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Bayerisches Staatsministerium der Finanzen - 37 - S 0853 - 111 - 14/12 BStBl 2012 I S. 185

Bekanntmachung über die Steuerberaterprüfung 2011

Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der anderen Länder werden nachstehend die Prüfungsaufgaben der Aufsichtsarbeiten des schriftlichen Teils der Steuerberaterprüfung 2011 veröffentlicht.

Steuerberaterprüfung 2011 Prüfungsaufgabe aus dem Verfahrensrecht und anderen Steuerrechtsgebieten

Teil I: Abgabenordnung und Finanzgerichtsordnung

Sachverhalt:

Der Architekt und Diplom-Bauingenieur Sven Sieger (S) führte seit seinem Studienabschluss im Jahr 1997 als selbständiger Architekt und Baustatiker ein Bauplanungsbüro in Weilheim (Bundesland Bayern; Weilheim liegt im Zuständigkeitsbezirk des Finanzamts Weilheim).

Sein Wohnsitz befand sich seit 2001 in einer ihm gehörenden Villa in Landsberg (Zuständigkeitsbezirk des Finanzamtes Landsberg/Bayern).

Er bezog seit 1997 Einkünfte aus seiner freiberuflichen Tätigkeit (Gewinnermittlung durch Einnahmen/Überschussrechnung) und seit dem Veranlagungszeitraum 2000 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung seines vermieteten denkmalgeschützten Wohnhauses in Ravensburg (Bundesland Baden-Württemberg). Das Mietshaus ist nach landesrechtlichen Vorschriften ein Baudenkmal i. S. d. § 7i EStG.

In den Akten der Veranlagungsstellen der Finanzämter Landsberg und Weilheim befinden sich seit 2001 Vollmachtsurkunden, in denen Steuerberater Andreas Abele (A) Empfangsvollmacht für alle Sven Sieger betreffenden Bescheide erteilt worden war.

Sieger hatte im November 2004 dem Finanzamt Landsberg mitgeteilt, dass er sein Bauplanungsbüro zum in das gemietete Nachbargebäude seines Wohnhauses in Landsberg verlegt hat, die täglichen Fahrten nach Weilheim seien zu große Zeiträuber für ihn, und die Räumlichkeiten seien aufgrund der Expansion des Unternehmens zu beengt geworden. Lediglich ein angestellter technischer Zeichner sei weiter in den Büroräumen in Weilheim beschäftigt und online mit dem Hauptbüro in Landsberg verbunden.

Das Finanzamt Weilheim hatte Sieger mit Schreiben vom ausdrücklich aufgefordert, die bereits im Juni 2005 angeforderte Gewinnfeststellungserklärung 2004 für seinen Gewinn aus der freiberuflichen Tätigkeit endlich bis abzugeben. Dieser Aufforderung war er dann fristgerecht nachgekommen.

Der Gewinn 2004 war im wirksam bekannt gegebenen Feststellungsbescheid vom November 2005 auf 130 000 € festgestellt worden, die Feststellung war unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangen.

Das Finanzamt Landsberg hat im wirksam bekannt gegebenen Einkommensteuerbescheid 2004 vom Februar 2006 aufgrund der im Dezember 2005 abgegebenen Einkommensteuererklärung 2004 die Einkommensteuer 2004 auf 47 000 € gegenüber Sieger festgesetzt, der Gewinn aus freiberuflicher Tätigkeit ist in der im Gewinnfeststellungsbescheid 2004 festgestellten Höhe von 130 000 € übernommen worden. Die Festsetzung war ohne Nebenbestimmungen erfolgt.

Im Oktober 2006 fand gegenüber Sven Sieger eine Außenprüfung durch das Finanzamt Weilheim statt, in der ordnungsgemäß bekannt gegebenen Prüfungsanordnung vom waren als Prüfungsgegenstand die Gewinne der Veranlagungszeiträume 2002 bis 2004 aus der freiberuflichen Tätigkeit bestimmt worden. Die Schlussbesprechung fand im Januar 2007 statt.

