EuGH Urteil v. - Rs. C-250/08

Leitsatz

Leitsatz:

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.

Gründe

Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass das Königreich Belgien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus den Art. 18 EG, 43 EG und 56 EG sowie den Art. 31 und 40 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum vom (ABl. 1994, L 1, S. 3, im Folgenden: EWR-Abkommen) verstoßen hat, dass in der Flämischen Region für die Berechnung einer Steuervergünstigung beim Kauf einer zum neuen Hauptwohnsitz bestimmten Immobilie der Betrag der Eintragungsabgaben, die beim Kauf eines früheren Hauptwohnsitzes gezahlt wurden, nur berücksichtigt wird, wenn sich dieser in der Flämischen Region befand, nicht aber, wenn er sich in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien oder in einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) befand.

Nationaler rechtlicher Rahmen

Art. 61/3 des Wetboek der registratie-, hypotheek- en griffierechten (Gesetzbuch über Eintragungs-, Hypotheken- und Kanzleiabgaben) in der Fassung des am durch die Flämische Region erlassenen Dekrets (im Folgenden: Wb.Reg.) führte in der Flämischen Region die Regelung der "Anrechenbarkeit" von Eintragungsabgaben ein. Dieser Artikel bestimmt:

"Im Fall des einfachen Kaufs einer zu Wohnzwecken genutzten oder bestimmten Immobilie durch eine natürliche Person zum Zweck der Errichtung ihres Hauptwohnsitzes wird ihr gesetzlicher Anteil an den Abgaben, die gemäß Art. 44, 53 Abs. 2 oder 57 auf den Kauf der Wohnung, die ihr zuvor als Hauptwohnsitz gedient hat, oder des Baugrundstücks, auf dem die Wohnung errichtet ist, geschuldet waren, mit ihrem gesetzlichen Anteil an den auf den Neukauf geschuldeten Abgaben verrechnet, sofern der Neukauf auf einen Zeitpunkt innerhalb von zwei Jahren ab dem Datum der Eintragung der Urkunde datiert ist, die maßgebend ist für die Berechnung der anteiligen Abgabe auf entweder den einfachen Wiederverkauf der Wohnung, die ihr zuvor als Hauptwohnsitz gedient hat, oder auf die Teilung des Gemeinschaftseigentums an der Wohnung, bei der die natürliche Person alle ihre Rechte daran aufgibt.

Von der Verrechnung nach Maßgabe dieses Artikels ausgeschlossen sind die Abgaben, die auf den Erwerb einer Immobilie entrichtet wurden, die nicht in der Flämischen Region belegen ist.

Zusätzliche Abgaben, die - gleichgültig aus welchem Grund - auf einen Erwerb erhoben werden, sind ebenfalls von der Verrechnung ausgeschlossen.

Die Verrechnung nach den Bestimmungen dieses Artikels ist auf keinen Fall Grund für eine Erstattung.

Gehen einem Vorgang im Sinne von Abs. 1 ein oder mehr solcher Vorgänge und/oder ein oder mehr Vorgänge im Sinne von Art. 212bis Abs. 1 voraus, werden gegebenenfalls die bei den vorangegangenen Vorgängen aufgrund von Abs. 3 oder Abs. 5 des vorliegenden Artikels noch nicht verrechneten Abgaben und/oder die aufgrund von Art. 212bis Abs. 3 oder 5 noch nicht erstatteten Abgaben dem gesetzlichen Anteil der natürlichen Person an den gemäß Art. 44, 53 Abs. 2 oder 57 geschuldeten Abgaben auf den vorletzten Erwerb hinzugerechnet, um den beim letzten Erwerb verrechenbaren Betrag zu bestimmen.

Der nach Abs. 1 oder 4 erlangte Verrechnungsbetrag darf 12 500 Euro nicht übersteigen. Dieser maximale Verrechnungsbetrag wird im Verhältnis zu dem Anteil bestimmt, den die natürliche Person an der neu erworbenen Immobilie erlangt."

Der in der Flämischen Region anwendbare Art. 212bis Wb.Reg. sieht unter denselben Voraussetzungen und mit analogem Wortlaut vor, dass die beim ersten Erwerb einer Immobilie in der Flämischen Region entrichteten Eintragungsabgaben erstattet werden, wenn die zuvor in der Flämischen Region erworbene und als Hauptwohnsitz genutzte Immobilie innerhalb von zwei Jahren oder, bei einem Baugrundstück, innerhalb von fünf Jahren ab dem in der Flämischen Region erfolgten Kauf einer zum neuen Hauptwohnsitz bestimmten Wohnung verkauft wird.

Vorverfahren

Da die Kommission die Auffassung vertrat, dass Art. 61/3 Wb.Reg. gegen die Art. 18 EG, 43 EG und 56 EG sowie gegen die Art. 31 und 40 des EWR-Abkommens verstoße, forderte sie das Königreich Belgien mit Mahnschreiben vom auf, sich zu diesen Verstößen zu äußern.

Das Königreich Belgien stellte in seiner Antwort vom die Gründe dar, aus denen es der Ansicht war, dass die betreffende Regelung weder gegen den EG-Vertrag noch gegen das EWR-Abkommen verstoße.

Daraufhin forderte die Kommission das Königreich Belgien in einer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom auf, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Stellungnahme binnen zwei Monaten ab ihrem Zugang nachzukommen.

