zuvor mit der NUW oder deren Distriktleitern abstimmte. Dem Geschäftsbesorgungsvertrag ist nicht zu entnehmen, dass die Q GmbH oder die NUW ihre Entscheidungsbefugnisse als Arbeitgeber auf einen einheitlichen Leitungsapparat übertragen hätten. Vereinbart wurde eine unternehmerische Zusammenarbeit beim Vertrieb von Reiseleistungen, welche die Q GmbH im Auftrag von NUW an Endkunden verkaufen sollte. Das entspricht dem Wesen eines Geschäftsbesorgungsvertrags (§ 675 Abs. 1 BGB), mit dem die Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen durch eine selbständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art vereinbart wird ( - NJW-RR 2004, 989).

293. Es hat auch kein einheitliches Arbeitsverhältnis der Klägerin mit der Q GmbH und der NUW als Arbeitgebergruppe bestanden.

30a) Auf Arbeitgeberseite können mehrere natürliche oder juristische Personen oder mehrere rechtlich selbständige Gesellschaften an einem Arbeitsverhältnis beteiligt sein. Ausreichend, aber auch erforderlich ist ein rechtlicher Zusammenhang zwischen den arbeitsvertraglichen Beziehungen des Arbeitnehmers zu den einzelnen Arbeitgebern, der es verbietet, diese Beziehungen rechtlich getrennt zu behandeln. Ein solcher Zusammenhang kann sich aus der Auslegung der zwischen den Parteien geschlossenen Verträge, aber auch aus zwingenden rechtlichen Wertungen ergeben ( - Rn. 36, AP BGB § 613a Nr. 324; - 8 AZR 211/05 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 613a Nr. 301 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 47).

31b) Ein solcher rechtlicher Zusammenhang folgt weder aus den vertraglichen Beziehungen der Klägerin zur Q GmbH, noch aus dem zwischen der Q AG und der NUW geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag. Dieser sieht keine Veränderung in der Zuordnung der Arbeitnehmer zu ihren jeweiligen Vertragsarbeitgebern vor. Abweichendes hat auch die Klägerin nicht behauptet.

32II. Die Kündigung vom ist sozial gerechtfertigt (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG). Sie ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt, welche der Weiterbeschäftigung der Klägerin über den hinaus entgegenstehen. Das Kündigungsschutzgesetz ist auch bei einer Kündigung des Insolvenzverwalters zu beachten, wenn es - wie vorliegend - nach dem persönlichen und betrieblichen Geltungsbereich Anwendung findet. § 113 InsO stellt keinen selbständigen Kündigungsgrund bei Insolvenz oder Sanierung dar (vgl.  - Rn. 52, AP BGB § 613a Nr. 324; - 6 AZR 249/05 - Rn. 39, AP BGB § 613a Nr. 316 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62).

33Nach § 125 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO wird vermutet, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung im QTC BK entgegenstanden, bedingt war, da die Klägerin namentlich in der Namensliste des Interessenausgleichs vom genannt war. Als speziellere Norm geht § 125 InsO dem allgemeinen Kündigungsschutzrecht, § 1 Abs. 5 KSchG, vor (vgl. ErfK/Gallner 11. Aufl. § 125 InsO Rn. 1). Die Voraussetzungen des § 125 InsO liegen vor.

341. Die Betriebsänderung wurde in Form der Stilllegung des Betriebs QTC BK durchgeführt, § 111 Satz 3 Nr. 1 BetrVG.

35a) Im Verhältnis zum ca. 300 km entfernten Hauptbetrieb in N/F war das QTC BK mit seinen zwölf Arbeitnehmern (§ 1 Abs. 1 BetrVG) ein selbständiger Betrieb, § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG.

36aa) Der Betrieb ist die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (st. Rspr., vgl.  - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 19 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 8; - 7 ABR 21/98 -). Ein Betriebsteil ist zwar auf den Zweck des Hauptbetriebs ausgerichtet und in dessen Organisation eingegliedert, ihm gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbständigt (vgl.  - zu B II 1 a der Gründe, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 8). Für die Differenzierung zwischen Betrieb und Betriebsteil ist entscheidend der Grad der Verselbständigung, der im Umfang der Leitungsmacht zum Ausdruck kommt. Erstreckt sich die in der organisatorischen Einheit ausgeübte Leitungsmacht auf die wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in den sozialen und personellen Angelegenheiten, handelt es sich um einen Betrieb im Sinne des § 1 BetrVG. Demgegenüber genügt für das Vorliegen eines Betriebsteils im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Mindestmaß an organisatorischer Selbständigkeit gegenüber dem Hauptbetrieb. Diese liegt vor, wenn in der Einheit wenigstens eine Person mit Leitungsmacht vorhanden ist, die überhaupt Weisungsrechte des Arbeitgebers ausübt (vgl.  - Rn. 19, NZA 2009, 328; - 1 ABR 26/01 - aaO; - 7 ABR 59/94 - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 8 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 7). Tritt dann die weitere Voraussetzung einer räumlich weiten Entfernung vom Hauptbetrieb oder bei räumlicher Nähe eine durch Aufgabenbereich und Organisation weitgehende Eigenständigkeit hinzu, liegt eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Einheit vor (vgl.  - aaO).