Nach Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes hatte das Finanzamt Weilheim einen geänderten Feststellungsbescheid für den Gewinn 2004 aus freiberuflicher Tätigkeit erlassen, der am zur Post gegeben worden war.

Der Gewinn 2004 war gem. § 164 Abs. 2 AO um 20 000 € auf 150 000 € erhöht worden, zugleich war der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben worden.

Der Bescheid war an Steuerberater Abele für seinen Mandanten Sven Sieger mit der Post versandt worden.

Sven Sieger hatte für die Veranlagungszeiträume 2004 und 2005 wegen der Sanierung des Ober- und Dachgeschosses in seinem denkmalgeschützten Mietshaus in Ravensburg Absetzungen gem. § 7i EStG i. H. v. 9 % von 200 000 € = 18 000 € in Anspruch genommen.

Das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg hat im Bescheid vom bescheinigt, dass es sich bei dem Gebäude um ein Baudenkmal handelt, und die zur Sanierung des Gebäudes durchgeführten Maßnahmen mit Aufwendungen i. H. v. 200 000 € nach Art und Umfang zur Erhaltung des Gebäudes als Baudenkmal oder seiner sinnvollen Nutzung i. S. d. § 7i EStG erforderlich gewesen seien.

Im Februar 2007 hatte das Wohnhaus von Sieger in Ravensburg überraschend bei der im Turnus von drei Jahren stattfindenden Prämierung der „schönsten städtischen Denkmalrenovierung in den Jahren 2004 bis 2006” durch eine private Denkmalstiftung den ersten Preis erhalten. Dieser war mit einem finanziellen Zuschuss von 50 000 € verbunden.

Dies wurde dem Finanzamt Landsberg im März 2007 von Vanessa Sieger, der Nichte und Alleinerbin von Sven Sieger, der am auf einer Safari im Krüger Nationalpark beim Überschlag seines Jeeps tödlich verunglückt war, mitgeteilt. Steuerliche Konsequenzen aus dieser Mitteilung von Vanessa Sieger für die Einkommensteuerveranlagungen 2004 und 2005 von Sven Sieger wurden daraus bisher nicht gezogen.

Im Oktober 2011 findet im Finanzamt Landsberg eine Geschäftsprüfung statt. Dabei werden geschlossene Akten überprüft, unter anderem die von Sven Sieger. Der Prüfer blättert die Veranlagungsakte von Sven Sieger durch, es fallen ihm zwei Punkte auf:

  1. In der Akte befindet sich die Feststellungsmitteilung des Finanzamtes Weilheim vom März 2007 über den geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 2004 vom . Diese Feststellungsmitteilung ist bisher noch nicht durch eine Änderung des Einkommensteuerbescheides 2004 ausgewertet worden. In der Akte befindet sich ein Vermerk, dass Sven Sieger aufgrund seines Testaments von seiner Nichte Vanessa Sieger als Alleinerbin beerbt worden ist, es ist auch die Todesanzeige für Sven Sieger abgeheftet.

  2. Er stellt fest, dass der Bundesfinanzhof in seinem in BStBl 2007 II S. 879 abgedruckten Urteil entschieden hat, dass im öffentlichen Interesse geleistete Zuschüsse Privater die Abzugsbeträge nach § 7i Abs. 1 Satz 7 EStG mindern. Er ist der zutreffenden Meinung, dass man dieses Urteil auf die Einkommensteuerveranlagung 2004 von Sieger anwenden müsse.

Aufgabe:

Klären Sie in einem Gutachten, in dem Sie auf alle angesprochenen Probleme angemessen eingehen, folgende Fragen:

  1. Führen die materiell steuerrechtlich richtigen Ergebnisse aus der Außenprüfung des Finanzamtes Weilheim, die aus den bis zur Außenprüfung eingereichten Unterlagen weder für das Finanzamt Weilheim noch für das Finanzamt Landsberg erkennbar waren, im Oktober 2011 zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheides 2004? Klären Sie, ob dazu unter Umständen noch Maßnahmen der beteiligten Finanzämter notwendig sind. Es ist nicht geklärt worden, ob die Gewinnerhöhung auf einer vorsätzlichen oder leichtfertigen Steuerverkürzung von Sieger beruht.