Am antworteten die belgischen Behörden der Kommission, dass die fragliche Steuerregelung keine Vertragsverletzung darstelle. Selbst wenn dies jedoch der Fall wäre, entspräche diese Regelung den Erfordernissen, die der Gerichtshof in seinem Urteil vom , Bachmann (C-204/90, Slg. 1992, I-249), hinsichtlich der Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Steuern aufgestellt habe, so dass sie unionsrechtlich zulässig sei, da sie die Wahrung der Kohärenz des belgischen Steuersystems ermögliche.

Da der Kommission diese Antwort nicht genügte, hat sie die vorliegende Klage erhoben.

Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom ist die Republik Ungarn als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge des Königreichs Belgien zugelassen worden.

Zur Klage

Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

Die Kommission trägt erstens vor, dass die streitige Regelung gegen Art. 18 EG verstoße.

Das Recht der Unionsbürger, sich in einem anderen Mitgliedstaat als ihrem Herkunftsstaat "aufzuhalten", umfasse das Recht, dort ihren Hauptwohnsitz zu begründen, und damit auch das Recht, diesen zu kaufen oder zu bauen. Indem die Flämische Region für Personen, die Immobilien in dieser Region kauften, nur dann eine Verringerung der Eintragungsabgaben vorsehe, wenn sie dort bereits einen Hauptwohnsitz hätten, gewähre sie ihnen eine Steuervergünstigung, die Personen, die zuvor ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien erworben hätten, nicht erhielten. Diese Diskriminierung erfolge in Bezug auf einen wesentlichen Aspekt des Rechts auf innergemeinschaftliche Mobilität, nämlich den Erwerb einer Immobilie.

Zweitens verstoße diese Regelung gegen Art. 43 EG über das Niederlassungsrecht und gegen Art. 31 des EWR-Abkommens.

Die Niederlassungsfreiheit umfasse nach Art. 44 Abs. 2 Buchst. e EG auch das Recht, Grundbesitz im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats zu erwerben. In der Regelung der Flämischen Region über die Eintragungsabgaben werde jedoch zwischen Staatsangehörigen aus der Gemeinschaft, die den Ort des Sitzes ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verlagerten, danach unterschieden, ob die Verlagerung innerhalb der Flämischen Region oder aus einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien in diese Region erfolge. Diese Diskriminierung betreffe insbesondere die "selbständigen" Tätigkeiten, da bei diesen der Ort der Niederlassung häufig mit dem des Hauptwohnsitzes des Selbständigen zusammenfalle.

Da Art. 31 des EWR-Abkommens den Angehörigen von EFTA-Staaten mit weitgehend gleichem Wortlaut das Niederlassungsrecht verleihe, verstoße die streitige Regelung auch gegen diesen Artikel.

Drittens verstoße die streitige Regelung gegen Art. 56 EG, da dieser alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen Mitgliedstaaten verbiete, unter den auch die Vorgänge fielen, durch die Gebietsfremde Immobilieninvestitionen tätigten, wie sich aus der Nomenklatur für den Kapitalverkehr in Anhang I der Richtlinie 88/361/EWG des Rates vom zur Durchführung von Artikel [56 EG] (ABl. 178, S. 5) ergebe. Das Gleiche gelte für Art. 40 des EWR-Abkommens, der im Wesentlichen Art. 56 EG entspreche.

Schließlich behandle die streitige Entscheidung objektiv vergleichbare Situationen ungleich. Die Situationen seien im vorliegenden Fall vergleichbar, weil es sich in allen Fällen um Personen handle, die den Ort ihres Hauptwohnsitzes innerhalb der Europäischen Union und des Europäischen Wirtschaftsraums verlagerten. Es sei nicht danach zu unterscheiden, ob sich die Verlagerung auf die Flämische Region beschränke oder von einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien in diese Region erfolge. Zwar fielen in beiden Fällen beim Erwerb des neuen Hauptwohnsitzes Eintragungsabgaben an, doch gewähre die flämische Regelung nur denjenigen Personen eine Steuervergünstigung, die zuvor über einen Hauptwohnsitz in der Flämischen Region verfügt hätten.

Die Diskriminierung sei auch nicht aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt.

Was die vom Königreich Belgien angeführten Gründe der Steuerkohärenz angehe, könne sich dieser Mitgliedstaat nicht mit Erfolg auf das Urteil Bachmann (Randnr. 21) und das Urteil vom , Kommission/Belgien (C-300/90, Slg. 1992, I-305, Randnr. 14), berufen, in denen der Gerichtshof die Notwendigkeit, die Kohärenz der Steuerregelung zu wahren, als Rechtfertigungsgrund für eine Verletzung der Freizügigkeit anerkannt habe.

Damit diese Rechtfertigung anerkannt werde, müsse nämlich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der betreffenden Steuervergünstigung und dem Ausgleich dieses Vorteils durch eine bestimmte steuerliche Belastung nachgewiesen werden (Urteil vom , Amurta, C-379/05, Slg. 2007, I-9569, Randnr. 46). Diese Rechtsprechung wolle verhindern, dass dasselbe Geschäft zweimal oder gar nicht besteuert werde. Im vorliegenden Fall bestehe aber kein unmittelbarer steuerlicher Zusammenhang zwischen dem Erwerb des ersten Hauptwohnsitzes und den entsprechenden Eintragungsabgaben auf der einen Seite und dem Erwerb des zweiten Hauptwohnsitzes sowie den aus diesem Anlass erhobenen Eintragungsabgaben auf der anderen Seite.

