Zuständigkeit für Arbeitnehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland
Für Arbeitnehmer ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland ist zu unterscheiden, ob sie
beschränkt steuerpflichtig sind und die Besteuerung der Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen mit dem vorgenommenen Steuerabzug als abgegolten gilt (§ 50 Abs. 2 Satz 1 EStG) oder
beschränkt steuerpflichtig sind und die Besteuerung der Einkünfte, die dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterliegen mit dem vorgenommenen Steuerabzug nicht als abgegolten gilt, weil als Lohnsteuerabzugsmerkmal ein Freibetrag nach § 39a Abs. 4 EStG gebildet worden ist und der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn 10.200 Euro übersteigt (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe a EStG i. V. m. § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG) oder
beschränkt steuerpflichtig sind, aber als Staatsangehörige eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet und dortigem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt auf Antrag veranlagt werden (§ 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b EStG) oder
wegen § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln sind.
Für diese Arbeitnehmer werden vom Betriebsstättenfinanzamt Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet (§ 39 Abs. 2 Satz 2 EStG). Wurde diesen Arbeitnehmern keine Identifikationsnummer zugeteilt, hat ihnen das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen (§ 39 Abs. 3 EStG), die die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber zu Beginn des Kalenderjahres oder beim Eintritt in das Dienstverhältnis vorzulegen haben.
1. Arbeitnehmer, die auf Antrag gem. § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden
Für Arbeitnehmer, die in ihrer Person die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG erfüllen, werden vom Betriebsstättenfinanzamt Lohnsteuerabzugsmerkmale gebildet. Wurde diesen Arbeitnehmern keine Identifikationsnummer zugeteilt, hat ihnen das Betriebsstättenfinanzamt auf Antrag eine Bescheinigung für den Lohnsteuerabzug auszustellen, die die Arbeitnehmer dem Arbeitgeber vorzulegen haben. Die Bildung von Lohnsteuerabzugsmerkmalen oder die Ausstellung der Bescheinigung führt dazu, dass diese Fälle als Pflichtveranlagungsfälle zu behandeln sind (§ 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe b EStG). Für die Veranlagung ist das Betriebstättenfinanzamt des Arbeitgebers zuständig (§ 46 Abs. 2 Nr. 7 Buchstabe b 2. Halbsatz EStG).
Ausnahmen:
Für Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland, die bei einem Unternehmer nach
§ 20a Abs. 1 AO (ausländischer Werkvertragsunternehmer aus dem Baubereich) oder
§ 20a Abs. 2 AO (ausländischer Verleiher von im Baugewerbe eingesetzten Arbeitnehmern)
beschäftigt sind, ist das in § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 der Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung für seinen Wohnsitzstaat genannte Finanzamt das zuständige Finanzamt (§ 1 der Arbeitnehmer-Zuständigkeitsverordnung-Bau, BStBl 2001 I S. 603 i. V. m. § 20a Abs. 1 bis Abs. 3 AO; im amtlichen AO-Handbuch abgedruckt zu § 20a).
Für Arbeitnehmer mit Wohnsitz im Ausland, die bei Werkvertragsunternehmen, die keine Bauleistungen erbringen, beschäftigt sind und der Unternehmer seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt oder das Unternehmen seine Geschäftsleitung im Ausland hat, ist gemäß der Verordnung über Organisation und Zuständigkeiten in der Bayer. Steuerverwaltung (ZustVSt) Anlage 3 Nr. 14 das Finanzamt München (für die Finanzämter in den Regierungsbezirken Ober-, Niederbayern und Schwaben) und gemäß Nr. 55 das Zentralfinanzamt Nürnberg (für die Finanzämter in den Regierungsbezirken Oberpfalz, Mittel-, Ober- und Unterfranken) das zuständige Finanzamt (vgl. aktuelle Fassung der ZustVSt im AIS unter AO/Zuständigkeit).
