BFH Urteil v. - VIII R 18/08

Ertragsbescheinigung ausländischer Investmentgesellschaften keine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Berücksichtigung dieser Beträge und damit kein rückwirkendes Ereignis; Zurechnung des Verschuldens des Steuerberaters

Leitsatz

1. Ein Steuerberater handelt grob fahrlässig i.S. des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO, wenn er in der Einkommensteuererklärung eines Mandanten keine Angaben zu einer Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds macht, obwohl ihm im Hinblick auf die Vorjahre die Existenz der Beteiligung an dem Fonds bekannt war.
2. Nachträglich vorgelegte Ertragsbescheinigungen ausländischer Investmentgesellschaften sind keine rückwirkenden Ereignisse i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO. Die Bescheinigungen sind nicht materiell-rechtliche Voraussetzung zur Berücksichtigung von Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds, sondern bloße Beweismittel.

Gesetze: AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, AO § 175 Abs. 1 Satz 1, AO § 150 Abs. 2, AO § 90 Abs. 2, AO § 164, AO § 165, EStG § 34c Abs. 7, EStG § 36 Abs. 2, EStG § 45a Abs. 2, EStG § 44, AuslInvestmG § 17, AuslInvestmG § 18, AuslInvestmG § 19 Abs. 4

Instanzenzug: (Verfahrensverlauf),

Gründe

1 I. Streitig ist, ob ein bestandskräftiger Einkommensteuerbescheid aufgrund einer später vorgelegten Mitteilung über Verluste eines ausländischen Fonds geändert werden kann, wenn diese Beteiligung in der Steuererklärung nicht angegeben worden war.

2 Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren (2002, 2003) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Bei der Erstellung der Einkommensteuererklärungen der Jahre 2000 bis 2003 wirkte jeweils der Steuerberater L als Bevollmächtigter mit.

3 Im Jahr 2000 erwarben die Kläger jeweils Anteile an einem Fonds einer Luxemburger Investmentgesellschaft (N-Fonds). In der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2000 erklärten sie in ihrer Anlage KAP sowohl ausländische Erträge als auch Verluste. In der Anlage AUS waren unter anderem Verluste aus dem N-Fonds enthalten. Dabei entfiel auf den Kläger ein Betrag von - 22 DM und auf die Klägerin von - 166 DM. Die Anlage KAP des Jahres 2001 enthielt Angaben zu ausländischen Verlusten der Kläger. In den jeweiligen Anlagen AUS erklärte die Klägerin einen Verlust aus dem N-Fonds in Höhe von 12.969 DM und der Kläger in Höhe von 5.317 DM.

4 Im Streitjahr 2002 enthielt die Steuererklärung der Kläger keine Anlage AUS. Das für ausländische Kapitalerträge vorgesehene Feld des Mantelbogens enthielt keinen Eintrag. In der Anlage KAP erklärten die Kläger inländische und ausländische (positive) Kapitalerträge, jedoch keine Verluste aus dem N-Fonds. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt —FA—) veranlagte die Kläger erklärungsgemäß. Das FA erließ am einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid. Weder diesen Änderungsbescheid noch den zuvor erlassenen Bescheid fochten die Kläger mit einem Rechtsbehelf an.

5 Für das weitere Streitjahr 2003 reichten die Kläger sowohl eine gemeinsame Anlage KAP als auch eine Anlage AUS für den Kläger ein. In der Anlage KAP erklärten sie inländische und ausländische positive Kapitalerträge. Die Anlage AUS wies für den Kläger positive Einnahmen aus den USA aus. Das FA erließ am einen erklärungsgemäßen Einkommensteuerbescheid, gegen den die Kläger keinen Einspruch einlegten.

6 Am beantragte L für die Kläger beim FA eine Änderung der Einkommensteuerbescheide für 2002 und 2003 nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO. Das Begehren richtete sich auf die Berücksichtigung von (negativen) ausschüttungsgleichen Erträgen aus dem N-Fonds. Für die Kläger sollten in 2002 negative Erträge in Höhe von 42.109,09 € sowie für 2003 in Höhe von 31.986,47 € nachträglich anerkannt werden. Dem Antrag waren Aufstellungen der Fondsgesellschaft für das Geschäftsjahr 2002 vom sowie für das Jahr 2003 vom beigefügt.

7 Das FA lehnte eine Änderung der betreffenden Einkommensteuerbescheide wegen groben Verschuldens der Kläger ab. Den gegen diese Ablehnung eingelegten Einspruch wies das FA zurück.

8 Die anschließende Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2007, 479 veröffentlichten Gründen erfolglos.

9 Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sowie des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO.

