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Oberfinanzdirektion Magdeburg - S 2706 - 39 - St 217

Steuerrechtliche Behandlung der Gutachterausschüsse

Die Gutachterausschüsse werden nach § 1 Abs. 1 der Verordnung über die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte (VO Gut) für die Ermittlung von Grundstückswerten und sonstige Wertermittlungen für den Bereich jedes Katasteramtes als Einrichtung des Landes gebildet. Das Land als Körperschaft des öffentlichen Rechts unterliegt mit seinen Einrichtungen nur dann der Körperschaftsteuer, wenn es einen Betrieb gewerblicher Art (BgA) i. S. d. § 4 KStG unterhält. BgA von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 4 Abs. 1 KStG alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben. Nicht zu den BgA gehören dagegen Betriebe, die überwiegend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen.

Nach H 6 (Überwiegende Zweckbestimmung) KStH 2008 muss die wirtschaftliche Tätigkeit, die zu einem BgA führen soll, von einigem Gewicht sein. Ein wichtiger Anhaltspunkt hierfür ist, dass der Jahresumsatz i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 30.678 € nachhaltig übersteigt. Wird ein nachhaltiger Jahresumsatz von über 30.678 € nicht erreicht, ist ein BgA nur anzunehmen, wenn hierfür besondere Gründe vorgetragen werden (R 6 Abs. 5 KStR 2004). Solche Gründe sind insbesondere gegeben, wenn die juristische Person des öffentlichen Rechts mit ihrer Tätigkeit zu anderen Unternehmen unmittelbar in Wettbewerb tritt.

Die Gutachterausschüsse für Grundstückswerte erbringen folgende Leistungen:

  1. Erstattung von Gutachten über den Verkehrswert von Grundstücken für Behörden, Gerichte und private Auftraggeber (§ 193 Abs. 1 BauGB)

  2. Führung einer Kaufpreissammlung und die Erteilung von Auskünften aus dieser Sammlung (§ 195 BauGB)

  3. Ermittlung und Veröffentlichung von Bodenrichtwerten (§ 196 BauGB)

  4. Zustandsfeststellungen für ein Grundstück oder einen Grundstücksteil auf Antrag der Enteignungsbehörden (§ 5 Abs. 2 VO Gut)

  5. Erstattung von Gutachten über Miet- und Pachtwerte, Teilwerte von Grundstücken und Mietwertübersichten (§ 5 Abs. 3 VO Gut).

Aus steuerrechtlicher Sicht sind lediglich die unter 2. und 3. beschriebenen Tätigkeiten dem hoheitlichen Handlungsbereich zuzuordnen, weil diese den Gutachterausschüssen eigentümlich und vorbehalten sind. Die unter 1., 4. und 5. beschriebenen Tätigkeiten können dagegen auch von privaten Sachverständigen oder Gutachtern durchgeführt werden und stellen aufgrund der (möglichen) Wettbewerbssituation keine hoheitlichen Tätigkeiten dar, die den Gutachterausschüssen eigentümlich und vorbehalten sind. Es handelt sich insoweit um wirtschaftliche Tätigkeiten.

Dabei ist zu beachten, dass die ihrem Inhalt nach wirtschaftlichen Tätigkeiten der Gutachterausschüsse auch nicht dadurch zur Ausübung hoheitlicher Gewalt werden, dass sie im Wege der Amtshilfe gegenüber einem anderen Hoheitsträger erfolgen. Damit gehören z. B. auch Entgelte für Gutachten über den Verkehrswert von Grundstücken, die für andere Behörden oder Gerichte erteilt werden, zum wirtschaftlichen Tätigkeitsbereich der Gutachterausschüsse.

Für die steuerrechtliche Beurteilung als BgA kommt ferner der Frage nach dem Umfang der wirtschaftlichen Tätigkeiten besondere Bedeutung zu. Bis zu einem nachhaltigen Jahresumsatz von 30.678 € ist grundsätzlich kein BgA anzunehmen, es sei denn, dass von den Gutachterausschüssen gegenüber der Finanzverwaltung besondere Gründe für eine Bedeutsamkeit (z. B. Wettbewerb zu privaten Sachverständigen) vorgetragen werden (vgl. R 6 Abs. 5 Satz 6 KStR 2004). Die Umsatzgrenze ist dabei für jeden Gutachterausschuss gesondert zu prüfen.

Das Ministerium des Innern (MI) führt hierzu im Runderlass vom (MBI. LSA 50/1997, S. 1838) u. a. aus, die Umsätze der Gutachterausschüsse bei Verkehrswertermittlungen für private und öffentliche Auftraggeber unterlägen auch dann der Umsatzsteuer, wenn die Umsatzgrenze von 30.678 € im Einzelfall nicht überschritten ist. Diese Aussage lässt darauf schließen, dass auch die Gutachterausschüsse, die einen nachhaltigen Jahresumsatz von mehr als 30.678 € nicht erzielen, eine Wettbewerbssituation vortragen werden und damit einen BgA begründen. Da das Land Sachsen-Anhalt mit den Gutachterausschüssen die für die Umsatzbesteuerung notwendige Unternehmereigenschaft nach § 2 Abs. 3 Satz 1 UStG nur im Rahmen eines BgA erlangt, bewirkt das Vortragen einer Wettbewerbssituation auch unmittelbar deren Unternehmereigenschaft.

Das MI hat im Einvernehmen mit dem Ministerium für Finanzen (MF) am einen Runderlass herausgegeben (a. a. O.), der im Wesentlichen Hinweise zur umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung der Gutachterausschüsse enthält. Der Runderlass ist zum in Kraft getreten. Die obigen Ausführungen und die Hinweise in dem Runderlass sind deshalb für die Besteuerung der Gutachterausschüsse ab dem Veranlagungszeitraum 1998 zu beachten.

Sämtliche Gutachterausschüsse, die noch nicht steuerlich geführt werden, sind zur Abgabe entsprechender Steuererklärung für 1998 (bzw. für Folgejahre) aufzufordern. Von der Annahme eines BgA und einer Veranlagung ist nur abzusehen, wenn der Jahresumsatz aus den in Nrn. 1, 4 und 5 beschriebenen Tätigkeiten zusammen 30.678 € nicht überschreitet und besondere Gründe für eine Bedeutsamkeit nicht vorgetragen werden (vgl. R 6 Abs. 5 Satz 6 KStR 2004).

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Fundstelle(n):
JAAAE-02367