Umsatzsteuer; Berichtigung der Bemessungsgrundlage wegen Uneinbringlichkeit im Insolvenzverfahren;
Bezug: (BStBl 2011 II S. 988)
Bezug: (BStBl 2011 II S. 996)
Bezug:
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Im führt der BFH aus, dass spätestens im Augenblick der Insolvenzeröffnung unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote die Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen an den späteren Gemeinschuldner in voller Höhe im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer und dementsprechend der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. Wird das uneinbringlich gewordene Entgelt nachträglich vereinnahmt, ist der Umsatzsteuerbetrag erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). Das gilt auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die durch die Eröffnung uneinbringlich gewordene Forderung erfüllt.
Mit hat der BFH entschieden, dass in dem Fall, in dem der Insolvenzverwalter eines Unternehmers das Entgelt für eine vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ausgeführte steuerpflichtige Leistung vereinnahmt, die Entgeltvereinnahmung nicht nur bei der Ist-, sondern auch bei der Sollversteuerung eine Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO begründet.
Die BFH-Urteile haben Auswirkungen auf die Berichtigung des Entgelts für ausgeführte steuerpflichtige Leistungen sowie den Vorsteuerabzug.
Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder wird der Umsatzsteuer-Anwendungserlass vom ( BStBl. 2010 I S. 846), der zuletzt durch das , BStBl 2011 I S. 1272, geändert worden ist, wie folgt geändert:
In Abschnitt 17.1 Abs. 5 wird Satz 5 gestrichen. Die bisherigen Sätze 6 bis 14 werden die Sätze 5 bis 13.
In Abschnitt 17.1. werden die folgenden Absätze 11 bis 15 angefügt:
Uneinbringlichkeit im Insolvenzverfahren
(11) 1Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des leistenden Unternehmers geht nach § 80 Abs. 1 InsO die gesamte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis und damit auch die Empfangszuständigkeit für die offenen Forderungen auf den Insolvenzverwalter über. 2Demzufolge kommt es zu einer Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile, zwischen denen einzelne umsatzsteuerrechtliche Berechtigungen und Verpflichtungen nicht miteinander verrechnet werden können. 3Dabei handelt es sich um die Insolvenzmasse und das vom Insolvenzverwalter freigegebene Vermögen sowie einen vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil. 4Der Unternehmer ist auf Grund des Übergangs der Empfangszuständigkeit für die offenen Forderungen auf den Insolvenzverwalter nach § 80 Abs. 1 InsO selbst nicht mehr in der Lage, rechtswirksam Entgeltforderungen in seinem vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil zu vereinnahmen. 5Erbringt der Unternehmer, über dessen Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet wird, eine Leistung vor Verfahrenseröffnung, ohne das hierfür geschuldete Entgelt bis zu diesem Zeitpunkt zu vereinnahmen, tritt daher spätestens mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens Uneinbringlichkeit im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil ein (Uneinbringlichkeit aus Rechtsgründen). 6Der Steuerbetrag ist deshalb nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 7Vereinnahmt der Insolvenzverwalter später das zunächst uneinbringlich gewordene Entgelt, ist der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG erneut zu berichtigen. 8Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO (vgl. , BStBl 2011 II S. 996). 9Denn der sich aus § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG ergebende Steueranspruch ist erst mit der Vereinnahmung vollständig verwirklicht und damit abgeschlossen.
Beispiel:1Über das Vermögen des U wurde am das Insolvenzverfahren eröffnet. 2Nach dem Gutachten des vorläufigen Insolvenzverwalters hatte U zu diesem Zeitpunkt Forderungen aus umsatzsteuerpflichtigen Lieferungen und sonstigen Leistungen in Höhe von 119 000 €. 3Hierin ist die Umsatzsteuer in Höhe von 19 000 € enthalten. 4U hatte diese Umsätze in den entsprechenden Voranmeldungszeiträumen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens angemeldet. 5Der Insolvenzverwalter vereinnahmt im März 02 (nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens) Forderungen in Höhe von 59 500 €. 6Die restlichen Forderungen kann der Insolvenzverwalter nicht realisieren.
7U kann seine Forderungen zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht mehr selbst realisieren. 8Die Forderungen sind aus rechtlichen Gründen uneinbringlich (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG). 9Im Voranmeldungszeitraum der Insolvenzeröffnung ist daher eine Berichtigung der Bemessungsgrundlage um 100 000 € vorzunehmen. 10Nach Vereinnahmung eines Teils der Forderungen durch den Insolvenzverwalter muss dieser eine – erneute – Berichtigung der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG von 50 000 € für den Voranmeldungszeitraum der Vereinnahmung (März 02) vornehmen. 11Die hieraus resultierende Umsatzsteuer ist als Masseverbindlichkeit vom Insolvenzverwalter zu entrichten.
