Tarifauslegung - Umgruppierung eines Sachbearbeiters Garantieabwicklung nach Einführung des TV Vergütungssystem Lufthansa Technik/IT
Gesetze: § 1 Abs 1 TVG, § 1 Abs 2 TVG
Instanzenzug: ArbG Frankfurt Az: 2 Ca 9165/07 Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht Az: 12 Sa 1001/08 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über die Umgruppierung des Klägers in ein neues tarifliches Vergütungssystem.
2Die Beklagte ist ein Unternehmen im Konzern der Deutschen Lufthansa (DLH), das Aufgaben der Wartung, Reparatur und Überholung von Flugzeugen wahrnimmt. Der Kläger ist seit dem im Konzern DLH beschäftigt. Aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme finden die jeweils gültigen Tarifverträge auf das Arbeitsverhältnis Anwendung.
3Zuletzt war der Kläger als Sachbearbeiter Garantieabwicklung in der Abteilung Werftengineering (WE), einer Unterabteilung im Bereich Wartungsbetrieb F, tätig und wurde mit monatlich 3.959,00 Euro brutto vergütet.
4Bis zum waren die Mitarbeiter der Beklagten nach der Vergütungsordnung eingruppiert, die sich aus dem am in Kraft getretenen Vergütungsrahmentarifvertrag Bodenpersonal (VRTV 1989) ergab. Dieser sah insgesamt 17 Vergütungsgruppen (VergGr.) vor; der Kläger war in der VergGr. 14 VRTV 1989 eingruppiert.
5Mit Wirkung vom wurde tariflich ein neues Vergütungssystem geschaffen. Die entsprechenden Regelungen sind in dem Tarifvertrag Vergütungssystem Lufthansa Technik/Informationstechnologie zwischen der Arbeitsrechtlichen Vereinigung Hamburg e. V. (AVH) und der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di vom (TV VS Technik/IT) enthalten. Dieser Tarifvertrag kam durch ein Schlichtungsverfahren zustande. Ziel der Tarifumstellung war die Errichtung eines neuen Vergütungssystems für den Bereich Technik/Informationstechnologie und die Vereinbarung von Überleitungsregelungen aus dem alten Tarifsystem. Für das Schlichtungsverfahren bereiteten die Tarifvertragsparteien eine Bewertung der von dem geplanten neuen Tarifvertrag erfassten Tätigkeiten vor und entwickelten sog. Zuordnungsmatrices, in denen Tätigkeiten, die nach der Vergütungsordnung des alten Tarifvertrages mit bestimmten Tätigkeitsmerkmalen verbunden waren, den im neuen Tarifvertrag getroffenen tariflichen Bewertungen in den neuen Vergütungsgruppen zugeordnet wurden. Diese Zuordnungsmatrices waren Gegenstand der Erörterungen in der vom 5. bis zum durchgeführten Schlichtung. Am sprach der Schlichter seine Empfehlung aus, in der auch der Abschluss des TV VS Technik/IT und des dazugehörigen Vergütungstarifvertrages Nr. 1 (VTV Nr. 1) enthalten war. Er stellte dabei auch fest, dass sich die Tarifvertragsparteien über die Zuordnung sämtlicher Tätigkeiten der dem Tarifvertrag als Anlage 4 beigefügten Zuordnungsmatrices verständigt hätten. Die Tarifvertragsparteien paraphierten während der Schlichtung jede einzelne Seite der Zuordnungsmatrices.
Am gleichen Tag vereinbarten die Tarifvertragsparteien einen „Sideletter“ mit folgendem Wortlaut:
In der im „Sideletter“ erwähnten, allerdings mit einer römischen Ziffer gekennzeichneten Protokollnotiz III zum TV VS Technik/IT heißt es zur Überleitung der betroffenen Arbeitnehmer:
Am wurde eine weitere „Vereinbarung der Tarifpartner zur Überleitung in das neue Vergütungssystem Lufthansa Technik / IT“ (Überleitungsvereinbarung) geschlossen. Diese enthält in Ziff. I 1 folgende Regelung:
Die von den Tarifvertragsparteien paraphierte Zuordnungsmatrix Geschäftsfeld Technik/IT vom führt unter den laufenden Nummern 199 bis 203 unter der Überschrift „LHT Sachbearbeiter“ folgende Stellen auf:
10Am beantragt die Beklagte die Zustimmung des bei ihr bestehenden Betriebsrats zur Umgruppierung des Klägers in die VergGr. 3E, die der Betriebsrat am erteilte.