37Betriebsteile sind nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG vom „Hauptbetrieb“ räumlich weit entfernt, wenn wegen dieser Entfernung eine sachgerechte Vertretung der Arbeitnehmer des Betriebsteils durch den Betriebsrat des Betriebs nicht erwartet werden kann (vgl.  - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 8). Bei dem Merkmal der räumlich weiten Entfernung handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. Dessen Anwendung durch die Tatsachengerichte ist im Revisionsverfahren nur dahin gehend zu überprüfen, ob der zutreffende Bewertungsmaßstab angewandt wurde, die Gesamtwürdigung der maßgeblichen Umstände vertretbar erscheint und keine Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze vorliegen (vgl.  - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 19 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 8; - 7 ABR 15/07 - Rn. 27, NZA 2009, 328; - 1 ABR 26/01 - aaO).

38bb) Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts, die die Klägerin im Einzelnen nicht angegriffen hat, war das QTC BK in die Gesamtorganisation der QTC der Q GmbH eingegliedert und relativ verselbständigt. Es verfügte über einen Leiter, der ausreichend Weisungsrechte ausübte. Dem Vortrag des Beklagten, der Filialleiter habe selbständig Vorstellungsgespräche geführt, über Abmahnungen und Kündigungen entschieden sowie Urlaubsanträge entgegengenommen, ist die Klägerin nicht entgegengetreten. Mit der Revisionsbegründung hat sie vielmehr bestätigt, der Filialleiter Herr K habe den Mitarbeitern des QTC BK auch fachliche Weisungen erteilt. Schließlich hat das Landesarbeitsgericht festgestellt, dass der Filialleiter die Urlaubsplanung der Reisemitarbeiter durchführte, wobei er sich mit dem NUW-Distriktleiter abzustimmen und auf die Hauptbuchungsmonate Rücksicht zu nehmen hatte. Die dadurch zum Ausdruck kommende Leitungsmacht des Filialleiters genügt für die Annahme eines Mindestmaßes an organisatorischer Selbständigkeit.

39Rechtsfehlerfrei ist auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, das QTC BK habe sich räumlich weit entfernt vom Hauptbetrieb in N/F befunden. Die Entfernung betrug ca. 300 km. Eine sachgerechte Vertretung der Arbeitnehmer in B K durch den Betriebsrat in N/F konnte in einem solchen Fall nicht mehr gewährleistet werden (vgl.  - AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 13 = EzA BetrVG 1972 § 4 Nr. 8: dort 260 km).

40b) Die Stilllegung eines Betriebs setzt den ernstlichen und endgültigen Entschluss des Unternehmers voraus, die Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufzuheben und die Verfolgung des bisherigen Betriebszwecks dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (vgl.  - Rn. 55, AP InsO § 125 Nr. 4; - 8 AZR 647/04 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140; - 2 AZR 137/00 - AP KSchG 1969 § 15 Nr. 50 = EzA KSchG § 15 nF Nr. 53). Bei der Auflösung der Betriebsorganisation im Falle einer Betriebsstilllegung ist der Arbeitgeber nicht gehalten, eine Kündigung erst nach deren Durchführung auszusprechen. Vielmehr kann er die Kündigung wegen beabsichtigter Stilllegung bereits dann erklären, wenn die betrieblichen Umstände einer Betriebsstilllegung schon „greifbare Formen“ angenommen haben und eine vernünftige, betriebswirtschaftliche Betrachtung die Prognose rechtfertigt, dass bis zum Ablauf der einzuhaltenden Kündigungsfrist die Stilllegung durchgeführt sein wird (vgl.  - aaO).

41Der Interessenausgleich vom sah die Stilllegung von 107 der insgesamt damals bestehenden 109 QTC spätestens zum vor, ohne dass sich eine Einschränkung für QTC mit Reiseschaltern ergab. Zu den 107 zum stillzulegenden QTC gehörte auch der Beschäftigungsbetrieb der Klägerin in B K, wie sich der Anlage 1 des Interessenausgleichs entnehmen lässt. Im Zeitpunkt der Kündigung hatte die Stilllegung auch schon greifbare Formen angenommen. Nach den Regelungen des Interessenausgleichs waren die Mietverträge über die Räumlichkeiten der stillzulegenden QTC bis spätestens zu kündigen. Vor Kündigungsausspruch hatte der Beklagte am nach § 103 InsO erklärt, in den Geschäftsbesorgungsvertrag vom nicht einzutreten und dessen weitere Erfüllung abzulehnen. Damit waren Ansprüche der NUW aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag vom nicht mehr durchsetzbar (vgl. Uhlenbruck/Wegener 13. Aufl. § 103 InsO Rn. 157; Andres/Leithaus InsO 2. Aufl. § 103 Rn. 2). Das Landesarbeitsgericht hat auch festgestellt, dass der Stilllegungsbeschluss umgesetzt wurde. Mit dem Schreiben vom hat sich Reise Q aus B K bei den Kunden verabschiedet und zum wurde das QTC BK tatsächlich geschlossen. Dies ergibt sich auch aus dem eigenen Sachvortrag der Klägerin, wonach „mit der Schließung des QTC B K im Dezember 2009 ... alle Unterlagen vernichtet und entsorgt“ wurden, soweit diese nicht an die NUW gingen.

422. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ist in der Erklärung des Beklagten vom , in den Geschäftsbesorgungsvertrag nicht einzutreten, in der Rückgabe des von NUW zur Verfügung gestellten Buchungsterminals und in der Übergabe der Kundenkartei und von Vertragsunterlagen kein Betriebsteilübergang zu sehen.

43a) Ein Betriebsübergang iSd. § 613a BGB stellt keine Betriebsänderung nach § 111 BetrVG dar ( - Rn. 38 mwN, AP InsO § 125 Nr. 4). § 125 InsO gilt nicht für Fälle, in denen keine Betriebsänderung, sondern in Wahrheit ein Betriebs(teil-)übergang stattfindet ( - Rn. 25, AP BGB § 613a Nr. 316 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 62). Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus. Bei einer beabsichtigten Betriebsveräußerung liegt kein Stilllegungsentschluss vor, weil die Identität des Betriebs gewahrt bleibt und lediglich ein Betriebsinhaberwechsel stattfinden soll ( - AP BGB § 613a Nr. 237 = EzA BGB § 613a Nr. 210). Für die soziale Rechtfertigung einer Kündigung fehlt es am endgültigen Entschluss zur Betriebsstilllegung, wenn der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Kündigung noch in Verhandlungen über eine Betriebsveräußerung steht. Ist bei Zugang der Kündigung die Betriebsstilllegung endgültig geplant und bereits eingeleitet, hat sich jedoch der Arbeitgeber eine Betriebsveräußerung vorbehalten, die dann später doch noch gelingt, bleibt es bei der sozialen Rechtfertigung der Kündigung (vgl.  - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 139 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 140; - 2 AZR 477/95 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 81 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 87; - 2 AZR 127/91 - AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 53 = EzA KSchG § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 70).

44b) Dem Übergang eines gesamten Betriebs steht der Übergang eines Betriebsteils gleich. Auch beim Erwerb eines Betriebsteils ist es erforderlich, dass die wirtschaftliche Einheit ihre Identität wahrt. Daher muss eine Teileinheit des Betriebs bereits beim früheren Betriebsinhaber die Qualität eines Betriebsteils gehabt haben (vgl.  - Rn. 23 mwN, AP BGB § 613a Nr. 402 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 123). Beim bisherigen Betriebsinhaber musste also - in Anlehnung an § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BetrVG - eine selbständig abtrennbare organisatorische Einheit gegeben sein, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt wurde (vgl.  - aaO; - 8 AZR 204/05 - AP BGB § 613a Nr. 300 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 46; - 8 AZR 718/98 - AP BGB § 613a Nr. 196 = EzA BGB § 613a Nr. 185). Das Merkmal des Teilzwecks dient zur Abgrenzung der organisatorischen Einheit; im Teilbetrieb müssen aber nicht andersartige Zwecke als im übrigen Betrieb verfolgt werden. Ergibt die Gesamtbetrachtung eine identifizierbare wirtschaftliche und organisatorische Teileinheit, so muss diese beim Erwerber im Wesentlichen unverändert fortbestehen (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59), wobei der übertragene Betriebsteil seine organisatorische Selbständigkeit beim Betriebserwerber nicht vollständig bewahren muss. Vielmehr genügt es, dass der Betriebs(teil)erwerber die funktionelle Verknüpfung zwischen den übertragenen Produktionsfaktoren beibehält und es ihm derart ermöglicht wird, diese Faktoren zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (vgl.  - [Klarenberg] Slg. 2009, I-803 = AP Richtlinie 2001/23/EG Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 2).

45c) Im Rahmen der danach notwendigen Gesamtbetrachtung ist die Feststellung des Landesarbeitsgerichts revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, ein Betriebsteilübergang habe nicht stattgefunden. Dabei kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, im QTC BK habe die Q GmbH mit der „Reise-Abteilung“ und den dort arbeitenden Beschäftigten einen „Betriebsteil“ unterhalten, also unter Nutzung des von der NUW zur Verfügung gestellten Buchungsterminals eine organisierte Gesamtheit von Personen und/oder Sachen zur auf Dauer angelegten Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigener Zielsetzung betrieben (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 343). Soweit später Kunden dieses „Betriebsteils“ von der NUW in M betreut worden sein sollten, läge eine bloße Funktionsnachfolge vor.