2. Arbeitnehmer, die nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt steuerpflichtig sind
2.1. Berücksichtigung eines Freibetrags nach § 39a Abs. 4 EStG
Bei einem als Lohnsteuerabzugsmerkmal gebildeten Freibetrag nach § 39a Abs. 4 EStG oder bei der Eintragung eines Freibetrag auf der Bescheinigung i. S. d. § 39 Abs. 3 EStG gilt die Einkommensteuer für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 50 Abs. 2 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe a EStG nicht als abgegolten. Ob eine Pflichtveranlagung durchzuführen ist, bestimmt sich nach den in § 46 Abs. 2 EStG genannten Tatbeständen (insb. auch unter Beachtung der „Bagatellgrenze” (Jahresarbeitslohn 10.200 Euro) des § 46 Abs. 2 Nr. 4 EStG). Ist eine Veranlagung durchzuführen, so ist das Finanzamt zuständig, das für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und die Ausstellung der Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG zuständig ist.
Zur Bestimmung des Finanzamts bei ausländischen Arbeitnehmern im Sinne der Arbeitnehmer-Zuständigkeitsverordnung-Bau vgl. Tz 1a; bei ausländischen Arbeitnehmern von ausländischen Unternehmen bzw. Unternehmern, die Werkleistungen erbringen, die keine Bauleistungen sind vgl. Tz 1b.
2.2. Staatsangehörige von EU-Mitgliedsstaaten oder Staaten, auf die das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet mit dortigem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt
Für diese Fallgruppe wird auf Antrag eine Veranlagung zur beschränkten Steuerpflicht durchgeführt (vgl. § 50 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Buchstabe b EStG). Die Veranlagung ist gem. § 50 Abs. 2 Satz 3 EStG von dem Finanzamt durchzuführen, das für die Bildung der Lohnsteuerabzugsmerkmale und die Ausstellung der Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG zuständig ist.
Zur Bestimmung des Finanzamts bei ausländischen Arbeitnehmern im Sinne der Arbeitnehmer-Zuständigkeitsverordnung-Bau vgl. Tz 1a; bei ausländischen Arbeitnehmern von ausländischen Unternehmen bzw. Unternehmern, die Werkleistungen erbringen, die keine Bauleistungen sind vgl. Tz 1b.
2.3. Übrige Fälle mit Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG
Ausländische Arbeitnehmer, die in ihrer Person die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG erfüllen, für die aber nicht bereits beim Lohnsteuerabzug die unbeschränkte Steuerpflicht angenommen wird, erhalten auf Antrag beim Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung gem. § 39 Abs. 3 EStG für beschränkt Steuerpflichtige.
Beantragt ein Arbeitnehmer, der eine Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG für beschränkt Steuerpflichtige erhalten hat, nach Ablauf des Kalenderjahrs die Durchführung einer Einkommensteuerveranlagung unter Anwendung des § 1 Abs. 3 EStG, so bestimmt sich die örtliche Zuständigkeit mangels einer besonderen Zuständigkeitsregelung im EStG nach § 19 Abs. 2 AO, wenn kein Fall der Arbeitnehmer-Zuständigkeitsverordnung-Bau oder der zentralen Zuständig-keit beim Finanzamt München bzw. beim Zentralfinanzamt Nürnberg gegeben ist (vgl. Tz 1).
Liegt ein Fall des § 19 Abs. 2 AO vor, ist, soweit der Steuerpflichtige im Inland kein Vermögen hat, für die Durchführung der Veranlagung das Finanzamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk die Tätigkeit im Inland vorwiegend ausgeübt oder verwertet wird oder worden ist.
Ersatzzuständigkeit nach § 24 AO für Fälle des § 19 Abs. 2 AO
Falls wegen der Art der Tätigkeit nicht festgestellt werden kann, wo der Steuerpflichtige diese überwiegend ausübt, ist das für die Ausstellung der Bescheinigung nach § 39 Abs. 3 EStG zuständige Finanzamt als das örtlich zuständige anzusehen.
Die bisherige Karte 2 (Kontroll-Nr. 05/2011) ist auszureihen.
Bayerisches Landesamt für Steuern v. - S 0122.2. 1-1/5 St42
Fundstelle(n):
NWB UAAAE-01844