  2. Führen die Erkenntnisse über den Zuschuss der privaten Denkmalstiftung zu einer Änderung des Einkommensteuerbescheides 2004?

Teil II: Umsatzsteuer

Allgemeine Hinweise:

Erforderliche Belege und Aufzeichnungen sind vorhanden. Rechnungen enthalten, soweit aus dem Sachverhalt nichts Gegenteiliges hervorgeht, die nach §§ 14, 14a UStG bzw. §§ 33, 34 UStDV erforderlichen Angaben. Die formellen Voraussetzungen des § 25b UStG sind gegebenenfalls erfüllt.

Alle angesprochenen Unternehmer versteuern, soweit sich aus dem Sachverhalt nicht ausdrücklich etwas Gegenteiliges ergibt, ihre Umsätze nach den allgemeinen Vorschriften des UStG und nach vereinbarten Entgelten. Voranmeldungszeitraum ist der Kalendermonat. Soweit aus dem Sachverhalt nichts anderes ersichtlich ist, verwenden die Unternehmer im innergemeinschaftlichen Waren- und Dienstleistungsverkehr die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ihres Heimatlandes.

Die Kalenderjahre bis einschließlich 2010 sind bestandskräftig veranlagt. Die steuerliche Beurteilung war jeweils zutreffend.

Soweit aus dem Sachverhalt sich nicht ausdrücklich das Gegenteil ergibt, liegen alle angegebenen Orte im Inland.

Aufgabe:

Beurteilen Sie die angeführten Sachverhalte in ihrer umsatzsteuerlichen Auswirkung auf Franz Ferstl und die Trachten Ferstl GmbH (GmbH) im Besteuerungszeitraum 2011. Hierbei ist insbesondere auf die Umsatzart, die Steuerpflicht, die Bemessungsgrundlage für steuerpflichtige Umsätze und auf den Vorsteuerabzug einzugehen. Die Umsatzsteuer für steuerpflichtige Umsätze ist zu berechnen.

Wo es der Sachverhalt erlaubt, ist auch anzugeben, in welchem Voranmeldungszeitraum die Steuer entsteht bzw. zu berichtigen ist und die Vorsteuer abgezogen werden kann.

Gehen Sie auch kurz auf die Unternehmereigenschaft und den Umfang des Unternehmens von Franz Ferstl und der Trachten Ferstl GmbH ein.

Begründen Sie bitte Ihre Entscheidungen unter Angabe der gesetzlichen Bestimmungen.

Sachverhalt:

Franz Ferstl betreibt in Rosenheim ein alteingesessenes Trachtenfachgeschäft. Ferstl verkauft Trachten aller Art, historische und moderne, vom Dirndl bis zur Lederhose. Angegliedert ist eine eigene Schneiderei, in der der Großteil der Trachten gefertigt wird.

Das Geschäftshaus, das im Alleineigentum von Franz Ferstl steht, befindet sich in Rosenheim, Marktplatz 12.

  1. Franz Ferstl hatte das traditionsreiche Trachtenfachgeschäft 1985 von seinem Vater übernommen und es im Laufe der Jahre zu einem führenden Unternehmen in seiner Branche ausgebaut. Zum gründete Ferstl die Trachten Ferstl GmbH mit Sitz in Rosenheim. Alleiniger Gesellschafter war Franz Ferstl, der auch – ausgestattet mit einem ordnungsgemäßen Arbeitsvertrag – zum alleinigen Geschäftsführer bestimmt wurde. In Zusammenhang mit der Gründung stellte der Notar der GmbH 2 000 € zuzüglich 19 % USt 380 € am in Rechnung.

    Franz Ferstl brachte sein bisheriges Einzelunternehmen mit allen Aktiven und Passiven, mit Ausnahme des Geschäftsgebäudes Marktplatz 12, ein.

    Allerdings vermietete er die bisher vom Einzelunternehmen genutzten Räume für zunächst 15 Jahre mit Verlängerungsoption an die GmbH (siehe Tz. 2).

