BGH Beschluss v. - 5 StR 397/11

Strafverfahren: Ablehnung eines Beweisantrags wegen Bedeutungslosigkeit

Gesetze: § 244 Abs 3 S 2 StPO

Instanzenzug: Az: (513) 68 Js 173/10 KLs (76/10)nachgehend Az: 5 StR 372/12 Beschluss

Gründe

1Das Landgericht - Jugendkammer - hat den Angeklagten wegen besonders schweren Raubes in zwei Fällen sowie wegen je zweier Fälle des vollendeten und versuchten Diebstahls - jeweils in Tateinheit mit Amtsanmaßung – zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Seine Revision hat mit einer Beweisantragsrüge Erfolg.

21. Gegenstand der Verurteilung waren je zwei erfolgreiche und zwei erfolglose Trickdiebstähle am 11. und , mit denen sich die Täter nach amtsanmaßend durchgeführten Verkehrskontrollen in den Besitz hochwertiger Kraftfahrzeuge brachten bzw. bringen wollten. Zentrales Beweismittel zu Lasten des Angeklagten K. war die Zeugenaussage seines schwerkriminellen Jugendfreundes Ka., dem K. von diesen Taten berichtet hatte. Gleiches gilt hinsichtlich der Verurteilungen wegen mittäterschaftlich begangener Raubüberfälle vom auf Mitarbeiter einer Postbankfiliale und vom auf einen Juwelier. Der auf dem Überwachungsfilm des Juweliergeschäfts identifizierte und wegen Raubes bereits rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilte Ka. hatte neben dem später geständigen S. den Angeklagten K. als weiteren Mittäter benannt. Hinsichtlich des Banküberfalls hatte Ka. bekundet, K. habe sich ihm gegenüber der Begehung dieser letztlich erfolglosen Tat berühmt.

3Ka. hatte im Laufe der Hauptverhandlung seine ursprüngliche Zeugenaussage hinsichtlich der Mitwirkung des K. bei dem Überfall auf den Juwelier widerrufen.

4Eine Stütze der belastenden Aussage des Ka. hat das Landgericht darin gefunden, dass K. am den am 9./ gestohlenen Pkw Peugeot 307 fuhr, in dem einen Tag später Indizgegenstände gefunden worden waren, die zur Begehung des Postbanküberfalls und der Trickdiebstähle naheliegend verwendet worden waren und weitere Gegenstände, die aus der Postbankfiliale stammten. Ferner hatte eine Postmitarbeiterin den Angeklagten K. als mittäglichen auffälligen Kunden der Postbank fast sicher wiedererkannt (UA S. 29).

5Zu dem Täterfahrzeug hatte Ka. bekundet, I. und K. hätten ihm erzählt (UA S. 32), dass I. die Schlüssel entwendet und an K. weitergegeben hätte. Ferner hätte K. ihm gesagt, dass er den Peugeot für den Postbanküberfall und die Trickdiebstähle benutzt hätte (UA S. 33).

62. Angesichts dieser, fast ausschließlich auf die - zum Teil sogar widerrufenen - Aussagen des Ka. gestützten Beweisführung hätte das Landgericht einen gegen die Glaubhaftigkeit der Bekundungen des Ka. gerichteten Antrag nicht - wie geschehen - ohne inhaltliche Begründung als bedeutungslos zurückweisen dürfen (vgl. , BGHR StPO § 244 Abs. 3 Satz 2 Bedeutungslosigkeit 11).

7a) Dass es sich bei dem auf die Wiedergabe selbst erlebten Geschehens durch den Zeugen R. gerichteten Antrag um einen Beweisantrag handelt, versteht sich von selbst. Dieser Zeuge sollte bekunden, am Beifahrer in einem von Ka. gesteuerten und aus dessen Sorge vor einer Polizeikontrolle wegen zu schneller Fahrt verunfallten Pkw gewesen zu sein. Hierdurch werde die nach der Festnahme des Ka. getätigte polizeiliche Aussage, er sei Beifahrer und K. der Fahrer gewesen, als (weitere) Falschbelastung des K. durch Ka. belegt.

8b) Mit der vom Landgericht gewählten einzigen Ablehnungsbegründung, es handele sich um eine Indiztatsache und die Strafkammer werde den nur möglichen Schluss nicht ziehen, Ka. habe bezüglich der Belastung des K. (im Übrigen) gelogen, wird eine tatsächliche Bedeutungslosigkeit im Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO nicht dargelegt. Es ermangelt der gebotenen Einfügung und Würdigung der Beweistatsache in das bisher gewonnene Beweisergebnis (, StV 2008, 121, 122). Das Landgericht hat - auch im Blick auf die weiteren von der Revision beanstandeten und mit identischer Begründung abgelehnten Anträge, die indes zum Teil wegen fehlender Anschriften der Zeugen und nicht dargelegter Konnexität keine Beweisanträge sind - letztlich gar nicht auf die Bedeutungslosigkeit der behaupteten Beweistatsache abgestellt, sondern hat jenseits davon eine tatsächliche Beeinflussung des Beweisergebnisses durch die beantragte Beweiserhebung ausschließen wollen. Darin liegt eine unzulässige Beweisantizipation (vgl. BGH aaO).

93. Die Sache bedarf demnach neuer Aufklärung und Bewertung. Da sich das Verfahren nur noch gegen den erwachsenen Angeklagten K. richtet, ist eine allgemeine Strafkammer für zuständig zu erklären (vgl. mwN).

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Fundstelle(n):
SAAAD-97242