BFH Beschluss v. - IX B 89/11

Gewährung rechtlichen Gehörs; Rüge einer unzutreffenden Tatsachen- und Beweiswürdigung

Gesetze: EigZulG § 2 Abs. 1, FGO § 96 Abs. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 2, FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3, FGO § 126 Abs. 4, GG Art. 103 Abs. 1, ZPO § 165

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist unbegründet. Die vom Beklagten und Beschwerdeführer (Finanzamt —FA—) geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor.

2 1. Der gerügte Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der FinanzgerichtsordnungFGO—) der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor. Zur Gewährung rechtlichen Gehörs obliegt es dem Gericht u.a., den Beteiligten Gelegenheit zur Äußerung zu geben und ihre Ausführungen und Anträge wie auch den Akteninhalt zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Allerdings muss ein —zumindest fachkundig vertretener— Beteiligter gerade bei umstrittener Sach- und/oder Rechtslage grundsätzlich alle vertretbaren rechtlichen Gesichtspunkte von sich aus in Betracht ziehen und seinen Vortrag darauf einrichten (s. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs —BFH— vom IX B 83/10, BFH/NV 2011, 61; vom IX B 86/09, BFH/NV 2010, 222, m.w.N.). Vorliegend hatte das FA im Erörterungstermin vom und den mündlichen Verhandlungen vom 24. Januar und hinreichend Gelegenheit, sich zur anstehenden Problematik (Umbau, Neubau) zu äußern. Abgesehen davon war bereits im Erörterungstermin laut Protokoll (zu dessen Beweiskraft: § 94 FGO i.V.m. § 165 der Zivilprozessordnung) von einer nicht abgeschlossenen „Dachgeschosswohnung” die Rede, so dass —auch angesichts der vorgelegten Bauskizze des Dachgeschosses: keine Küche— hinreichend Anlass bestanden hätte, dazu Stellung zu nehmen oder auf eine weitere Klärung zu drängen. Daher liegt auch keine Überraschungsentscheidung vor.

3 2. a) Die gerügte Divergenz zum (BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565) liegt im Ergebnis nicht vor. Nach dem BFH-Urteil in BFHE 202, 57, BStBl II 2003, 565 und der nachfolgenden BFH-Rechtsprechung (vgl. , BFH/NV 2005, 1505; vom IX R 31/06, BFH/NV 2007, 1835) bedeutet „bautechnisch neu”, dass die neu eingefügten Gebäudeteile dem Gesamtgebäude oder dass die Baumaßnahmen der jeweils entstandenen Wohnung das bautechnische Gepräge geben. Zwar handelte es sich nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG) bei den Räumen im Dachgeschoss mangels Abgeschlossenheit und mangels Küche nicht um eine Wohnung i.S. des Eigenheimzulagengesetzes; jedoch gaben die Umbaumaßnahmen der aus Erdgeschoss und Dachgeschoss neu gebildeten (einheitlichen) Wohnung (und damit dem Gebäude insgesamt) das bautechnische Gepräge, so dass sich das FG-Urteil im Ergebnis als richtig erweist (vgl. analog § 126 Abs. 4 FGO; BFH-Beschlüsse vom VIII B 23/08, www.bundesfinanzhof.de, unter 3. a.E.; vom II B 95/00, BFH/NV 2001, 1299). Die gerügte Abweichung ist damit nicht entscheidungserheblich.

4 b) Soweit das FA im Kern mit einer (vermeintlich) unzutreffenden Tatsachen- und Beweiswürdigung die Unrichtigkeit des FG-Urteils, also materiell-rechtliche Fehler rügen sollte, kann damit die Zulassung der Revision nicht erreicht werden (vgl. BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 61, unter 3., m.w.N.).

5 c) Im Übrigen ergeht der Beschluss gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO ohne weitere Begründung.

Auf diese Entscheidung wird Bezug genommen in folgenden Gerichtsentscheidungen:

Fundstelle(n):
BFH/NV 2012 S. 11 Nr. 1
RAAAD-96185