Das Königreich Belgien führt zunächst aus, dass die fragliche Regelung für alle natürlichen Personen unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit gelte und drei Ziele verfolge, und zwar erstens die Verbesserung der mit der Arbeit verbundenen Mobilität und die entsprechende Verringerung von Pendelverkehr und Staus zum Schutz der Umwelt und der öffentlichen Gesundheit, zweitens die Förderung der Renovierung von Häusern und Wohnungen sowie drittens die Senkung der Mieten.

Zum geltend gemachten Verstoß gegen die Art. 18 EG, 43 EG und 56 EG trägt das Königreich Belgien vor, dass die flämische Regelung nur im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu prüfen sei, da nach ständiger Rechtsprechung der Erwerb eines Grundstücks in einem Mitgliedstaat durch einen Gebietsfremden eine Kapitalbewegung zwischen Mitgliedstaaten darstelle (vgl. Urteile vom , Konle, C-302/97, Slg. 1999, I-3099, Randnr. 22, und vom , Albore, C-423/98, Slg. 2000, I-5965, Randnr. 14) und die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit somit nur eine unmittelbare Folge der Beschränkung des freien Kapitalverkehrs sei (Urteil vom , Casati, 203/80, Slg. 1981, 2595, Randnr. 8). Das Königreich Belgien bezieht sich in diesem Zusammenhang außerdem auf die Urteile vom , Kommission/Portugal (C-367/98, Slg. 2002, I-4731), Kommission/Frankreich (C-483/99, Slg. 2002, I-4781) und Kommission/Belgien (C-503/99, Slg. 2002, I-4809).

Art. 18 EG wiederum könne, da er einen besonderen Ausdruck in den traditionellen Grundfreiheiten finde, autonom nur in Fällen angewandt werden, in denen das Unionsrecht anwendbar sei, für die aber der Vertrag keine besonderen Bestimmungen vorgesehen habe. Das Königreich Belgien verweist hierzu auf die Urteile vom , Skanavi und Chryssanthakopoulos (C-193/94, Slg. 1996, I-929, Randnr. 22), und vom , Oteiza Olazabal (C-100/01, Slg. 2002, I-10981, Randnr. 26).

In der Sache liege keine Verletzung des freien Kapitalverkehrs vor, und zwar in erster Linie deswegen, weil keine Ungleichbehandlung objektiv vergleichbarer Situationen gegeben sei. Was den ersten Erwerb einer zum Hauptwohnsitz bestimmten Wohnung in der Flämischen Region angehe, würden gleiche Situationen gleich behandelt, da jeder Käufer, der erstmals eine zu seinem Hauptwohnsitz in der Flämischen Region bestimmte Wohnung erwerbe, Eintragungsabgaben im Umfang von 10 % des Verkaufswerts der erworbenen Immobilie schulde.

Der zweite Erwerb einer zum Hauptwohnsitz bestimmten Wohnung werde hingegen unterschiedlich behandelt, je nachdem, ob sich der vorherige Hauptwohnsitz in der Flämischen Region befunden habe oder nicht. Das Königreich Belgien beruft sich auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs, insbesondere die Urteile vom , Schumacker (C-279/93, Slg. 1995, I-225), und vom , Wallentin (C-169/03, Slg. 2004, I-6443), wonach sich Gebietsansässige und Gebietsfremde im Hinblick auf die direkten Steuern in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation befänden und es im Allgemeinen nicht diskriminierend sei, wenn ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen versage, die er Gebietsansässigen gewähre.

Das Königreich Belgien macht ferner geltend, dass die fragliche Regelung mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip vereinbar sei, das auf unionsrechtlicher Ebene in den Urteilen vom , Futura Participations und Singer (C-250/95, Slg. 1997, I-2471), sowie vom , Test Claimants in Class IV of the ACT Group Litigation (C-374/04, Slg. 2006, I-11673), anerkannt worden sei und wonach eigenständige Steuersysteme nebeneinander bestünden, ohne in einem hierarchischen Verhältnis zueinander zu stehen. Dies könne zu Diskrepanzen und Verzerrungen führen, die nur die Folge der Unterschiede zwischen den Steuersystemen seien und deshalb nicht in den Geltungsbereich der Vertragsbestimmungen über die Freizügigkeit fielen, wie der Gerichtshof im Urteil vom , Schempp (C-403/03, Slg. 2005, I-6421, Randnr. 45), festgestellt habe.

Schließlich trägt das Königreich Belgien hilfsweise vor, dass die Regelung der Anrechenbarkeit aus Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sei, insbesondere aufgrund des vom Gerichtshof im Urteil Bachmann (Randnr. 28) aufgestellten Grundsatzes der Kohärenz der Steuerregelung, da zwischen dem ersten Kauf einer zum Hauptwohnsitz bestimmten Wohnung und dem beim zweiten Kauf einer derartigen Wohnung gewährten Abzug ein unmittelbarer Zusammenhang bestehe, der sich erst zum Zeitpunkt des letztgenannten Erwerbs konkretisiere.

Die ungarische Regierung schließt sich in ihrem Streithilfeschriftsatz zur Unterstützung des Königreichs Belgien dessen Vorbringen an, insbesondere dem Argument, dass die Situationen nicht objektiv vergleichbar seien und dass folglich nach dem Unionsrecht keine Diskriminierung vorliege.