46aa) Die aus dem QTC BK an die NUW zurückgegebenen Buchungsterminals waren nicht identitätsprägend. Das Vorbringen der Klägerin lässt nicht den Schluss zu, dass das/die an die NUW zurückgegebene(n) Buchtungsterminal(s) identitätsprägend sind. Sächliche Betriebsmittel sind dann wesentlich, wenn ihr Einsatz bei wertender Betrachtung den eigentlichen Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs ausmacht und sie somit unverzichtbar zur auftragsgemäßen Verrichtung der Tätigkeit sind (vgl.  - Rn. 18, AP BGB § 613a Nr. 325 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 74; - 8 AZR 431/06 - Rn. 21, BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64, jeweils mwN). Den Kern des zur Wertschöpfung erforderlichen Funktionszusammenhangs bilden sächliche Betriebsmittel aber nicht schon dann, wenn sie zur Erbringung der Dienstleistung erforderlich sind (vgl.  - Rn. 49, AP BGB § 613a Nr. 355 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 98; - 8 AZR 769/06 - Rn. 40, AP BGB § 613a Nr. 324). Die Nutzung des Buchungsterminals mag im Hinblick auf die Vermittlung von Reiseleistungen als Unteragentur von NUW im Hinblick auf die Einbindung in die Vertriebsstrukturen von NUW notwendig sein, jedoch kann allein mit der Nutzung des Terminals die Vermittlung von Reiseleistungen an Endkunden im Auftrag der NUW nicht bewerkstelligt werden. Die Terminals haben nur Hilfsfunktion. Für die erfolgreiche Vermittlung von Reiseleistungen und eine erfolgreiche Marktpositionierung sind vielmehr der Name am Markt („Reise Q“), die räumliche Lage des Reisebüros, die Fachkompetenz der mit der Vertriebstätigkeit betrauten Mitarbeiter, deren versierter Umgang mit Kunden, der Zugriff auf attraktive Angebote der Reiseveranstalter und Leistungsträger entscheidende Faktoren. Unabhängig davon hat die Klägerin nicht behauptet, dass NUW die zurückgegebenen Buchungsterminals tatsächlich weiternutzt. Maßgebliches Kriterium für den Übergang ist aber die tatsächliche Weiterführung oder Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit durch den neuen Inhaber; die bloße Fortführungsmöglichkeit genügt nicht (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 343; - 8 AZR 159/98 - BAGE 91, 121 = AP BGB § 613a Nr. 189 = EzA BGB § 613a Nr. 177).

47bb) Die NUW hat weder die Räumlichkeiten des QTC BK noch die Marke „Reise Q“ genutzt, um Reiseleistungen zu vertreiben. Auch nach Darstellung der Klägerin wurden die Buchungsterminals und Unterlagen in das etwa 45 km entfernte M gebracht. Eine etwa durch die Lage des Ladenlokals entstandene Position im regionalen Markt nutzte NUW damit nicht. Sofern Kunden beim Erwerb von Reiseleistungen nicht das Internet nutzen, sondern auf persönliche Beratung und Betreuung Wert legen, ist die räumliche Lage des Reisebüros ein wichtiger identitätsprägender Faktor, da insoweit die räumliche Lage für den Markterfolg entscheidend ist. Mit dem Geschäftsmodell der Q GmbH wurde gerade versucht, die Verbreitung der QTC in der Fläche für den Vertrieb von Reiseleistungen zu nutzen. Die Präsenz der QTC vor Ort stellte den wirtschaftlichen Hintergrund für den Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Q GmbH und der NUW dar. Gleichzeitig erweiterten die Reiseschalter das Technikangebot der Q GmbH, was ein wechselseitiges Ansprechen der jeweiligen Kunden ermöglichte. Ausdrücklich war im Geschäftsbesorgungsvertrag vorgesehen, dass die Q GmbH für die Kundenberatung geeignete und geschulte Mitarbeiter einzusetzen und die NUW die Kosten für die dafür nötige Fortbildung zu tragen hatte. Service und Beratung der Kunden vor Ort kam somit bei der Geschäftsbesorgung entscheidende, identitätsprägende Bedeutung zu. Die NUW hat solche Standortvorteile nicht mehr genutzt.

48cc) Die Q GmbH wurde als Unteragentur von der NUW tätig und erhielt zu diesem Zweck Prospekt- und Werbematerial sowie Kataloge von der NUW (Ziff. 4 Abs. 5 Geschäftsbesorgungsvertrag). Soweit vom Beklagten solche Materialien an die NUW zurückgegeben wurden, nutzte diese eigene Betriebsmittel und eigenes Material weiter, dagegen nicht Betriebsmittel und Know-how der Insolvenzschuldnerin. Entsprechendes gilt für die Vertragsbeziehungen zu den jeweiligen Reiseveranstaltern und Leistungsträgern. Zwar kann die Übernahme von Lieferantenbeziehungen ein Element eines Betriebsteilübergangs darstellen (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 315 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 59). Als Unteragentur für die NUW baute die Q GmbH jedoch keine eigenen Vertragsbeziehungen zu Reiseveranstaltern auf, sondern nutzte die bestehende Marktstellung von NUW. Reiseagenturverträge kamen allein zwischen der NUW und den Reiseveranstaltern zustande, zwischen der Q GmbH und den Endkunden kam es nur zum Abschluss von Vermittlungsverträgen.

