NWB Nr. 48 vom Seite 3985

„Steuerberater hört die Signale”

Heinrich Steinfeld | Verantw. Redakteur | nwb-redaktion@nwb.de

Du sollst Dir kein Bildnis machen,

lautet ein biblisches Gebot, das Max Frisch auch auf die zwischenmenschliche Ebene übertragen hat. Gerade da ist es nicht leicht zu befolgen. Arbeitgeber etwa dürften schnell in seinen Verbotsbereich stoßen, spätestens dann, wenn sie ein Arbeitszeugnis ausstellen müssen. So darf man einem Arbeitnehmer, der die Formulierung „wir haben Herrn ... als ... hochmotiviert kennengelernt” als ironisch versteht und gerichtlich angreift, durchaus eine gewisse List unterstellen; das BAG ist nicht darauf hereingefallen und hält die Wortwahl für unmissverständlich, S. 4001. Ebenso „listig” (die Richter sprechen vom „Dolo-petit-Einwand”) verhält sich der Arbeitnehmer, der eine im Aufhebungsvertrag vereinbarte Abfindung verlangt, obwohl diese im Insolvenzverfahren gegen den Arbeitgeber nicht durchsetzbar ist (S. 4000). Den umgekehrten Fall, nämlich die Insolvenz des Arbeitnehmers und seine Auswirkungen auf Lohn- und Einkommensteueransprüche führen Kammeter/Kammeter auf S. 4012 aus dem Schattendasein der steuerlichen Berichterstattung. Erfreulich für Drittgläubiger: Der BFH sieht die nach Insolvenzeröffnung entstandene Einkommensteuerschuld des Insolvenzschuldners nicht als Masseverbindlichkeit an. Es darf hier auch kein (weiteres) Privileg des Fiskus geben, der wegen der besonderen Erhebungsform der Lohnsteuer ohnehin schon bevorzugt wird. Die am 27. 10. vom Bundestag beschlossene Reform des Insolvenzrechts (ESUG) wird auf diese Fallkonstellation keine Auswirkung haben. Seine Signale sollten aber alle Steuerberater hören. Das ESUG wird ihr Betätigungsfeld spürbar erweitern, denn es stärkt die Sanierungsinstrumente Eigenverwaltung oder Insolvenzplanverfahren, erhöht die Anforderungen an den Insolvenzantrag und bezieht den Steuerberater auch in das Schutzschirmverfahren ein, für das er eine aussichtsreiche Sanierung testieren darf.

Große Bedeutung für den Steuerberater kommt schon heute der Selbstanzeige zu (Geuenich auf S. 4024). Der illustre Mandantenkreis wächst, nun haben sich auch die Bundesliga-Schiedsrichter eingereiht. Der DFB will fortan polizeiliche Führungszeugnisse von seinen Referees verlangen. Etwas besser ergeht es der Wirtschaftsprominenz. Das Verfahren Pischetsrieder wurde vom LG München nach § 153a StPO eingestellt, weil sich der Top-Manager auf seinen Steuerberater verlassen habe (gegen den nun ermittelt wird). Steuerberatung ist eben gefahrgeneigte Tätigkeit, meint Hölscheidt auf S. 4042. Er empfiehlt Vereinbarungen zur Haftungsbeschränkung. Üben Steuerberater ihren Beruf gemeinsam mit Wirtschaftsprüfern aus, liegt die Untergrenze der Haftungsbeschränkung bei vorformulierten Vertragsbedingungen allerdings schon bei 4.000.000 €. Es war den Propheten der Gesetzgebung offenbar schon vor dem HRE-Spektakel klar, dass etwa eine unterlassene Saldierung von Forderungen und Verbindlichkeiten aus dem Derivategeschäft große Auswirkungen haben kann. Damit Bausparkassen ein ähnliches Schicksal erspart bleibt, bespricht Pauls auf S. 4019 ihre Steuerbilanz ...

Beste Grüße

Heinrich Steinfeld

Fundstelle(n):
NWB 2011 Seite 3985
FAAAD-96205