11Der Kläger begehrt die Eingruppierung in die VergGr. 4A TV VS Technik/IT. Er hat die Auffassung vertreten, er erfülle die dort genannten Anforderungen des Tätigkeitsmerkmales. Die Zuordnungsmatrix enthalte keine verbindliche Eingruppierung. Dies ergebe sich aus dem Inhalt der Protokollnotiz III, wonach die Zuordnungsmatrices der Tarifvertragsparteien zwar die Grundlage für die Erstellung der Transferlisten auf Namensbasis bilden sollten, jedoch noch keine konkrete Zuordnung einzelner namentlich benannter Mitarbeiter in das neue Vergütungssystem erfolgen sollte. Im Übrigen wahre die bloße Paraphierung der Zuordnungsmatrices nicht das Formerfordernis der Unterzeichnung des Tarifvertrages. Ferner sei seine Tätigkeit von der Zuordnungsmatrix „LHT Sachbearbeiter“ nicht erfasst. Bei den Sachbearbeitern Garantieabwicklung unter der laufenden Nummer 202 handele es sich um acht in H tätige Kollegen; für F sei dagegen die Zahl „0“ ausgewiesen. Die laufende Nummer 203 befasse sich mit Kollegen, die einer niedrigeren Vergütungsgruppe zugeordnet gewesen seien als er selbst. Der Umstand, dass seine Tätigkeit gerade nicht von der Zuordnungsmatrix erfasst werde, eröffne die Möglichkeit einer individuellen Überprüfung seiner Eingruppierung nach den Merkmalen der VergGr. 4A TV VS Technik/IT.
Der Kläger hat beantragt
13Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass die Zuordnungsmatrices der Tarifvertragsparteien eine Überleitung sämtlicher Mitarbeiter, auch des Klägers, in das neue Vergütungssystem verbindlich regelten. Hieran sei sie gebunden, so dass es auf die Erfüllung der Tätigkeitsmerkmale nicht ankomme. Der Kläger sei auch von der Matrix erfasst, weil er unter der laufenden Nummer 202 als Sachbearbeiter Garantieabwicklung genannt sei und danach für ihn die VergGr. 3E TV VS Technik/IT vorgesehen sei. Im Übrigen erfülle er auch nicht die Anforderungen der VergGr. 4A TV VS Technik/IT. Sein Aufgabengebiet ergebe sich aus den Stellenbeschreibungen vom Juni 2005 und vom , die eine entsprechende tarifliche Bewertung nicht zuließen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Gründe
15Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen.
16I. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage als unbegründet angesehen, weil der Kläger nicht verlangen könne, in die VergGr. 4A TV VS Technik/IT umgruppiert zu werden. Er sei durch die wirksame und hinsichtlich seiner Eingruppierung nach dem neuen Vergütungssystem verbindliche Zuordnungsmatrix abschließend der VergGr. 3E TV VS Technik/IT zugeordnet worden. Diese Matrix ordne jede im Unternehmen anfallende Tätigkeit einem Tätigkeitsbeispiel und damit einer Vergütungsgruppe des neuen Tarifvertrages zu. Die Überleitungsregelung gelte normativ und lasse nach der Protokollnotiz III zum TV VS Technik/IT für die Überprüfung der allgemeinen Tätigkeitsmerkmale keinen Raum mehr. Das werde auch durch die Feststellung des Schlichters in der Schlichtungsempfehlung sowie durch Ziff. 1 Abs. 1 Satz 1 der Überleitungsvereinbarung vom unterstrichen. Soweit sich der Kläger auf den Inhalt des „Sideletters“ der Tarifvertragsparteien vom berufe, verkenne er, dass es sich dabei nicht um eine Tarifnorm, sondern um eine schuldrechtliche Regelungsabsprache handele. Im Übrigen sei dort klargestellt, dass grundsätzlich die Zuordnungsmatrices Grundlage für die Erstellung der Transferlisten auf Namensbasis seien und Nachverhandlungen über die damit getroffenen Zuordnungen nicht geführt würden. Zudem sei es für eine abschließende Zuordnung nicht erforderlich, dass die Zuordnungsmatrices noch in einzelne Transferlisten auf Namensbasis umgesetzt würden, da der Gegenstand des Eingruppierungsaktes nicht der einzelne Arbeitnehmer, sondern dessen Tätigkeit sei. Von der Matrix sei auch die Tätigkeit des Klägers erfasst. Der Kläger könne sich auch nicht erfolgreich auf die fehlende Einhaltung des Schriftformgebotes berufen; für dessen Wahrung reiche eine klare und zweifelsfreie Bezugnahme, wie sie hier vorliege, aus.