49dd) Zugunsten der Klägerin kann als zutreffend unterstellt werden, die NUW habe die gesamte Kundenkartei des QTC BK bekommen. Der Eintritt in Kundenbeziehungen ist für die Annahme eines Betriebs- oder Betriebsteilübergangs dann von Bedeutung, wenn diese Beziehungen von gewisser Dauer sind. Nur kurzfristige Kundenkontakte oder in der Regel einmalige Vorgänge sprechen nicht für einen Betriebsübergang (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 173 = EzA BGB § 613a Nr. 161). Dauerhafte Vertragsbeziehungen von Reisebüros setzen voraus, dass es die Lage des Geschäftslokals ermöglicht, die Kundschaft erneut zu gewinnen und sie zu halten (ErfK/Preis 11. Aufl. § 613a BGB Rn. 31). Wie bei Einzelhandelsgeschäften kommt es darauf an, ob am gleichen Ort oder zumindest in der Nähe die Tätigkeit fortgesetzt wird (vgl.  - AP BGB § 613a Nr. 188 = EzA BGB § 613a Nr. 188). Bei einem allgemeinen Reisebüro ohne spezialisierte Marktausrichtung kann nicht davon ausgegangen werden, dass Kunden regelmäßig bereit sind, auch längere Anfahrtswege in Kauf zu nehmen. Bei solchen Geschäftsformen stammt der Kundenkreis üblicherweise aus dem näheren räumlichen Umfeld. Das die NUW M in Form der Kundenkartei Informationen über einen Kundenkreis im 45 km entfernten B K erhalten hat, ist für die Annahme eines Betriebsteilübergangs nicht von entscheidender Bedeutung, da vom dauerhaften Erhalt dieser Kundschaft nicht ausgegangen werden kann. Eine besondere Qualität der Kundenkartei, etwa langjährige Stammkunden oä. oder der Vertrieb spezieller Reiseleistungen durch die Q GmbH, die ein seltenes Marktsegment bedienen und längere Anfahrtswege der Kunden auslösen könnten, hat die Klägerin nicht behauptet. Im Übrigen gilt auch insoweit, dass die NUW eine „Kundschaft der Q GmbH“ schon deshalb nicht übernommen haben kann, weil die Q GmbH als Unteragentur der NUW aufgetreten ist und die Kunden schon früher Vertragspartner der NUW geworden waren. Die Q GmbH hatte erhaltene Zahlungen an die NUW weiterzuleiten, für die von ihr vermittelten Reiseleistungen erhielt sie von der NUW Provisionen. Die Klägerin hat nicht dargelegt, dass die Kundenkartei Informationen und damit Vermarktungsmöglichkeiten enthielt, die der NUW nicht schon aus dem Geschäftsbesorgungsverhältnis bekannt gewesen wären.

50ee) Auch den Vertragsunterlagen der noch abzuwickelnden Verträge kommt vorliegend keine entscheidende Bedeutung zu. Bei den Vertragsunterlagen handelt es sich nur um Materialien, die als Informationsgrundlage der weiteren Vertragsdurchführung dienten. Deren Weitergabe erlaubt nicht, von der Übertragung einer funktionierenden „Reiseagentureinheit“ als Organisationseinheit ausgehen zu können (vgl.  - Rn. 20, AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 64 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 70 zur Überspielung von Dateien zur Auftragsbearbeitung; - 8 AZR 699/96 - zu B IV 2 b der Gründe, zur Weitergabe von Akten, Unterlagen und Rechnungswerk an einen Steuerberater).

51ff) Die NUW hat keine im Reisebereich des QTC BK beschäftigten Arbeitnehmer übernommen oder beschäftigt solche weiter.

52Besonders in Branchen, in denen es im Wesentlichen auf die menschliche Arbeitskraft ankommt, kann zwar auch eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, die durch eine gemeinsame Tätigkeit dauerhaft verbunden ist, eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Die Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ist in diesem Fall anzunehmen, wenn der neue Betriebsinhaber nicht nur die betreffende Tätigkeit weiterführt, sondern auch einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt, das sein Vorgänger gezielt bei dieser Tätigkeit eingesetzt hatte.

53Da kein Belegschaftsmitglied des Reisebereichs des QTC BK bei der NUW weitergearbeitet hat, kann sich auch dadurch keine Wahrung der Identität der wirtschaftlichen Einheit ergeben. Es liegt allenfalls in M die bloße Fortführung der Tätigkeit durch einen anderen Unternehmer vor, also eine Funktionsnachfolge. Diese stellt ebenso wenig einen Betriebsübergang dar wie die reine Auftragsnachfolge (vgl.  - [CLECE], EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 2001/23 Nr. 6;  - Rn. 30, AP BGB § 613a Nr. 389 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 120; - 8 AZR 431/06 - BAGE 121, 289 = AP BGB § 613a Nr. 320 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 64; - 8 AZR 271/05 - AP BGB § 613a Nr. 305 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 53; - 8 AZR 222/04 - BAGE 117, 349 = AP BGB § 613a Nr. 299 = EzA BGB 2002 § 613a Nr. 49). Eine Einheit darf nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden ( - [CLECE] Rn. 41, aaO; - C-13/95 - [Ayse Süzen] Rn. 15, Slg. 1997, I-1259 = AP EWG-Richtlinie Nr. 77/187 Nr. 14 = EzA BGB § 613a Nr. 145).

543. Soweit mit der Revision geltend gemacht wird, das Landesarbeitsgericht habe insoweit den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, liegt keine zulässige Aufklärungsrüge vor.

55a) Wird eine Verletzung der dem Landesarbeitsgericht obliegenden Aufklärungspflicht (§ 139 ZPO) gerügt, reicht es nicht aus, pauschal auf die Verletzung der Aufklärungspflicht hinzuweisen. Es muss vielmehr im Einzelnen vorgetragen werden, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht dem Revisionskläger aufgrund welcher Tatsachen hätte erteilen müssen, und welche weiteren erheblichen Tatsachen der Revisionskläger dann in der Berufungsinstanz vorgebracht hätte. Nur so kann das Revisionsgericht feststellen, ob die gerügte Verletzung möglicherweise für das Urteil kausal war (vgl.  - Rn. 23, AP BGB § 611 Haftung des Arbeitgebers Nr. 42 = EzA BGB 2002 § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 8; - 9 AZR 680/02 - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1).