    Nachdem seine Tochter Therese Ferstl das Geschäft von Grund auf gelernt hatte, übertrug Franz Ferstl ihr zum  60 % der Anteile an der GmbH. Darüber hinaus zog er sich als Geschäftsführer zurück. Alleinige Geschäftsführerin war ab Therese Ferstl. Der Notar berechnete Franz für die Beurkundung der Anteilsübertragung am  1 000 € zuzüglich 19 % USt 190 €.

  2. Das Gebäude Marktplatz 12, das sich schon seit drei Generationen im Familienbesitz befindet, besteht aus vier Etagen mit jeweils 200 qm Nutzfläche.

    Im Erdgeschoss befindet sich das Trachtengeschäft.

    Im 1. OG sind die Schneiderei und die Büroräume untergebracht.

    Ab sind EG und 1. OG für ortsübliche monatliche 6 000 € zuzüglich 19 % USt 1 140 € an die GmbH vermietet.

    Das 2. OG ist an den Steuerberater Emil Emsig vermietet. Die monatliche Miete beträgt 3 000 € zuzüglich 19 % USt 570 €.

    Im 3. OG befinden sich zwei gleich große Wohnungen (jeweils 100 qm), die beide für jeweils 1 200 € monatlich vermietet sind.

    Zum gab Emsig seine Steuerkanzlei auf, um seinen wohlverdienten Ruhestand zu genießen. Seinen Mandantenstamm hatte er äußerst günstig an die Rosenheimer-Steuerberatungs-GmbH veräußert, die jedoch kein Interesse an den Räumlichkeiten hatte. Deshalb einigte sich Emsig mit Ferstl, die Räume weiterhin als Wohnung zu nutzen. Die monatliche Miete betrug ab  3 500 €. Da die Räume erst für die Wohnungsnutzung umgebaut werden mussten, begab sich Emsig in den Monaten Juni und Juli auf eine ausgedehnte Kreuzfahrt. Die mit der Renovierung beauftragten Handwerker stellten Ferstl nach Abnahme am am selben Tag insgesamt 30 000 € zuzüglich 19 % USt 5 700 € in Rechnung. Zum , nach Rückkehr von seiner Kreuzfahrt, bezog Emsig die neu renovierte Wohnung.

    Bereits 2010 hatte Ferstl die Fassade des Gebäudes Marktplatz 12 renovieren lassen. Der beauftragte Maler Pinsel stellte Ferstl nach Abnahme am am  10 000 € zuzüglich 19 % USt 1 900 € in Rechnung. Da Pinsel in Verzug geraten war, überwies Ferstl am – wie vertraglich vereinbart – lediglich 11 400 € (die Nutzung des Gebäudes in 2010 entsprach der Nutzung zu Beginn des Jahres 2011).

  3. Laut Arbeitsvertrag steht der Geschäftsführerin Therese Ferstl ein Firmenwagen zu, den sie auch privat nutzen darf.

    Den Pkw, BMW 520i, hatte Franz Ferstl nach den Wünschen seiner Tochter Therese beim örtlichen BMW-Händler bestellt. Der neue Pkw wurde am direkt an die GmbH ausgeliefert, die ihn noch am selben Tag ihrer Geschäftsführerin zur Nutzung überließ. Die Rechnung vom selben Tag in Höhe von 50 000 € zuzüglich 19 % USt 9 500 € ging Franz Ferstl am zu und wurde von ihm umgehend beglichen.

    Laut Vertrag mit Franz Ferstl zahlte die GmbH für die Pkw-Miete ab ortsübliche 1 000 € zuzüglich 19 % USt 190 € pro Monat. Außerdem wurde vereinbart, dass die GmbH für sämtliche laufenden Kosten aufzukommen habe.

    Laut ordnungsgemäß geführtem Fahrtenbuch wurden mit dem Pkw im Jahr 2011 noch insgesamt 10 000 km zurückgelegt. Darin enthalten sind die Fahrten von Therese Ferstl von ihrer Wohnung in Prien am Chiemsee zu der 20 km entfernten Arbeitsstätte in Rosenheim, die Therese im Jahr 2011 an 55 Tagen zurücklegte, sowie 1 000 km sonstiger Privatfahrten. Die Fahrten sind gleichmäßig auf alle Monate verteilt.

