Steuerliche Fragen im Zusammenhang mit Bewertungseinheiten im Sinne von § 5 Abs. 1a EStG
Bezug:
Zu Fragen der Bildung von Bewertungseinheiten in der steuerliche Gewinnermittlung wird nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder wie folgt Stellung genommen.
1. Anwendung von Regelungen des steuerlichen Bewertungsvorbehalts und spezialgesetzlicher Normen
Es wird gefragt, ob die steuerliche Anerkennung von Bewertungseinheiten sowohl hinsichtlich des Ansatzes als auch der Bewertung der Vorschrift des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG folge. Dies würde bewirken, dass der steuerliche Bewertungsvorbehalt des § 5 Abs. 6 i. V. m. § 8b Abs. 1 bis 6 KStG, §§ 6a und 15 Abs. 4 S. 3 EStG sowie die spezialgesetzlichen Normen des Investmentsteuergesetzes und des Außensteuergesetzes nicht zur Anwendung kämen.
§ 5 Abs. 1a EStG bestimmt, dass die Ergebnisse der in der handelsrechtlichen Rechnungslegung zur Absicherung finanzwirtschaftlicher Risiken gebildeten Bewertungseinheiten auch für die steuerliche Gewinnermittlung maßgeblich sind. Insofern stellt die Vorschrift eine besondere Ausprägung des Maßgeblichkeitsgrundsatzes dar. Nach dem Sinn und Zweck der Vorschrift kommt eine eigenständige Bewertung der in eine Bewertungseinheit einbezogenen Wirtschaftsgüter nach steuerlichen Bewertungsvorschriften nicht mehr in Betracht. Dabei muss jedoch berücksichtigt werden, dass eine Bewertungseinheit für Zwecke der Bewertung der Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen ist. Werden Verluste und Gewinne tatsächlich realisiert, sind diese Vorgänge nicht mehr unter Bewertungs-, sondern unter Realisationsgesichtspunkten zu beurteilen. Außerdem sind vom Regelungsbereich der Bewertungseinheiten die Vorschriften über die Gewinnermittlung, die Einkommensermittlung und die Verlustverrechnung, insbesondere die §§ 3 Nr. 40, 3c und 15 Abs. 4 EStG und § 8b KStG strikt zu trennen, da diese Regelungen auf tatsächliche Betriebsvermögensmehrungen und -minderungen abstellen.
Das hat zur Folge, dass bei einem Micro-Hedge, einem Vorgang, in dem einem Grundgeschäft ein konkretes Sicherungsgeschäft zugeordnet werden kann, § 5 Abs. 1a S. 2 EStG zwar bewirkt, dass die Bewertung des Grundgeschäfts nur unter Berücksichtigung des Sicherungsgeschäfts vorzunehmen ist. Werden aber Grund- und Sicherungsgeschäft realisiert, können diese Vorgänge konkret zugeordnet werden und die Gewinn- und Einkommensermittlungsvorschriften und die Vorschriften über die Verlustverrechnung sind anwendbar.
Gleiches gilt ebenso bei Makro- und Portfolio-Hedges. Lediglich im Zeitpunkt der Bewertung der Vielzahl der im Hedge enthaltenen Wirtschaftsgüter und Geschäfte kann keine konkrete Zuordnung von Grund- zu Sicherungsgeschäften erfolgen und daher nur ein Gesamtrisiko oder -gewinn bezogen auf den Hedge ermittelt werden. Ergibt sich ein Gesamtrisiko, wird dieses in der Regel als Rückstellung ausgewiesen und ist auch steuerlich abziehbar (§ 5 Abs. 4a S. 2 EStG). Dieser Verlust lässt sich nicht konkret zuordnen und kann daher auch nicht den Regelungen des § 3 Nr. 40, § 3c EStG und § 8b KStG unterworfen werden. Verlustverrechnungsbeschränkungen wie § 15 Abs. 4 S. 3 bis 5 EStG gelten aber dennoch.