56b) Diesen Anforderungen genügt die Aufklärungsrüge der Klägerin nicht. Sie hat weder dargelegt, welchen konkreten Hinweis das Landesarbeitsgericht hätte geben müssen, noch was sie aufgrund eines solchen im Einzelnen vorgetragen hätte.

574. Die Voraussetzungen des § 111 BetrVG sind auch im Übrigen erfüllt.

58a) Die Q GmbH beschäftigte mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer, § 111 Satz 1 BetrVG. Infolge der Änderungen durch das Gesetz zur Reform des Betriebsverfassungsgesetzes vom , gültig ab , ist allein die Gesamtzahl der Arbeitnehmer des Unternehmens maßgeblich, unabhängig davon, ob diese in einer oder mehreren Betriebseinheiten eingesetzt werden (vgl. BT-Drucks. 14/5741 S. 51).

59b) Der Gesamtbetriebsrat, mit dem der Beklagte den Interessenausgleich vom abgeschlossen hat, war originär zuständig.

60aa) Bei Betriebsänderungen obliegt die Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte dem Gesamtbetriebsrat, sofern es sich um Maßnahmen handelt, die das gesamte Unternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und notwendigerweise nur einheitlich oder jedenfalls betriebsübergreifend geregelt werden können (vgl.  - Rn. 26, BAGE 118, 131 = AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 29 = EzA BetrVG 2001 § 112 Nr. 17; - 1 AZR 831/98 - BAGE 92, 11 = AP BetrVG 1972 § 111 Nr. 47 = EzA BetrVG 1972 § 111 Nr. 37; Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 225 mwN; ErfK/Koch 11. Aufl. § 50 BetrVG Rn. 6). Das kann der Fall sein bei der Stilllegung aller oder mehrerer Betriebe oder der Zusammenlegung von Betrieben (vgl.  - mwN, BAGE 100, 60 = AP BetrVG 1972 § 50 Nr. 22 = EzA BetrVG 1972 § 50 Nr. 18; - 1 AZR 290/78 - BAGE 35, 80 = AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 11 = EzA BetrVG 1972 § 112 Nr. 21). Bei einem betriebsübergreifenden Konzept der geplanten Betriebsänderungen ist der Gesamtbetriebsrat zuständig (vgl.  - Rn. 24, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 165 = EzA BetrVG 2001 § 26 Nr. 3; - 1 AZR 193/01 - aaO; - 10 AZR 186/93 - BAGE 76, 255 = AP BetrVG 1972 § 113 Nr. 27 = EzA BetrVG 1972 § 113 Nr. 22).

61bb) Bei der im Interessenausgleich geplanten Schließung von 107 der insgesamt bestehenden 109 Technik-Center, der Verringerung der Q-Shops von ca. 1.450 auf rund 1.000 und den weiteren Maßnahmen handelt es sich um ein solch betriebsübergreifendes Konzept. In diesem Fall besteht die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG auch für den betriebsratslosen Betrieb, § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 BetrVG (vgl. Kreutz GK-BetrVG 9. Aufl. § 50 Rn. 47 f.; Oetker GK-BetrVG 9. Aufl. § 111 Rn. 36, 226; Fitting 25. Aufl. § 111 Rn. 19).

625. Die gesetzliche Vermutung dafür, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt war, hat die Klägerin nicht widerlegt. Liegen die Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Satz 1 InsO vor, muss der Arbeitnehmer darlegen, dass die Beschäftigung für ihn nicht weggefallen ist. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass mit der Schließung des QTC BK die Grundlage für eine Weiterbeschäftigung der Klägerin entfallen ist. Damit lag unabhängig von der gesetzlichen Vermutung ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Kündigung vor. Gegen diese Feststellung hat die Klägerin keine Verfahrensrüge erhoben.

63III. Die Kündigung war auch nicht nach § 102 Abs. 1 BetrVG unwirksam.

641. Mit der Revisionsbegründung hat die Klägerin mitteilen lassen, dass sie es hinnehme, dass das Landesarbeitsgericht die Kündigungen nicht als unwirksam gem. § 102 BetrVG und §§ 17, 18 KSchG erachtet habe. Es kann dahinstehen, ob darin ein Verzicht auf die Rüge der unterbliebenen oder fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats nach § 102 BetrVG zu sehen ist oder ob dies nur die Erklärung ist, diese Revisionsgründe seitens der Revisionsführerin nicht geltend zu machen. Daran wäre der Senat nach § 72 Abs. 5 ArbGG in Verb. mit § 557 Abs. 3 Satz 1 ZPO nicht gebunden, da es sich um einen einheitlichen Streitgegenstand handelt (vgl.  - BAGE 109, 145 = AP ArbGG 1979 § 74 Nr. 11 = EzA ZPO 2002 § 551 Nr. 1; GMP/Müller-Glöge 7. Aufl. § 74 Rn. 91). Das Landesarbeitsgericht hat aber rechtsfehlerfrei die Kündigung nicht nach § 102 BetrVG scheitern lassen.

