Örtliche Zuständigkeit der Vollstreckungsbehörde nach Verlegung des Wohnsitzes des Schuldners
Gesetze: AO § 26, AO § 284 Abs. 5
Instanzenzug:
Gründe
1 I. Wegen erheblicher Steuerschulden aus einem vormalig in X betriebenen Gewerbe hatte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt —FA—), noch nach dem Wegzug des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) vergeblich die Vollstreckung in dessen Vermögen betrieben. Daraufhin forderte es den Kläger am auf, „am ” in den Räumen des FA zu erscheinen, ein Vermögensverzeichnis vorzulegen und dessen Richtigkeit an Eides statt zu versichern. Einspruch und Klage, mit denen der Kläger unter anderem die örtliche Unzuständigkeit des FA rügte, blieben erfolglos, nachdem das FA die Verfügung hinsichtlich der Terminierung und des Abnahmeortes für die eidesstattliche Versicherung aufgehoben hatte. Das Finanzgericht (FG) urteilte, der Klageabweisung stehe nicht entgegen, dass das FA den Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung aufgehoben habe. Durch die Aufhebung dieses unselbstständigen Teiles sei der Verwaltungsakt im Übrigen nicht berührt worden. Das beklagte FA sei als beitreibende Vollstreckungsbehörde befugt gewesen, die Vorlage des Vermögensverzeichnisses und die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung anzuordnen. Denn wie sich aus dem Anwendungserlass zu § 26 der Abgabenordnung (AO) ergebe, bleibe das Betriebsfinanzamt auch nach Verlegung des Wohnsitzes grundsätzlich für die Betriebssteuern und deren Beitreibung zuständig. Allerdings sei zur Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach § 284 Abs. 5 Satz 1 AO die Vollstreckungsbehörde zuständig, in deren Bezirk sich der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Vollstreckungsschuldners befinde, es sei denn, dieser sei zur Abgabe auch gegenüber der örtlich unzuständigen Anordnungsbehörde bereit (§ 284 Abs. 5 Satz 2 AO). Dementsprechend habe das FA die Terminbestimmung aufgehoben, nachdem sich der Kläger auf dessen Unzuständigkeit berufen habe. Die Wirksamkeit der Anordnung als solche sei dadurch nicht berührt. In der Sache habe das FA den Kläger zu Recht zur Abgabe des Vermögensverzeichnisses und der eidesstattlichen Versicherung aufgefordert.
2 Zur Begründung seiner Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision macht der Kläger geltend, das FG habe die sich aus § 284 Abs. 5 AO ergebende Unzuständigkeit des FA nicht beachtet. Es gebe noch keine Entscheidung des Bundesfinanzhofs, die eine Ausschaltung oder Umgehung des § 284 Abs. 5 AO für rechtmäßig erkläre. Deshalb sei die Klärung dieser Rechtsfrage zur Fortbildung des Rechts nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO unerlässlich. Verfahrensfehlerhaft sei, dass das FG ohne richterlichen Hinweis überraschend entschieden und so der Kläger keine Möglichkeit gehabt habe, die Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umzustellen. Durch Versagen der Zulassung würde überdies der Kläger um seinen gesetzlichen Richter gebracht und sein Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
3 II. Die Beschwerde ist —bei Zweifeln an ihrer Zulässigkeit— jedenfalls unbegründet. Keiner der vom Kläger geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision liegt vor.
4 1. Selbst wenn das Beschwerdevorbringen dahin ausgelegt werden könnte, es bedürfe höchstrichterlicher Klärung, ob die Zuständigkeitsregelung des § 284 Abs. 5 AO sich auch auf die Anordnung der Abgabe eines Vermögensverzeichnisses und der eidesstattlichen Versicherung beziehe, rechtfertigte das nicht die Revisionszulassung. Denn aus dem Wortlaut der Vorschrift ergibt sich ohne weiteres, dass sie eine besondere Zuständigkeit für die Abnahme der eidesstattlichen Versicherung in dem Falle regelt, dass sich der Wohnsitz oder Aufenthaltsort des Vollstreckungsschuldners nicht (mehr) im Zuständigkeitsbereich der die Vollstreckung betreibenden Behörde befindet. Die Zuständigkeit der die Vollstreckung betreibenden Behörde, also auch derjenigen, die die Abgabe des Vermögensverzeichnisses und der eidesstattlichen Versicherung anordnet, ist in dieser Vorschrift nicht geregelt.
5 2. Nicht nachvollziehbar ist die Rüge, das FG habe verfahrensfehlerhaft einen Hinweis auf den klageabweisenden Ausgang des Verfahrens unterlassen und dadurch die Umstellung der Klage in eine Fortsetzungsfeststellungsklage verhindert, mit der im Nachhinein die Rechtswidrigkeit der unwirksamen Anordnung hätte festgestellt werden können. Der Kläger übersieht, dass das FG der Aufhebung der Terminbestimmung keine eigenständige Bedeutung beigemessen und die verbliebene Anordnung als rechtmäßig beurteilt hat. Bei dieser Rechtsauffassung hatte das FG keine Veranlassung, in richterlicher Fürsorge auf eine Änderung der gestellten Anträge hinzuwirken.
6 3. Da keiner der gesetzlich abschließend geregelten Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO vorliegt, ist eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder die Versagung des gesetzlichen Richters durch die Ablehnung der Zulassung der Revision ausgeschlossen.
Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 690 Nr. 5
UAAAE-04394