17II. Diese Begründung hält den Angriffen der Revision stand. Der Kläger ist nicht in der von ihm angestrebten VergGr. 4A TV VS Technik/IT eingruppiert.
181. Der Klageantrag ist dahingehend auszulegen, dass der Kläger die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihn nach der im Antrag genannten Vergütungsgruppe zu vergüten. Damit ist er nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als Eingruppierungsfeststellungsantrag zulässig.
192. Die Klage ist aber nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen.
20a) Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet der TV VS Technik/IT kraft arbeitsvertraglicher Verweisung ebenso Anwendung wie sonstige Tarifverträge, die für die Beklagte geschlossen worden sind und unter deren Geltungsbereich das Arbeitsverhältnis der Parteien fällt.
aa) Danach sind für die Eingruppierung der Arbeitnehmer der Beklagten zunächst die Regelungen des TV VS Technik/IT über die Eingruppierung maßgebend. Diese bilden 14 Vergütungsgruppen, deren Tätigkeitsmerkmale jeweils in abstrakten Oberbegriffen beschrieben und sodann mit jeweils mehreren Tätigkeitsbeispielen ergänzt werden. Die hier bedeutsamen Vergütungsgruppen 3E und 4A sind dabei wie folgt formuliert:
Das Verhältnis der Oberbegriffe und der Tätigkeitsbeispiele zueinander ist in § 2 TV VS Technik/IT wie folgt geregelt:
23bb) Für die Überleitung der bestehenden Arbeitsverhältnisse in das neue Vergütungssystem haben die Tarifvertragsparteien gesonderte Vereinbarungen getroffen. Hierzu gehören der „Sideletter“ vom , die Überleitungsvereinbarung vom sowie die dazugehörige Zuordnungsmatrix vom .
24b) Unter Anwendung dieser tariflichen Regelungen und Vereinbarungen der Tarifvertragsparteien kann der Kläger sich zur Begründung seines Anspruchs nicht auf die Erfüllung der Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmales der VergGr. 4A TV VS Technik/IT berufen. Seine Umgruppierung aus dem bisherigen in das neue Vergütungssystem ist unmittelbar in den Überleitungsvereinbarungen geregelt, was eine Umgruppierung anhand der Tätigkeitsmerkmale des § 4 TV VS Technik/IT ausschließt.
25aa) Der Senat hat in mehreren Urteilen zum TV VS Technik/IT bereits entschieden, dass die Überleitungsregelungen vom 8. und zum TV VS Technik/IT Tarifnormen sind, die unmittelbare und zwingende Wirkung entfalten und für die davon Betroffenen eine Überprüfung anhand der Tätigkeitsmerkmale des TV VS Technik/IT ausschließen (ua. - Rn. 35 ff., AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).
26(1) Die Überleitungsvereinbarung vom und die sog. Zuordnungsmatrix finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung.
27Zwar verweist eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel regelmäßig nur auf den normativen, nicht auch auf den schuldrechtlichen Teil eines Tarifvertrages. Die Überleitungsvereinbarung einschließlich Zuordnungsmatrix ist indes nicht nur als rein schuldrechtliche Vereinbarung oder gar unverbindliche Absprache zwischen den Tarifvertragsparteien angelegt, sondern als - auch formgerechter - „gültiger Tarifvertrag“ im Sinne der Bezugnahmeklausel des Arbeitsvertrages.