Die ungarische Regierung verweist auf die Wahrung des steuerlichen Territorialitätsprinzips und vertritt die Auffassung, dass die steuerliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten absolut sei, soweit es um inländische Immobilien und auch deren Erwerb gehe, während im Fall des Erwerbs ausländischer Immobilien keine solche Zuständigkeit bestehe. Da die steuerliche Zuständigkeit der Mitgliedstaaten nicht nur die Festlegung der Steuer, sondern auch die Gewährung von Steuervergünstigungen umfasse, dürften die Mitgliedstaaten ausländische Immobilien von Steuervergünstigungen ausschließen. Die von der Kommission geltend gemachte etwaige Beschränkung der Grundfreiheiten folge zwangsläufig aus der territorialen Aufteilung der steuerlichen Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Jedenfalls sei sie durch den Grundsatz der Kohärenz der Steuerregelung gerechtfertigt.

Würdigung durch den Gerichtshof

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Königreich Belgien der Ansicht ist, die streitige Regelung sei nicht anhand der Art. 18 EG und 43 EG zu prüfen, und daher meint, die geltend gemachte Vertragsverletzung sei nur im Hinblick auf den freien Kapitalverkehr zu beurteilen.

Hierzu ist festzustellen, dass Art. 18 EG nach ständiger Rechtsprechung autonom nur in Fällen angewandt werden kann, in denen das Unionsrecht anwendbar ist, für die aber der Vertrag keine besonderen Bestimmungen vorgesehen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile Skanavi und Chryssanthakopoulos, Randnr. 22, Oteiza Olazabal, Randnr. 26, und vom , Kommission/Deutschland, C-318/05, Slg. 2007, I-6957, Randnrn. 35 und 36).

Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung können Maßnahmen, die geeignet sind, den Erwerb von in anderen Mitgliedstaaten belegenen Immobilien zu verhindern oder zu beschränken, als Beschränkungen des Kapitalverkehrs angesehen werden (vgl. Urteile vom , STEKO Industriemontage, C-377/07, Slg. 2009, I-299, Randnr. 24, sowie vom , Busley und Cibrian Fernandez, C-35/08, Slg. 2009, I-9807, Randnr. 21).

Demnach ist die fragliche Regelung allein anhand von Art. 56 EG zu prüfen. Zum einen ist nämlich Art. 18 EG im vorliegenden Fall nicht autonom anwendbar, da die Fälle, in denen der Kauf eines neuen Wohnsitzes in der Flämischen Region durch eine Person, die nicht aus wirtschaftlichen Motiven von einem anderen Mitgliedstaat in diese Region umzieht, unter den freien Kapitalverkehr fallen. Zum anderen wäre im vorliegenden Fall entsprechend dem Vorbringen des Königreichs Belgien ein Verstoß gegen Art. 43 EG die unvermeidbare Folge eines Verstoßes gegen den freien Kapitalverkehr.

Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese jedoch ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen (Urteile vom , Kommission/Frankreich, C-334/02, Slg. 2004, I-2229, Randnr. 21, vom , Kommission/Griechenland, C-155/09, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 39, und vom , Kommission/Österreich, C-10/10, Slg. 2011, I-0000, Randnr. 23).

Dass die Verfahrensbeteiligten sich nicht darüber einig sind, ob die fraglichen Eintragungsabgaben als direkte oder als indirekte Steuern einzuordnen sind, ist in diesem Zusammenhang unbeachtlich, da, wie die Kommission in ihrer Klageschrift ausführt, die Mitgliedstaaten mangels jeglicher Harmonisierungsmaßnahmen bezüglich der Eintragungsabgaben ihre Befugnisse unter Wahrung des Unionsrechts ausüben müssen. Das bedeutet, dass diese Abgaben einer Prüfung zu unterziehen sind, die der Prüfung der Vereinbarkeit direkter Steuern mit dem Unionsrecht entspricht.

Zunächst ist zu prüfen, ob Art. 61/3 Wb.Reg., der die Regelung der Anrechenbarkeit einführt, entsprechend dem Vorbringen der Kommission eine Beschränkung des in Art. 56 EG und Art. 40 des EWR-Abkommens verankerten freien Kapitalverkehrs darstellt, soweit er den Kauf von Immobilien mit Kapital aus einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien von der durch ihn vorgesehenen Steuervergünstigung ausschließt.

Art. 56 Abs. 1 EG verbietet alle Beschränkungen des Kapitalverkehrs zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und dritten Ländern. Im Vertrag selbst wird der Begriff "Kapitalverkehr" nicht definiert, doch steht fest, dass der Richtlinie 88/361 in Verbindung mit der Nomenklatur in ihrem Anhang Hinweischarakter für die Definition dieses Begriffs zukommt (vgl. Urteil vom , Kommission/Niederlande, C-282/04 und C-283/04, Slg. 2006, I-9141, Randnr. 19). Immobilieninvestitionen werden zum einen in Rubrik II mit dem Titel "Immobilieninvestitionen (soweit nicht unter I erfasst)" des Anhangs I der Richtlinie 88/361 genannt. Zum anderen ergibt sich aus diesem Titel, dass derartige Investitionen implizit von Rubrik I mit dem Titel "Direktinvestitionen" des Anhangs I erfasst werden.