10 Die Kläger sind der Auffassung, dass eine Änderung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO erfolgen müsse. Die Ausschüttungsmitteilung sei ein rückwirkendes Ereignis. Dies habe der Bundesfinanzhof (BFH) in einem vergleichbaren Fall entschieden (Senatsurteil vom VIII R 75/98, BStBl II 2000, 423). Der Ausschlussgrund des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO greife vorliegend nicht ein. Denn es liege eine verfassungswidrige echte Rückwirkung vor, die nicht durch zwingende Gründe des Allgemeinwohls gerechtfertigt sei. Auch eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO sei möglich. Ein grobes Verschulden seitens der Kläger sei zu verneinen. Es handle sich um einen üblicherweise vorkommenden Fehler. Denn es wurde lediglich vergessen, Aufwendungen, die der Höhe nach unbekannt waren, geltend zu machen. Zudem hätte das FA die Verluste ohne die Bescheinigungen nicht anerkannt.

11 Die Kläger beantragen sinngemäß,

das Urteil des FG München, Außensenate Augsburg, vom 10 K 390/06 aufzuheben,

den Einkommensteuerbescheid für 2002 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass weitere negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 42.109,09 € berücksichtigt werden sowie

den Einkommensteuerbescheid für 2003 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom insoweit zu ändern, dass zusätzliche negative Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 31.986,47 € berücksichtigt werden.

12 Das FA beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

13 II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die angegriffenen Einkommensteuerbescheide nicht zur Berücksichtigung der Verluste aus dem ausländischen Investmentfonds geändert werden können.

14 1. Zutreffend hat das FG eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ausgeschlossen. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn Tatsachen oder Beweismittel nachträglich bekannt werden, die zu einer niedrigeren Steuer führen und den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsachen oder Beweismittel erst nachträglich bekannt werden. Vorliegend sind die negativen Einnahmen aus einer eigenen Erwerbsgrundlage —die Beteiligung am N-Fonds— zwar eine neue Tatsache (vgl. , BFH/NV 1999, 743), die zu einer niedrigeren Steuer führt. Jedoch trifft die Kläger am nachträglichen Bekanntwerden dieser Tatsache ein grobes Verschulden.

15 a) Verschulden im Sinne der maßgeblichen Vorschrift setzt Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Grob fahrlässig handelt, wer die ihm nach seinen persönlichen Verhältnissen und Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt (Senatsurteil vom VIII R 15/02, BFH/NV 2004, 910). So handelt der Steuerpflichtige etwa grob fahrlässig, wenn er eine in einem Steuererklärungsformular ausdrücklich gestellte, auf einen bestimmten Vorgang bezogene Frage nicht beantwortet (, BFH/NV 2003, 441; vom IV R 215/85, BFHE 153, 485, BStBl II 1988, 863). Ein Verschulden seines steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung muss sich der Steuerpflichtige zurechnen lassen. Denn der Steuerpflichtige, der für die Richtigkeit seiner Angaben in der Steuererklärung einzustehen hat (§ 150 Abs. 2 AO), kann sich dieser Verantwortung nicht dadurch entziehen, dass er die Ausarbeitung der Steuererklärung seinem steuerlichen Berater überträgt (, BFHE 211, 401, BStBl II 2006, 412). Ob ein Steuerpflichtiger danach grob fahrlässig gehandelt hat, ist im Wesentlichen eine Tatfrage. Die hierzu vom FG aufgrund der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen vorgenommene Würdigung darf —abgesehen von zulässigen oder begründeten Verfahrensrügen— in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüft werden, ob der Rechtsbegriff der groben Fahrlässigkeit richtig erkannt worden ist und ob die Würdigung der Umstände hinsichtlich des individuellen Verschuldens den Denkgesetzen und Erfahrungssätzen nicht widerspricht.

16 b) Nach diesen Grundsätzen ist die Würdigung des FG, dass die Kläger das nachträgliche Bekanntwerden der negativen Einnahmen aus dem N-Fonds grob verschuldet haben, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Diese Würdigung des FG, die von den Klägern nicht mit Verfahrensrügen angegriffen wurde, ist nicht nur möglich, sondern aufgrund der vom FG festgestellten einzelnen Umstände auch naheliegend. Die Kläger haben ihre Steuererklärungspflicht grob fahrlässig verletzt.

17 aa) Die Kläger haben weder in den abgegebenen Anlagen KAP die Frage nach ausländischen Investmentanteilen beantwortet, noch in der Anlage AUS des Klägers für 2003 den Namen der Fondsgesellschaft eingetragen. Für das Jahr 2002 gaben sie trotz der N-Beteiligung keine Anlage AUS ab. Damit haben sie ihre Pflicht zur vollständigen Abgabe von Steuererklärungen verletzt. Denn sie haben ihre Beteiligung an dem N-Fonds dem Grunde nach nicht offengelegt. Aus der Verpflichtung des § 150 AO, die Steuererklärung nach bestem Wissen und Gewissen anzufertigen, ergibt sich, dass jeder Steuerpflichtige die Pflicht hat, sämtliche steuerrelevante Tatsachen vollständig offenzulegen. Sind bestimmte Tatsachen zum Abgabezeitpunkt ungewiss, entbindet dies den Steuerpflichtigen weder von seiner Pflicht zur fristgemäßen noch von der zur vollständigen Erklärungsabgabe (vgl. , BFH/NV 2001, 1227). Er hat in diesem Fall auf einen vorläufigen oder auf einen Vorbehaltsbescheid hinzuwirken und darzulegen, warum er zu bestimmten Tatsachen (noch) keine Angaben machen kann.