28(a) Die Tarifvertragsparteien haben die „Vereinbarung der Tarifpartner zur Überleitung in das neue Vergütungssystem Lufthansa Technik / IT“ vom zwar nicht ausdrücklich als „Tarifvertrag“ bezeichnet. Dies ist aber nicht entscheidend. Es kommt nur darauf an, ob sie ihren Willen zur Normsetzung hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht haben ( - zu A II 1 der Gründe, BAGE 106, 374). Der Wortlaut der Bestimmungen der Vereinbarung spricht für eine normative Wirkung. Die Überschrift der Ziff. I lautet „Überleitungsregelungen“. Laut Ziff. III tritt die Vereinbarung zum in Kraft und endet mit Zweckerreichung. Mit Begriffen wie „Regelung“ und „Inkrafttreten“ bringen die Tarifvertragsparteien regelmäßig einen Willen zur unmittelbaren und eigenständigen Normsetzung zum Ausdruck und verweisen nicht auf einen anderenorts formulierten Regelungswillen (vgl. - Rn. 35, BAGE 118, 141).
29(b) Der normative Charakter der Überleitungsregelungen und der Zuordnungsmatrix ergibt sich auch aus ihrem Sinn und Zweck. Sie sollen die möglichst reibungslose Einführung der neuen Entgeltstruktur gewährleisten. Sie enthalten zudem Regelungen, die darauf gerichtet sind, bei finanziellen Einbußen den Besitzstand der Arbeitnehmer zu wahren.
30Dazu haben die Tarifvertragsparteien die bereits vorhandenen Stellen nach Maßgabe der Zuordnungsmatrix dem neuen Vergütungsschema zugeordnet. Ihren Zweck, die Einzelheiten der Überleitung in das neue Vergütungsschema zu regeln und damit Konflikte über eine korrekte Anwendung des neuen Vergütungsschemas möglichst zu vermeiden, können die Überleitungsvereinbarung und die Zuordnungsmatrix nur erfüllen, wenn sie bindende, dh. die Klärung von Rechtsanwendungsproblemen verbindlich vorwegnehmende, normative Regelungen darstellen (vgl. - Rn. 36, BAGE 118, 141). Für die normative Wirkung der Überleitungsvereinbarung spricht schließlich auch die in Ziff. I 2 geregelte Überleitungszulage. Sie soll den Besitzstand des Arbeitnehmers bei aufgrund der Einführung der neuen Entgeltstruktur drohenden Vergütungseinbußen wahren. Dieser Zweck der Besitzstandswahrung wird nur erreicht, wenn die Regelung der Überleitungszulage einen Anspruch des Arbeitnehmers begründet. Für die Arbeitnehmer ist die Vereinbarung jedoch nur dann anspruchsbegründend, wenn sie Teil eines normativ geltenden Tarifvertrages ist ( - Rn. 39, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).
31(c) Entgegen der Auffassung des Klägers ist die Zuordnungsmatrix nicht deshalb unverbindlich, weil erst die Transferliste die Zuordnung der Mitarbeiter regeln soll. Ziff. I 1 der Überleitungsvereinbarung vom weist darauf hin, dass die Überleitung aus der bisherigen Tätigkeit/Eingruppierung in die Vergütungsgruppe des neuen Systems durch die Tarifvertragsparteien entsprechend der Zuordnungsmatrix erfolgte. Auch in der Protokollnotiz III des TV VS Technik/IT wird geregelt, dass „die Zuordnung der Mitarbeiter in die zutreffenden Vergütungsgruppen … auf der Grundlage der wahrgenommenen Tätigkeit und nach Maßgabe der zwischen den Tarifpartnern vereinbarten Zuordnungsmatrizes“ erfolgt. Mit dieser Protokollnotiz wird zwar auch bestimmt, dass „die vereinbarten Zuordnungsmatrizes … Grundlage für die Erstellung der Transferlisten auf Namensbasis“ sind. Diese Transferlisten betreffen jedoch ausdrücklich die „konkrete“ Zuordnung des Mitarbeiters. Die zusätzliche Vereinbarung der konkreten Transferliste lässt die normative Wirkung der Zuordnungsmatrix nicht entfallen (vgl. im Ergebnis ebenso - Rn. 37 und 44, BAGE 118, 141; grdl. - 4 AZR 903/08 - Rn. 40, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).