Im vorliegenden Fall sieht Art. 61/3 Wb.Reg. vor, dass im Fall des Kaufs einer zu Wohnzwecken genutzten oder bestimmten Immobilie durch eine natürliche Person zum Zweck der Errichtung ihres Hauptwohnsitzes von den für diese Immobilie zu zahlenden Eintragungsabgaben die Eintragungsabgaben abgezogen werden, die für den vorherigen Wohnsitz gezahlt wurden, der zur Finanzierung des Neukaufs verkauft wurde, soweit der Neukauf innerhalb von zwei Jahren ab dem Verkauf der vorherigen Immobilie erfolgt ist und sich diese in der Flämischen Region befand.

Wie das Königreich Belgien eingeräumt hat, können damit nur natürliche Personen mit Hauptwohnsitz in der Flämischen Region, die unter den Voraussetzungen des Art. 61/3 Wb.Reg. einen neuen Hauptwohnsitz in dieser Region kaufen, in den Genuss dieses Abzugs kommen.

Folglich schließt die Regelung der Anrechenbarkeit diejenigen Personen von der Möglichkeit des dort vorgesehenen Abzugs der Eintragungsabgaben aus, die erstmals in der Flämischen Region eine zur Nutzung als Hauptwohnsitz bestimmte Immobilie kaufen und ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat zur Finanzierung ihres Erwerbs in dieser Region verkauft haben.

Tatsächlich sind nach der streitigen Regelung zunächst einmal diejenigen Personen von der Anrechenbarkeit der Eintragungsabgaben ausgeschlossen, die den Ort ihres Hauptwohnsitzes von einer anderen belgischen Region in die Flämische Region verlagern.

Das Unionsrecht kann jedoch auf solche rein internen Sachverhalte, in denen es nicht um die Ausübung einer Verkehrsfreiheit in der Union geht, nicht angewandt werden (vgl. in diesem Sinne Urteil vom , Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon, C-212/06, Slg. 2008, I-1683, Randnrn. 37 und 38).

Die streitige Regelung schließt von der Steuervergünstigung aber auch Angehörige anderer Mitgliedstaaten als des Königreichs Belgien aus, die den Ort ihres Hauptwohnsitzes von einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien in die Flämische Region verlagern und Einnahmen aus dem Verkauf ihres vorherigen Hauptwohnsitzes verwenden, um den Erwerb ihrer in dieser Region belegenen neuen Immobilie zu finanzieren.

Folglich ist diese Regelung geeignet, Personen zu beeinträchtigen, die von ihrer Freizügigkeit Gebrauch machen, und muss somit anhand des Unionsrechts geprüft werden (vgl. in diesem Sinne Urteil Gouvernement de la Communauté française und Gouvernement wallon, Randnr. 42).

In diesem Zusammenhang steht fest, dass die Regelung der Anrechenbarkeit der fraglichen Eintragungsabgaben, indem sie die in Randnr. 42 des vorliegenden Urteils genannten Personen vom steuerlichen Abzug der Eintragungsabgaben ausschließt, für die Betreffenden zu einer höheren steuerlichen Belastung führt als für diejenigen, die in den Genuss des Abzugs kommen. Da die steuerlichen Vorteile das Verhalten der Käufer neuer Hauptwohnsitze beeinflussen können, lässt sich nicht ausschließen, dass die fehlende Abzugsfähigkeit der in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien gezahlten Eintragungsabgaben die Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, in bestimmten Fällen vom Kauf einer Immobilie in der Flämischen Region abhalten können (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Persche, C-318/07, Slg. 2009, I-359, Randnr. 38, und Kommission/Österreich, Randnr. 26).

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass Art. 61/3 Wb.Reg. eine Beschränkung des Kapitalverkehrs darstellt.

Sodann ist zu klären, ob es sich um eine verbotene Beschränkung im Sinne von Art. 56 Abs. 1 EG handelt. Nach Auffassung des Königreichs Belgien ist dies hier nicht der Fall, weil die fragliche Regelung mit dem steuerlichen Territorialitätsprinzip vereinbar sei und die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs nicht aus Diskrepanzen zwischen den verschiedenen nationalen Regelungen folge.

Hierzu ist mit der Kommission festzustellen, dass die fragliche Beschränkung nicht aus Diskrepanzen zwischen den nationalen Regelungen folgt, sondern allein aus der belgischen Regelung der Anrechenbarkeit.

Zudem handelt zwar der betreffende Mitgliedstaat, indem er die Besteuerung des Kaufs von Immobilien in seinem Hoheitsgebiet regelt, im Einklang mit dem Territorialitätsprinzip, das im internationalen Steuerrecht verankert und im Unionsrecht anerkannt ist (vgl. u. a. Urteil Futura Participations und Singer, Randnr. 22). Die den Mitgliedstaaten aufgrund des Territorialitätsprinzips zustehenden Befugnisse sind jedoch unter Beachtung der Grundsätze des Unionsrechts auszuüben.

Nach Art. 58 Abs. 1 Buchst. a EG berührt aber Art. 56 EG nicht das Recht der Mitgliedstaaten, "die einschlägigen Vorschriften ihres Steuerrechts anzuwenden, die Steuerpflichtige mit unterschiedlichem ... Kapitalanlageort unterschiedlich behandeln". Diese Abweichung ist allerdings selbst durch Art. 58 Abs. 3 EG begrenzt, wonach die in Abs. 1 dieses Artikels genannten innerstaatlichen Maßnahmen "weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des freien Kapital- und Zahlungsverkehrs im Sinne des Artikels 56 darstellen [dürfen]" (Urteile vom , Manninen, C-319/02, Slg. 2004, I-7477, Randnr. 28, und Kommission/Österreich, Randnr. 28).

