Leitsatz
1. Unterhält der Steuerpflichtige mehrere wirtschaftlich, organisatorisch und finanziell voneinander unabhängige Gewerbebetriebe,
wobei jeweils Betriebsfinanzamt und Wohnsitzfinanzamt auseinanderfallen, so ist für jeden Betrieb eine gesonderte Feststellung
der Einkünfte durchzuführen.
2. Eine Vereinbarung über die rein örtliche Zuständigkeit nach § 27 AO bzw. eine Heilung von Fehlern, die ausschließlich die
örtliche Zuständigkeit betreffen, nach § 127 AO, ist bei der gesonderten Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AO
immer dann zulässig, wenn die sachliche Zuständigkeit dadurch nicht auch betroffen ist.
3. Übersendet das eigentlich örtlich zuständige FA Akten zuständigkeitshalber an ein anderes FA, und führt jenes FA ohne Einwendungen
gegen die Aktenabgabe seit dieser Zeit die Veranlagung des betreffenden Steuerfalls durch, so ist in diesem Verwaltungshandeln
eine Zuständigkeitsvereinbarung i. S. v. § 27 AO zwischen den beiden FA zu sehen.
4. Die Einreichung der Steuererklärung bei demjenigen FA, welches die Besteuerung aufgrund der Zuständigkeitsvereinbarung
übernommen hat, ist als Zustimmungserklärung des betroffenen Steuerpflichtigen zu verstehen, wenn die Zuständigkeitsvereinbarung
auf Betreiben des Steuerpflichtigen im Anschluss an eine Umsatzsteuersonderprüfung zwischen den beiden FA getroffen wurde.
5. Eine die gesonderte Feststellung gewerblicher Einkünften betreffende Zuständigkeitsvereinbarung, die zwischen zwei FA aus
verschiedenen Bundesländern getroffen wurde, die also die verbandsmäßige Zuständigkeit betrifft, ist rechtsgültig, weil die
verbandsmäßige Zuständigkeit für die Einkommensteuer nicht wesentlich ist.
6. Ein versehentlicher Übertragungsfehler der bei der Veranlagung beabsichtigten und in der Probeberechnung dargestellten
Feststellungsmerkmale in den manuellen Feststellungsbescheid bzw. in die manuelle Anlage zum Feststellungsbescheid stellt
eine Unrichtigkeit gemäß § 129 AO dar.
7. Die Unrichtigkeit „Nichtanordnung des Vorbehalts der Nachprüfung” ist i. S. d. § 129 S. 1 AO offenbar, wenn die erkennbaren
Tatsachen, nämlich die Proberechnung mit dem Vorbehalt der Nachprüfung in den Akten, der Vorbehalt der Nachprüfung in den
anderen Steuerfestsetzungen für den streitigen Veranlagungszeitraum und die beabsichtigte Betriebsprüfung für das Streitjahr,
keine andere Auslegung durch einen objektiven Dritten zulassen, als dass eine Veranlagung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung
geplant, aber aus nicht erkennbaren Gründen nicht im Bescheid angeordnet worden war.