    An laufenden Kosten beglich die GmbH im Jahr 2011 folgende Beträge:

    Tabelle in neuem Fenster öffnen
    Benzin Und Schmierstoffe
    1 500 €
     
    zuzüglich 19 % USt 285 €
    Inspektionen
    1 000 €
     
    zuzüglich 19 % USt 190 €
    Steuer u. Versicherung
    800 €.
  4. Anlässlich des 75-jährigen Firmenjubiläums veranstaltete die GmbH im Juli 2011 ein Preisausschreiben. Erster Preis war eine maßangefertigte Tracht im Wert von 2 000 € (Ladenverkaufspreis). Gewinner war John Hofer aus Chicago (USA), der gerade auf Besuch bei seinem in Rosenheim lebenden Großonkel weilte. John Hofer ließ sich eine Lederhose aus Hirschleder maßanfertigen. Das Material hierfür hatte die GmbH im April 2011 für 600 € zuzüglich 19 % USt 76 € erworben. Der Lohnkostenanteil belief sich auf 1 000 €.

    Da die Lederhose nicht rechtzeitig zu der Abreise von John Hofer fertig wurde, sandte die GmbH die fertige Lederhose im August per Post direkt nach Chicago (Versandkosten 60 €).

    Den zweiten Preis – ein 7-Gänge-Gourmet-Menü im Sterne-Restaurant Winkler in Aschau für zwei Personen – gewann Veronika Schickl aus Rosenheim. Nach einem für Veronika und ihren Ehegatten unvergesslichen Abend im Restaurant Winkler erhielt die GmbH tags darauf am die Rechnung des Restaurants in Höhe von 900 € zuzüglich 19 % USt 171 €, die sie umgehend beglich.

  5. Nachdem Franz Ferstl sich aus der Geschäftsführung der GmbH zurückgezogen hatte, erfüllte er sich einen lang gehegten Traum und erwarb eine Segelyacht des italienischen Herstellers Vincente Vento aus Riva del Garda (Italien). Die Yacht (9 m Länge) wurde von Vento am von Riva nach Prien am Chiemsee transportiert, wo Ferstl einen Liegeplatz hatte. Den Kaufpreis in Höhe von 60 000 € hatte Ferstl bereits am entrichtet. Bei seinen zahlreichen Ausfahrten in den Monaten August und September musste Ferstl sich jedoch eingestehen, dass die Yacht für seine Zwecke zu groß war. Er nahm deshalb das Angebot seines alten Geschäftsfreundes Sepp Moser aus Bregenz (Österreich) an, der ihm die Yacht für 50 000 € abkaufte. Sepp Moser veranlasste am den Transport der Yacht von Prien zu seinem am österreichischen Ufer des Bodensees gelegenen Liegeplatz und überwies tags darauf den Kaufpreis.

  6. Da im Trachtengeschäft auch immer wieder österreichische Trachten nachgefragt wurden, ging schon Franz Ferstl eine Kooperation mit dem Trachtenfachgeschäft Achleitner aus Innsbruck (Österreich) ein. Am kamen die niederländischen Touristen Hanns und Antje van Bommel aus Amsterdam (Niederlande) in das Trachtengeschäft. Auf den ersten Blick hatte es den beiden der Tiroler Lodenmantel angetan. Leider war der Mantel weder für Antje noch für Hanns in der richtigen Größe verfügbar. Nachdem die GmbH sich dazu bereit erklärt hatte, für den Versand nach Amsterdam zu sorgen, bestellten die beiden je einen Mantel. Auf den Kaufpreis für beide Mäntel in Höhe von 2 000 € leisteten sie sofort eine Anzahlung in Höhe von 700 €. Auf Bitten der GmbH versandte Achleitner an die Mäntel direkt von Innsbruck nach Amsterdam. Die Restzahlung der van Bommels ging bei der GmbH am ein. Die Rechnung von Achleitner vom in Höhe von 1 700 € beglich die GmbH umgehend.