Könnte ein Mitgliedstaat nach seinem Belieben eine ungleiche Behandlung allein nach Maßgabe des Ortes vornehmen, an dem sich der Hauptwohnsitz befindet, würden die Bestimmungen über den freien Kapitalverkehr ihres Inhalts beraubt (vgl. in diesem Sinne zur Niederlassungsfreiheit Urteile vom , Kommission/Frankreich, 270/83, Slg. 1986, 273, Randnr. 18, vom , Metallgesellschaft u. a., C-397/98 und C-410/98, Slg. 2001, I-1727, Randnr. 42, sowie vom , Papillon, C-418/07, Slg. 2008, I-8947, Randnr. 26).

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine nationale Steuerregelung wie die fragliche, die hinsichtlich der Abzugsfähigkeit zwischen den in der Flämischen Region gezahlten Eintragungsabgaben und den in anderen Mitgliedstaaten gezahlten Eintragungsabgaben unterscheidet, nur dann als mit den Vertragsbestimmungen über den freien Kapitalverkehr vereinbar angesehen werden kann, wenn die unterschiedliche Behandlung Situationen betrifft, die nicht objektiv miteinander vergleichbar sind, oder wenn sie durch einen zwingenden Grund des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Verkooijen, C-35/98, Slg. 2000, I-4071, Randnr. 43, Manninen, Randnr. 29, und Kommission/Österreich, Randnr. 29).

Das Königreich Belgien trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die Situationen nicht vergleichbar seien.

Wie in den Randnrn. 23 und 24 des vorliegenden Urteils dargestellt, macht dieser Mitgliedstaat insbesondere geltend, dass alle Personen, die erstmals eine in der Flämischen Region belegene Immobilie kauften, gleich behandelt würden, da sie Eintragungsabgaben im Umfang von 10 % des Verkaufswerts der erworbenen Immobilie schuldeten. Die Situation dieser Personen sei jedoch nicht mit derjenigen von Personen vergleichbar, die bereits zuvor eine zu ihrem Hauptwohnsitz bestimmte Immobilie in dieser Region erworben hätten, da Letztere dort bereits beim Kauf ihres vorherigen Hauptwohnsitzes Eintragungsabgaben gezahlt hätten.

Dieser Auffassung kann nicht gefolgt werden.

Zwar befinden sich nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs Gebietsansässige und Gebietsfremde im Hinblick auf die direkten Steuern in einem Staat in der Regel nicht in einer vergleichbaren Situation, denn das Einkommen, das ein Gebietsfremder im Hoheitsgebiet eines Staates erzielt, stellt meist nur einen Teil seiner Gesamteinkünfte dar, deren Schwerpunkt an seinem Wohnort liegt, und die persönliche Steuerkraft des Gebietsfremden, die sich aus der Berücksichtigung seiner Gesamteinkünfte sowie seiner persönlichen Verhältnisse und seines Familienstands ergibt, kann am leichtesten an dem Ort beurteilt werden, an dem der Mittelpunkt seiner persönlichen Interessen und seiner Vermögensinteressen liegt; dieser Ort ist in der Regel der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts der betroffenen Person (Urteile Schumacker, Randnrn. 31 und 32, vom , Zurstrassen, C-87/99, Slg. 2000, I-3337, Randnr. 21, und Wallentin, Randnr. 15).

Versagt ein Mitgliedstaat Gebietsfremden bestimmte Steuervergünstigungen, die er Gebietsansässigen gewährt, so ist dies, wie vom Königreich Belgien hervorgehoben, in Anbetracht der objektiven Unterschiede zwischen der Situation der Gebietsansässigen und derjenigen der Gebietsfremden sowohl hinsichtlich der Einkunftsquelle als auch hinsichtlich der persönlichen Steuerkraft sowie der persönlichen Verhältnisse und des Familienstands im Allgemeinen nicht diskriminierend (vgl. Urteile Schumacker, Randnr. 34, vom , Gerritse, C-234/01, Slg. 2003, I-5933, Randnr. 44, und Wallentin, Randnr. 16).

Allerdings ist zu beachten, dass der Gerichtshof diese Grundsätze im Rahmen einer Rechtsprechung zum Bereich der Einkommensteuer aufgestellt hat, in dem die objektiven Unterschiede zwischen den Steuerpflichtigen, wie die Einkunftsquelle, die persönliche Steuerkraft sowie die persönlichen Verhältnisse und der Familienstand, die Besteuerung beeinflussen können und vom Gesetzgeber im Allgemeinen berücksichtigt werden.

Bei den streitigen Eintragungsabgaben, die im Verhältnis zum Kaufpreis der Immobilien ermittelt werden, ist dies aber nicht der Fall. Im Übrigen hat das Königreich Belgien nicht behauptet und lässt sich auch nicht den Akten entnehmen, dass die fragliche Regelung einen dieser objektiven Unterschiede bei der Zahlung dieser Abgaben tatsächlich berücksichtigt.