652. Die Verpflichtung, den Betriebsrat vor Ausspruch einer Kündigung nach § 102 Abs. 1 BetrVG anzuhören, unterliegt keinen erleichterten Anforderungen, weil vorliegend ein Interessenausgleich mit Namensliste iSd. § 125 Abs. 1 InsO vereinbart worden war (vgl.  - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 1 Namensliste Nr. 18 = EzA KSchG § 1 Interessenausgleich Nr. 16; - 8 AZR 769/06 - Rn. 60, AP BGB § 613a Nr. 324).

66a) Die Anwendung des § 102 Abs. 1 BetrVG setzt das Vorhandensein eines funktionsfähigen Betriebsrats voraus. Maßgeblich ist, ob für den Betrieb oder Betriebsteil, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt und dem er deshalb betriebsverfassungsrechtlich zuzuordnen ist, ein Betriebsrat besteht. Dies ist vom Arbeitnehmer darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl.  - AP ZPO § 138 Nr. 11 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 12; KR-Etzel 9. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 192; ErfK/Kania 11. Aufl. § 102 BetrVG Rn. 30). Bei dem QTC BK handelte es sich um eine betriebsratsfähige Organisationseinheit iSd. § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BetrVG. In diesem Betrieb, dem die Klägerin zugeordnet war, gab es keinen Betriebsrat.

67b) Der Betriebsrat des Hauptbetriebs in N/F war nicht deshalb anzuhören, weil, wie die Klägerin behauptet hat, die Arbeitnehmer des QTC BK beschlossen hatten, an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebs teilzunehmen.

68aa) Zwar können die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen, § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen (§ 4 Abs. 1 Satz 4 BetrVG), ansonsten ist eine Teilnahme an der Betriebsratswahl nicht möglich (vgl. Preis in: Wlotzke/Preis/Kreft 4. Aufl. § 4 BetrVG Rn. 16). Der wirksame Zuordnungsbeschluss der Arbeitnehmer des selbständigen Betriebsteils entfaltet dabei Dauerwirkung, gilt also auch für die Teilnahme an späteren Betriebsratswahlen (vgl. Fitting 25. Aufl. § 4 Rn. 35; Richardi BetrVG 12. Aufl. § 4 Rn. 40). Daher ist nicht zwingende Voraussetzung, dass der Beschluss direkt vor der letzten Betriebsratswahl getroffen wurde.

69bb) Die Klägerin hat schon nicht substanziiert vorgetragen, dass es überhaupt zu einem Beschluss nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG gekommen ist, der dem Betriebsrat des Hauptbetriebs mitgeteilt worden ist. Der Beklagte hat einen solchen Beschluss bestritten. Danach wäre es Sache der Klägerin gewesen, näher auszuführen, wann ein solcher Beschluss mit Stimmenmehrheit getroffen und wie er dem Betriebsrat des Hauptbetriebs mitgeteilt worden ist. Darüber hinaus besteht eine Pflicht, den Betriebsrat eines Hauptbetriebs anzuhören nur dann, wenn sich die Arbeitnehmer auch tatsächlich an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb beteiligt haben. Haben die Arbeitnehmer des selbständigen Betriebsteils den Betriebsrat des Hauptbetriebs nicht mitgewählt und besteht kein eigener Betriebsrat, besteht auch keine Anhörungspflicht (Raab GK-BetrVG 9. Aufl. § 102 Rn. 4). Jedenfalls bei einem wie hier selbständigen Betriebsteil werden die Arbeitnehmer durch den Betriebsrat des Hauptbetriebs nicht repräsentiert, wenn sie nicht auch tatsächlich an der Betriebsratswahl teilgenommen haben, denn aufgrund der Betriebseigenschaft ist es jederzeit möglich, einen eigenen Betriebsrat zu wählen. Deshalb waren die Arbeitnehmer des QTC BK auch nicht schutzlos gestellt.

70Ihren erstinstanzlichen Sachvortrag, die Beschäftigten des QTC BK hätten tatsächlich den Betriebsrat des Hauptbetriebs in N/F mitgewählt, hat die Klägerin auf das Bestreiten des Beklagten nicht aufrechterhalten. Sie hat nur noch die Auffassung vertreten, auf die tatsächliche Teilnahme an der Betriebsratswahl komme es nicht an, maßgeblich sei allein die Beschlussfassung zur Teilnahme. Dies ist rechtlich unzutreffend.

71IV. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht schließlich erkannt, dass der Beklagte nicht verpflichtet war, gegenüber der Agentur für Arbeit nach § 17 Abs. 1 KSchG wegen Entlassung der im QTC BK beschäftigten Arbeitnehmer eine Massenentlassungsanzeige vorzunehmen.

721. Eine Kündigung ist dann rechtsunwirksam, wenn sie der Arbeitgeber vor einer nach § 17 Abs. 1 KSchG erforderlichen, den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Anzeige ausgesprochen hat (vgl.  - Rn. 54 mwN, AP BGB § 613a Nr. 370 = EzA KSchG § 17 Nr. 20). Dies setzt aber voraus, dass der Arbeitnehmer zunächst die tatsächlichen Voraussetzungen der Anzeigepflicht nach § 17 KSchG dargelegt und ggf. bewiesen hat (vgl.  - zu B II 2 b aa der Gründe, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 20 = EzA KSchG § 17 Nr. 14; - 8 AZR 565/00 - zu B II 10 a der Gründe, AP GG Art. 101 Nr. 59 = EzA GG Art. 101 Nr. 5; ErfK/Kiel 11. Aufl. § 17 KSchG Rn. 40; Lembke/Oberwinter NJW 2007, 721).