32(2) Die Überleitungsvereinbarung vom und die sog. Zuordnungsmatrix ordnen ua. bestimmte Stellen für alle potentiellen Stelleninhaber bestimmten Vergütungsgruppen des TV VS Technik/IT zu. Dabei zeigt bereits der Wortlaut der Überleitungsvereinbarung vom mit konkreten und abstrakten Regelungen zur Überleitung und zur Überleitungszulage unter der Überschrift „Überleitungsregelungen“, die regelmäßig einen unmittelbaren, eigenständigen Regelungswillen zum Ausdruck bringt (vgl. auch - Rn. 35, BAGE 118, 141), dass damit keine nur auf den Einzelfall beschränkten Regelungen getroffen wurden. Es kann deshalb unentschieden bleiben, ob in Tarifverträgen auch Einzelfallregelungen oder nur abstrakt-generelle Regelungen zulässig sind ( - Rn. 45, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).
33(3) Nach Sinn und Zweck der Überleitungsvereinbarung und der Zuordnungsmatrix sollen diese abschließend sein und die Zuordnung sämtlicher Mitarbeiter regeln.
34Ziff. I 1 Abs. 1 Satz 1 der Überleitungsvereinbarung verwendet die Formulierung „Die Mitarbeiter werden … zugeordnet.“ Eine Einschränkung enthält die Regelung nicht. Nach Ziff. I 1 Abs. 1 Satz 2 der Überleitungsvereinbarung haben die Tarifvertragsparteien die Eingruppierung abschließend vorgenommen. Die Auslegung als umfassende und abschließende Zuordnung wird bestätigt durch die Schlichtungsschlussempfehlung, in welcher der Schlichter feststellt, dass sich die Tarifvertragsparteien über die Zuordnung „sämtlicher Tätigkeiten ausweislich der … Zuordnungsmatrices verständigt“ haben (so schon - Rn. 35 - 40, 45 - 47, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46; vgl. auch die sieben Parallelentscheidungen vom selben Tage sowie diejenigen vom - 4 AZR 926/08 - und - 4 AZR 124/09 -; ferner bereits - 4 ABR 40/08 - Rn. 25, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 42).
35(4) Die Revision kann sich auch nicht erfolgreich auf die fehlende Einhaltung der Schriftform nach § 1 Abs. 2 TVG berufen. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass hinsichtlich der Überleitungsvereinbarungen, insbesondere hinsichtlich der Zuordnungsmatrix die Schriftform nach § 1 Abs. 2 TVG gewahrt ist.
36(a) Nach § 1 Abs. 2 TVG bedürfen Tarifverträge der Schriftform gemäß § 126 BGB. Das Schriftformerfordernis dient der Klarstellung des Vertragsinhalts und damit dem Gebot der Normenklarheit ( - BAGE 34, 42). Anlagen zur Haupturkunde nehmen an der Schriftform des § 126 BGB selbst dann teil, wenn sie nicht körperlich mit der Haupturkunde verbunden und auch nicht eigens unterzeichnet sind ( - Rn. 30, BAGE 118, 141). Für die Wahrung der Schriftform reicht es aus, wenn die sachliche Zusammengehörigkeit von unterzeichneter Haupturkunde und Anlage zweifelsfrei feststeht ( - aaO; - zu 3 a aa (1) der Gründe, NJW 2000, 354). Dies ist anzunehmen, wenn der Tarifvertrag in seinem Wortlaut unmittelbar oder mittelbar auf die Anlage Bezug nimmt ( - aaO).
37(b) Die Schriftform wird von den Überleitungsregelungen zum TV VS Technik/IT gewahrt.
38(aa) Die von beiden Tarifvertragsparteien unterzeichnete Überleitungsvereinbarung verweist in Ziff. I 1 Abs. 1 Satz 3 auf die im Zeitpunkt der Unterzeichnung der Vereinbarung am bereits erstellte Zuordnungsmatrix. Die Zuordnungsmatrix trägt das Datum . Sie ist in der Fußzeile mit „Zuordnungsmatrix Geschäftsfeld Technik IT.xls“ bezeichnet. Die sachliche Zusammengehörigkeit zwischen Haupturkunde und Anlage haben die Tarifvertragsparteien ferner dadurch sichergestellt, dass sie die Zuordnungsmatrix auf jeder Seite paraphiert haben (so auch - Rn. 43, AP TVG § 1 Tarifverträge: Lufthansa Nr. 46).