Daher besteht hinsichtlich der streitigen Eintragungsabgaben der einzige Unterschied zwischen der Situation der nicht in Belgien ansässigen Personen - einschließlich der belgischen Staatsangehörigen, die Gebrauch von ihrem Recht auf Freizügigkeit in der Union gemacht haben - und der Situation der in der Flämischen Region ansässigen Personen - seien sie belgische Staatsangehörige oder Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaats -, die einen neuen Hauptwohnsitz in dieser Region erwerben, im Ort ihres vorherigen Hauptwohnsitzes. In beiden Fällen werden die Betreffenden eine Immobilie in der Flämischen Region gekauft haben, um sich dort niederzulassen, und beim Kauf des vorherigen Hauptwohnsitzes werden die einen eine Abgabe gleicher Art wie die Eintragungsabgaben in dem Mitgliedstaat gezahlt haben, in dem sich dieser Wohnsitz befand, und die anderen die Eintragungsabgaben in der Flämischen Region entrichtet haben.

Wie von der Kommission vorgetragen, sind die beiden in der vorigen Randnummer dargestellten Situationen somit objektiv vergleichbar.

Um festzustellen, ob eine Diskriminierung vorliegt, ist die Vergleichbarkeit der betreffenden Sachverhalte allerdings auch unter Berücksichtigung des mit den fraglichen nationalen Bestimmungen verfolgten Ziels zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom , Oy AA, C-231/05, Slg. 2007, I-6373, Randnr. 38, und Papillon, Randnr. 27).

Das Königreich Belgien führt hierzu in seiner Klagebeantwortung aus, dass das am von der Flämischen Region erlassene Dekret, das die Wb.Reg. alter Fassung in mehreren Punkten geändert habe, im Wesentlichen drei Ziele verfolge.

Erstens solle dieses Dekret die mit der Arbeit verbundene Mobilität verbessern und den Straßenverkehr zum Schutz der Umwelt verringern. Die Regelung der Anrechenbarkeit setze insbesondere einen Anreiz für Umzüge in eine besser angepasste Wohnung. Zweitens fördere die Regelung die Renovierung von Häusern und Wohnungen anstelle des Neubaus. Drittens ermögliche die Verringerung der Eintragungsabgaben eine Senkung der Mieten, indem insbesondere der Bruttoertrag für vermietende Eigentümer erhöht werde.

Selbst wenn jedoch die streitige Regelung tatsächlich zur Erreichung dieser Ziele beitragen können sollte, hat das Königreich Belgien nicht dargelegt, inwiefern sich die Ziele besser erreichen lassen, wenn Personen, die ihren Hauptwohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat als dem Königreich Belgien verkauft haben, von der Regelung der Anrechenbarkeit ausgeschlossen werden.

Wie die Kommission zutreffend bemerkt hat, trägt die durch diese Regelung vorgenommene Diskriminierung, nämlich der Ausschluss einer bestimmten Gruppe von Erwerbern von in der Flämischen Region belegenen Immobilien von der Anrechenbarkeit, nicht zur Erreichung der genannten Ziele bei, denn für in den Mitgliedstaaten ansässige Personen, die in der Nähe der Flämischen Region wohnen und dort einer wirtschaftlichen Tätigkeit als Arbeitnehmer oder Selbständiger nachgehen, könnte die Anrechenbarkeit ein Anreiz sein, ihren Hauptwohnsitz in diese Region zu verlegen und auf diese Weise in den Genuss der in Randnr. 63 des vorliegenden Urteils dargestellten Vorteile zu kommen.

Folglich kann dem Vorbringen des Königreichs Belgien, dass die Situation der in diesem Mitgliedstaat ansässigen Steuerpflichtigen mit derjenigen der Steuerpflichtigen aus einem anderen Mitgliedstaat nicht vergleichbar sei, nicht gefolgt werden.

Demnach ist festzustellen, dass Art. 61/3 Wb.Reg. eine nach Art. 56 Abs. 1 EG verbotene Beschränkung darstellt, da er Sachverhalte, die vom Unionsrecht erfasst werden, gegenüber rein innerstaatlichen Sachverhalten steuerlich benachteiligt.

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Beschränkung nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs nur statthaft ist, wenn sie durch zwingende Gründe des öffentlichen Interesses gerechtfertigt ist. In einem solchen Fall muss aber die Beschränkung außerdem geeignet sein, die Erreichung des fraglichen Ziels zu gewährleisten, und darf nicht über das hinausgehen, was hierzu erforderlich ist (Urteile vom , Marks & Spencer, C-446/03, Slg. 2005, I-10837, Randnr. 35, und vom , Test Claimants in the Thin Cap Group Litigation, C-524/04, Slg. 2007, I-2107, Randnr. 64).

Das Königreich Belgien, unterstützt durch die ungarische Regierung, macht hierzu geltend, dass die aus Art. 61/3 Wb.Reg. folgende Beschränkung des freien Kapitalverkehrs durch die Notwendigkeit gerechtfertigt sei, die Kohärenz seiner Steuerregelung zu wahren.

Tatsächlich hat der Gerichtshof anerkannt, dass die Notwendigkeit, die Kohärenz der Steuerregelung zu gewährleisten, eine Regelung rechtfertigen kann, die geeignet ist, Grundfreiheiten einzuschränken (Urteile Bachmann, Randnr. 21, vom , Kommission/Belgien, Randnr. 14, Manninen, Randnr. 42, und vom , Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, C-157/07, Slg. 2008, I-8061, Randnr. 43).

Nach ständiger Rechtsprechung kann ein auf eine solche Rechtfertigung gestütztes Vorbringen jedoch nur dann Erfolg haben, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen der betreffenden Steuervergünstigung und dem Ausgleich dieser Vergünstigung durch eine bestimmte steuerliche Belastung nachgewiesen ist (vgl. u. a. Urteile Verkooijen, Randnr. 57, vom , Bosal, C-168/01, Slg. 2003, I-9409, Randnr. 29, sowie Manninen, Randnr. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).