73a) Für die Anzeigepflicht nach § 17 Abs. 1 KSchG ist die Zahl der in einem Betrieb erfolgenden Entlassungen im Verhältnis zur Zahl der in der Regel in diesem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer ausschlaggebend. Der Begriff des Betriebs in § 17 KSchG entspricht dabei dem der §§ 1, 4 BetrVG (vgl.  - zu B III 1 d der Gründe, AP KSchG 1969 § 17 Nr. 13 = EzA KSchG § 17 Nr. 9; - 2 AZR 157/68 - AP KSchG § 15 Nr. 10 = EzA KSchG § 15 Nr. 1; MünchKommBGB/Hergenröder 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 13; KR-Weigand 9. Aufl. § 17 KSchG Rn. 15; Kittner/Däubler/Zwanziger - Deinert KSchR 8. Aufl. § 17 KSchG Rn. 7; v. Hoyningen-Huene/Linck KSchG 14. Aufl. § 17 Rn. 5; HaKo-Pfeiffer 3. Aufl. § 17 KSchG Rn. 14; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 17 Rn. 8 ff.; Berkowsky Die betriebsbedingte Kündigung 6. Aufl. § 12 Rn. 101; aA Kühn NZA 2010, 259, 262: Bestimmung nach dem personellen Leitungsapparat), nicht aber zwingend dem des § 23 KSchG, da die räumliche Einheit kündigungsschutzrechtlich kein entscheidendes Abgrenzungsmerkmal darstellt; dort kommt es vielmehr wesentlich auf die Leitung des Betriebs an, der es obliegt, die Einzelheiten der arbeitstechnischen Zwecksetzung zu regeln (vgl.  - Rn. 17, AP KSchG 1969 § 23 Nr. 48 = EzA KSchG § 23 Nr. 37; - 2 AZR 577/03 - zu C I 1 der Gründe, AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 141 = EzA KSchG § 1 Soziale Auswahl Nr. 55).

74Der Betrieb ist folglich die organisatorische Einheit, innerhalb derer ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt (st. Rspr., vgl.  - Rn. 22, AP BetrVG 1972 § 4 Nr. 19 = EzA BetrVG 2001 § 1 Nr. 8; - 7 ABR 21/98 - zu B I der Gründe). Gilt nach § 4 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ein Betriebsteil als selbständig, so müssen die Schwellenwerte des § 17 Abs. 1 KSchG in diesem Betriebsteil überschritten sein, um die Anzeigepflicht auszulösen (vgl. KR-Weigand 9. Aufl. § 17 KSchG Rn. 16 f.; APS/Moll 4. Aufl. § 17 KSchG Rn. 6; MünchKommBGB/Hergenröder 5. Aufl. § 17 KSchG Rn. 16; ErfK/Kiel 11. Aufl. § 17 KSchG Rn. 8).

75b) Rechtsfehlerfrei hat das Landesarbeitsgericht daher auf das Erreichen der Schwellenwerte im QTC BK abgestellt und dies verneint. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren im QTC BK elf oder zwölf Arbeitnehmer beschäftigt.

762. Aus dem Unionsrecht ergibt sich für den Begriff des Betriebs iSd. § 17 KSchG (vgl. ErfK/Kiel 11. Aufl. § 17 KSchG Rn. 8; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 142 Rn. 5; Niklas/Koehler NZA 2010, 913, 914) nichts anderes.

77Die Richtlinie 98/59/EG des Rates vom (ABl. EG L 225 vom S. 16) enthält keine eigenständige Definition des Betriebsbegriffs. Der EuGH legt den Begriff des Betriebs im Sinne der Richtlinie weit aus. So bezeichnet der Begriff „Betrieb“ nach Maßgabe der Umstände die Einheit, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgaben angehören. Ein Betrieb kann schon dann vorliegen, wenn im Rahmen eines Unternehmens eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität besteht, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern, technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Da der mit der Richtlinie 98/59/EG verfolgte Zweck insbesondere sozioökonomische Auswirkungen betrifft, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können, muss die fragliche Einheit weder notwendigerweise rechtliche noch wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen, um als „Betrieb“ qualifiziert werden zu können. Für den Begriff des „Betriebs“ ist nicht entscheidend, ob die fragliche Einheit eine Leitung hat, die selbständig Massenentlassungen vornehmen kann (vgl.  - [Athinaïki Chartopoiía] Slg. 2007, I-1499 = AP EWG-Richtlinie Nr. 98/59 Nr. 4 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 98/59 Nr. 1; - C-449/93 - [Rockfon] Slg. 1995, I-4291 = EzA KSchG § 17 Nr. 5). Auch das Unionsrecht gebietet es daher, für die Frage des Betriebs auf das QTC in B K abzustellen.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Fundstelle(n):
BB 2012 S. 1472 Nr. 23
DB 2012 S. 1690 Nr. 30
DStR 2012 S. 12 Nr. 25
ZIP 2012 S. 2080 Nr. 42
SAAAE-10117