(bb) Die Revision macht demgegenüber erfolglos geltend, mit der Formulierung in der Protokollnotiz III zum TV VS Technik/IT, wonach die entscheidenden „Zuordnungsmatrizes … Seite für Seite von den Tarifpartnern unterzeichnet“ worden seien, hätten die Tarifvertragsparteien ein gesondertes Schriftformerfordernis für die Matrices aufgestellt, welches durch die bloße Paraphierung nicht erfüllt sei. Dies ist unzutreffend, was sich bereits aus der zeitlichen Abfolge der Ereignisse ergibt. Die Überleitungsvereinbarung und der TV VS Technik/IT wurden erst am und damit zeitlich nach der Paraphierung der Zuordnungsmatrices vom unterzeichnet. Dass mit der Bezugnahme in der Überleitungsvereinbarung die bereits paraphierten Zuordnungsmatrices gemeint waren, ergibt sich auch aus der grammatikalischen Wahl der Zeitform. So heißt es in Ziff. I 1 Überleitungsvereinbarung:
Auch in der Protokollnotiz III des TV VS Technik/IT findet sich das Präteritum:
41Dass es hierbei nicht um die von den Tarifvertragsparteien paraphierten Matrices, sondern um andere, bisher von niemandem erwähnte Matrices gegangen sein könnte, wird auch vom Kläger nicht behauptet. Es bleibt allein der Schluss, dass die Tarifvertragsparteien mit der angesprochenen Formulierung kein eigenständiges Schriftformerfordernis aufgestellt, sondern den bereits erfolgten Paraphierungsvorgang angesprochen haben, um die angesprochene Urkunde näher zu kennzeichnen.
42(cc) Soweit sich die Revision darauf beruft, dass die Schriftform nicht gewahrt sei, weil die Matrix keine endgültige Zuordnung vornehmen wollte, da bestimmte Stellen mit einem Stern * gekennzeichnet worden sind, hinsichtlich derer ausweislich des „Sideletters“ beabsichtigt gewesen sei, diese noch einmal neu „zu erörtern“, ist dies nicht behilflich. Bei den mit „*“ gekennzeichneten Stellen fehlt es noch an einer abschließenden normativen Regelung. Es dürfte hier eher eine schuldrechtliche Abrede der Tarifvertragsparteien in Frage kommen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass bei den Matrices als Anhang zur Überleitungsvereinbarung die Schriftform gewahrt ist, mit welchem ggf. auszulegenden Inhalt des Tarifvertrages auch immer. Im Übrigen ordnet die Matrix der Stelle des Klägers (lfd. Nr. 202) keinen Stern * zu, so dass hinsichtlich seiner Stelle eine Nachverhandlung nach dem ausdrücklichen Wortlaut des „Sideletters“, auf den sich der Kläger für sein Argument beruft, ausgeschlossen ist.
43bb) Das Arbeitsverhältnis der Parteien wird von den Überleitungsregelungen, insbesondere von der Zuordnungsmatrix zur Überleitungsvereinbarung vom erfasst. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Stelle des Klägers von der laufenden Nr. 202 „LHT Sachbearbeiter“ erfasst ist.
44(1) Dort ist die alte Planstellenbezeichnung mit „Garantieabwicklung“ angegeben. Dies entspricht in der Sache der Arbeitsplatzbezeichnung in der Arbeitsplatzbeschreibung vom . Dort heißt es „Sachbearbeiter Garantie im Customer Engineering“. Der Kläger hat sich in der Revisionsbegründung zwar auf den unterschiedlichen Wortlaut berufen, jedoch nicht angegeben, worin der Unterschied in der Sache besteht. Die ergänzende Bezeichnung „im Customer Engineering“ stellt lediglich eine sachliche Spezifizierung der Sachbearbeitertätigkeit des Klägers dar. Ein Unterschied zwischen den Begriffen „Sachbearbeiter Garantie“ und „Sachbearbeiter Garantieabwicklung“, der deutlich machen könnte, dass die Stelle des Klägers mit der tariflichen Umschreibung nicht gemeint sein kann, ist vom Kläger nicht dargelegt worden und aus dem Wortlaut auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch sonst keine sachliche Abweichung der von der Matrix erfassten von seiner eigenen Tätigkeit dargelegt.
45(2) Auch die diesen alten Planstellenbezeichnungen zugeordneten bisherigen Vergütungsgruppen, hier: „13/14“, sind zutreffend und umfassen die bisherige Eingruppierung des Klägers in der VergGr. 14 VRTV 1989.