18 bb) Der Senat kann offenlassen, ob die Kläger selbst diese Pflicht grob fahrlässig verletzt haben. Dafür könnte sprechen, dass sie von ihrer Beteiligung an dem N-Fonds wussten und in Anbetracht der Vorjahre es ihnen zudem bekannt war, dass der Fonds —auch bei negativen Einnahmen— als „Einkunftsquelle” auf der Anlage AUS angegeben werden muss. Jedenfalls müssen sich die Kläger die grobe Fahrlässigkeit ihres steuerlichen Beraters bei der Anfertigung der Steuererklärung zurechnen lassen. Übernimmt ein Steuerberater die Erstellung von Steuererklärungen, hat er den für die Abgabe einer vollständigen Steuererklärung maßgebenden Sachverhalt zu ermitteln (, BFHE 227, 365, BStBl II 2010, 531). Von Angehörigen der steuerberatenden Berufe muss dabei verlangt werden, dass sie den Inhalt der Merkblätter kennen und die üblichen Vordrucke beherrschen. Die Pflicht zur Erklärung einer Beteiligung an einem ausländischen Investmentfonds ergab sich vorliegend sowohl aus der Anlage AUS selbst als auch aus der Anleitung zur Anlage AUS 2003. In dieser wird —nach Quellenstaaten sortiert— nach ausländischen Investmenteinkünften konkret gefragt. Insbesondere sind dort die Namen der einzelnen Fonds einzutragen. Der steuerliche Berater hätte die Kläger nach ihren ausländischen Beteiligungen oder anderen Kapitalanlagen fragen müssen. Das gilt umso mehr, weil ihm im Hinblick auf die Vorjahre die Existenz der Beteiligung an dem N-Fonds bekannt war. Hätte er auf Nachfrage erfahren, dass die Beteiligung weiterhin bestand, hätte er die Kläger zur Informationsbeschaffung auffordern müssen. Wenn es unmöglich gewesen wäre, die Höhe der Einkünfte zu ermitteln, hätte er zumindest die Beteiligung in der Anlage AUS angeben und die Höhe der Einkünfte offenlassen oder mit „0” beziffern müssen. Zudem hätte er auf die fehlenden Bescheinigungen hinweisen müssen. Diese Vorgehensweise hatte der steuerliche Berater im Hinblick auf andere ausländische Einkunftsquellen in den Vorjahren selbst praktiziert. Zu Recht geht das FG davon aus, dass es sich nicht um ein üblicherweise immer wieder auftretendes Versehen handelt. Denn in Anbetracht der wenigen ausländischen Kapitalbeteiligungen der Kläger hätte das Fehlen einer Quelle —beim Abgleich mit dem Vorjahr— auffallen müssen (BFH-Urteil in BFH/NV 1999, 743).

19 c) Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO kommt vorliegend auch nicht wegen eines nachträglich bekanntgewordenen Beweismittels in Gestalt der Bescheinigungen in Betracht. Denn diese waren zum Zeitpunkt der Erstveranlagungen noch nicht existent. Dies ist aber eine Voraussetzung für eine derartige Änderung (, BFH/NV 1998, 147).

20 2. Im Ergebnis zutreffend hat das FG eine Änderung der angegriffenen Einkommensteuerbescheide gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO verneint. Nach dieser Norm ist ein Steuerbescheid zu ändern, wenn ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Die von den Klägern nachträglich vorgelegten Bescheinigungen sind keine rückwirkenden Ereignisse.