Wie das Königreich Belgien vorträgt, können nach der Regelung des Art. 61/3 Wb.Reg. die Eintragungsabgaben, die beim Erwerb einer zum Hauptwohnsitz bestimmten Wohnung in der Flämischen Region gezahlt wurden, unter bestimmten Voraussetzungen bis zu einer Höhe von 12 500 Euro auf die beim Erwerb eines neuen Hauptwohnsitzes in dieser Region geschuldeten Eintragungsabgaben angerechnet werden.

Weil dem Königreich Belgien kein Recht zur Besteuerung des Kaufs zusteht, der zuvor in einem anderen Mitgliedstaat von Personen getätigt wurde, die beschließen, ihren neuen Hauptwohnsitz in der Flämischen Region zu errichten, folgt das Konzept dieser Steuervergünstigung einer spiegelbildlichen Logik (vgl. entsprechend Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, Randnr. 42).

Wenn nämlich diese Personen beim Erwerb einer Immobilie in der Flämischen Region unter die Regelung der Anrechenbarkeit fielen, würden sie unangemessen von einer Steuerregelung profitieren, der ihr vorheriger Immobilienerwerb, der außerhalb Belgiens erfolgte, nicht unterlag.

Somit besteht in der genannten Regelung ein Zusammenhang zwischen der Steuervergünstigung und der ursprünglichen steuerlichen Belastung. Zum einen handelt es sich nämlich um ein und denselben Steuerpflichtigen, der die fraglichen Abgaben bereits entrichtet hat und der Anspruch auf den Abzug hat, und zum anderen um eine im Rahmen derselben Besteuerung gewährte Vergünstigung.

In diesem Rahmen ist zu beachten, dass diese beiden Voraussetzungen, derselbe Steuerpflichtige und dieselbe Besteuerung, vom Gerichtshof als ausreichend für den Nachweis eines solchen Zusammenhangs angesehen worden sind (vgl. in diesem Sinne Urteile Verkooijen, Randnr. 58, Bosal, Randnrn. 29 und 30, sowie Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, Randnr. 42). Die Kommission bestreitet auch nicht und hat in ihrer Erwiderung sogar einräumt, dass die fragliche Steuervergünstigung demselben Steuerpflichtigen im Rahmen derselben Steuer gewährt wird.

Angesichts der vorstehenden Ausführungen ist festzustellen, dass die aus Art. 61/3 Wb.Reg. folgende Beschränkung durch die Notwendigkeit gerechtfertigt ist, die Kohärenz der Steuerregelung zu gewährleisten.

Damit die Beschränkung aus diesem Grund gerechtfertigt ist, muss sie jedoch, wie in Randnr. 68 des vorliegenden Urteils ausgeführt, außerdem zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet und im Hinblick auf dieses verhältnismäßig sein.

Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich weder die Kommission noch das Königreich Belgien in ihren Schriftsätzen zur Verhältnismäßigkeit der fraglichen Regelung geäußert haben.

Angesichts der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist die fragliche Beschränkung zur Erreichung eines solchen Ziels geeignet, da sie vollkommen symmetrisch vorgeht, indem nur die zuvor im Rahmen der belgischen Steuerregelung gezahlten Eintragungsabgaben abgezogen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, Randnr. 44).

Weiter folgt aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs, dass die betreffende Beschränkung im Hinblick auf das angestrebte Ziel völlig verhältnismäßig ist, denn die fragliche Bestimmung begrenzt den Betrag, der von den Eintragungsabgaben abgezogen werden kann, die der Käufer eines neuen Hauptwohnsitzes in der Flämischen Region schuldet, auf 12 500 Euro (vgl. in diesem Sinne Urteil Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, Randnr. 45). Mit dieser Begrenzung bleibt die streitige Regelung ihrem Wesen nach eine Steuervergünstigung und wird nicht zu einer verschleierten Befreiung.

Folglich ist die Beschränkung des freien Kapitalverkehrs durch Gründe gerechtfertigt, die mit der Wahrung der Kohärenz der Steuerregelung zusammenhängen.

Zu dem von der Kommission geltend gemachten Verstoß der streitigen Regelung gegen Art. 40 des EWR-Abkommens ist festzustellen, dass, da die Bestimmungen dieses Artikels dieselbe rechtliche Tragweite wie die im Wesentlichen identischen Bestimmungen des Art. 56 EG haben (vgl. Urteile vom , Kommission/Niederlande, C-521/07, Slg. 2009, I-4873, Randnr. 33, und vom , Établissements Rimbaud, C-72/09, Slg. 2010, I-0000, Randnr. 22), sämtliche vorstehenden Ausführungen unter Umständen wie denen des vorliegenden Verfahrens entsprechend für den genannten Art. 40 gelten.

Die Rüge einer Verletzung des freien Kapitalverkehrs ist daher unbegründet. Folglich ist die Klage der Kommission abzuweisen.

Kosten

Nach Art. 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da das Königreich Belgien die Verurteilung der Kommission beantragt hat und diese mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.

Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Erste Kammer) für Recht erkannt und entschieden:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Europäische Kommission trägt die Kosten.

Fundstelle(n):
HFR 2012 S. 228 Nr. 2
IStR 2012 S. 67 Nr. 2
VAAAE-00704