46(3) Hieran ändert auch nichts, dass der Kläger - zutreffend - darauf hinweist, dass in der weiteren Matrixspalte „Anzahl der Mitarbeiter (circa)“ unter der für seine Betriebsstätte maßgebenden Abkürzung „WF“ (Wartungsbetrieb F) die Zahl „0“ angegeben ist. Das Landesarbeitsgericht hat insofern zutreffend ausgeführt, dass diese Rubrik nicht zu den in der Protokollnotiz III zum TV VS Technik/IT verbindlich vorgegebenen Daten gehört und dass sich ferner aus der Matrix selbst ergebe, dass es sich lediglich um ungefähre Zahlenangaben handele („circa“). Der Akt der Eingruppierung umfasse lediglich die Bewertung und Zuordnung einer Tätigkeit, nicht dagegen die Festlegung, wie viele konkrete Personen hiervon betroffen seien. Letztlich sei auch nicht zu erkennen, an welcher Stelle der Matrix die Zuordnung des Klägers ansonsten erfolgt sei. Die Revision hat keine Rechtsfehler gegenüber diesen Ausführungen dargelegt.
47(4) Die Revision beruft sich auch zu Unrecht darauf, dass die Stelle des Klägers in den neuen Arbeitsplatzbeschreibungen als Sachbearbeiter mit „SB 5 Garantieabwicklung“ angegeben ist und dies auf einer willkürlichen Änderung durch die Beklagte beruhe.
48(a) Gegenstand der Beschreibung der bisherigen Stelle in der Matrix ist die Tätigkeit „Sachbearbeiter Garantieabwicklung“. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass diese Beschreibung nicht seiner Tätigkeit entspricht.
49(b) Die in der Tat von der Beklagten gewählte neue Bezeichnung „SB 5 Garantieabwicklung“ ist für die Erfassung des Klägers von der Matrix unbeachtlich. Sie ist zwar als Überschrift für die neue Stellenbeschreibung vom gewählt worden. Entscheidend ist jedoch die Zusammenstellung der dieser Stelle zugeordneten Aufgaben, die nahezu identisch ist mit der früheren Stellenbeschreibung des Klägers vom , die der Kläger selbst mit der Klageschrift vorgelegt hat, die ihrerseits einer weiteren Stellenbeschreibung aus Juni 2005 wörtlich entspricht. Der Kläger behauptet auch nicht, die Tätigkeiten aus der Stellenbeschreibung vom seien von ihm nicht zu leisten.
50Die Bezeichnung „SB 5“ knüpft insoweit ersichtlich an die Einordnung der Sachbearbeitungs-Tätigkeiten im TV VS Technik/IT an. Dort sind, beginnend mit der Bezeichnung „Sachbearbeiter 1“ in der VergGr. 3A TV VS Technik/IT, die steigenden Anforderungen in nummerisch aufsteigenden Klassifizierungen genannt, bis hin zu „Sachbearbeiter 6“ in der VergGr. 4A TV VS Technik/IT, wie es in § 2 Abs. 3 TV VS Technik/IT vorgesehen ist. Die Stelle des Klägers, die nach der Zuordnungsmatrix der VergGr. 3E TV VS Technik/IT zugeordnet wurde, ist damit lediglich überschrieben mit dem im entsprechenden Tätigkeitsmerkmal gewählten Begriff. Entscheidend ist jedoch die tatsächliche übertragene und wahrgenommene Tätigkeit.
51(5) Soweit der Kläger sich in der Revision unter Benennung eines Zeugen darauf beruft, er habe inzwischen erfahren, dass seine Stelle bei der Erstellung der Matrix von den Tarifvertragsparteien tatsächlich übersehen worden sei, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der in der Revisionsinstanz grundsätzlich unbeachtlich ist. Darüber hinaus erklärt dieser Vortrag auch nur die aus den dargelegten Gründen nicht erhebliche Angabe 0 in der Zuordnungsmatrix, was die Stellen in der Garantieabwicklung am Standort Wartungsbetrieb F angeht. Er spricht nicht gegen die Richtigkeit der Überleitung des Klägers in das neue Vergütungssystem auf der Grundlage der Zuordnungsmatrix, für die es nur auf die ausgeübte Tätigkeit, nicht auf deren Erfassung in einer Planstelle ankommt.
III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos bleibt, § 97 Abs. 1 ZPO.
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Fundstelle(n):
CAAAE-06613