Teil III: Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Sachverhalt:

Der ehemalige Unternehmer Robert Rundlich verstarb am nach einem verlorenen Prozess gegen seine Hausbank wegen wertloser Zertifikate. Robert lebte seit 2009 von seiner 20 Jahre jüngeren Ehefrau Carola getrennt; die Ehegatten hatten 1990 anlässlich der Eheschließung einen Ehevertrag geschlossen, welcher einen Zugewinnausgleich ausschloss. Sein kinderloser Sohn, Hans Rundlich, geboren am , lebt in Kanada. Carola wurde im wirksamen Testament von Robert zusammen mit Hans als Erbin eingesetzt, da sie keine sonstigen Versorgungsansprüche hat. Hans – welcher zu seinem Vater ein eher angespanntes Verhältnis pflegte – hatte im Jahr 2009 im Lotto gewonnen. Er hat deshalb das Erbe durch formwirksame Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht ausgeschlagen.

Das Haus in Nürnberg

In Nürnberg hatte Robert sich ein großes Parkgrundstück gegen wiederkehrende Leistungen am gekauft, um im Alter einen schönen Garten zu haben. Carola war gegen diesen Erwerb und hatte sich demonstrativ am Tag der notariellen Beurkundung von Robert getrennt, obwohl ihr Robert zum ersten Advent 10 000 € geschenkt hatte. Hans hatte von Robert hingegen nichts zum ersten Advent erhalten.

Robert ließ das Grundstück – Nürnberg, Am Androidsee – im Frühjahr 2010 mit einem 3-Familien-Haus mit drei großen Einheiten bebauen (Kosten: 600 000 €). Im südlichen Teil des Grundstücks ließ er einen großen überdachten Pool errichten, wobei er darauf achtete, dass das Dach des Pools bis an das Haus heranreichte und mit diesem verbunden war. Wegen Problemen mit der Bauaufsichtsbehörde ergab es sich, dass der Pool bereits im März 2010 fertig gestellt wurde, während das Haus erst Ende April 2010 bezugsfertig war.

Robert hatte das Grundstück von dem Auswandererehepaar Peter und Sylvia Christ erworben, welche den Verkaufserlös zur Absicherung ihres Lebensunterhalts in Kanada verwenden wollten. Der Kaufpreis sollte daher als Leibrente – sowohl an das Ehepaar Christ als auch an den Sohn Sam – gezahlt werden. Die entsprechende, notariell vereinbarte Regelung sah wie folgt aus:

Der jeweilige Eigentümer des Grundstücks hat an Peter Christ (geb. ) und dessen Ehefrau Sylvia (geb. ) eine Leibrente zu bezahlen.

Die jeweils am ersten eines jeden Monats fällige Rente beträgt 9 000 € und sinkt nach dem Tode des erstversterbenden Ehegatten auf 7 000 € (bis zum Tode des überlebenden Ehegatten). Nach dem Tod des zweiten (überlebenden) Ehegatten ist an den Sohn Sam (geb. ) lebenslänglich ein monatlicher Betrag von 300 € zu zahlen. Die Rente läuft maximal bis Oktober 2040, d. h., die entsprechende letzte Rate ist am fällig.

Peter, Sylvia und Sam leben noch.

Das Haus hat drei Einheiten. Erdgeschoss und erstes Obergeschoss haben je 100 qm Fläche, das Dachgeschoss hat 80 qm Wohn-/Nutzfläche.

Das Erdgeschoss des Hauses war bis an ein Ingenieurbüro vermietet, die einzige Miete, die R erhielt, war die Juni-Miete. Danach stand das Erdgeschoss – wegen einer überraschenden Insolvenz des Ingenieurbüros – leer. Das Mietverhältnis wurde nicht gekündigt. Ein gerichtliches Insolvenzverfahren wurde mangels Masse – Ende August – abgelehnt. Erst ab konnte das EG als Zahnarztpraxis vermietet werden.