(12) 1Wird vom Insolvenzgericht ein sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter nach § 22 Abs. 1 InsO bestellt, ist dieser Vermögensverwalter im Sinne des § 34 Abs. 3 AO. 2Da auf ihn die gesamte Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners übergeht, tritt bereits mit seiner Bestellung die Uneinbringlichkeit der Entgelte und die Aufspaltung des Unternehmens in mehrere Unternehmensteile ein und der Steuerbetrag ist nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 3Vereinnahmt später der sog. starke vorläufige Insolvenzverwalter im vorläufigen Insolvenzverfahren oder der Insolvenzverwalter im eröffneten Insolvenzverfahren das uneinbringlich gewordene Entgelt für eine Leistung, die vor Bestellung des starken vorläufigen Insolvenzverwalters erbracht worden ist, ist der Umsatzsteuerbetrag nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG im Zeitpunkt der Vereinnahmung erneut zu berichtigen. 4Diese auf Grund der Vereinnahmung entstehende Steuerberichtigung begründet eine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO bei Vereinnahmung durch den sog. starken vorläufigen Insolvenzverwalter bzw. eine sonstige Masseverbindlichkeit im Sinne von § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO bei Vereinnahmung durch den Insolvenzverwalter. 5Wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, ist die nach Satz 2 durchgeführte Berichtigung rückgängig zu machen.
(13) 1Steuerbeträge aus Umsätzen, die von einem sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalter oder vom Schuldner mit Zustimmung eines sog. schwachen vorläufigen Insolvenzverwalters im vorläufigen Insolvenzverfahren begründet werden und bei denen das Entgelt zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung noch nicht vereinnahmt wurde, sind nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 2Diese Umsatzsteuerbeträge stellen mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 4 InsO dar und sind daher aus der Insolvenzmasse des dreigeteilten Unternehmens zu entrichten. 3Für Steuerbeträge aus Umsätzen, die nach der Bestellung als sog. starker vorläufiger Insolvenzverwalter erbracht worden sind, kommt ebenfalls keine Berichtigung des Umsatzsteuerbetrags nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG in Betracht. 4Diese Umsätze stellen mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens sonstige Masseverbindlichkeiten nach § 55 Abs. 2 Satz 1 InsO dar.
(14) 1Der Empfänger einer steuerpflichtigen Leistung, die vom Unternehmer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht und für die das Entgelt wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus Rechtsgründen uneinbringlich wurde, hat zu diesem Zeitpunkt die auf die steuerpflichtige Leistung entfallenden Vorsteuerbeträge nicht nach § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 1 Satz 1 UStG zu berichtigen. 2Denn Zahlungsverpflichtung und Zahlungsbereitschaft des Leistungsempfängers bestehen fort und sind unabhängig von der Uneinbringlichkeit des Entgelts im vorinsolvenzrechtlichen Unternehmensteil des leistenden Unternehmers zu beurteilen.
(15) 1Entgeltforderungen aus Lieferungen und sonstigen Leistungen, die vor Insolvenzeröffnung an den späteren Insolvenzschuldner erbracht wurden, werden im Augenblick der Insolvenzeröffnung unbeschadet einer möglichen Insolvenzquote in voller Höhe im Sinne des § 17 Abs. 2 Nr. 1 UStG uneinbringlich. 2Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist die Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer und dementsprechend der Vorsteuerabzug beim Leistungsempfänger nach § 17 Abs. 1 UStG zu berichtigen. 3Wird das uneinbringlich gewordene Entgelt nachträglich vereinnahmt, ist der Umsatzsteuerbetrag erneut zu berichtigen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG). 4Das gilt auch für den Fall, dass der Insolvenzverwalter die durch die Eröffnung uneinbringlich gewordene Forderung erfüllt (vgl. , BStBl 2011 II S. 988).
Die Grundsätze dieses Schreibens sind auf alle Insolvenzverfahren anzuwenden, die nach dem eröffnet wurden.
BMF v. - IV D 2 -
S 7330/09/10001 :
001
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Verwaltungsanweisungen:
Auf diese Anweisung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:
Fundstelle(n):
BStBl 2011 I Seite 1273
DB 2011 S. 2813 Nr. 50
DStR 2011 S. 2412 Nr. 50
UR 2012 S. 75 Nr. 2
UStB 2012 S. 14 Nr. 1
UVR 2012 S. 70 Nr. 3
WPg 2012 S. 57 Nr. 1
TAAAD-97995