21 a) Ein rückwirkendes Ereignis liegt vor, wenn der nach dem Steuertatbestand rechtserhebliche Sachverhalt sich später anders gestaltet und sich steuerlich in der Weise in die Vergangenheit auswirkt, dass nunmehr der veränderte anstelle des zuvor verwirklichten Sachverhalts der Besteuerung zugrunde zu legen ist (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 172, 66, BStBl II 1993, 897). Eine andere rechtliche Beurteilung des unverändert bleibenden Sachverhalts genügt insoweit nicht. Ob einer nachträglichen Änderung des Sachverhalts rückwirkende steuerliche Bedeutung zukommt, also bereits eingetretene steuerliche Rechtsfolgen mit Wirkung für die Vergangenheit sich ändern oder vollständig entfallen, ist den Normen des materiellen Steuerrechts zu entnehmen (, BFHE 232, 485, BStBl II 2011, 543; vom VI R 17/03, BFHE 213, 383, BStBl II 2006, 830). Auch die Vorlage einer Bescheinigung kann ein rückwirkendes Ereignis i.S. des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO sein, nämlich dann, wenn sie ein materiell-rechtliches Tatbestandsmerkmal bildet. Dagegen sind Beweismittel, die ausschließlich dazu dienen, eine steuerrechtlich relevante Tatsache zu belegen und die als solche keinen Eingang in eine materielle Steuerrechtsnorm gefunden haben, auch dann kein rückwirkendes Ereignis, wenn sie erst nach Bestandskraft eines Bescheids beschafft werden können (, BFHE 201, 421, BStBl II 2003, 554).

22 b) Nach diesen Grundsätzen sind die von den Klägern vorgelegten Bescheinigungen über die Verluste des N-Fonds keine rückwirkenden Ereignisse. Denn diese Bescheinigungen sind nicht materiell-rechtliche Voraussetzung zur Berücksichtigung von Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds. Für alle Arten dieser Fonds (vgl. § 17 Abs. 3, § 18 Abs. 1 und 3 des Auslandsinvestmentgesetzes —AuslInvestmG—) ermöglicht das Gesetz den Nachweis der Einkünfte durch verschiedene Beweismittel. Anders als bei der Spendenbescheinigung, die auf amtlich vorgeschriebenem Vordruck zu erteilen ist (§ 50 Abs. 1 der Einkommensteuer-DurchführungsverordnungEStDV—), und anders als beim Nachweis der Kapitalertragsteuer (§ 45a Abs. 2 des EinkommensteuergesetzesEStG—), ist die Art des Nachweises bei Einnahmen aus ausländischen Investmentfonds nicht vorgeschrieben. Dies ergibt sich aus § 19 Abs. 4 AuslInvestmG. Danach hat der Steuerpflichtige den Nachweis über die Höhe der ausländischen Einkünfte und der Abzugssteuern durch geeignete Unterlagen zu führen. Aus den §§ 17, 18 AuslInvestmG folgt nichts anderes. Denn sie regeln lediglich die materielle Steuerpflicht bestimmter Einnahmen in Abhängigkeit von der Mitwirkung und der Transparenz der Investmentgesellschaften oder des Anlegers. Diesem stehen damit sämtliche Nachweismittel offen. Allerdings steht der Finanzbehörde ein Prüfungsrecht über die Echtheit und Wahrheit von Urkunden zu (vgl. zu § 34c EStG , BFHE 167, 109, BStBl II 1992, 607). Auch § 68b EStDV, der auf § 34c Abs. 7 EStG basiert, verlangt für den Nachweis der ausländischen Einkünfte i.S. des § 34c EStG lediglich geeignete Urkunden. Wenn aber keine bestimmte (amtliche) Bescheinigung als materiell-rechtliche Tatbestandsvoraussetzung gefordert ist, sind die von den Klägern eingereichten Bescheinigungen bloße Beweismittel.

23 Eine andere Beurteilung ergibt sich nicht aus den Grundsätzen der Senatsentscheidung vom VIII R 75/98 (BFHE 192, 80, BStBl II 2000, 423). Denn in diesem Urteil wird (nur) die Bescheinigung über anrechenbare Körperschaftssteuer i.S. des § 44 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) als materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer qualifiziert. Entgegen der Auffassung der Kläger sind die Bescheinigungen der Kläger über Verluste aus einem ausländischen Investmentfonds nicht vergleichbar mit einer amtlichen Bescheinigung einer ausschüttenden Körperschaft gemäß § 44 KStG. Denn diese Bescheinigung war nach § 36 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 4 Buchst. b EStG in der bis zum geltenden Fassung eine zwingende materiell-rechtliche Voraussetzung für eine Anrechnung der Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer. Wie bereits ausgeführt, verknüpft § 19 Abs. 4 AuslInvestmG aber gerade nicht die Anerkennung von Erträgen im Sinne des AuslInvestmG mit dem Vorliegen einer ganz bestimmten Bescheinigung. Der Nachweis ist durch geeignete Unterlagen zu erbringen. Dies reicht nicht weiter als die allgemeine erhöhte Mitwirkungspflicht bei der Aufklärung von Auslandssachverhalten (§ 90 Abs. 2 AO).

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 370 Nr. 3
BFH/PR 2012 S. 132 Nr. 4
DStRE 2012 S. 309 Nr. 5
DStZ 2012 S. 102 Nr. 4
HFR 2012 S. 254 Nr. 3
IStR 2012 S. 7 Nr. 13
IStR 2012 S. 8 Nr. 11
Ubg 2012 S. 274 Nr. 4
ZAAAD-99574