Mit dem Ingenieurbüro hatte Rundlich im Juni 2010 einen Mietvertrag abgeschlossen, welcher eine am Ersten des Monats fällige monatliche Miete von 2 000 € vorsah. Hinzu kamen noch Nebenkosten von 210 € für die Heizung, 80 € für den Strom und 50 € für Wasser. Das Ingenieurbüro hatte sich über den Abschluss des Mietvertrages sehr gefreut, da die vereinbarte Miete 3 € pro qm unter dem Marktniveau lag. Rundlich hatte bis zu seinem Tod versucht, von dem Ingenieurbüro die durch Bankbürgschaft abgesicherten Nebenkosten für das Wasser betreffend den Juni 2010 zu bekommen. Der Zahnarzt hatte mit Robert die gleichen Mietkonditionen wie auch das Ingenieurbüro vereinbart.

Im ersten Stock lebte Robert Rundlich selbst. Der Wert seines überwiegend gebrauchten Mobiliars und seines sonstigen Hausrates betrug zum Zeitpunkt seines Todes zusammen ca. 20 000 €. Carola zog unmittelbar nach dem Tod von Rundlich in diese Wohnung ein.

Die Wohnung im zweiten Stock war an das Architekturbüro Veronika Schlau für 15 €/qm zzgl. Nebenkosten (130 € für die Heizung, 50 € für den Strom und 50 € für Wasser) vermietet. Die Miete für das Architekturbüro war deshalb günstig, weil der zweite Stock nur über eine Außentreppe erreichbar war.

Üblicherweise sind für Wohnungen dieser Art in Nürnberg – soweit diese Wohnzwecken dienen – folgende Mieten ortsüblich gewesen:


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2008:
10 €/qm ohne Nebenkosten
2009:
12 €/qm ohne Nebenkosten
ab 2010:
13 €/qm ohne Nebenkosten.

Das Grundstück hat – ausweislich des Kaufvertrages – eine Fläche von 910 qm. Zugunsten eines Nachbarn ist auf dem Grundstück eine Abstandsflächenübernahme von 200 qm eingetragen; Robert darf in diesem Bereich das Grundstück nur eingeschränkt nutzen.

Der Gutachterausschuss der Stadt Nürnberg hat für das Objekt den Wert von einem qm Grund und Boden zum – wegen der herausragenden schönen unverbaubaren Lage – auf 1 700 € festgestellt, weitere Werte außer den Bodenwerten hat der Gutachterausschuss nicht ermittelt. Ein nach dem Tod von Robert von Carola beauftragter Gutachter hat zum Todestag von Robert einen reinen Grundstückswert (Grund und Boden nebst Gebäude und Außenanlagen) für die Immobilie in Nürnberg von 1 650 000 € festgestellt. Wegen einer direkt neben dem Grundstück verlaufenden Hochspannungsleitung hat er einen Wertabschlag vorgenommen, sodass sich letztlich ein Wert von 1 600 000 € ergab.

Roberts außereheliche Tochter Luise, welche in den USA lebt, hat bisher noch keinen Pflichtteilsanspruch gegenüber Carola geltend gemacht. Von Luise hat Carola erfahren, dass Robert ein – seiner Familie jahrelang verheimlichtes – Girokonto bei einer Liechtensteiner Privatbank mit einem Guthabenstand von 2 212 336 € hatte.

Die Firma

Robert hatte eine kleine vorsteuerabzugsberechtigte bilanzierende Einzelfirma als nur künstlerisch tätiger Goldschmied (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr). Hinsichtlich dieser Firma hat Carola anlässlich des Erbfalles Folgendes festgestellt:

Die Firma hatte in den vorangegangenen Jahren folgende Gewinne:


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Bilanzgewinn 2007:
215 000 €
Bilanzgewinn 2008:
225 000 €
Bilanzgewinn 2009:
230 000 €.

Der angemessene monatliche Unternehmerlohn für R betrug in allen drei Jahren 4 000 €, Robert hatte seinen Unternehmerlohn monatlich bar aus der Firmenkasse entnommen und dieses als entsprechende Privatentnahme gebucht.