Im Zeitpunkt der tatsächlichen Realisation einzelner Wirtschaftsgüter (z. B. Veräußerung) und Geschäfte, die dem Hedge zugeordnet waren, können diese Vorgänge konkret bestimmt werden und die Gewinn- und Einkommensermittlungsvorschriften und die Vorschriften über die Verlustverrechnung sind anwendbar.
Zu den angesprochenen spezialgesetzlichen Normen des Investmentsteuergesetzes und des Außensteuergesetzes sind keine Beispiele bekannt. Soweit es sich um Korrekturvorschriften handelt, die dem Gewinn- und Einkommensermittlungsbereich zuzuordnen sind, gilt das oben Gesagte entsprechend.
Zur Frage der Anwendbarkeit des § 6a EStG im Zusammenhang mit Bewertungseinheiten wird auf das BStBl 2004 II S. 654, Rz. 25 unter II.4.b) hingewiesen. Daraus ergibt sich bereits der Grund für die Versagung einer kompensatorischen Bewertung von Pensionsverpflichtung einerseits und Rückdeckungsanspruch andererseits. Es fehle in diesen Fällen an gegenläufigen wertbeeinflussenden Korrelationen. Es bestünden zwischen den ausgewiesenen Bilanzpositionen keine systematischen, wertmäßigen Abhängigkeiten. Die Unterschiede bei der Bewertung der Pensionsverpflichtung einerseits und dem Rückdeckungsanspruch andererseits ergäben sich aus zwingend normierten Besonderheiten der jeweiligen Bewertung (§§ 6 und 6a EStG). Bewertungsdifferenzen ergäben sich in diesen Fällen aus der sich aus § 6a EStG ergebenden gesetzgeberischen Absicht, den bilanziellen Ausweis von Pensionsverpflichtungen bestimmten Maßgaben zu unterwerfen und damit wertmäßig bewusst nur in einer bestimmten Höhe zuzulassen. Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte Konsequenz dürfe nicht durch Bildung einer Bewertungseinheit negiert werden. Einen Zusammenhang mit § 5 Abs. 1a S. 2 EStG kann es hier also nicht geben.
2. Wertansätze bei Bildung, Beibehaltung und Beendigung einer Bewertungseinheit
Es wird um Klärung gebeten, ob bei Anerkennung einer Bewertungseinheit für steuerbilanzielle Zwecke an den bisherigen Wertansätzen festzuhalten sei (sog. Netto-/Einfrierungsmethode) oder die Wertansätze entsprechend den Wertänderungen zu vermindern oder zu erhöhen seien (sog. Brutto-/Durchbuchungsmethode) mit daraus folgender nachträglicher Veränderung der Anschaffungskosten und Auswirkungen auch bei Beendigung der Bewertungseinheit. Alternativ wird gefragt, ob die handelsrechtliche Methode zu übernehmen sei.
Das Schrifttum ist sich nicht einig, ob tatsächlich beide Methoden zulässig sind. Der Wortlaut von § 254 HGB schließt wohl weder die eine noch die andere Möglichkeit aus. Beispielsweise sei nach Auffassung von Hick in HHR Jahresband 2007 (Rz. J 06–10 zu § 5 EStG) der Nettobilanzierung der Vorzug einzuräumen, da die Bruttobilanzierung dem wirtschaftlichen Charakter einer Bewertungseinheit nicht gerecht werde. Übereinstimmend stellt die Literatur jedoch fest, dass beide Methoden zum selben Netto-Ergebnis in der Gewinn- und Verlustrechnung führen.
Für die Anwendung der Gewinnermittlungs- und Einkommensermittlungsvorschriften ist nach dem Sinn und Zweck des § 5 Abs. 1a S. 2 EStG der Nettomethode der Vorrang einzuräumen, da nur durch sie eine zutreffende Wiedergabe der Betriebsvermögensänderungen sichergestellt ist.
OFD Frankfurt/M. v. - S 2133 A - 30 - St
210
Fundstelle(n):
CAAAE-06879