Robert hatte im Jahr 2006 26 % der Anteile der Gold und Schmidt GmbH in das Betriebsvermögen seiner Firma übernommen, um sich gegen die ständigen Schwankungen des Goldpreises abzusichern. Ohne diese Beteiligung konnte Robert seine Firma nicht wirtschaftlich betreiben. Der gemeine Wert der Anteile beträgt lt. gesonderter Feststellung 220 000 €. Die Gold und Schmidt GmbH hat keinerlei Verwaltungsvermögen. Robert erhielt im Jahr 2008 eine in 2007 beschlossene Gewinnausschüttung in Höhe von 35 000 €. Robert hat in 2008 an den Anwalt anlässlich der Bewertung der Anteile für die Finanzverwaltung ein Beratungshonorar von 4 200 € bezahlt.

Im Jahr 2009 hatte Robert eine Teilwertabschreibung auf diese Beteiligung in Höhe von 20 000 € vorgenommen; ebenso erhielt er in 2009 eine in 2009 beschlossene Ausschüttung aus der Gold und Schmidt GmbH in Höhe von 3 000 €. Des Weiteren fiel im Jahr 2009 durch ein ausgefallenes Kundendarlehen in der Firma des Robert ein außerordentlicher Aufwand von 30 000 € an. Im Jahr 2010 liefen die Geschäfte von Robert atypisch gut. Der Substanzwert des Betriebes beträgt 1 300 000 €.

Das Handy

Der Erblasser hat am ein neues Handy von Motorola durch Kauf bei einer Versandfirma im Internet erworben. Der Kaufpreis betrug 481 €. Robert hat auf das Handy nur eine Anzahlung von 200 € geleistet. Wegen Lieferschwierigkeiten wurde das Handy noch nicht ausgeliefert.

Das Geburtstagspäckchen

Robert hatte unmittelbar vor seinem Tod seinem Rechtsanwalt – welcher ihn wegen der Trennung von Carola beraten hatte – eine Flasche Wein schicken wollen. Carola fand im Nachlass ein vollständig frankiertes Päckchen (Porto 4,90 €) mit einer Flasche französischem Rotwein (Wert 18 €) vor.

Die Bürgschaft

Robert hatte für seinen Nachbarn Friedhelm Schiller im Jahr 2008 eine Bürgschaft über 20 000 € gegenüber der Bayerischen Landesbank übernommen. Da Schiller mehrfach seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber der Bank in terminlicher Hinsicht verletzt hat, hat die Landesbank angekündigt, dass sie sich am Bürgen schadlos halten werde. Eine konkrete Zahlungsaufforderung hat Robert jedoch noch nicht erhalten.

Beerdigungskosten

Carola hat die Beerdigungskosten (10 800 €) für die Beerdigung von Robert übernommen. Zudem rechnet sie noch ernsthaft mit Pflichtteilansprüchen von Luise, denn Luise hatte gegenüber Hans auf ihren (durch die Ausschlagung) erhöhten Pflichtteilsanspruch in Höhe von 170 000 € hingewiesen.

Aufgabe:

Ermitteln Sie die zutreffende festzusetzende Erbschaftsteuer für Carola Rundlich, falls Luise ihren Pflichtteilsanspruch nicht geltend gemacht hat, aber sich auch weigert, sich irgendwie dazu zu erklären.

Gehen Sie dabei auf alle durch den Sachverhalt aufgeworfenen Rechtsfragen ein; erforderliche Anträge gelten allgemein als gestellt, jedoch hat Carola keinen Antrag auf 100 %ige Steuerbefreiung des BV gestellt. Selbst ermittelte Beträge sind ggf. auf zwei Nachkommastellen zu runden. Der Basiszinssatz für 2010 beträgt 3,98 %.

Begründen Sie Ihre Entscheidungen unter Angabe der maßgebenden Vorschriften.

Bayerisches Staatsministerium der Finanzen v. - 37 - S 0853 - 111 - 14/12

Fundstelle(n):
BStBl 2012 I Seite 185
KAAAE-06872